Mark Ragathsquell, 2. Tsa 1036 BF

Junkergut Aranjuez, vormittags

Autor: SteveT

Rifada da Vanya ließ das ihr fremde Ross in raschem Schritt über die unebenen, schneebedeckten Bauschfelder und Rübenäcker der Mark Ragatshquell traben. Gen Rahja ging über den dräuenden Gipfeln des Raschtulswalls gerade eben die Sonne auf, fächerte ihre Strahlen milchig-weiß hinter Schneewolken über die silbrig umrahmte Silhouette der grünschwarzen Gipfel. Sie hatte aber nur hin und wieder einen kurzen Blick für die Schönheit der Szenerie, denn sie kannte den Anblick von Kindesbeinen an, und noch immer arbeitete die Wut über die dreiste Pferdediebin heiß in ihr. Wenn sie diese Rahjelinde noch einmal irgendwo zu packen bekam, würde sie der einen Schlag verpassen, dass ihr danach nur noch der Zahnausreißer die letzten verbliebenen Trümmer aus dem Kiefer klauben konnte!

Wenn sie ganz ehrlich mit sich war, war es aber in Wahrheit doch weniger der Zorn auf die Pferdediebin, als die Trauer und die Wut über den Verlust Belisethas, der ihr zu schaffen machte. Sie hatte ihr nicht helfen können - hatte die Verteidigung eines eigentlich unwichtigen Klosters über die Errettung ihrer Mutterschwester gestellt. Sie schüttelte den Kopf und drückte dem Pferd die Oberschenkel in die Seite, um noch schneller nordwestwärts, noch weiter hinein ins Herz des Ragatischen Kessels zu reiten. In der Ferne hätte man jetzt den Ragather Burgberg und die Türme von Castillo Wendesinn ausmachen können, wenn es dafür nicht noch zu dunkel gewesen wäre.

Mit einem Male fing ein großer Stein am Rande einer Feldflur Rifadas Aufmerksamkeit ein, und sie zügelte ihr Ross und ritt ein paar Schritte zurück, um ihn genauer zu betrachten. Es war ein bunt bemalter Grenzstein, der auf der einen Seite einen silbernen Rabenschnabel auf Schwarz, auf der anderen Seite das widerwärtige Geviert der Harmamunds in Gold und Purpur mit deren Wappentier zeigte. Rifada rutschte aus dem Sattel, ging in die Hocke und hob den sicher 50 Stein schweren Wacker mit einem Urschrei hoch. Sie legte ihn sich über die Schulter und marschierte damit etwa hundert Schritt in die Richtung zurück, aus der sie gerade gekommen war. Dort stieß sie ihn mit einem weiteren Urschrei von sich und begutachtete zufrieden, wie der kahle Praiosblumenacker, der vorher zur Gemarkung der Harmamunds gehört hatte, nunmehr gänzlich auf dem Gebiet der Dominie Aranjuez lag.

"Ja, ja - so schnell kann man Land verlieren!", feixte sie zu sich selbst und klopfte sich den Schneematsch von Schulter und Händen, während sie zu dem wartenden Pferd zurückstapfte. Bei diesem Hundswetter würde es wahrscheinlich bis zum Ende der Tristeza dauern, bis überhaupt irgendjemand das Verrücken des Grenzsteins bemerkte ...

Sechs Meilen weiter nordwestlich, das Praiosrund war inzwischen vollends aufgegangen, erreichte Rifada so etwas wie eine feste Landstraße, wahrscheinlich die aus Ragath hierher führende. Durch den dick über den Schneefeldern links und rechts der Straße hängenden Morgennebel hindurch sah sie in etwa zwei Dutzend Schritt Entfernung eine offenbar in einer Schneewehe festgefahrene Kutsche - eine kostbare und moderne Chaise der Stellmacherei Ferrara - wenn auch nur zweispännig. Um die Kutsche herum wuselten vier bewaffnete Männer, die nach Anweisung des Kutschers oben auf dem Kutschbock, bald unter diesem, bald unter jenem der vier Räder den Schnee mit bloßen Händen wegzuschaufeln versuchten.

"Heda!", lenkte Rifada ihr Pferd an die Chaise heran. "Ist das der Weg zum Gut derer von Aranjuez?"

Die vier Männer zuckten erschrocken zusammen. Aus dem Inneren der Kutsche steckte eine ausnehmend hübsche junge Frau ihr Gesicht zum Fester heraus. "Ah, den Bauer schickt uns Phex!", sagte sie zu den Männern, die Rifada offenbar im Nebel nicht kommen gesehen und gehört hatten. "Er ... ach nein, das ist ja ein Weibsbild ... sie sieht kräftig aus! Soll absteigen und hinten mit anschieben! Spannt ihr Pferd vorne vor die anderen vor die Kutsche! Mit drei Gäulen werden wir doch aus diesem verflixten Schneehaufen herauskommen, in den uns dieses Orkgesicht hineingefahren hat. Los, los, rapido - mir ist kalt!"

