Chronik.Ereignis1033 Feldzug Selaque 17

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In der Baronie Selaque, 2. Rondra 1033 BF[Quelltext bearbeiten]

Vanyadâl[Quelltext bearbeiten]

2. Rondra, mittags[Quelltext bearbeiten]

Autor: SteveT

Moritatio da Vanya hatte sein Heimatdorf und das Castillo seiner Geburt schon fast erreicht, als sein Pferd plötzlich immer langsamer wurde, ohne dass er selbst das dem Tier befohlen hatte. Schaum tropfte dem Gescheckten aus dem Mund, und der Wallach schnaufte bei jedem seiner weiten, raumgreifenden Sätze, als gelte es eine hohe Koppel zu überspringen.

"Brr! Ruhig! Bleib stehen!", befahl er dem Pferd und zog die Zügel hart an, worauf das Tier sofort dankbar stehenblieb und schnaufend den Kopf schüttelte.

"Verdammte Harmamund-Rasse!", fluchte Moritatio. "Auf der ersten Meile schnell - aber für keinen langen Ritt zu gebrauchen." Er lauschte. War da nicht etwas? Die Vögel zwischtern aufgeregt im Unterholz des kleinen Hains, in dem er sich gerade befand. Deutlich zu aufgeregt! Rasch führte er sein Tier am Zügel ins Dickicht eines Goldregenstrauchs und wartete. Keinen Moment zu früh hatte er den Karrenweg verlassen, denn in aller Seelenruhe ritten kurz darauf fünf Ferkina-Krieger auf ihren struppigen Ponys an seinem Versteck vorbei, die offenbar gerade aus der Richtung Vanyadâls kamen.

Ihre Gewänder und ihr Haarschmuck sahen anders als, als bei den Ferkinas mit denen sie in den Bergen zu tun gehabt hatten - aber da konnte er sich auch täuschen. Wer vermochte bei diesen blutsaufenden Barbaren schon große Unterschiede zu erkennen? Er hielt den Atem an, und seinem Roß die Nüstern zu - zu seinem Glück unterhielten sich die Ferkinas untereinander in ihrer kehligen Grunzsprache und waren dadurch zu abgelenkt, um ihn zu bemerken. Wenn ihm die dumme Harmamund nach wie vor auf den Fersen war, so würde sie wahrscheinlich früher oder später geradewegs in die Fünfe hineinreiten, was ihr nur recht geschah!

Einen Moment lang durchzuckte Moritatio die Angst, das möglicherweise auch die Comtessa und Zaida ihm nach wie vor folgen konnten und so ebenfalls den Wilden in die Arme liefen. Aber nein - so unvernünftig konnte doch kein Mensch sein, ihm über zwanzig Meilen in mörderischem Tempo zu folgen, ohne ihm etwas Böses zu wollen.

Er vertrieb diese Gedanken und streifte seinem Pferd, das an den Knospen des Goldregenstrauches zu knabbern begonnen hatte, Sattel und Zaumzeug ab. "Friss dich tüchtig satt und dann lauf wohin du willst - du bist frei, denn hier trennen sich unsere Wege!", flüsterte er dem Tier ins Ohr und setzte dann unter vorsichtigen Blicken in alle Richtungen seinen Weg zum Dorf fort.

Es war von hier aus weniger als eine Meile bis zur Dorfschaft und dem Castillo, und nach einer Weile sah er schon die im Sonnenlicht glänzenden Turmdächer des heimatlichen Castillos vor sich auftauchen. Er musste etwas vorsichtig sein, denn er wusste nicht, wer derzeit auf der Burg saß - aber das würde er schon sehr bald herausfinden!

Das Dorf wirkte seltsamerweise wie ausgestorben - kein Mensch, ja nicht einmal die normalerweise unvermeidlichen Hühner, Gänse und Ziegen waren auf den matschigen Gassen zu sehen. Alle Türen und Fensterläden waren geschlossen und verriegelt, und auch die Zugbrücke zur Vorburg des Castillos war hochgezogen. Offenbar waren die Ferkinas tatsächlich vor Kurzem hier gewesen, und alle Dörfler hatten sich in die eigenen vier Wände oder sogar auf die Burg geflüchtet.

So stapfte Moritatio ein weiteres Mal zum größten Anwesen im Ort, dem Haus ihres Schulzen Sanzo, und klopfte an dessen Tür.

"Heda, Guiterriz! Ich bin es! Moritatio da Vanya! Öffnet die Tür!"

Lange geschah nichts - Moritatio klopfte ein zweites und drittes Mal. Endlich wurde im Inneren das Brett vor einem kleinen Guckloch in der stabilen Eichentür zurückgezogen und eines der schwarzen Augen von Sanzo Guiterriz blinzelte ihn mißtrauisch an.

