Chronik.Ereignis1033 Feldzug Raschtulswall 01
Kaiserlich Selaque, 15. Praios 1033 BF, bei Nacht[Quelltext bearbeiten]
In der Junkerschaft Vanyadâl, an der Grenze zwischen Kgl. Kornhammer und Ksl. Selaque[Quelltext bearbeiten]
Das Gewitter[Quelltext bearbeiten]
Autor: SteveT
Rifada da Vanya ließ ihren schwer gepanzerten Rappen mit einem Sporentritt über einen Hochwasser führenden Bachlauf springen und landete sicher und behände am gegenüberliegenden Ufer. Das Pferd war Blitz und Donner gewohnt und scheute schon lange nicht mehr, wie die jungen Fohlen auf den Weiden der da Vanyas. Sie schob ihren Topfhelm tief in den Nacken, wo ihr der sintflutartig einsetzende Regen in den Kragen des Harnischs zu laufen begann. "Der Himmel begrüßt uns mit typisch bosquirischem Wetter. Das ist die Selaqua. Willkommen in Kaiserlich Selaque, mein Kind!"
Sie wartete auf ihre Nichte, Richeza Aldonaza von Scheffelstein, die ihr Ross ebenfalls über den Bach springen ließ, ebenso wie auf die vier Kämpferinnen, die Domna Rifada da Vanya als ihr Waffengefolge auserwählt hatte. Ob die Männer in ihrem Aufgebot, namentlich der dubianische Baron Hernan von Aranjuez und seine Leibgarde, ihnen ebenfalls nachfolgten, schien sie dagegen nicht groß zu kümmern. "Noch zwei Meilen und wir kommen an ein Wegkreuz - dort geht es einerseits zu meiner Burg, andererseits aber auch nach Elenta und von dort weiter nach Burginum in der Mark Ragathsquell. Wenn also jemand vor hat, uns zu verlassen, bevor es wirklich ins Gebirge geht, so ist dann und dort die vorerst letzte Gelegenheit dazu!", kündigte sie lauthals an, ehe ein erneuter ohrenbetäubender Donnerschlag ihre Worte verschlang.
Autor: Der Sinnreiche Junker
Statt einer Antwort auf ihren Wink mit dem Zaunpfahl, erklang von weiter hinten nur ein mehrstimmiges und durchaus götterlästerliches Fluchen. Ganz offensichtlich erfreute sich nicht jeder eines solch prächtigen Rosses wie jenes, das Domna Rifada da Vanya ihr Eigen nannte.
Hernán von Aranjuez, als Abgänger der Kaiserlichen Lehranstalt für Reiterei und Pferdezucht gewisslich kein schlechter Reiter, kämpfte nicht erst seit dem Gewittereinbruch mit seinem störrischen Pferd. Beim spontanen Aufbruch in Oberfels hatte er ob der drückenden Enge der Flussgaleere sein Ross zurück gelassen, und die kurzfristige Weiterreise von Punin zur Landständeversammlung gen Ragath hatte ebenso wie der rasche in Marsch gesetzte Entsatzzug keine Zeit gelassen, sich ein adäquates Reittier zu besorgen. Schlimmer noch hatte es Anzures Ballan getroffen, welcher sich am Würfeltisch, in fremdem Bette und wohl selbst in einer dunklen Gasse der Capitale, eine Hauswand im Rücken und drei Halsabschneider nur soweit vor ihm, wie Reichweite von Arm und Degen sie zwingen, wohler zu fühlen schien, als auf dem Rücken eines Pferdes. Das beklagenswerteste Los aber hatten die zur Bedeckung angeworbenen Mercenarios gezogen, die gewisslich nicht mit einem Ausflug ins Gebirge gerechnet hatten, und überdies zu Fuß unterwegs waren, und doch das eine oder andere Mal keuchend hinterher hasten mussten. Zweifellos bereute so mancher von ihnen bereits, dass ihn die Aussicht auf Gold, der gute Ruf des Condottieres bzw. die vage Aussicht auf Aufnahme in dessen Terzio oder schlicht der Stolz, vor den anderen nicht als Weichling und Feigling dastehen zu wollen, dazu bewogen hatten, an dieser Unternehmung teil zu haben.
