Chronik.Ereignis1036 Besuch im Vanyadâl 11
Mark Ragathsquell, 2. Tsa 1036 BF[Quelltext bearbeiten]
Castillo Quazzano, nachmittags[Quelltext bearbeiten]
Autor: von Scheffelstein
Richeza von Scheffelstein y da Vanya erwachte frierend und mit flauem Gefühl im Magen, das sich zu einer ausgeprägten Übelkeit steigerte, als sie sich aufsetzte. Gerade noch schaffte sie es, aus dem Bett zu kriechen und den ungenutzten Nachttopf unter demselben hervorzuziehen, ehe ihr Magen sich zusammenkrampfte und sie sauren Speichel in das Nachtgeschirr erbrach. Eine Weile kniete sie zitternd auf den Holzdielen, die Stirn an die Bettkante gelehnt, dann kroch sie stöhnend zurück ins Bett und zog sich die Decke über den Kopf.
Als sie das nächste Mal erwachte, hatte die Sonne den Zenit bereits überschritten. Das fahle gelbe Licht schimmerte zwischen den Wolken hindurch, ebenso kraftlos, wie die Edle sich fühlte. Sie hatte Hunger. Auf dem Nachttisch standen noch Brot und Wasserkrug, die sie nach ihrer Ankunft im Morgengrauen erhalten hatte. Sie riss ein Stück des Brotes ab und kaute langsam.
In Gedanken war sie bei ihrer Tante. Sie war froh, sie nicht begleitet zu haben, nicht länger dort draußen zu sein in der bitteren Kälte. Ihre Kleider, die auszuziehen sie nicht die Kraft gehabt hatte, waren noch immer klamm. Trotz allem machte Richeza sich große Sorgen. Es war lächerlich: Gewiss gab es keine Frau auf der Welt, um die man sich weniger sorgen musste, als ausgerechnet Rifada da Vanya, und dennoch war die Vorstellung, ihr könne etwas zustoßen, für Richeza unerträglich. Sie verstand es selbst nicht: Wieso ausgerechnet diese harte, unnahbare Frau, vor der sie sich als Kind gefürchtet, die noch vor wenigen Jahren ihren Zorn geschürt hatte mit ihrer beiläufig-herablassenden Art? Wie hatte sie es gehasst, von ihr wie ein Kind behandelt zu werden! Doch jetzt – lag es daran, dass sie selbst ein Kind erwartete? – fühlte sie sich der Schwester ihrer Mutter mit einem Mal so nah, wie seit Jahrzehnten keinem Menschen mehr. War es, weil sie plötzlich, seit über dreißig Jahren, erstmals so schmerzlich ihre eigene Mutter vermisste? Sie hatte schon lange nicht mehr an Madalena da Vanya gedacht. Sie war ohne Mutter aufgewachsen, nach dem Tod ihrer Großmutter Richeza beinahe sogar ohne irgendeine Frau in ihrem Leben. So war es gewesen, sie hatte nichts vermisst. Jetzt aber fühlte sie sich verloren und einsam und sehnte sich nach einer Frau, der sie ihr Herz ausschütten, von der sie Rat erhalten konnte.
Wider Willen musste Richeza lächeln. Ausgerechnet ihre Tante war wohl kaum die richtige Frau, um mitfühlenden Beistand zu erwarten. Und doch musste sie an all das denken, was die Junkerin ihr im Vanyadâl offenbart hatte. Wie seltsam ähnlich ihrer beider Leben verlaufen war. Auf eine Weise. Gewiss: Rifadas Schicksal war wie eine Steigerung all ihrer Alpträume ins Unermessliche, eine gleichsam … niederhöllische Verzerrung ihres eigenen Lebens. Trotzdem: Wie seltsam, dass sich das Schicksal in ihrer Familie immer und immer wieder zu wiederholen schien: Ahumeda da Vanya, die einen kaiserlichen Bastard geboren hatte und bitter dafür hatte bezahlen müssen, ihre Großmutter Leonida und ihre Geschwister, die von ihrem eigenen Vater als vermeintliche Bankerte verstoßen und enterbt worden waren, ihre Mutter, die Glück gehabt hatte und ihren Geliebten hatte heiraten dürfen, ehe sie, Richeza, als uneheliches Kind geboren worden wäre, und ihre Tante, der dieses Glück nicht beschieden gewesen war, wahrlich nicht, der gar das größte Leid widerfahren war, das eine Frau sich vorzustellen vermochte. Und jetzt sie … Abermals … Warum? Was war das für ein seltsames Spiel, das Götter und Dämonen oder das Schicksal oder wer auch immer mit ihnen spielte? Ob es auch in anderen Familien solche Schicksalsfäden gab, die sich durch Zeit und Raum und Generationen zogen?
