Chronik.Ereignis1033 Feldzug Schrotenstein 05

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In der Baronie Schrotenstein, 2. Rondra 1033 BF[Quelltext bearbeiten]

Auf dem Castillo Schrotenstein[Quelltext bearbeiten]


2. Rondra, abends[Quelltext bearbeiten]

Autor: SteveT


Erschöpft von dem langen strammen Ritt ließen die beiden Achmad'sunni ihre Rösser durch die krummen Gassen Schrotensteins trotten, die das Abendrot in goldrotes Licht mit langen Schatten tauchte.

An den zwei Holzstegen an der Uferpromenade des Schwarzen Sees waren die örtlichen Fischer gerade dabei, drei heimgekehrte Nachen zu entladen. Sie schienen guten Fang gemacht zu haben, denn jeder einzelne Fischer hielt drei oder vier Fische an den Schwanzflossen in beiden Händen. Als sie die Amazonen sahen, verzogen die wettergegerbten Männer und Frauen missmutig die Gesichter und beobachteten sie unübersehbar misstrauisch aus den Augenwinkeln heraus.

Gujadanya blinzelte einem jungen, recht gutaussehenden Fischer schelmisch zu und warf ihm eine Kusshand zu, worauf er sofort errötend wegblickte.

"Lass das!", tadelte sie Jelissa Al'Abastra raunend. "Die Menschen hier sind abergläubisch und unserem Volk offenbar nicht sonderlich wohlgesonnen. Umso weniger Aufsehen wir erregen, desto besser!"

Gujadanya da Vanya nickte finster. Schon als Kind war sie nie gerne hier gewesen, es lag etwas Bedrückendes über diesem Ort mit seinen armseligen, mit Seeschilf gedeckten Hütten, eine Wirkung, die wahrscheinlich zu großen Teilen dem hässlichen basaltschwarzen Gemäuer mit Gargylenfratzen geschuldet war, das auf einer kleinen Anhöhe über dem Dorf am See lag. Castillo Schrotenstein war die mit Abstand abweisendste und am wenigsten einladende ihrer vier Burgen, die ihnen ja überhaupt erst zugefallen war, als man den verderbten Dämonenanbeter Rakolus von Schrotenstein mit Reichsacht geschlagen hatte.

Sie spürte die argwöhnischen Blicke der Fischer in ihren Rücken, als sie mit Jelissa die Anhöhe zum Castillo hinaufritt, in dem es - trotz der vielen vergangenen Jahre seit der Schwarzhexer von der Suprema vertrieben worden war - nach wie vor spuken und nicht mit rechten Dingen zugehen sollte.

"HALT! Wer seid Ihr und was führt Euch her?", rief sie ein Gardist in den Farben ihrer Familia von der Brüstung des Wehrganges über dem geschlossenen Burgtor an.

"Ich bin Gujadanya da Vanya - die Nichte Eures Herrn Lucrann und dies ist meine Schwertschwester Jelissa Al'Abastra! Lass' uns ein, ich will den Burgcapitan sprechen!", blaffte Gujadanya in befehlsgewohntem Tonfall zurück.

"Hm, wartet einen Augenblick!", rief der Wachposten zurück. "Ich werde der Herrin Eure Ankunft ankündigen!" Damit verschwand sein bärtiger Kopf hinter den Zinnen.

"Der Herrin?", wiederholte Gujadanya verwundert und blickte zu ihrer Mentorin. "Meines Wissens war hier ein auswärtiges Narbengesicht namens Wolpert Dragentodt als Burgsass eingesetzt - ein Veteran des Borbaradkrieges, den wir schnell für unser Ansinnen hätten gewinnen können."

Es vergingen einige lange Minuten, ohne dass irgendetwas geschah. Gerade wollte Gujadanya schon ihr Ross direkt vor das Burgtor lenken, um ein paar Mal wuchtig mit dem Panzerhandschuh dagegen zu schlagen, als auf der anderen Seite des Tores plötzlich doch Geräusche verrieten, dass der schwere Balkenriegel hinter dem Tor weggetragen wurde. Plötzlich schwangen die beiden steineichenen Torflügel quietschend auf, und hinter vier Wachleuten in Gold und Purpur mit Spießen in den Händen stand mit verschränkten Armen Belisetha da Vanya - die einzige noch verbliebene jüngere Schwester des Famliensoberans Amando Laconda.

"Großtante!", rief Gujadanya halb überrascht, halb erfreut aus, stieg behände vom Pferd, dessen Zügel sie einem der Wachposten in die Hand drückte und eilte zu der Greisin hinüber, um ihr erst die Hand und sie dann auf beide Wangen zu küssen.

