Chronik.Ereignis1036 Wider die Taifas 05

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Grafenstadt Dâl, 12. Boron 1036 BF[Quelltext bearbeiten]

In der Herberge Abundils Herz (morgens)[Quelltext bearbeiten]

Autor: vivar

Fünf Tage galt der Waffenstillstand nun in der Grafenstadt und kein Tropfen Menschenblut war mehr vergossen worden. Yaquirtaler Waffenknechte, ragatische Mercenarias und amhallassidische Krieger wandelten friedlich durch jene Gassen, in denen sie kurz zuvor noch gegenseitig ihr Blut vergossen hatten. Begegneten sie sich, so zückten sie nicht mehr ihre Klingen - diese waren mit regenbogenfarbenen Bändchen an den Scheiden festgeknüpft - sondern grüßten sich zurückhaltend, warfen sich scheue Blicke zu oder ignorierten sich schlicht. Tierblut war allerdings reichlich vergossen worden, denn die Marschallin und der Bey hatten genug Hühner, Schafe und Rinder als Mahlzeiten ihre Truppen heranschaffen lassen, um sie gerecht an den Küchenfeuern aufzuteilen, an denen bisweilen einstige Gegner gemeinsam aßen. Jeder aufkommende Streit wurde durch die Profosse und Aghas schnell geschlichtet - oft unter Einbeziehung der Perainepriester, der Mawdlis oder der alten Novadi Nedime.

Nicht alle begrüßten mit Freude das schnelle Ende der Kämpfe und das Patt. Einige Heerführer aus dem Heer der Marschallin waren der Ansicht, dass Bey Chabun, den sie nur "den Reichsverräter" nannten, sie - wie es eben der Reichsverräter Art ist - gehörig an der Nase herumführte, bei der ersten Gelegenheit neue Truppen aus Amhallah ins Land lassen würde und man ihn deshalb besser mitsamt seinem Gefolge in den Yaquir zurückgedrängt hätte, als es noch möglich gewesen war. Andere fürchteten, dass die tsagefällige Stimmung in der Stadt und die mit kühlen Winden herannahende Tristeza den Antrieb der Marschallin für die Fortsetzung der Reconquista der Südpforte erschlaffen und den Taifados einen ruhigen Winter verschaffen würde.

Zu diesen zählte Domnito Ferando Meeltheuer von Brigellan, der junge Mundillo des verstorbenen Barons Salix von Brigellan und Held des Brillotores. Er hatte in der von den Straßenkämpfen stark in Mitleidenschaft gezogenen Herberge Abundils Herz gegenüber dem Perainetempel Quartier bezogen und zählte im Geiste missmutig die bereits verstrichenen Tage, in denen er seinem Ziel - der Rückeroberung des Landes seiner Väter - nicht nur kein Stück näher gekommen war, sondern sich sogar Tag um Tag wieder weiter davon entfernte. Jeder Tag, den er hier in Dâl vergeudete, so sann er in jener Ungeduld, die der Jugend eigen ist, musste er mit seinen schwindenden Mitteln für den Sold seiner verbliebenen Mercenarios aufkommen, und Brigellan würde weiter in den Händen von Taifados bleiben. Aber die Marschallin hatte bisher noch keinen Rat einberufen und nicht verkünden lassen, wann man weitermarschieren würde.

Über diesen Gedanken verbrachte Domnito Ferando sein Morgenmahl aus Griesschnitten, Hühnerbrühe und einem Becher verdünnten Weins, als die Tür aufging und León Dhachmani de Vivar den Schankraum betrat. An Mantel, Handschuhen, Caldabreser und Reiterstiefeln konnte Domnito Ferando erkennen, dass der Schöne Baron reisefertig war.

Er lächelte der jungen Wirtin zu, was diese zum Erröten brachte, und kam dann federnden Schrittes auf Domnito Ferandos Tisch zu. "Rondra zum Gruße, Ferando vom Brillotor!", begrüßte er ihn in seinem üblichen Plauderton. "Lasst mich Euch felicitieren! Eine ausgezeichnete Wahl habt Ihr getroffen mit Eurer Herberge, zumindest was Eure Hauswirtin angeht. Ich hoffe, Ihr habt bestens geruht dieser Tage! Meine Wenigkeit logiert im Hotel Malkillah - einst Hotel Praiodor - und wahrlich, so manches lässt dort zu wünschen übrig."