Rifada zog eine Augenbraue in die Höhe. Was war das eben? "OB DAS WEG NACH ARANJUEZ IST, HABE ICH GEFRAGT?", brüllte sie so laut, dass die Männer noch einmal erschrocken zusammenzuckten.

"Weib! Ich bedaure, aber du musst absteigen und schieben helfen!", kam einer der bewaffneten Männer unter der Kutsche herausgekrochen. "Wir brauchen dein Pfe..." Er verstummte, als er sich aufrichtete, und Rifada nun erstmals genauer betrachtete. "IHR? Oh - ich bitte um Verzeihung!" Er deutete einen Bückling an.

"Kennen wir uns?", fragte Rifada argwöhnisch.

"Na, was ist denn?", fragte die junge Frau aus der Kutsche dazwischen. "Wird das bald was? Ich will endlich zu Hause meine drei neuen Kleider anprobieren!" Sie blickte Rifada nun direkt an: "Los, ist das so schwer zu verstehen? Wir sitzen fest - du schiebst! Los jetzt! Beweg dich, du faules Stück Kuhmist - oder soll ich dir Beine machen lassen?"

Der junge Mann, seiner guten Kleidung und Bewaffnung nach zu urteilen ein Caballero, sprang zwischen die beiden Frauen und gab der Domnatella in der Kutsche mit einer abwürgenden Gestik und dem Zeigefinger auf den Lippen zu verstehen, dass sie besser nicht weiterreden sollte.

"Äh, äh ... hochwohlgeborene Comtessa - darf ich bekannt machen: Die werte Domna hier ist von Stand und aus sehr altem Magnatenhause! Dies ist Rifada da Vanya aus dem Kaisergut Selaque."

Rifadas Augen hatten sich während der Rede des jungen Dings zu Schlitzen verengt und ihre Wangen waren zornrot geworden. Jetzt ruckte ihr Kopf zu dem jungen Mann herum. "Ihr kennt meinen Namen?"

"Das soll eine Magnatin sein?", fragte die Domnatella aus der Kutsche wieder dazwischen, während sie Rifada von Kopf bis Fuß musterte und dabei verächtlich die Nase rümpfte. "Sie sieht aus wie eine Vogelscheuche! Sie hat nicht mal Schuhe!" Sie kicherte perlend und verächtlich.

"Und Ihr seht aus wie eine Puniner Hafenhure!", konterte Rifada gewohnt lautstark, die ihrerseits über die angemalten Lippen und Augendeckel der Spötterin die Nase rümpfte. Sie blickte an sich herunter. Das dumme Ding hatte leider Recht! Wegen des überstürzten nächtlichen Aufbruchs aus La Dimenzia hatte sie gar nicht ihre Stiefel angezogen, sodass ihre Beine unterhalb der Kniekehlen nackt waren, was ihr erst jetzt auffiel. Gut, die Flüsse waren zugefroren und es hingen dicke Eiszapfen von den Hütten und Bäumen - aber kalt konnte man es eigentlich nicht nennen. Rifada fror nie und bevorzugte sommers wie winters kurzärmelige Waffenröcke und Kniebundhosen. Das einzige Mal in ihrem Leben, an dem sie langärmeliges Unterzeug getragen hatte, war, als sie eine Ferkina-Rotte im Zuge einer Strafexpedition auf den 6500 Schritt hohen Djer Razufach verfolgt hatte. Aber hier im Flachland bestand für solche Memmen-Kleidung eigentlich niemals Notwendigkeit!

"Domna Rifada!", riss sie der junge Mann mit Tadel in der Stimme aus ihren Gedanken. "Nehmt bitte zur Kenntnis, dass Ihr zur hochwohlgeborenen Comtessa Rahjada-Mera von Ehrenstein und Streitzig sprecht! Der Tochter Eures Herrn und Grafen!"

"Wie das?", lachte Rifada höhnisch und tippte sich auf die Brust. "Nehmt IHR besser zur Kenntnis, dass Ihr gerade zu Eurer rechtmäßigen Gräfin sprecht! Und damit meine ich nicht sie, sondern mich!" Sie deutete mit einem geringschätzigen Kopfnicken auf das Edelfräulein in der Kutsche. "Die da ist also eine Tochter des Tobtiers, nehme ich an? Des falschen Grafen?"

Mit einem Knall flog nun die Kutschentür auf, und die Domnatella sprang behände erst auf das Trittbrett und dann ganz nach draußen. Unter einem weißen Mantel aus Hermelinfell trug sie ein blutrotes Brokatkleid. Sie sprang in den Schnee, da sie aber sicher zehn Halbfinger hohe Absätze trug, versank sie nicht darin, sondern schien fast über dem Schnee zu schweben. Mit einem Temperament, das ihr Rifada gar nicht zugetraut hätte, zog sie ein Stricknadel-langes Stilett irgendwo unter ihrem Kleid hervor. "Nennt meinen Vater noch einmal den falschen Grafen und ich hole Euch damit eigenhändig die Augen heraus!"