Es klopfte an der Tür, und Richeza wurde aus ihren Gedanken gerissen. Eine Magd kam herein und fragte besorgt, ob es Ihrer Wohlgeboren gutgehe? Seine Eminenz lasse nachfragen, ob sie nach einem Medicus verlange. Richeza winkte ab und verlangte stattdessen nach einem Bad.
Sie schickte die Dienerin fort, die ihr beim Auskleiden behilflich sein wollte. Der verhüllenden Kleider entledigt, hatte ihr Körper sich bereits verräterisch verändert, und einem geschulten Auge wäre der Grund dafür gewiss nicht verborgen geblieben. Sie ließ sich tiefer in den Zuber gleiten, als die Zofe mit sauberen Kleidern zurückkehrte, bestand darauf, sich selbst anzukleiden, merkte aber alsbald, dass sie das etwas altmodische blaue Samtkleid mit rotem Brokatbesatz nicht selbst zu schließen vermochte und rief missgestimmt nach der Frau, die stumm vor der Tür gewartet hatte.
"Seine Eminenz erwarten Euch zur Vesper", verkündete die Dienerin, nachdem sie Richeza, die sich in dem Kleid kaum zu bücken vermochte, auch noch die Schuhe angezogen hatte. Richeza folgte der Frau über geräumige Treppen hinunter in einen mit roten Samtmöbeln ausgestatteten Salon, in dem sie am Kopfende einer langen Tafel bereits der Soberan des Hauses da Vanya erwartete.
Autor: SteveT
"Sieh an!", nickte der Großinquisitor der Heiligen Reichskirche Richeza huldvoll zu und hielt ihr seinen güldenen Siegelring mit dem Greifenwappen zum Kuss entgegen. "Die alten Augen meines mir treu dienenden Haushofmeisters haben ihn in der Dunkelheit der gestrigen Nacht bei Eurer Ankunft also doch nicht betrogen - es ist tatsächlich meine mir bislang nahezu unbekannte Großnichte!"
Er musterte Richeza beim Näherkommen eingehend. Sein Blick war tatsächlich durchdringend und stechend, von Angesicht zu Angesicht fast noch unangenehmer, als es Rifada schon beschrieben hatte. "Wie ich sehe, seid Ihr von Euren schweren Verletzungen wieder vollständig genesen, meine Tochter, die ihr beim Kampf um Al'Muktur erlitten habt, wie mir damals zugetragen wurde. Gleichwohl war ich etwas verwundert, Euren Namen unter den Opfern des Massakers zu finden, denn es war mir zuvor lange Zeit berichtet worden, dass Ihr es eher mit der Parteiung jener hieltet, die dieses Massaker schlussendlich verübten?"
Er wies auf einen Stuhl ihm gegenüber am anderen Ende der sicher sechs Schritt langen Tafel. "Aber darüber könnt Ihr mir Aufklärung leisten, während Ihr Euch ein klein wenig stärkt. Mein Leibkoch geruhte uns einen köstlichen Fasanenbraten zuzubereiten." Er wartete, bis die einzige Tochter seiner viel zu jung gestorbenen Nichte Madalena von einem livrierten Diener ein Stück des Bratens aufgeschnitten und serviert bekommen hatte, bis er fortfuhr. "Berichtet mir ein wenig von Euch und Eurem Leben, meine Tochter – als wir uns das letzte Mal vor vielen Jahren sahen, waren Belisetha und Rifada ebenfalls zugegen, sodass Ihr gar nicht zu Wort kamt und wir uns nicht richtig kennenlernen konnten. Apropos – wo sind die beiden eigentlich abgeblieben? Meine Schwester bat mich um dieses Treffen hier wegen einer wichtigen Angelegenheit der Familia – ansonsten wäre ich jetzt wohl noch in Gareth."
