Chronik.Ereignis1033 Streit ums Taubental 29: Unterschied zwischen den Versionen

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Dass sich in der Dunkelheit über dem Aufbau noch die zwiebelförmige Kupferkuppel des Rosentempels wölbte, konnte Bruder Zafir nur erahnen, denn das Licht der Laternen füllte lediglich die Tanzfläche im Zentrum vollständig aus. Bereits die Liegen der Gäste lagen im Halbschatten. Duftkerzen auf den Beistelltischchen sorgten jedoch dafür, dass Speisen, Getränke und Gesichter der unmittelbaren Nachbarn klar erkennbar waren.
Dass sich in der Dunkelheit über dem Aufbau noch die zwiebelförmige Kupferkuppel des Rosentempels wölbte, konnte Bruder Zafir nur erahnen, denn das Licht der Laternen füllte lediglich die Tanzfläche im Zentrum vollständig aus. Bereits die Liegen der Gäste lagen im Halbschatten. Duftkerzen auf den Beistelltischchen sorgten jedoch dafür, dass Speisen, Getränke und Gesichter der unmittelbaren Nachbarn klar erkennbar waren.


Während er mit allen Sinnen die Eindrücke aufnahm, fühlte er, dass heute einer jener Abende sein konnte, nach denen sich sein ganzes Herz, sein ganzer Geist und sein ganzer Leib sehnten, und die er doch nur selten erleben durfte. Er würde den 'Atemhauch Rahjas auf seiner Haut spüren', wie Hochwürden [[Bonaventura XXII. Colombi|Bonaventura]] es nannte. Der Gedanke an die Präsenz des Göttlichen durchlief ihn wie eine neuerliche Welle und trieb das Blut in seine Wangen.
Während er mit allen Sinnen die Eindrücke aufnahm, fühlte er, dass heute einer jener Abende sein konnte, nach denen sich sein ganzes Herz, sein ganzer Geist und sein ganzer Leib sehnten, und die er doch nur selten erleben durfte. Er würde den 'Atemhauch Rahjas auf seiner Haut spüren', wie Hochwürden [[Bonaventura XXV. Colombi|Bonaventura]] es nannte. Der Gedanke an die Präsenz des Göttlichen durchlief ihn wie eine neuerliche Welle und trieb das Blut in seine Wangen.


Liebevoll blickte der Mönch auf Bonaventura XXII. Colombi, der ihm Herr, väterlicher Freund und Liebhaber zugleich war. Bonaventura war jenseits der sechzig, und dennoch bewegte er auf der kreisrunden Tanzfläche so gekonnt wie kaum ein zweiter. Mit angeborener Leichtigkeit den treibenden Takt der Musik wahrend, vollführte der Abt schwungvolle Kreisschritte, kleine Stampfer, kaum merkliche sprünge, bewegte kraftvoll Arme und Haupt. Dabei kam er den anderen Tänzern und Tänzerinnen mit Leib und Händen so nahe, dass es schien, sie würden sich berühren.  
Liebevoll blickte der Mönch auf Bonaventura XXV. Colombi, der ihm Herr, väterlicher Freund und Liebhaber zugleich war. Bonaventura war jenseits der sechzig, und dennoch bewegte er auf der kreisrunden Tanzfläche so gekonnt wie kaum ein zweiter. Mit angeborener Leichtigkeit den treibenden Takt der Musik wahrend, vollführte der Abt schwungvolle Kreisschritte, kleine Stampfer, kaum merkliche sprünge, bewegte kraftvoll Arme und Haupt. Dabei kam er den anderen Tänzern und Tänzerinnen mit Leib und Händen so nahe, dass es schien, sie würden sich berühren.  