Rifada griff zum Schwert und zog es zur Hälfte aus der Scheide. "Steck das Ding weg, Püppchen oder deine Hand liegt im Schnee!"

Auch die Männer ringsum zogen nun ihre Schwerter und Säbel, nur der junge Mann, der von Anfang an gesprochen hatte, versuchte sich weiter verzweifelt als tsagefälliger Friedensstifter.

"Teure Comtessa Rahjada, werte Domna Rifada! So seid doch vernünftig! Wir stecken hier in einer misslichen Lage, Domna Rifada, aus der wir nur mit Eurer Hilfe herauskommen können! Gleichzeitig wollt Ihr offenbar zu Dom Hernán, und es wird sicher sein Wohlgesonnensein Euch gegenüber steigern, wenn Ihr seiner künftigen Gemahlin helft, mit den Kleidern für ihre Hochzeit sicher bei ihrem Gatten anzugelangen! Ich bin Servando Cronbiegler, Ihr erinnert Euch offenbar nicht an mich - aber wir sind uns bereits vor einigen Jahren begegnet, als Ihr die hochwohlgeborene Schwester der Comtessa, Domnatella Romina-Alba, aus der Gefangenschaft der Wilden befreit habt. Ich gehörte damals zum Aufgebot Rondrigos vom Eisenwalde."

"Ich habe sie nicht befreit", schüttelte Rifada pikiert dem Kopf. "Ich lasse nur keine Frau unter den Wilden zurück. Dass sie unbeschadet nach Hause zurückkehrte, dafür haben andere gesorgt. Mir selbst war es mehr als einerlei!"

"Ihr wart das also!", zischte Rahjada-Mera feindselig. "Ich habe in der Tat viel von meiner Schwester über Euch gehört - und nur ein verschwindend kleiner Teil davon war löblich."

"Wärt Ihr in Tobrien geblieben, müssten wir uns nicht übereinander ärgern!", entgegnete Rifada unwirsch.

Hätten Blicke die Kraft zu töten, dachte Servando Cronbiegler still bei sich, beide Frauen würden auf der Stelle wie vom Blitz getroffen umfallen.

Immerhin glitt Rifada nun aus dem Sattel und beorderte die Comtessa mit einem groben Schubser in Richtung der Kutschenkabine zurück. "Wir brauchen mein Pferd nicht anzuspannen! Ihr drei Hungerhaken dreht am rechten Vorderrad und wir beide" - sie packte Servando am Arm - "drehen hier an diesem Hinterrad!"

Rifada packte das Rad an den Speichen, biss auf die Zähne und drehte so fest, dass ihre Adern am Hals und auf der Stirn hervortraten. Der junge Caballero schluckte, als er einen Blick auf ihre angespannten Arme warf, die kräftiger als selbst die des Hufschmieds von Castillo Wendesinn waren. Die Comtessa war die schönste Frau, die er in seinem ganzen Leben gesehen hatte, und ihr zu dienen und ihr nahe zu sein, war mehr als er zu träumen gewagt hatte. Aber sie hatte eine spitze Zunge und er hoffte, dass sie ihn nie in ein Duell mit dieser Junkerin trieb, das nur äußerst hässlich für ihn enden konnte.

Mit einem Ächzen aus tiefster Seele riss Rifada neben ihm schließlich das Kutschenrad tatsächlich dreimal herum, die vorgespannten Pferde machten überrascht zwei Schritte vorwärts, und die tückische Schneewehe lag hinter ihnen.

"So schwer war das nun nicht!", blickte ihn Rifada mitleidig an. "Den Rest des Weges schafft ihr hoffentlich alleine!" Sie ging zu ihrem Pferd und stieg auf. "Da ich aber mit Dom Hernán wichtigere Dinge als Hochzeitskleider zu besprechen habe, werde ich Euch nachfolgen lassen und bereits einmal vorweg reiten!"

Sie nickte der Comtessa noch einmal mit gespielter Freundlichkeit zu: "Domnatella - meinen Gruß an Euren Vater! Sagt ihm, das ist nun bereits die zweite Tochter, der ich aus der Not helfe, und er soll nicht darauf bauen, dass ich es noch ein drittes Mal tun werde. Der Marmorthron bleibt unser - ich werde ihn niemals aufgeben!"

Dann ritt sie in schnellem Trab davon.

"Brich dir den Hals!", wünschte ihr Rahjada-Mera hinterher.


Autor: Der Sinnreiche Junker

Hernán von Aranjuez sah von seinem Schreibpult auf, als in der Ferne das Horn des Postens erklang. Stirnrunzelnd versuchte er durch das trübe Fensterglas den Stand der Praiosscheibe abzuschätzen, doch der Feuerschein des Kamins und das Licht der Kerze auf dem Pult verfälschten den ohnehin nur matten Sonnenschein zu dieser Jahreszeit. Es sah seiner Verlobten jedenfalls überhaupt nicht ähnlich bereits so früh am Morgen einzutreffen. Oder war die Zeit über der Arbeit doch schneller verflogen? Wirklich vorangekommen war er nicht, wie er mit einem Seufzen feststellen musste, als er die Papiere ordnete. Seine schon lange begonnene Denkschrift "Die drei Tercios" würde weiter auf sich warten lassen.