Autor: Meeltheuer

Ferando blickte mit seinen blauen Augen auf den Vivar und strich sich kurz durch sein mittellanges blondes Haar, bevor er sich zu seiner Größe von 1,80 Schritt erhob und auf ihn zu ging. Als er die Wirtin passierte, gab er ihr einen leichten Klapps auf ihren Hintern und forderte so ein leichtes Kichern mit einem verspielten Augenaufschlag ihrerseits dem 18-jährigen Meeltheuer gegenüber. "Wenn Eure Unterkunft von den Heiden gar arg verwüstet wurde, so können wir sicherlich hier den ein oder anderen Platz erübrigen. Oder ist gar der Wein bei Euch so grausam, dass Ihr andernorts den Tropfen suchen müsst?"


Autor: vivar

Dom León begriff sofort, dass das Erröten der Wirtin nicht allein seinem Lächeln, sondern vor allem der Tatsache geschuldet war, dass sie, die bei den Kämpfen Vater und Mutter verloren hatte, in den vergangenen Tagen beim jungen Meeltheuer Trost gesucht und gefunden hatte und nun durch Dom Leóns offenherziges Lächeln beschämt worden war. Er hielt sich selbst für einen Kenner der weiblichen Seele und hatte mit seinem Lächeln der Wirtsfrau nichts Ernsthaftes bedeuten wollen, war aber dennoch peinlich berührt davon, dass er sich, wenn auch ungewollt, in Dom Ferandos Rahjensangelegenheiten eingemischt hatte.

"Der Wein ist passabel, aber das dortige Wirtsvolk hat von Freundlichkeit keinen blassen Schimmer. Auch fehlt es an Silberlöffeln, Unauer Porzellan und sauberen Tüchern. Nach allem, was man hört, waren es wohl eher die Horasier, die dort während der Kämpfe fleißig requiriert haben. Inter arma silent leges Traviae.[1]“ Dom León winkte ab. "Deswegen bin ich aber nicht hier. Ich wollte zu Euch, Meeltheuer! Man hat mir zugetragen, Domna Gerone suche Männer und Frauen mit kühnem Mut und scharfem Sinn für eine gefährliche Mission gen Firun. Sie möchte Späher nach Pildek und in die Baronie Brigellan entsenden, um Kundschaft von den dortigen Verhältnissen zu erhalten. Gewiss möchte sie entscheiden, wohin sie mit dem Hauptheer zuerst ziehen sollte.

Da fiel es mir freilich nicht schwer, sofort an Euch zu denken. Ihr kennt Brigellan doch wie Eure Westentasche und wollt gewiss so bald als möglich Eure Heimat wieder sehen. Na, was meint Ihr, Meeltheuer? Ein kleiner Ausritt kann einem bald die Langeweile vertreiben, und ehe man sich's versieht, begegnet man vielleicht etwas Taifado-Gesindel oder ein paar Rotpelzen, denen man mit der Klinge auf den Pelz brennen kann!"


Autor: Meeltheuer

Ferando nickte. "Es ist schon etwas her, dass ich in Brigellan einkehrte, aber Ihr tut Recht daran mich aufzusuchen. Ich werde selbstredend dieses Spähunternehmen anführen und mein Erbland von jeglichen Scharlatanen säubern, die behaupten sie hätten das Recht zu herrschen. Sagt, wann es losgeht und ich werde bereit sein! Meine Truppe wird etwas zu schlaff bei all diesem tsagefälligen Treiben und der gekünstelten Heuchelei der Heiden. Es wird ihr gut tun, wenn sie wieder in Bewegung ist. Doch sagt, seid Ihr der Einzige oder kann mit mehr Gesellschaft gerechnet werden?"

Er dachte kurz nach. "Ihr müsst wissen, je mehr wir sind, desto mehr Aufmerksamkeit erregen wir, selbst in Brigellan. Doch bevor Ihr antwortet, lasst Euch sagen, dass wenn wir von Praios nach Brigellan kommen, so werden wir als erstes den Ort Zamora passieren, ein Grenzort zur Baronie Brindâl und ein wichtiger Punkt für jegliches Vorgehen in die Baronie Brigellan aus dieser Region, da dort die einzige Straße ist, die für einen größeren Heeraufmarsch geeignet ist. Von dort könnten wir über die Ortschaften Fillandret und Meschwig gen Ulceda, um dort einen kleinen Stabsposten für weitere Spähaufträge in der Baronie einzurichten. Von Ulceda ist es ein Leichtes, gen Endivarol zu stoßen, wenn der Ort Lambredoca nicht von feindlicher Hand gehalten wird."