"Hier sehen wir uns also wieder, mein Kind!", nickte Belisetha und erwiderte ihre Umarmung, wobei ihre dunklen Augen aber auch auf Jelissa ruhten. "In meinem Alter reist man nicht mehr gerne. Aber die zunehmend besorgniserregenderen Kunden, die mich alle paar Tage aus Selaque erreichten, ließen mir keine andere Wahl. Ich nehme an, ihr zwei seid auch diesmal nicht zu einem Höflichkeitsbesuch hier?"

"Nein, das weniger!", gab Gujadanya etwas verlegen zu.

"Jelissa Al'Abastra, Rifadas Gefährtin vor Rondra," begrüßte Belisetha die ältere Amazone wenig begeistert, ehe sie sch wieder an Gujadanya wandte. "Wo steckt deine Mutter jetzt, die Unglücksselige? Mit ihrem Trotzkopf und ihrer Halsstarrigkeit wird sie uns noch alle ins Verderben reißen!"

Gujadanya trat einen Schritt von ihr zurück und funkelte ihre Großtante an: "Was? Wie redest du von ihr? Mutter ist in diesem Moment unterwegs nach Wildenfest - unterwegs zu dir! - um alle verfügbaren Waffenknechte zu sammeln! Unser Castillo, ähm also unsere Stammburg im Vanyadâl meine ich, wurde von Praiosmin von Elenta besetzt, die uns zudem mehrfach nach dem Leben trachtete! Wir müssen diesen Fehdehandschuh aufheben und ihn ihr links und rechts durch die fette Visage ziehen, das ihr die Backen bis an ihr Lebensende davon brennen! Verstehst du? Darum sind auch wir hier - wir brauchen alle Bewaffneten und Verbündeten, die wir haben, um unseren Besitz zurückzugewinnen und der Elenterin eine denkwürdige Lektion zu erteilen, von der sich die fette Sau so schnell nicht erholt. Wenn ich sie vor die Klinge bekomme, mache ich sie sogar eigenhändig kalt, das schwöre ich bei der Ehre unserer Herrin Rondra!"

"Ja, ja, schon gut, nicht hier draußen vor den Leuten!", tadelte sie Belisetha stirnrunzelnd, die solche Hasstriaden und Gefühlsausbrüche vor Untergebenen immer höchst unwürdig fand. Sie veranlasste mit wenigen Befehlen, dass die Rösser der beiden Amazonen versorgt wurden und führte Gujadanya und Jelissa dann in den Rittersaal im Palas' der Schwarzen Feste. Die zwei Achmad'sunni zuckten überrascht zusammen, als sich die große Türe zum Rittersaal lautlos von alleine vor ihnen öffnete und dann auch wieder hinter ihnen ins Schloss fiel, ohne dass irgendjemand die Türklinke betätigt hätte.

"Man gewöhnt sich daran!", zuckte Belisetha lapidar mit den Achseln. "Das ist noch eine der geringsten Merkwürdigkeiten, die der verruchte Rakolus hier auf seiner einstigen Feste hinterlassen hat. "In einigen Räumen haben wir jedermann den Zutritt untersagt. Die Suprema riet uns dazu, um das Seelenheil unserer Untergebenen nicht zu gefährden!"

Jelissa und Gujadanya tauschten beklommene Blicke, während Belisetha langsamen Schrittes zu einem Wandschrank ging, den sie mit einem winzigen Schlüssel aufschloss, den sie an einer Kette um den Hals getragen hatte. Sie zog ein zusammengerolltes Pergament aus einer der Schubladen im Inneren des Schrankes und hielt es den Amazonen entgegen. "Hier! Lest das!"

Gujadanya eilte sporenklirrend zu ihrer Großmuhme hinüber und nahm das Schriftstück entgegen. Laut las sie vor:

'Wird nicht noch der letzte Brief zurückgesandt, fällt der Schlehdorn unter der Axt. An jedem Tag des Wartens dürstet er und verliert Ast um Ast und Blatt um Blatt.'

Sie blickte zu Jelissa, dann zu Belisetha: "Was hat das zu bedeuten?"

Belisetha zog eine ihrer runzligen weißen Augenbrauen in die Höhe: "Ich hatte gehofft, das von dir zu erfahren, mein Kind! Ich fürchte, der Schlehdorn steht für deinen Vater, Berengar von Schlehen. Könnte er unseren Antagonisten in die Hände gefallen sein? Ich gehe davon aus, dass das Schreiben von Praiosmin kommt - auch wenn dies nicht ihre schöne Handschrift ist. Aber welche Briefe könnte sie zurückfordern? Ich weiß nichts von irgendwelchen Briefen, die wir ihr schuldig wären ..."