Nachdem er die Kerze gelöscht hatte, machte er sich auf die Suche nach Mahmud, dem greisen Majordomus des Hauses Aranjuez. Das herrschaftliche Anwesen auf dem Junkergut war auf einer heißen Quelle errichtet worden, sodass der tulamidische Bädertrakt Tag und Nacht über warmes Wasser verfügte, sollte die Grafentochter sich aufwärmen wollen. Seine Suche nach Mahmud erwies sich als überflüssig, hatte dieser doch längst in der Küche Anweisung gegeben Wein und Suppe erhitzen zu lassen. Zweifellos dürfte die berittene Bedeckung Domna Rahjadas entsprechend durchgefroren sein.

Auch der Baron und Junker fröstelte, nun, da er sein warmes Arbeitszimmer verlassen hatte. Dort hatte er nur die schwarzen, typisch weiten Hosen im Landsknechtsstil und ein weit aufgeschnürtes weißes Hemd getragen, zu wenig in den unbeheizten Fluren. Dennoch machte er sich über das nicht minder unbeheizte Treppenhaus auf den Weg ins Obergeschoss. Dort öffnete er eines der nach außen gehenden Fenster, um einen Blick auf die Reisegesellschaft zu erhaschen, die nun bald den zypressengesäumten Weg zum Gutshof herauf kommen musste.

Der kalte Zug des plötzlichen Windstoßes trieb ihm die Tränen in die Augen, sodass der Condottiere blinzeln musste, als er in der Ferne einen einzelnen Reiter ausmachen konnte, viel näher schon als er erwartet hatte. Äußerst unwahrscheinlich, dass seine zukünftige Gemahlin bei dieser Witterung auf die Annehmlichkeiten einer Kutsche verzichten, geschweige denn, dass sie alleine reisen würde. Ein Botenreiter vielleicht? Nachdenklich strich er sich mit der Rechten übers unrasierte Kinn, als er über den Inhalt einer etwaigen Nachricht grübelte, welche zu wichtig sein könnte, als dass man sie einer Brieftaube anvertraute.

Schließlich stahl sich ein leiser Fluch von seinen Lippen, als er seiner wenig magnatenhaften Aufmachung gewahr wurde. Gewiss, einen einzelnen Botenreiter konnte man natürlich auch warten lassen, derweil er sich um ein angemesseneres Äußeres kümmerte. Dennoch zog der Soberan des Hauses Aranjuez es stets vor umgehende Kenntnis von jedweden Neuigkeiten zu erhalten. Er schloss das Fenster und begab sich schnellen Schrittes in die ihm vorbehaltene Zimmerflucht, um sich wenigstens ein Paar Stiefel anzuziehen.

Mahmud, ein Aramya mit schlohweißem Haar, der beinahe alt genug schien, als hätte er noch den Fall des alten Eslamabad miterlebt, wartete im windgeschützten Bereich des Eingangsportales, derweil einem Pferdeknecht die Aufgabe zufiel, die Zügel des Pferdes Domna Rifadas zu ergreifen. Wenn der Majordomus über die abgerissene Erscheinung der Besucherin überrascht war, so ließ er es sich zumindest nicht anmerken. Immerhin war sie auf dem Rücken eines Rosses eingetroffen, was in Almada noch etwas heißen mochte.

"As-salāmu 'alaikum. Willkommen auf Aranjuez", neigte er freilich nur andeutungsweise das greise Haupt, derweil der Pferdeknecht das Reittier zu den Stallungen führte.


Autor: SteveT

"Ja ja, schon recht!", nickte Rifada da Vanya dem tulamidischen Majordomus knapp zu. Obwohl sie des Tulamidyas wie viele Almadanis sehr passabel mächtig war, das während ihrer Ausbildungszeit auf der Keshal Rondra überwiegend gesprochen worden war, antwortete sie doch auf Garethi, denn die Sprache des Südostens erinnerte sie immer an das Gekrächz der Wilden und ihr Martyrium bei diesen.

Sie glitt aus dem Sattel und ignorierte den überrascht-pikierten Blick des Haushofmeisters angesichts ihres kurzen Arm- und Beinkleides und ihrer nackten Füße.

Ich muss mich drinnen, in Decken gehüllt, an den Küchenofen lehnen, dachte der greise Majordomus Mahmud still bei sich, und dieses Weibsbild stapft barfuß durch den Schnee. Bislang war er immer der - offenbar falschen - Überzeugung gewesen, dass das schöne Geschlecht noch mehr zum Frieren neigte, als der männliche Teil der Bevölkerung.

"Dom Hernán, wo find' ich den?", riss ihn Rifada mit einem Fingerschnippen aus seinen Gedanken und schritt einfach an ihm vorbei auf die Eingangstür des Herrenhauses zu.