Autor: vivar

Dom León nickte verständig. „Da ich auf dem Weg hierher über Endivarol und Eslamstreu geritten bin, ist mir zumindest die Ortschaft Lambredoca bekannt. Dort herrscht das Recht des Stärkeren. Auch das Gut Ulceda habe ich passiert – oder das, was davon übrig geblieben ist. Dort muss es heftig gebrannt haben und ich habe keine Menschenseele angetroffen. In Endivarol hatte ich einen angenehmen Aufenthalt und habe Domna Concabella auch versprochen, sie bei meiner Rückreise ins Taubental wieder aufzusuchen.

Von weiteren Interessenten habe ich bisher noch nichts vernommen. Dennoch solltet Ihr nicht lange zögern, um der Marschallin Eure Bereitschaft zu künden, sonst kommt Euch noch jemand zuvor.

Ich kann Euch gerne gen Firun begleiten. Ich habe nämlich vor Einbruch der Tristeza einige dringliche Angelegenheiten in meiner Magnatenschaft zu regeln und hier“ – er zögerte – „gibt es für mich nichts mehr zu tun. Mir wäre daher an einem baldigen Aufbruch gelegen.

Doch sagt, Domnito Ferando, wie viele Männer und Frauen führt Ihr nach diesen Tagen, in denen Kor reichlich Ernte hielt, noch unter Waffen?“


Autor: Meeltheuer

"Die Kämpfe haben ihren Zoll verlangt, jedoch stehe ich anscheinend in Phexens Gunst. Einige Einheiten sind bis zum Ende der Kämpfe ihrer Anführer beraubt worden und erhoffen sich bei mir einer andauernden Führung. Gewiss sind es keine Legionen aber so kann ich doch vermelden, dass wir die Zahl 43 erreicht haben, darunter sogar eine halbelfische Kundschafterin, die anscheinend ihr Werk versteht."

Er trat an den Tisch, leerte den Wein in einem Zug und stopfte sich eine Griesschnitte in den Mund, bevor er Dom León mit einer Handgeste deutete, dass er ihm beim Abgang den Vortritt ließe. Nachdem er den Bissen unten hatte, sprach er die Worte: "Na dann werden wir mal sichergehen, dass die Marschallin keine Horasier damit betraut in Brigellan nach dem Rechten zu sehen."


Autor: vivar

„Dreiundvierzig?“ Der Vivar strich sich beeindruckt über Schnurr- und Kinnbart. „Ihr müsst wahrlich in Phexens Gunst stehen, wenn man Euch Kredite für ein ganzes Banner Mercenarios gewährt. Sine dubio hat der altehrwürdige Name Eures Geschlechts zu Eurer Kreditwürdigkeit bei den Puniner Geldhäusern beigetragen. Umso mehr ist Euch zu wünschen, dass Euch die Gunst des Sternenherrn nicht verlässt, denn die Banco Albizzi oder Maestro Abdul Assiref haben wegen nicht bezahlter Schulden schon andere Südpforter Magnaten in den Puniner Schuldturm werfen lassen.“ Damit spielte er auf den unglückseligen Baron von Inostal an.

Unter diesen Worten verließen die beiden Adligen die Herberge. Draußen standen zwei Stuten, eine Yaquirtaler Fuchsstute und das edle schwarze Shadif des Taubentaler Barons. Beide wurden von der jungen Leonora Karinor vom Berg am Zügel gehalten, die reisefertig auf der Fuchsstute saß.