"Ja - wo steckt meine Mutter?", fragte plötzlich eine weitere Stimme im Rücken von Richeza, die erst jetzt bemerkte, dass dort schon die ganze Zeit eine junge Frau am Fenster gestanden haben musste. Auch wenn sie hier auf Quazzano nicht den geschmiedeten bronzenen Torso und das kurze Lamellenröckchen der Amazonen trug, sondern einen Waffenrock in den Familienfarben Gold und Purpur, verrieten ihr Tonfall und die aufreizend selbstsichere Gestik doch sofort, wessen Tochter sie war. "Base!", nickte Gujadanya da Vanya Richeza kurz und knapp zu, die sie in den letzten zwei Jahrzehnten kaum einmal zu Gesicht bekommen hatte, die aber in den letzten Jahren auffällig oft um ihre Mutter herumscharwenzelte. Vielleicht weil sie ihre eigene verloren hatte - vielleicht aber auch, um der Familia wieder Schwierigkeiten zu bereiten, wie damals mit der unseligen Suche nach irgendeinem vermissten Knaben mitten im schlimmsten Ferkinasturm, was Moritatio und Berengar letztlich das Leben gekostet hatte.
Autor: von Scheffelstein
Richeza schwieg, während die Fragen des Inquisitors und dann ihrer Base auf sie einprasselten, schnitt vorsichtig das Fleisch in kleine Stücke und schob sich eines von diesen in den Mund, kaute bedächtig, beinahe fürchtend, ihr gepeinigter Magen werde sofort wieder rebellieren. Erst, als die Fragen verstummten und sich eine unangenehme Stille in dem angenehm warmen Raum auszubreiten begann, hob Richeza langsam den Kopf von ihrem Teller, sah zu Amando Laconda da Vanya und schließlich zu ihrer Base.
"Deiner Mutter geht es gut", sagte sie. "Sie ist … sie sagte, sie habe noch eine dringliche Angelegenheit zu erledigen und werde in einigen Tagen zurück sein. Ich sagte, ich werde hier auf sie warten." Richeza betrachtete ihre Base einen Moment lang aufmerksam, das längliche Gesicht, das so wenig Ähnlichkeit hatte mit Rifadas und jetzt, da sie deren Worte im Ohr hatte, auch ihrem vermeintlichen Vater nicht ähnlich sah. Wahrlich, ihre Base war hübscher als der alte Sack, aber hatte der Madaseer nicht eine der begehrtesten Domnas des Landes gezeugt, eine, mit der sogar Gendahar sie selbst … Sie schluckte und zwang ihre Gedanken ins Hier und Jetzt zurück.
"Ich weiß nicht, wo ich beginnen soll", sagte sie müde. "Während der letzten Tage hat sich Furchtbares ereignet. Eure Schwester …" Sie sah den alten Soberan des Hauses an. "Sie ist … Ich weiß nicht, ob sie noch lebt."
"Was?", fuhr Gujadanya auf.
Richeza hob die Hand. "Ja. Ich fürchte … Rifada sagte … Eure Eminenz", sagte sie und fragte sich abermals, wie sie den ihr fremden Verwandten anzureden hatte. Sie holte tief Luft. "Ich fürchte, sie ist … sie hat wohl nicht überlebt. La Dimenzia", fügte sie schnell hinzu, ehe Gujadanya sie unterbrechen konnte, "ist nicht mehr. Das Noionitenkloster. Als wir es gestern Abend erreichten," – War es wirklich erst einen Tag her? – "wurde es Ziel eines hinterhältigen Angriffs durch einen Boronfrevler. Er hatte mindestens ein Dutzend Tote um sich geschart und Vögel, tote Vögel, die das ganze Kloster in Brand setzten. Lucrann war auch dort, aber nicht im Kloster, er kämpfte gegen die Toten, als ich ihn zuletzt sah. Der Abt ist gefallen, seinen Verbrennungen erlegen, und Belisetha … Sie war noch im Gebäude, als es zu brennen begann, und Rifada meinte, sie sei nicht mehr bis zu ihr, bis zu den Schlafgemächern durchgekommen, die hätten schon in Flammen gestanden."
Autor: SteveT
Hätten fast jedem anderen Menschen diese niederschmetternden Nachrichten den Boden unter den Füßen weggezogen, so nahm sie der Großinquisitor mit jener äußerlichen Ungerührtheit und Selbstbeherrschung auf, die man den Geweihten der Reichskirche seit jeher nachsagte. Sein Gesicht blieb unbewegt wie eine Maske – einzig die Tatsache, dass er seinen Trinkkelch, den er gerade zum Mund hatte führen wollen, ungenutzt wieder absetzte, machte deutlich, dass er Richezas Ausführungen zur Kenntnis genommen hatte.