"Äh, wen darf ich melden, werte Domna?", eilte ihr der Aramya hinterher, aber Rifada hatte schon die Hand an der Türklinke und trat von sich aus ein. Direkt hinter dem Portal stieß sie schon auf den Gesuchten, den Hausherren.

"Ah, Dom Hernán! Da seid Ihr ja!", begrüßte sie ihn mit einem Klaps auf die Schulter, der einen weniger standfesten Mann zum Rückwärtstaumeln gebracht hätte. Seine überrascht aufgerissenen Augen und die hochgezogenen Brauen verrieten, dass er offenbar jemand ganz anderen als sie erwartet hatte.

"Es ist lange her, dass wir das letzte Mal sprachen - aber wie ich sehe, ist es Euch nicht schlecht ergangen, Herr Baron!", konstatierte Rifada und sah sich mit anerkennendem Nicken in der holzvertäfelten Eingangshalle um, die - im krassen Gegensatz zu ihrem leergeräumten und geplünderten Castillo - auch erlesen eigerichtet war. Sie hatte die beiden letzten Worte besonders betont, aber ohne Spott in der Stimme, denn im Gegensatz zu vielen anderen Neuadligen der jüngeren Zeit, bei denen sie die allergrößten Bedenken hatte, jemals - was Rondra verhüten mochte - mit diesen Seite an Seite die Grenzen des Königreiches verteidigen zu müssen, war der Aranjuezer doch wenigstens ein Mann der Tat, der auch im Kampf zu gebrauchen war, was sich heutzutage über nur noch die wenigsten Magnaten sagen ließ.

"Ich bin hier", beschied sie ihn mit einer einladenden Geste, ihr in seinem eigenen Hause ausnahmsweise voranzugehen zu dürfen, "um mit Euch über eine gemeinsame Freundin zu sprechen." Sie senkte die Stimme: "Die Elenterin und ihr Drecksbalg, der Rakolus-Bastard." sie fuhr sich mit dem Daumen in einer halbkreisartigen Bewegung über den Hals. "Sie müssen beide sterben!"


Autor: Der Sinnreiche Junker

"Domna Rifada, welche Überraschung", stieß der Baron und Junker hervor, zur Hälfte wohl tatsächlich der Überraschung geschuldet, zur Hälfte dem 'Klaps' auf die Schulter, der ihm durchs Rückgrat ins lädierte Bein gefahren war. Immerhin zeigte sein unrasiertes Antlitz ein sachtes Lächeln, nachdem sich die erste Verwirrung rasch gelegt hatte. Und wie üblich kam die Vanyadâlerin sogleich zur Sache.

"Es ist in der Tat lange her, Domna Rifada. Willkommen auf Aranjuez", ließ er sich nichtsdestotrotz eine formelle Begrüßung nicht nehmen. Gefolgt von einem Klatschen in die Hände, welches Mahmud galt, der hinter ihnen gerade das Eingangsportal schloss. "Heißen Wein und Suppe für unseren Gast, Mahmud. Und Brot und Salz." Damit schritt er voran in den nahen Kleinen Saal, wo ein Kaminfeuer wohlige Wärme verbreitete. Der Versuch den Hauptsaal zu beheizen, schien auch auf Aranjuez unrentabel zu sein, wiewohl es für die robuste Junkerin womöglich kaum einen merklichen Unterschied gemacht hätte.

Unter den leeren Blicken der Eslamidenkaiser, deren Büsten auf zwei Reihen Wandsockeln auf sie herabsahen, nahmen die beiden an der kurzen Tafel Platz. Da der greise Majordomus wohlweislich bereits beim Hornsignal in der Küche entsprechende Anweisung gegeben hatte, folgten ihnen die Bediensteten beinahe auf dem Fuße. Zwei Weinkelche mit warmem, nach Gewürzen duftendem Wein, ein dampfender Topf Suppe und eine Zinnschale für die Besucherin, sowie Brot und Salz. Hernán von Aranjuez ließ es sich nicht nehmen, der Junkerin höchstselbst den Teller zu füllen, und anschließend das Brot zu brechen.

"Der Gedanke ist mir in den letzten Götterläufen auch desöfteren gekommen", sprach er derweil bedächtig, ehe er ein Stück des offenbar am Morgen frisch gebackenen und noch warmen Brotes ins Salz tunkte. Sonderlich zu behagen schien ihm der Geschmack nicht, doch legte er offenbar Wert auf diesen symbolischen Brauch des Gastrechtes. Nur allzu gerne befeuchtete er die allzu trockene Kehle nach kurzem Zuprosten mit einem Schluck Wein. Während ihn dieser von innen wärmte, fuhr er fort: "Wann immer ich an jenen Tag im Hof von Castillo da Vanya zurückdenke, kommt mir der Gedanke. Und glaubt mir, ich denke oft an diesen Tag zurück."