Dom León tätschelte dem Shadif, einer unruhigen Kreatur, zur Begrüßung den Hals und wandte sich dann wieder Domnito Ferando zu. „Geht Ihr nur allein zu Domna Gerone, Domnito! Ich habe noch einen Abschied vorzunehmen und stoße dann mit meinen Reitern auf der Straße nach Tolacas zu Euch.“


Autor: Meeltheuer

Ferando blickte kurz zu Leonora und lächelte leicht ihr entgegen. "Meine Familia hat Reserven durch unser Handwerk, Dom León. Nicht ohne Grund prangen die Ähren in unserem Wappen. Albizzi und Assiref haben noch nicht die Möglichkeit Ansprüche zu stellen, da ihre Gaben so minder an Zahl waren, dass wir bei der nächsten Ernte diese zurückgezahlt haben mögen. Was die Anzahl der Söldlinge betrifft: Wer vor dem drohenden Ausstand von Sold und Nahrung händeringend nach Führung sucht, so ist es ein Leichtes, mit diesen Konditionen zu erhandeln, die einem wohlgesonnen sind. Auch tat es wohl ein Übriges, dass einige wohl sich Verfehlungen geleistet hatten bei den Kämpfen und so dem Zorn von Praios’ Wort entkommen hoffen. Mir soll es einerlei sein, solange sie für mich streiten und sich nicht an mir verfehlen. Ich werde ihnen schon zeigen, wie hart oder sanft meine Hand sein kann."

Er sah sich kurz um, dann beorderte er die halbelfische Kundschafterin zu sich. "Firiel! Treibt die Truppe an, wir werden bald aufbrechen!" Die zierliche Halbelfe nickte knapp und stob von dannen, ihre langen blonden Haare im Wind wehend. "Dann sehen wir uns an der Straße nach Tolacas!" Ferando nickte und schritt gen Hauptquartier der almadanischen Truppen, um Gerone vom Berg sein Kommando für die Unternehmung in die Brigellawälder anzubieten.


Autor: vivar

Der Vivar sah ihm eine Weile nachdenklich hinterher. „Es dünkt mir“, sagte er schließlich zu seiner Knappin, während er sich auf sein Ross schwang, „als würden wir mit diesem selbstbewussten Jüngling noch in so mancher Occasion eine Überraschung erleben. Gebe Phex, dass er auch wirklich über seine vorgeblichen Reserven verfügt, denn seinen Worten nach zu urteilen, hat er sich eine Rotte übelster Halsabschneider, Mordbrenner und Schnapphähne angeworben. In seiner jugendlichen Unbekümmertheit erinnert er mich beinahe an mich selbst vor neun Götterläufen, als ich nach Almada zurückkehrte. Auch ich ließ damals auf kurzen Strecken bisweilen mein gutes Ross stehen, um zu Fuß zu gehen. Sympathisch.“

Er lächelte ob der Erinnerungen an seine Ankunft in Omlad und an den seligen Dom Gualdo, wischte dann aber die Gedanken beiseite wie der Beleman die Schäfchenwolken, ehe sie düster werden konnten. Sich seiner Rolle als Erzieher erinnernd, schüttelte er in scheinbarer Verständnislosigkeit den Kopf und blickte Leonora dann scharf an. „Lektion Nummer eins für heute: Ein Magnat bewegt sich niemals zu Fuß von einem Ort zum anderen. Selbst wenn ihm der Arsch brennt: ein Magnat reitet, denn sonst verwirrt er den Rustikal, der es nicht gewohnt ist, auf Augenhöhe zu seinem Dom zu sprechen. Hast du verstanden?“

Leonora nickte.

„Gut. Dann reitest du jetzt in das Quartier meiner lieben Blauröcke und bestellst Pandolfo, dass sie unverzüglich gen Tolacas abrücken sollen. Unverzüglich. Ich will nichts von Abschiedstrünken bei den Marketenderinnen und letzten Umarmungen der Lustknaben wissen! Deine teure Base Gerone soll so spät als möglich Kenntnis davon erhalten, dass mein Gefolge das Heerlager verlassen hat. So mag sie vielleicht für eine Weile auch über meine Abwesenheit hinters Licht geführt werden.“

„Und Ihr, Dom León?“

„Ich verrichte noch eine Angelegenheit privater Natur und werde mich dann auf der Straße, die nach Tolacas führt, zu euch verfügen. Wartet an der Brillomühle auf mich.“

Sprach’s und wendete sein Pferd, um es dem privaten Geschäfte, das er erwähnt, aber über dessen Natur er aber nichts hatte verlauten lassen, zuzulenken.


  1. Bosp.: "Zwischen den Waffen schweigen die Gesetze Travias."