Chronik.Ereignis1033 Feldzug Ragath 09

Aus Almada Wiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Ragath, 25. Efferd 1033 BF, morgens[Quelltext bearbeiten]

Auf dem Castillo Ragath[Quelltext bearbeiten]


Autor: Romina Alba

Romina war schon etwas länger wach und hatte dem stärker werdenen Licht der Dämmerung zugeschaut. Heute würde sie mit Zaida und sieben Bewaffneten nach Las Dardas aufbrechen. Sie verzog unwillig den Mund. Drei geschlagene Tage hatte sie mit Vater gestritten und ihre Bedeckung schlussendlich von zwanzig auf sieben runtergehandelt. Sie zog schließlich in die beschauliche Waldwacht und nicht in die kriegerische Südpforte. Vater war unerbittlich gewesen. Wäre es nach ihm gegangen, würde sie gar nicht reisen. Ausnahmsweise war Mutter auf ihrer Seite. Romina hatte ihr Wort gegeben und musste es halten. Eine Streitzig kniff nicht. Auch nicht, wenn es politisch oder standestechnisch unklug war. Das Wort war ein heiliges Versprechen.

Sie stand auf und warf einen Blick nach unten in den Park. Sie liebte diesen gepflegten Garten, kannte jeden Busch, jede Ecke. Doch irgendwie war seit ihrer Entführung alles anders. Sie fühlte eine Unruhe, als gäbe es etwas zu tun, von dem sie noch nichts wusste. Als wäre hier alles zu vertraut, als enge sie das Vertraute ein. Sie wollte weg, wollte finden, was sie vermisste. Vielleicht sollte sie sich wirklich einen Mann nehmen. Mutter redete unablässig davon. Romina hörte einfach nur zu. Neuerdings hielt die Gräfin es für wichtig, dass sie mit gutem Beispiel voranging.

Verdammt, sie war die Jüngste, warum sollte sie als Erste heiraten? Aber warum auch nicht? Und wen sollte sie heiraten? Sie fühlte sich so leer, so willenlos. War es nicht gänzlich egal, solange sie ihn nicht verabscheute?

Sie seufzte und machte sich auf, um mit ihrer Familie zu frühstücken. Vater bestand darauf, dass man den Tag gemeinsam begann. Wie so oft war sie die Erste im goldenen Salon. Und wie immer war der sonnige Raum festlich gedeckt und üppig geschmückt. Sie setzte sich, ließ Tee bringen und wartete. Concabella und Mutter kamen zusammen, gefolgt vom ihrem hohen Vater, dem Grafen. Rahjada würde noch etwas auf sich warten lassen. Es war jeden Morgen so.

Man begrüßte sich herzlich, aber ohne allzu viele Berührungen. Das Mahl wurde von leichter Konversation begleitet. Romina musste erzählen, wie lange sie reisen würde und wann sie voraussichtlich wieder zurückkam. Concabella gab mehr oder minder Wissenswertes über die Waldwacht im Allgemeinen und das Taubental im Speziellen zum Besten, während der Graf seiner Jüngsten sorgenvolle Blicke zuwarf.

Es klopfte. Der Haushofmeister trat ein und verbeugte sich tief. "Verzeiht die Störung, mein Graf. Vater Travianoro vom Tempel in Ragathsquell ist hier und möchte Domnatella Romina Alba sprechen."

Die jüngste Comtessa bekam große Augen und stand schnell auf. "Verzeiht, hoher Vater, dort ist Golshan ..." Etwas zu spät fiel ihr ein, dass die Ferkina ein mütterliches Ärgernis darstellte. Tapfer begegnete sie dem strengen Blick der Gräfin, um schnell "Ich kümmere mich darum" zu versprechen und sich gemessenen Schrittes zu entfernen.

Sie atmete tief durch, als sie Meister Sangorto zum kleinen Salon folgte. Dort rauschte sie angemeldet hinein und sah sich einem hochgewachsenen, schlaksigen, älteren Travia-Geweihten gegenüber, der sie nach der höflichen Verbeugung ausgiebig musterte. ´ "Euer Hochgeboren", begann der Mann unvermittelt, "ich komme heute, da man mir gestern Abend sagte, Ihr wärt schon zu Bett gegangen. Somit verbrachte ich die Nacht im hiesigen Traviatempel, um euch heute zu berichten, was mir aufgetragen wurde." Er machte eine Pause, Romina zog die Augenbrauen hoch. Bevor sie allzu ungeduldig werden konnte, fuhr er fort. "Leider muss ich Euch mitteilen, dass die Persona, die Ihr unserem Tempel zur allgemeinen Ausbildung zugeteilt hattet, diesen ohne Erlaubnis verlassen hat. Es war uns nicht möglich, selbiges zu verhindern. Die Persona verschaffte sich trotz der unendlichen Geduld, die wir mit ihr hatten, gewaltsam Zugang zu den Vorräten und hat sich mit einem Schinken und zwei Säckchen Gewürz und Salz entfernt. Sie nahm ebenso ihre alten Fetzen mit, die wir ihr nachsichtig gelassen hatten, obwohl sie zu Alveran stanken." Er holte tief Luft.