Wer den Condottiere kannte, der wusste, dass er nicht vergessen hatte, wie die Reichsvogtin ihnen eine Falle gestellt, und sie zu schmählicher Flucht gezwungen hatte - eine Flucht, welche Rifada da Vanya gedeckt hatte. Auf den Tag genau ein Jahr später, am 19. Praios 1034 BF, war er nach Alina zurückgekehrt, wo er bereits kurze Zeit nach jenem Vorfall Gut Rigoroso, das Junkergut ihres Handlangers Ordonyo di Alinas, hatte niederbrennen lassen. Nun ließ er die Pflugschar durch die Trümmer ziehen, und säckeweise Salz in die Furchen streuen, auf das auf dem Grund und Boden der verschwundenen di Alinas nie mehr etwas wachse und gedeihe. Ein kleines Zeichen auch in Richtung Castillo Albacim, dass diese Geschichte noch ein Nachspiel haben würde.

Freilich, einen Haken hatte die Sache: "Leider ist Praiosmin von Elenta eine direkte Vasallin der Kaiserin. Mein studierter Vetter Rafik hat nächtelang über diesem casus gebrütet, doch fiel ihm kein Weg ein, wie man die Reichsvogtin angehen könne, ohne dabei Ihre Majestät anzugreifen. Gewiss muss ich Euch nicht an das Schicksal dieser Tölpel der sogenannten Loyalistisch Almadanischen Wehr erinnern..."



Autor: SteveT

Gierig und dankbar schlang Rifada die warme Suppe herunter wie eine ausgehungerte Berglöwin und langte auch beim frischgebackenen Brot tüchtig zu. Die erste vernünftige Mahlzeit seit sie das heimatliche Castillo verlassen hatte! Sie nickte mit vollen Backen zu allem, was ihr Gastgeber sagte und stürzte dann auch den Gewürzwein in einem Zug herunter, ehe sie Hernan antwortete: "Ihr seid hier in diesem Land geboren, genau wie ich" begann sie anerkennend. "Niemand von unsereins wäre so strohköpfig wie unsere Hal'schen Neuadligen und würde einen Ort wie Selaque mit schwerem Belagerungsgerät einzunehmen versuchen." Sie fasste sich an den Kopf und schüttelte diesen.

"Der Berg Albamonte, an dessen Westflanke Selaque und Castillo Albacim auf mehr als halber Höhe liegen, ist über tausend Schritt hoch. Nur ein schmaler und steiler Serpentinenweg führt in den Ort hinauf. Auf herkömmlichem Wege sind also der Ort und erst recht die Burg nicht einzunehmen - es sei denn, man vermag wie die Wilden von oben eine über hundert Schritt hohe senkrechte Steilwand herabzuklettern - aber wer kann das schon?"

Sie deutete auf den letzten übriggebliebenen Anstandsrest des Brotlaibes und griff sich auch diesen, als ihn ihr Hernàn mit einem Nicken und einer auffordernden Geste über die Tafel entgegenschob. "Soweit so schlecht" fuhr sie schmatzend mit halbvollem Mund fort. "Aus diesem Grund plane ich natürlich keinen Angriff auf Albacim im herkömmlichen Sinne, der ohnehin zum Scheitern verurteilt wäre, sondern denke eher darüber nach, handstreichartig und inkognito in die Burg einzudringen, Praiosmin und ihren Bastard einen Kopf kürzer zu machen und danach mit ihrer beider Leichen wieder von dort zu verschwinden und diese verschwinden zu lassen, ohne dass irgendjemand überhaupt eine Ahnung hat, was dort vorgefallen sein könnte. Einige Wochen später wird sich in ganz Selaque und im Bosquirtal wie ein Lauffeuer das Gerücht ausbreiten, dass der Geist des Schwarzen Rakolus seine Frau und seinen Sohn zu sich in die Schwarzen Lande geholt hätte - dafür werden meine Bauern und Eigenhörigen schon sorgen, die jede schaurige und abergläubische Geschichte nur allzu gerne verbreiten."