"Ich leider auch nicht!", zuckte die junge Amazone mit den Achseln. "Aber mein Vater? Er ist ein Pfeffersack und Rohalsjünger, der sich aus allen Zwistigkeiten heraushält. Meines Wissens fand er zusammen mit unserem geflohenen Burggesinde Unterschlupf in einer Hütte in den Bergen."

"Rifada könnte uns mehr dazu sagen!", mischte sich erstmals nun auch Jelissa ein, die wusste, das Belisetha da Vanya als stellvertretendes Familienoberhaupt ihre gleichgeschlechtliche Liebe zu Rifada rundheraus ablehnte. "Sie erwähnte mir gegenüber etwas, das sie gegen ihre Rivalin in der Hand hätte - etwas, das diese notfalls sogar aufs Schafott bringen könnte, wenn es Rifada nicht gelänge, sie vorher eigenhändig in der Fehde zu töten, was sie sehr bedauern würde. Rifada hält nichts davon, Fehden vor Gericht auszutragen."

"Das kann ich mir gut vorstellen!", nickte Belisetha wenig begeistert, "aber das ist nun einmal der Weg, den ein civilisierter Aristokrat heute gehen muss. Rifada wird in Wildenfest erfahren, dass ich hierher gereist bin und dann hoffentlich ebenfalls hierher kommen - und zwar hoffentlich, ohne mir dort die ganze Festung zu entvölkern! Ich habe zwar meinem Administrador Hilario di Quirod-Bosquirquell strikte Anweisungen hinterlassen - aber ich fürchte, die Autorität deiner Mutter kann sehr üerzeugend sein, wenn man ihre Art nicht gewöhnt ist, Gujadanya."

"Selbst wenn sie meinen Vater als Geisel haben", wank Gujadanya kalt ab, "davon lassen wir uns nicht beeinflussen! Er ist ein Schwächling, Mutter liebt ihn nicht, die Rückgewinnung unseres Castillos ist wichtiger als seine Befreiung!"

"Gujadanya!", zischte sie Belisetha wütend an. "Die Beziehung deiner Eltern ist mir sehr wohl bekannt. Aber durch ihre Vermählung ist Berengar von Schlehen nun ein Teil unserer Familia! Ohne den Erhalt dieses Schreibens hätte ich euch auf der Stelle wieder fortgeschickt, denn Waffengang und Querella sind niemals ein guter Weg, um Konflikte zu lösen! Wäre Amando hier, würde er diesen unseligen Streit wohl mit einem einzigen Machtwort schlichten und sowohl deine Mutter wie auch Domna Praiosmin müssten klein beigeben. Da ich ihn aber nicht erreichen kann, er weilt derzeit an einem mir unbekannten Ort im Reichsforst, bin ich es, die hier die Entscheidungen fällt!

Ich werde Praiosmin eine Brieftaubennachricht schreiben, um Aufklärung über ihre Forderungen zu erhalten und um mögliche Missverständnisse auszuräumen. Gleichzeitig aber wirst du, Gujadanya, ins Vanyadâl zurückkehren und unser Castillo zurückgewinnen, was nur rechtens und legitim ist. Ich habe den uns untertänigen Edlen, Junkern und Caballeros von Norderwacht, Wetterwacht, Alina, Briesach und Sebeloh befohlen, sich morgen früh mit ihrem bewaffneten Aufgebot hier vor den Mauern der Burg einzufinden, die noch einmal durch unsere familieneigenen Waffenknechte verstärkt werden.

Traust du dir zu, ein solches Aufgebot anzuführen? Ich denke, du bist nun alt und unterwiesen genug, um eine solche Verantwortung zu übernehmen, zumal Domna Jelissa bei dir ist. Andernfalls übertrage ich dem Edlen von Wetterwacht das Commando, der ein besonnener und erfahrener Kämpe ist."

"Das wird nicht nötig sein!", schüttelte Gujadanya den Kopf. "Als Schwertschwester der Keshal Rondra bin dazu durchaus in der Lage!"

"Aber keine unnötigen Sperenzchen, keine Gefechte abseits des Weges! Es geht einzig und allein um die Rückgewinnung unseres Castillos. Du weißt, wie du dort im Falle eines Falles hineinkommst?", frug Belisetha mit mahnend erhobenem Zeigefinger.

"Es ist mir bekannt!", nickte die junge Amazone ungewohnt demütig. "Sei unbesorgt! In zwei, drei Tagen wird wieder unser Banner droben auf dem Bergfried wehen!"


Chronik:1033
Der Ferkina-Feldzug
Teil 05