Ganz anders Gujadanya, die sich entsetzt auf den Stuhl neben Richeza sacken ließ und diese am Handgelenk packte, ehe sie noch einen zweiten Bissen zu sich nehmen konnte. Ihr Griff war hart wie ein Schraubstock. "Was sagst du da? Unsere Großtante ist tot und du schläfst dich erst mal in aller Ruhe aus und lässt dir den Braten schmecken, ehe du uns diese Walpurgasbotschaft überbringst? Als du Unglücksräbin das letzte Mal bei uns aufgetaucht bist, verlor ich meinen Bruder und meinen Vater – jetzt meine geliebte Muhme! Was hast du mit der ganzen Sache zu schaffen, frage ich jetzt? Stehst du wirklich auf der Seite unserer Familia oder bist du am Ende eine bezahlte Dienerin der Elenterin?"
Sie schüttelte und zog an Richezas Arm und ließ ihn erst los, als sie Amando Laconda mit einem tadelnden "Gujadanya!" zurechtwies. "Schweig stille!", befahl er Rifadas Tochter streng, in der er mehr und mehr ihre Mutter wiedererkannte. "Das fehlte noch, dass wir uns in diesen Jahren des Zweifels, in denen der Herr die Rechtgläubigkeit seine Diener verifiziert, innerhalb unseres eigenen Hauses bekriegen."
Gujadanya verschränkte trotzig die Arme vor der Brust, der Soberan aber wandte sich wieder an Richeza, musterte sie einen Moment lang mit seinem durchdringenden Blick. "Meine Tochter, habe ich Euch recht verstanden, dass Ihr nicht mit Sicherheit zu sagen vermögt, ob Belisetha der Feuersbrunst zum Opfer fiel oder nicht? Meine Schwester und ich stehen uns sehr nahe – ich bin mir sicher, hätte sie diese unsere Welt verlassen, so hätte ich dies verspürt oder im Gebet davon erfahren, was aber nicht eintrat. Daher zweifle ich an Euren Worten, auch wenn sie Euch selbst wahr scheinen. Hat Euch meine Schwester denn vor diesem Vorfall auf La Dimenzia, zu dem ich Euch noch genauer befragen werde, mitgeteilt, zu welchem Behufe sie uns offenbar alle hierher nach Quazzano gebeten hat?"
Autor: von Scheffelstein
Die Worte ihrer Base trafen Richeza so tief, als hätte die Jüngere ihr unvermittelt einen Dolch mitten ins Herz gestoßen. Für einige Augenblicke verschlug es ihr die Sprache vor Schmerz. Ein Eisenband schien ihre Brust zusammenzudrücken, ihren Atem zurück in ihre Lungen zu pressen. In ihren Ohren klangen die Worte ihres Großvaters, ihres Onkels, all jener, die beklagt hatten, sie bereite ihnen und der Familia Kummer. Sie erinnerte sich eines Frühlings vor elf Jahren in Schelak, als Ramiro sich mit seiner Frau gestritten hatte, ihretwegen. Fenia, hatte er ihr später erklärt, sei als Culming von klein auf dazu erzogen worden, die Familie zu respektieren und nichts zu tun, was dem Ansinnen des Soberans im Wege stehe. Wenn jemand, hatte er gesagt, aus dem Ruder laufe, so sei er – oder sie, es war um sie gegangen, nur um sie – nicht so oft so nachsichtig zu behandeln, wie es bei den Alcortas oder Scheffelsteins der Fall sei.
Richeza betrachtete ihr Handgelenk, auf dem sich rot die Abdrücke abzeichneten, die Gujadanyas Finger hinterlassen hatten. Dachte ihre Tante genauso über sie und war nur auf irgendeine Weise freundlicher oder beherrschter und sprach es deshalb nicht aus? Richeza schwieg, bis das gefährliche Zittern in ihrer Brust nachließ und ihr Atem wie ein verebbtes Rinnsal über ihre Lippen tröpfelte.
Sie wandte sich dem Soberan des Hauses da Vanya zu, bleich, aber gefasst. "Ich weiß nicht, ob Belisetha tot ist oder nicht", stieß sie hervor. "Ich weiß nur, was Rifada sagte. Ich war nicht selbst in dem brennenden Haus. Ich hätte es nicht lebend wieder herausgeschafft, mit oder ohne sie nicht", fügte sie hinzu, in dem plötzlichen Gefühl, sich rechtfertigen zu müssen. "Selbst Rifada ist dies nur knapp gelungen."