Und so landete Dom Hernáns Ross alles andere als elegant und sicher gerade so auf der anderen Seite des Baches, während das seines Weggefährten sich beim viel zu kurzen Sprung beinahe die Vorderläufe brach, und schließlich dafür sorgte, dass die watenden Mercenarios sich nicht nur die Beinkleider durchnässten.
Autor: SteveT
Domna Rifada verfolgte die Bemühungen der Ragatier, den Bach zu durchqueren, mit skeptischen Blicken. Ungeduldig zauste sie mit der behandschuhten Rechten durch die Mähne ihres Rappens. Einige der Söldlinge zogen gar ihre Stiefel aus, krempelten die Hosenbeine hoch und stiegen mit sauertöpfischer Miene in das eiskalte Wasser. Durch den stärker werdenden Regen würden sie ohnehin bald alle nass bis auf die Haut sein, bis sie in etwa einer Stunde auf ihrer Burg eintrafen.
Wenn diese mimosenhaften Mannsbilder schon ein solches Aufheben veranstalteten, um die kaum zwei Schritt breite Selaqua zu überwinden, dann konnte sie nur inständig hoffen, daß es nicht nötig wurde, mit ihnen im Schlepptau den mörderischen Bosquir zu durchqueren.
Ein greller Blitz durchzuckte die tiefschwarze Nacht - nur einen Herzschlag später gefolgt von ohrenbetäubendem Donner. Das schwere Unwetter tobte direkt über ihnen. Wahrlich nicht der richtige Zeitpunkt, um sich im fast baumlosen Elenta-Tal herumzutreiben. In Selaque starben alljährlich fünf bis zehn Menschen durch außer Kontrolle geratene Marmorblöcke, die ungebremst zu Tal schossen - doppelt und dreimal so viele aber wurden hier jedes Jahr vom Blitz erschlagen... in genau solchen Nächten wie dieser!
"RAUS AUS DEM WASSER! RASCH!", brüllte die Junkerin und glitt aus dem Sattel. Sie gab Richeza ein Zeichen, besser ebenfalls sofort abzusteigen. Da die Wälder Selaques im Laufe vieler Generationen fast vollständig als Rollhölzer für den Marmortransport abgeholzt worden waren, gab es nur einige sturmgepeitschte Mastix- und Wacholderbüsche, die als Schutz und Deckung dienen konnten.
Sie wank die Gruppe im Licht eines weiteren niederfahrenden Blitzes, der ganz in der Nähe in einen Berggipfel des Raschtulswalls einschlug, auf ein größeres Gestrüpp in der näheren Umgebung zu.
Als sie jedoch nur noch etwa zehn Schritt von dem Gebüsch entfernt war, blieb sie plötzlich stehen und bedeutete Richeza, Dom Hernan und Anzures Ballan, die ihr mit am Zügel geführten Rössern in kurzem Abstand nachfolgten, ebenfalls zu verharren. Sirrend zog sie ihr Krummschwert halb aus der Scheide.
"Da bewegte sich gerade etwas! Jemand ist in dem Gebüsch!"
Autor: von Scheffelstein
Fluchend sprang die Landedle zu Eslamsstolz vom Ross. Der Umhang hing bleischwer auf ihren Schultern, und der Lederharnisch, den sie in der Rüstkammer der Burg gefunden hatte, scheuerte. Sie hasste Rüstungen! Verließ sich lieber auf ihre Schnelligkeit. Aber bei dem letzten Feldzug wider die Ferkinas war sie zu leichtsinnig gewesen. Dieses verdammte Teil allerdings war viel zu groß, sie könnte genauso gut …
Der Blitz fuhr über den Himmel; Richeza zuckte zusammen. Wo wollte ihre Tante nur hin? Doch nicht etwa auf das freistehende Gebüsch zu? Sie mussten runter ins Gras, weg vom Wasser, weg von den Büschen. "Sollten wir nicht lieber …", rief sie. Der Donner verschluckte ihre Worte. Da zog Domna Rifada ihre Waffe.