"Ihr, Herr? Ihr seid es tatsächlich? Ich will verflucht sein, Ihr hättet besser nicht herkommen sollen! Es ist eine Belohnung für Euch ausgeschrieben - ein hübsches Sümmchen!" Moritatio hörte, wie im Inneren zwei schwere Eisenriegel quietschend zurückgezogen worden. Dann schwang die Tür kurz auf, und der Schulze zog ihn am Arm hastig ins Halbdunkel der Stube. Anschließend verriegelte er die Tür sofort wieder zweifach hinter ihm.

"Wir haben eine neue Herrin, Herr! Ein fürchterliches Weib! Ihr hättet nicht wiederkommen sollen! Ihr bringt uns alle in Gefahr!"

"Nicht wiederkommen sollen?", wiederholte Moritatio ungläubig. "Was redet Er da? Das ist unser Land und unsere Burg und eure neue, fürchterliche Herrin wird nicht lange darauf hocken - dessen kann Er sich äußerst gewiß sein!"


Autor: SteveT

Es hatte einen Moment gedauert, bis sich Moritatios Augen an das Halbdunkel gewöhnt hatten, das im Inneren von Sanzo Guiterrez "guter Stube" herrschte. Er war früher schon öfters im Auftrag seiner Mutter hier gewesen, um dem Dorfschulzen ihre Befehle mitzuteilen - etwa wenn sich einer der Eigenhörigen daneben benommen hatte oder dem Frondienst ferngeblieben war. Nun aber stand er zum zweiten Male binnen zweier Wochen wie ein Bittsteller vor dem Gemeinen und war auf dessen Hilfe angewiesen.

Durch die mit dicken Brettern vernagelten Fenster fiel nur ein schwaches Licht herein und da der Schulze auch keine Lampe entzündet hatte und kein Feuer im Ofen brennen hatte - offenbar um die gerade erst fortgerittenen Ferkinas in dem Glauben zu lassen, das Dorf wäre verlassen - konnte er nur die schattenhaften Umrisse von dessen struppigen Haarschopf erkennen.

"Ich brauche erneut Seine Hilfe, Guiterrez! Wir müssen das Castillo von unseren Feinden zurückgewinnnen und dazu muss ich wissen, wer dort nunmehr das Sagen hat und vor allem: über wie viele Bewaffnete dieser jemand verfügt."

"Bei allem Respekt, Herr!", maulte Guiterrez mit dem gleichen vorlauten Unterton, den Moriatio noch nie an dem windigen Mann hatte leiden können. "Ich wünschte, Ihr würdet einen Anderen mit Euren Fragen heimsuchen, denn Ihr bringt mich, mein Weib und die Kinder in Gefahr!"

"Das ist mir klar, Dom Sanzo!", sprach ihn Moritatio nun erstmals mit der respektvollen Anrede eines hochangesehenen Mannes an, um ihm zu schmeicheln. "Seid gewiss, dass wir Eure Treue mit gutem Silber vergelten werden, wenn das Vanyadâl wieder unser ist!"

"Ja – wenn es jemals wieder Euer ist, Herr!", unkte der Schulze pessimistisch. "Vielleicht hat mich die Reichsvogtin aber bis dahin auch wegen Conspiratio mit ihren Feinden an der Gerichtslinde aufhängen lassen!"

"Hört zu, Guiterrez! Meine Mutter, meine Schwester und meine Base sind in diesem Moment unterwegs zu unseren anderen Burgen, um dort all unsere Waffenknechte und Verbündeten zu sammeln. Ihr könnt mir glauben, dass die Elenterin diesem Aufgebot nichts Gleichwertiges entgegenzusetzen haben wird! Wer ist denn mit ihr, außer ihre paar Büttel? Und auch die nur, solange sie nichts von den Schurkentaten ihrer Herrin wissen!"

"Na ihre verfluchte Base zum Beispiel!", beantwortete Sanzo Guiterrez sofort die Frage. "Die, die droben auf dem Castillo hockt und uns ausnimmt wie die Festtagsochsen!"

"Ihre Base?", frug Moritatio verwundert. "Sie hat überhaupt keine Base! Ihre letzten verbliebenen Verwandten wurden beim Angriff auf Elenta getötet! Ich sah selbst das niedergebrannte Gut!"

Der Schulze schnaubte verächtlich: "Da kanntet Ihr unsern alten Vogt Radmon aber schlecht! Der hat Kinder gemacht wie ein Riesenlöffler und eben diese eine - Jegula oder so ähnlich - ist so niederträchtig wir ihr alter Herr!"

"Gut, gut!", nickte Moritatio. "Die werde ich mir mal vorknöpfen!"

Im selben Moment ließ Hufgetrappel draußen auf dem Dorfplatz beide verstummen und sich leise in den hinteren Teil des Hauses zurückziehen.