"Jetzt fragt Ihr Euch sicher," schlußfolgerte Rifada aus Hernáns skeptischen Blick, "wie wir überhaupt in die erwähntermaßen schwer einzunehmende Feste eindringen sollen, um solcherlei zu bewerkstelligen? Passt auf! Bei der Rückeroberung meines Castillos von den Schergen der Elenterin fiel mir ein Weibsbild in die Hände, die wohl die Nichte oder Base oder was-auch-immer der Elenterin ist - jedenfalls ein Kegel des alten Lustmolches Radmon von Elenta, der unser schönes Selaque vor Praiosmin terrorisierte. Dieses Weib zeigte sich anfangs sehr stur und verschlossen, aber nachdem ich ihr ein paar Wochen lang jeden Tag die Schnauze poliert habe, bis sie grün und blau war am ganzen Körper, besserte sich irgendwann ihre Verstocktheit und sie begann zu reden: Dieser besagte Radmon, ein tyrannisches geweihtes Goldfaß und der Onkel der Bosquirischen Jungfer, soll der bäuerlichen Mutter meiner Gefangenen einmal während des Beiliegens verraten haben, dass der Torre di Alba - ein wie der Name schon sagt schneeweißer Wachturm oben auf dem Gipfel des Albamontes - das 'Eintrittsportal zu Selaque' sei und deshalb immer nur mit den vertrauenswürdigsten seiner Soldaten besetzt sein dürfe. Unsere gemeinsame Feindin scheint interessanterweise an dieser Tradition ihres Onkels festzuhalten, denn auch unter Praiosmin sind dort oben auf dem Spähturm immer nur die ihr treuergebensten Soldaten zum Wachdienst eingeteilt. Meine Gefangene dagegen, obwohl eine Commandanta von Praiosmins Wehr, war niemals dort eingeteilt - ja, durfte überhaupt noch nicht einmal auf den Turm hinauf. Möglicherweise - so vermutet sie selbst - weil Praiosmin in ihr ob ihrer Abkunft eine mögliche Konkurrentin für ihre Ämter und Posten sieht, die sie alle einmal in die Hände ihres Sohnes - eben dieses kleinen Rakolus-Bastards legen will, was die Guten Götter verhüten mögen - und zwar durch uns als ihre Werkzeuge!" Rifadas pervalisches Grinsen zeugte davon, dass sie das keineswegs so fromm-pathetisch meinte, wie es sich anhörte, sondern dass es ihr eher um private Rache ging, die vielleicht nebenbei sogar noch einem höheren Zweck diente.

"Genaueres wusste diese Yegua nicht zu sagen, da sie eben wie erwähnt noch nie auf dem Turm war. Ich aber frage mich jetzt natürlich, inwieweit das Bauwerk ein 'Eintrittsportal' nach Selaque sein kann, denn dass es - genau wie in meinem eigenen Castillo - einen geheimen Weg nach Albacim hinein und wieder hinaus geben soll, dieses Ondit habe ich in Selaque schon seit meiner Kindheit mehrfach gehört. Unser Haus besass früher eine gute Karte - einen Grundrissplan - von Castillo Albacim, da viele der dort regierenden Vögte ja Da Vanyas waren. Aber unglücklicher- wie auch seltsamerweise ist auch diese Karte seit der Plünderung meiner Burg verschwunden. Entweder wurde sie gezielt entwendet oder auch nur zufällig vernichtet, dass vermag ich leider nicht zu sagen."

Sie blickte Hernàn nun direkt und auffordernd an: "Also was denkt Ihr? Ich weiss, es ist kein Honigschlecken zu dieser Jahreszeit auf den Gipfel eines Berges zu klettern - aber ich für meinen Teil bin schon auf Berge gestiegen, die sechsmal so hoch waren und wie jemand, der das bißchen Winter da draußen fürchtet, seht Ihr mir auch nicht aus." Sie deutete auf Hernans ebenfalls recht dünne und luftige Kleidung, wenn er auch nicht kurzärmelig gewandt war, wie sie selbst. "Ich bräuchte Euch und ein paar Eurer besten Halsabschneider, um in den Turm einzudringen und herauszufinden, inwieweit er ein Portal nach Albacim für uns sein kann. Was Praiosmin und ihren Bankert anbelangt - sie kaltzumachen könnt Ihr gerne mir überlassen, falls Ihr irgendwelche Skrupel habt, eine kaiserliche Beamtin zu töten. Wichtig ist nur, dass wir sie anschließend mit uns nehmen und verbrennen oder mit Gewichten an den Füßen im Schwarzen See versenken, so dass sie nie gefunden werden. Es soll wie gesagt für alle Welt so aussehen, als hätten sie Almada aus freien Stücken und in niederträchtiger Absicht den Rücken gekehrt. Selbstverständlich können wir beide danach dann gegenseitig bezeugen, dass der jeweils andere zum nämlichen Zeitpunkt gerade zu Besuch weilte, so daß kein Verdacht auf uns fällt, denn wer wollte es wagen, das Wort zweier respektabler Magnaten anzuzweifeln?"

"Und wenn es", fuhr Rifada grinsend fort, "den Söldner und Condottiere in Euch nicht nur nach Rache, sondern auch nach zählbarer Beute verlangt, so kann ich Euch sagen, dass es mir nur um die Zurückerlangung meines persönlichen Eigentumes geht - alles andere, was Praiosmin und ihr Onkel in den beiden letzten Jahrzehnten an Gold und Schätzen zusammengerafft, aus dem Volk herausgepresst und der Krone aus dem Marmorhandel vorenthalten haben, steht Euch bereit Euch zu bedienen, so bald deren schmähliches Verschwinden offenkundig wird. Ihr habt mein Wort darauf, solange kein neuer Reichsvogt in Selaque eingesetzt wird - denn ich spekuliere darauf, dieses Amt dann selbst zu besetzen, werde ich Euch alles zuleiten, was nicht unser, sondern der Besitz des Hauses Elenta war. Und das würde Euch auf einen Schlag so reich wie einen Puniner Pfeffersack machen!"