Die Edle fluchte erneut und zerrte den Säbel unter ihrem Umhang hervor. Die Kapuze hing ihr in die Augen, der Regen lief ihr in den Handschuh. Sie hatte das Pferd zu ihrer falschen Seite, so konnte sie nicht kämpfen. Was war das nur für ein Geräusch? War das nicht …?
"Eine Ziege! Es ist nur EINE ZIEGE!", rief sie. Und wirklich: Hinter dem Busch trat eine gescheckte Klippziege hervor, das Fell triefend vor Nässe. Da waren noch mehr Tiere, die unter den Zweigen Schutz vor dem Platzregen suchten.
Rot flackerte der Himmel auf. Der Blitz zerriss die Nacht, gefolgt von knallendem Donner. Flammen schlugen aus den Zweigen des nassen Strauches. Die Luft knisterte.
"RUNTER!", schrie Richeza und warf sich zu Boden, zerrte das panisch wiehernde Pferd am Zügel zur Erde. Ihr Herz schlug ihr bis zum Hals, die Kälte und Nässe waren vergessen. Die Wange ins Gras gedrückt, starrte die Edle zu dem brennenden Busch hinüber. Dort lagen die Ziegen - reglos, alle Viere von sich gestreckt.
Autor: SteveT
"Närrische Viecher!" fluchte Rifada, die sich neben Richeza zu Boden geworfen hatte. "Das ist ein schlechtes Omen! Die Himmelsleuin ist zornig! Irgendwo ist ein großes Unrecht gegen sie oder ihre Diener geschehen."
Kopfschüttelnd, mit zusammengekniffenen Augen blickte sie zum Fanal des brennenden Busches, aus dem trotz des niederprasselnden Regens fast zwei Schritt hohe Flammen schlugen. "Das ist ein ganz schlechtes Omen!" wiederholte sie noch einmal, ehe sie sich trotz ihrer schweren Rüstung erstaunlich flink wieder erhob und ihren angstvoll zurückgewichenen Rappen am Zügel einfing.
"Sehen wir zu, daß wir schnell aus diesem Höllenwetter heraus und ins Trockene kommen!" Sie wies in Richtung der nahegelegenen Berge und führte die kleine Heerschar bei deren Erreichen dicht am Fuße der Berggiganten entlang, die bereits die ersten Ausläufer des Raschtulswalls darstellten. Da die nach wie vor zuckend niederfahrenden Blitze meist in deren Gipfel einschlugen, schien es dicht am Fuß der steilen Hänge noch am sichersten zu sein.
Nach einer Weile tat sich ein etwa eine Meile breites Joch zwischen zwei Bergen auf und der Weg führte in ein enges Schluchtental genau zwischen den beiden etwa 800 oder 1000 Schritt hohen Bergen hindurch.
"Das ist das Vanyadâl!" ermutigte Rifada die bereits völlig durchnässte und frierende Gruppe. "Nun ist es nicht mehr weit!"
Tatsächlich tauchte nach etwa 2 weiteren Meilen im Licht des Madamals und der zuckenden Blitze ein von einem Palisadenwall und einem tiefen Graben umgebenes Dorf und eine Burg auf einem Felsen über diesem auf, auf die Rifada geradewegs zusteuerte.
Auch die grauschwarze Burg, deren altertümliche Gargylenarchitektur darauf schließen ließ, daß sie zum Zeitalter der Priesterkaiser und Sonnengebieter errichtet wurde, war von einem zweiten tiefen Graben umgeben, die Zugbrücke war zu dieser nachtschlafenden Zeit hochgezogen, wie es nicht anders zu erwarten gewesen war. Dennoch war das oberste Stockwerk des Torturmes innen von Fackelschein erleuchtet.
Rifada führte zwei Finger zum Mund und stieß einen grellen Pfiff aus, wie ihn kein caldaischer Hirtenjunge lauter hätte ausstoßen können. Aber erst nach einem zweiten Pfiff regte sich oben ein dunkler Schatten auf den Zinnen des Tores.
"Wer da?"
Rifada verdrehte die Augen. "Ich bin es, ihr Dummköpfe! Eure Herrin! Lasst die Zugbrücke herunter, ehe uns allen Kiemen wachsen!"