Sie verfiel wieder in Schweigen, dann sah sie Gujadanya an, die mit zusammengebissenen Zähnen neben ihr saß. "Ich bin für den Tod deines Bruders oder deines … Vaters nicht verantwortlich." Sie dachte an den Abend, an dem sie Moritatio zuletzt gesehen hatte, auf dem Castillo da Vanya, ehe er Hals über Kopf die Burg verlassen hatte, in jener Nacht, in der Udinia Krähenfreund ihr einen Besuch abgestattet hatte. Unwillkürlich fasste sie nach dem Amulett, das an einem Lederband um ihren Hals hing, einem grün-schwarz gemaserten Stein, eingefasst in einen zierlichen Goldrand mit goldenen Blättern. Es habe einst Richezas Mutter gehört, hatte die alte Hexe gesagt, und sie gebe es ihr, damit sie sich erinnere, wie eine da Vanya auch sein könne.
Richezas Kiefer verhärteten sich. Was konnte sie dazu, dass ihr närrischer Vetter die sichere Burg seiner Vorfahrinnen verlassen hatte, nur, weil sie seine jungenhafte Liebe nicht erwidert hatte? Einen Augenblick starrte sie Gujadanya düster an. "Und ich habe auch diesen Nekromanten nicht nach La Dimenzia bestellt. Niemand konnte ahnen, dass das Kloster abbrennen würde, als wie das Gebäude und die schlafende Belisetha verließen." Im Haus da Vanya stehe man einander bei, hatte Belisetha gesagt. Richeza schnaubte unwillig und wandte sich wieder Amando zu.
"Ich weiß nicht, was Eure Schwester hier wollte. Sie macht sich wohl Gedanken um die Zukunft der Familia." Sie zuckte mit den Schultern. Die Trauer hatte sich in Wut verwandelt.
"Ich bin nicht für alles verantwortlich, was dieser Familia an Unglück widerfahren ist!", fauchte sie Gujadanya an. "Wer hat euer verdammtes Castillo zurückerobert und die Base der Elenterin in den Kerker geworfen? Wo warst du, als wir die Schergen der Elenterin vertrieben? Hast du dich jemals dafür bedankt, dass ich dein Erbe gerettet habe? Nein, du kamst nach Wochen angeritten wie die Herrin der Welt, und es fehlte gerade noch, dass du mich herumkommandiertest wie deine Rustikalen!" Sie stach mit der Gabel so hart in ein Fleischstück, dass die Zinken es durchstießen und hässlich über den Teller kreischten. Wütend stopfte sie es sich in den Mund und schlang es, fast ohne zu kauen, herunter.
Autor: SteveT
Während der kurz anhaltenden Stille zwischen Gujadanya und Richeza, in der jede der beiden jungen Frauen trotzig mit wütendem Blick die Lippen aufeinander presste und die andere vor dem Austausch neuer Argumente musterte, hatte der Großinquisitor seine Fassung wiedergefunden - wenn er sie denn überhaupt verloren hatte, denn selbst die Nachricht vom Tod seiner Schwester hatte er ohne jegliches Mienenspiel zur Kenntnis genommen, obwohl Gujadanya wusste, dass Belisetha und Amando zeit ihres Lebens stets eine sehr enge und vertrauensvolle Beziehung zueinander hatten.
"Du erwähntest einen Nekromanten, meine Tochter, dessen götterlästerliches Wirken für den Brand auf La Dimenzia verantwortlich gewesen sein soll? Diesen Frevler in die Gewalt der Suprema zu bringen und ihn seiner gerechten Bestrafung zuzuführen, muss nun meine vorderdringlichste Pflicht sein! Berichte alles, was du über ihn und seine Verbrechen weißt, denn in jedem Moment, in denen eine solch verlorene Seele auf freiem Fuße wandelt, ist sie eine Gefahr für das Seelenheil aller anderen Menschen - der Lebenden wie der Toten!"
Er blickte streng abwechselnd von Richeza zu Gujadanya. "Niemand aus unserem Hause trägt Schuld an den Geschehnissen - aber es ist unsere Pflicht, sie aufzuklären. Und da ich nur mit geringer Bedeckung von Gareth hierher angereist bin, werdet ihr beide mich nach La Dimenzia begleiten. Wenn mein Neffe Lucrann ebenfalls in der Gegend ist - umso besser! Wir werden einige Leute brauchen, um den Nekromant zu fassen!"
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