Romina zog unwillig die Augen zusammen. Dieser Geweihte redete um den heißen Brei herum. Sie schnaufte, ihr Tonfall war scharf. "Euer Gnaden, Ihr wollt mir also sagen, dass mein Mündel, die Ferkina Golshan, die mir und noch einer Magnatin das Leben gerettet hat, Euch abhanden gekommen ist?"

Der Geweihte verzog das Gesicht und schüttelte energisch den Kopf. "Sie ist mitnichten abhanden gekommen, Domnatella, sie ist abgehauen." Er zog die buschigen Augenbrauen zusammen. "Wir haben, wie von Euch verlangt, barmherzig und voller Güte über sie gewacht, ihr Garethi und die Grundzüge der zwölfgöttlichen Moral beizubringen versucht und langmütig über ihre zahlreichen Verfehlungen hinweggesehen. Das war nicht einfach, Euer Hochgeboren. So wollte sie immerzu nur Fleisch essen, verschmähte den einfachen Eintopf aus Rüben und das gute Brot von Schwester Viasita."

Er wischte sich über das Gesicht. "Als sie das Brot an die Gänse verfütterte, dachten wir uns nichts Böses, doch einen halben Tag später briet sie zwei unserer heiligen Tiere über dem Herdfeuer der Göttin. Mutter Traviata traf fast der Schlag! Sie hat sich bis heute nicht erholt. Ich bestrafte Euer Mündel weitaus weniger, als es Brauch ist, doch selbst das war zu viel! Die Persona schlug mich und den Bruder, der sie festhielt und schrie etwas in ihrer ungöttlichen Sprache. Dann zog sie sich in ihre Zelle zurück, und am nächsten Morgen war sie weg. Das ist jetzt drei Tage her, erst dachten wir, sie würde wiederkommen, denn es ist doch so, dass es ihr nie besser gegangen ist. Doch gestern morgen meinte Mutter Traviata, wir sollten Euch Bescheid geben, denn immerhin seht Ihr sie als Euer Mündel an." Sein säuerliches Gesicht gab deutlich zu verstehen, was er davon hielt.

Romina atmete tief durch. Golshan hatte zwei Gänse geschlachtet. Vielleicht war der Traviatempel doch keine so gute Idee gewesen. Wo war sie nur hin? Sie fühlte sich schuldig. Seit Tagen war sie zurück und hatte nicht nach ihr gesehen. Und jetzt musste sie in die Waldwacht. Sie sah zu dem Geweihten.

"Ich entschuldige mich für mein Mündel, Euer Gnaden, sie ist eine Wilde und wusste es nicht besser." Sie dachte kurz nach. "Ich werde Eurem Tempel zwölf Gänseküken schicken lassen. Sollte Golshan zurückkehren, bitte ich Euren Tempel, sich solange um sie zu kümmern, bis ich zurück bin. Ich bitte auch nochmals darum, sie zu nichts zu zwingen und ihr das zu Essen zu geben, das sie verlangt. Außer Gänsen natürlich. Vielleicht solltet Ihr sie von diesen fernhalten. Und bestraft sie nie wieder!" Der letzte Satz kam mit grimmigem Nachdruck.

Der Geweihte nickte und zog sich zurück. Recht wohl war ihm nicht, hatte man doch versprochen gehabt, die Ferkina keinesfalls hart anzufassen. Und nun das. Das Wohlwollen der jüngsten Grafentochter hatte man sich verscherzt. Doch wenn dieser Hochadel auch so komische Marotten hatte? Eine Ferkina zähmen! Und wer sollte es tun? Natürlich die gütige Travia! Aber auch die hatte ihre Grenzen! Er hoffte schwer, dass die Wilde nicht zurückkommen würde. Ja, er betete dafür.

Als er draußen war, sank Romina auf einen Stuhl. Die kleine Golshan. Ihre Gedanken schweiften zurück zu den Ferkinas, sie schauderte, als es an der Tür klopfte.

"Herein ...!" Sie sah zur Tür, durch die Leutnant von Kündoch eintrat. Er sah sie und nahm sogleich Haltung an.

"Meine Comtessa!" Er genoss es, sie so anzusprechen, jetzt da er ihr diente. "Es ist alles bereit."

Die Angesprochene runzelte die Stirn."Leutnant, Ihr untersteht nach wie vor meinem Vater. Ich habe und brauche keinen persönliche militärische Leibwache." Ihr Ton war etwas schärfer als beabsichtigt. "Ich nehme Euch nur mit, um meinen Vater zu beruhigen."

Von Kündoch fühlte die Ernüchterung durch seinen Knochen fahren. "Wie Ihr wünscht, Euer Hochgeboren. Darf ich mich zurückziehen?"

Sie stand auf und schnaubte. "Ich weiß recht gut, dass diese Idee von der Leibgarde auch auf Eurem, sowie dem Mist Eures Onkels gewachsen ist, Leutnant." Sie machte sich auf zur Tür. "Ihr dürft mich ins Taubental begleiten. Das wird sicher lustig." Sie schien alles anders als fröhlich. "Mir wird viel einfallen, das Euch missfällt, und ich werde jeden Moment des Unwillens genießen." Sie rauschte an ihm vorbei.

Ein Stundenglas später waren endlich alle verabschiedet, und man war auf dem Weg in die Waldwacht, um hoffentlich zum ersten Travia in Las Dardas zu sein.

Chronik:1033
Der Ferkina-Feldzug
Teil 09