Autor: Der Sinnreiche Junker

Nachdenklich strich sich der Hausherr über das unrasierte Kinn, als er die Ausführungen Rifada da Vanyas abzuwägen schien. Natürlich hatte er bei seinem Verweis auf jene Episode der L.A.W. eher an die Folgen für die Beteiligten gedacht, denn an ihre konkrete Strategie wider Castillo Albacim, doch waren derlei Überlegungen nebensächlich. Zwischenzeitlich hatte er mit einer auf dem Tisch stehenden Glocke die Dienerschaft gerufen, um mehr Suppe und Brot für seine offensichtlich hungrige Besucherin aufzutragen. Bedachte man ihren Aufzug, hätte man sich gleich denken können, dass es mit einer normalen Portion nicht getan war, wussten die Götter, wo sie gerade herkam. So war ihr Gespräch zwischenzeitlich unterbrochen worden, als weitere Portionen gereicht wurden. Dem Baron und Junker gab dies indes mehr Zeit zum Nachdenken.

„Ich kann nicht verhehlen…“, setzte er schließlich an, „…dass ich stets eher daran gedacht hatte, es ihr etwas…sichtbarer für alle Welt heimzuzahlen. Gemessen an ihrer Amtsführung, war ich mir eigentlich sicher, dass sie gewisse…politische…Veränderungen nicht unbeschadet überstehen würde. Einmal der kaiserlichen Protektion beraubt, wäre es ein Leichtes sie in aller Öffentlichkeit zur Rechenschaft zu ziehen. Aber da sieht man einmal wie diese Leute in Gareth…nun ja, dies ist ein anderes Thema.“ Rasch verbarg er den missgünstigen Zug um die Mundwinkel bei seinem kurzen Abschweifen zu alten Ratskellertiraden hinter einem Schluck aus dem Weinkelch.

„Zurück zur Reichsvogtin: wenn es eine veritable Chance gibt über diesen Torre di Alba nach Castillo Albacim hinein zu gelangen, so soll mir das Recht sein. Jede Rache ist besser als keine Rache.“ Dabei verkrampfte sich kurz sein Griff um den Hals des Weinkelches. Es gab schließlich noch andere Personen, denen er aus jenen Tagen etwas heimzuzahlen hatte. Ein kurzes Blinzeln, dann gelang es ihm ein schmales Lächeln auf sein Antlitz zu zaubern: Außerdem habe ich nicht vergessen, wie Ihr an jenem Tag unseren Rückzug gedeckt habt.“ ‘Rückzug‘ war freilich ein großes Wort für ihre überstürzte Flucht aus dem Burghof. „Das hätte Euch leicht das Leben kosten können, und hat das unsere wahrscheinlich gerettet. Wer wäre ich da, meinen Wunsch nach öffentlicher Genugtuung über Euren Hader zu stellen?“

Abermals nahm er einen Schluck Wein, nur um nun festzustellen, dass er über ihren Ränken merklich abgekühlt war. Vielleicht war es diese Erkenntnis, die ihn leicht erschaudern ließ, vielleicht die Aussicht auf eine winterliche Kletterpartie. Während Firuns grimmiger Regentschaft leger gekleidet in einem beheizten Raum zu sitzen war eine Sache, der Raschtulswall im Winter eine ganz andere. Der Feldzug des Mondenkaisers im Rahmen des Ferkinakrieges war vielleicht die härteste Campanya, die der kriegserfahrene Condottiere je mitgemacht hatte. Allenfalls vielleicht der Kleinkrieg gegen die Alanfaner in den dampfenden Sümpfen um Loch Harodrôl war ähnlich entbehrungsreich gewesen wie jener Winterfeldzug. Und damals war Hernán von Aranjuez ein junger Mann gewesen. Aber dieses Mal sollte es ja nur ein einziger Berg sein. Ähnlich hatte diese ganze Malaise zum Jahreswechsel 1032/1033 BF freilich auch begonnen.

So hob er schließlich, die düsteren Gedanken vertreibend, abwehrend die Hände: „Die Elenterin hat Euch bestohlen. Mir scheint es da nur recht und billig, dass Ihr Euch nun mit Zins und Zinseszins zurückholt, was Euch gehört. Wie gesagt, ich stehe seit jenem Tag im Burghof in Eurer Schuld, und so soll mir meine Vergeltung Lohn genug sein.“ Gold sah man seinen früheren Besitzer nicht an, für alles übrige Hab und Gut Praiosmin von Elentas mochte das freilich nicht zwingend gelten. Sollte Rifada da Vanya tatsächlich die Nachfolge der Reichsvogtin antreten, so war es recht einfach zu erklären, wie sie an derlei Besitztümer gelangt war, sollte sich in der Abgeschiedenheit Selaques überhaupt jemand dafür interessieren. Mitten in der Mark Ragathsquell oder in Dubios aber würde man womöglich in arge Erklärungsnöte geraten. So fiel es wahrscheinlich leicht, in dieser Sache großmütig zu sein.