Autor: SteveT

Moritatio lauschte angestrengt nach draußen. Die Stimmen der Neuankömmlinge im Dorf klangen nur gedämpft durch die mit dicken Bohlen vernagelten Fenster in das Innere des Hauses des Schulzen. Er konnte sich täuschen, aber einige Stimmen glaubte er bestimmten Mercenarios aus dem Gefolge Dom Hernáns zuordnen zu können. Doch die Frage war dann - was wollten diese hier im Vanyadâl? Sie sollten doch eigentlich jetzt zu dieser Stunde die befreite Grafentochter sicher heim nach Ragath eskortieren. Wäre dies aber seine Absicht gewesen, so hätte Dom Hernan besser den direkten Weg über Elenta wählen sollen - in den letzten drei Wochen musste sich der Söldnerführer doch eigentlich eine gewisse Kenntnis der wichtigsten Routen des Kaisergutes angeeignet haben.

Oder beabsichtigte dieser etwa, durch den hügeligen Valencagrund heimwärts zu ziehen? Das wäre nur ein unnötiges Risiko, denn nach allem, was Moritatio über den dortigen Machthaber Arridan von Valenca wusste - sofern dieser überhaupt noch am Leben war -, so hatte er Weideland sowohl an die Harmamunds wie auch an Ordonyo di Alina verpachtet, was ihn per se schon einmal nicht unbedingt als Freund der Familia auswies.

Zu gerne hätte Moritatio gewusst, ob Richeza auch noch immer mit den Landsknechten zog - aber das war unwahrscheinlich - ihr wichtigstes Anliegen war es ja stets gewesen, den Jungen in Sicherheit nach Ragath oder gegebenenfalls nach Quazzano zu bringen. Er lauschte, ob er ihre Stimme zwischen den anderen ausmachen könnte - aber leider waren generell alle Stimmen zu weit weg. Sie waren wohl offenbar bis fast zum Ortsende vor das Castillo geritten.

"Was genau habt Ihr nun eigentlich vor, Herr?", riss ihn Sanzo Guiterrez aus seiner Gedankenwelt.

"Ich schleiche mich in das Castillo ein und versuche von Innen das Tor zu öffnen, wenn meine Mutter und meine Schwester mit den Unseren anrücken", antwortete Moritatio knapp, als sei dies das Leichteste überhaupt.

Der Schulze runzelte seine ohnehin faltige Stirn: "Bei allem Respekt - wie wollt Ihr das anstellen? Ihr kommt dort nur hinein, wenn Ihr ein Lakai der Vogtin seid."

"Lass das nur meine Sorge sein", zuckte Moritatio mit den Achseln. "Ich weiss schon, wie ich dort hineingelangen werde. Ich weiss nur nicht, was und wer mich dort erwartet."

Er hatte den Gedanken verworfen, den Schulzen zu bitten, ihn zu begleiten. Auch wenn er sich bis jetzt als loyaler Gefolgsmann erwiesen hatte, riet ihm eine innere Stimme, Guiterrez lieber nicht zu viel zu verraten. Darum frug er nur: "Habt Ihr eine Fackel oder eine Laterne für mich?"

"Ich habe nur diese eine Öllampe, die dort auf dem Tisch steht!", antwortete der Schulze zögerlich, und es war ihm deutlich anzuhören, dass er keine Lust hatte, sein einziges Licht zu verlieren.

"Ich muss sie mir nur ein Weilchen ausborgen", flunkerte Moritatio notgedrungen. "Wenn die Sache hier ausgestanden ist, werdet Ihr eine Lampe für jedes einzelne Zimmer Eures Hauses erhalten. Mein Wort darauf!"

Der Schulze stöhnte unwillig, schlug dann aber in die Hand seines jungen Dienstherrn ein - was blieb ihm anderes übrig? "Es sind mindestens 15 oder 20 Büttel auf der Burg, also seht Euch besser vor, Dom! Die Anführerin ist eine gewisse Domna Yegua, eine frömmlerische Pfaffin, genau wie unsere Vogtin - zwar jünger und hübscher, aber mindestens genauso unbarmherzig."

"Die soll mich kennenlernen!", nickte Moritatio grimmig. "Niemand raubt uns ungestraft unser Hab und Gut! Gibt es hier einen Hinterausgang? Ich breche sofort auf, um Euch nicht in Schwierigkeiten zu bringen!" Er griff sich die Öllampe vom grob gezimmerten Esstisch des Schulzen, worauf dieser wiederum das Gesicht verzog.

"Ja, durch die Tür dort hinten gelangt Ihr in den Stall! In der Box der Ziegen gibt es eine Maueröffnung zum Heuschober und im Heuschober gibt es ein Tor nach draußen!"

"Der Segen der Zwölfe auf Euch, Guiterrez!", verabschiedete sich Moritatio und ging durch die besagte Tür in den Stall.

"Lieber auf Euch!", wiegelte der Schulze ab. "Ihr werdet ihren Segen vielfach dringender brauchen!"


Chronik:1033
Der Ferkina-Feldzug
Teil 17