Zunächst kam von oben keine Antwort, dann ein zögerliches "Parole?" Rifada warf ihrer Nichte einen abwägenden Blick zu, dann rief sie laut hinauf: "Madalena!" - der Name von Richezas Mutter, ihrer eigenen jung verstorbenen Schwester.
Innen wurde ein Befehl in den Burghof gebrüllt, kurz darauf senkte sich knarrend und quietschend die Zugbrücke und das Fallgatter des Tores wurde emporgezogen. "Dies ist die kleinste unserer Burgen - wir haben noch drei andere, die etwas wohnlicher sind!" wandte sich Rifada mit erstmals fast entschuldigendem Tonfall an Baron Hernan von Aranjuez der hinter ihr über die Zugbrücke in den Burghof ritt und das Castillo mit Kennerblick in Augenschein nahm.
Von der Treppe des Palas kam ihnen ein kleiner, dickleibiger Mann im Nachtgewand entgegen geeilt, der sich sichtlich nur rasch einen Umhang gegen den Regen übergeworfen hatte - der auf dem Kopf aber sogar noch seine Schlafmütze trug. "Mein Liebling, du bist schon zurück! Und sogar Gäste hast du mitgebracht!" stellte er fest und versuchte, die Burgherrin zu umarmen, die ihn aber grob mit einer Hand auf Distanz hielt.
"Salbader nicht herum, Berengar! Für's Austauschen von Höflichkeiten ist morgen noch genug Zeit. Wir sind alle müde, nass bis auf die Haut und sehnen uns nur danach, ins Trockene und in warme Betten zu kommen! Laß das große Gastgemach für Dom Hernan - den Baron von Dubios - herrichten. Meine Nichte Richeza hier kann im alten Zimmer ihrer Mutter nächtigen und ihr..." sie wandte sich an Anzures Ballan und seine Waffenknechte - "könnt euch droben auf dem Heuboden über dem Pferdestall zur Ruhe betten."
"Das wird nicht möglich sein!" schüttelte Berengar von Schlehen, der einstmals oberste kaiserliche Sträflingsbeaufsichtiger von Ksl. Selaque und nunmehrige Ehegemahl von Rifada da Vanya, bedauernd den Kopf.
"Was? Warum nicht?" fuhr ihn sein Weib ungläubig mit blitzenden Augen an.
"Das mit dem großen Gastgemach... für Dom Hernan, meine ich", stotterte dieser. "Es ist bereits belegt... von Seiner Eminenz." Er deutete auf einen prächtigen, goldverzierten weißen Reisewagen im hintersten, dunklen Drittel des Burghofes, der den Neuankömmlingen erst jetzt auffiel. An der Seitenwand prangte groß das Greifenwappen der heiligen Inquisition - ein Ordensritter in der weißen Tracht der Bannstrahler schlief zusammengerollt unter der Kutsche.
"Amando ist hier? Was will er?" Rifada da Vanya kräuselte die Stirn - ihr Oheim und Soberan, der Großinquisitor, war sicher schon seit zwei Jahren nicht mehr hier auf der Stammburg des Geschlechts gewesen. Er war die meiste Zeit des Jahres auf Reisen und residierte ansonsten im Greifentempel von Ragath oder auf der nahebeigelegenen Feste Quazzano. Sein Besuch mußte einen gewichtigen Grund haben.
"Wir werden ihm morgen früh unsere Aufwartung machen! Einstweilen überlässt du Dom Hernan Dein Gemach - du kannst für eine Nacht ja auch oben in der Wachstube im Bergfried schlafen!" beschied sie ihren Mann, der zunächst schluckte, dann aber ergeben nickte.
Autor: Der Sinnreiche Junker
„Habt Dank, doch werden solche Umstände nicht nötig sein.“, hob Hernán von Aranjuez abwehrend die Hände, nachdem er zuvor vergeblich versucht hatte, sich mit leisem Räuspern bemerkbar zu machen. „Die Scheune wird auch für mich völlig ausreichend sein. Hauptsache, wir können unser...Domizil...so rasch als möglich beziehen.“, zupfte er mit etwas gequältem Lächeln am nassen Stoff seines Umhangs. Mutmaßlich hatte der Condottiere bereits unter schlimmeren Umständen genächtigt, auch und gerade bei solchem Wetter.
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