Bruder Zafir wusste, dass sie sich nie berührten. Nicht in dieser Anfangsphase des Tanzes, "ex positio" genannt, in der die Musik ruhig schreitend war und die Tänzer den Abstand wahrten um sich mit ihrem Können der Göttin, den Mittänzern und den Zuschauern vorzustellen. Die Musiker - Bruder Farimiro an der [[avwik:Kabasflöte|Kabasflöte]], Schwester Isandra an der [[Vihuela]], Bruder Rahjimundo an der Viola da Gamba und Schwester Rahjineza an der [[Dabla]] - saßen am Rand der Tanzfläche und begleiteten die Tänzer.  
Bruder Zafir wusste, dass sie sich nie berührten. Nicht in dieser Anfangsphase des Tanzes, "ex positio" genannt, in der die Musik ruhig schreitend war und die Tänzer den Abstand wahrten um sich mit ihrem Können der Göttin, den Mittänzern und den Zuschauern vorzustellen. Die Musiker - Bruder Farimiro an der [[avwik:Kabasflöte|Kabasflöte]], Schwester Isandra an der [[Vihuela]], Bruder Rahjimundo an der Viola da Gamba und Schwester Rahjineza an der [[Dabla]] - saßen am Rand der Tanzfläche und begleiteten die Tänzer.  
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Kurioser mutete Hochwürden Rahjico von Brandelonde an. Der Abt des einzigen anderen Catalinenserklosters in der Waldwacht war beinahe so rund wie die Fässer von Wein und Federweißem, die er am Nachmittag gemeinsam mit den Vertretern seiner Abtei herbeigeschafft hatte. Seine Nase war so rot wie sein Talar und sein Haarkranz, obschon ohne grau, lichtete sich bereits. Doch selbst er, der eher ein Jünger des Rebensafts als des Tanzes war, bewegte sich mit einer gewissen kugeligen Eleganz, die Bruder Zafir überraschte und für die er den Dicken liebte.  
Kurioser mutete Hochwürden Rahjico von Brandelonde an. Der Abt des einzigen anderen Catalinenserklosters in der Waldwacht war beinahe so rund wie die Fässer von Wein und Federweißem, die er am Nachmittag gemeinsam mit den Vertretern seiner Abtei herbeigeschafft hatte. Seine Nase war so rot wie sein Talar und sein Haarkranz, obschon ohne grau, lichtete sich bereits. Doch selbst er, der eher ein Jünger des Rebensafts als des Tanzes war, bewegte sich mit einer gewissen kugeligen Eleganz, die Bruder Zafir überraschte und für die er den Dicken liebte.  


Nur zu gerne wäre er selbst auf die Tanzfläche gesprungen um sich in den Reigen einzureihen. Doch seine Aufgabe war heute ein anderes. Durch die Stufen und die Säulen von den Tänzern getrennt, lagerten die hochherrschaftlichen Gäste der Göttin und des Klosters. Immer zwei Menschen teilten sich einen der bequemen und breiten Diwane, von denen je zwei sich ein kleines Holztischchen teilten und so eine Gruppe bildeten. Jeder Besucher hatte beim Betreten des Rosentempels die Stiefel zurückgelassen, war rituell an Haupt, Händen und Füßen gereinigt worden, mit einem Reif aus Weinblättern bekränzt worden und dann zu dem ihm zugedachten Diwan geführt worden, wo er sich, ganz nach Belieben, setzen oder hinlegen konnte.
Nur zu gerne wäre er selbst auf die Tanzfläche gesprungen um sich in den Reigen einzureihen. Doch sein Amt war heute ein anderes. Durch die Stufen und die Säulen von den Tänzern getrennt, lagerten die hochherrschaftlichen Gäste der Göttin und des Klosters. Immer zwei Menschen teilten sich einen der bequemen und breiten Diwane, von denen je zwei sich ein kleines Holztischchen teilten und so eine Gruppe bildeten. Jeder Besucher hatte beim Betreten des Rosentempels die Stiefel zurückgelassen, war rituell an Haupt, Händen und Füßen gereinigt worden, mit einem Reif aus Weinblättern bekränzt worden und dann zu dem ihm zugedachten Diwan geführt worden, wo er sich, ganz nach Belieben, setzen oder hinlegen konnte.


Die sieben Novizen des Klosters und einige Laienbrüder und -schwestern waren unter Bruder Zafirs Aufsicht für das leibliche Wohlergehen der Gäste verantwortlich. Sie trugen kalte und warme Speisen, Wein und Federweißen auf. Auch die junge [[Elena de las Dardas y Sangrín]], die erst am heutigen Nachmittag ihr Novizengelübde abgelegt hatte, war unter ihnen. Er wollte verdammt sein, wenn heute abend jemand unzufrieden und nüchtern wieder nach Hause ginge!
Die sieben Novizen des Klosters und einige Laienbrüder und -schwestern waren unter Bruder Zafirs Aufsicht für das leibliche Wohlergehen der Gäste verantwortlich. Sie trugen kalte und warme Speisen, Wein und Federweißen auf. Auch die junge [[Elena de las Dardas y Sangrín]], die erst am heutigen Nachmittag ihr Novizengelübde abgelegt hatte, war unter ihnen. Er wollte verdammt sein, wenn heute abend jemand unzufrieden und nüchtern wieder nach Hause ginge!


Bruder Zafir strich sich die hellbraunen Locken aus dem Gesicht, griff sich eine Silberplatte mit mandelgefüllten Zuckerspeisen und begann lächelnd seinen Rundgang. Dabei konnte voll stiller Zuneigung 'seine' Gäste betrachten. Er schmunzelte über [[Lodovico di Dalias]], den Administrador von [[Junkergut Vivar|Vivar]], der sich zur Feier des Tages den Kaiser-Alrik-Schnauzer gewichst hatte, dem aber der Rebenkranz schief auf dem Haupt saß. Der Halbzahori wusste offensichtlich nicht, wo er als erstes hinschauen sollte. Deshalb sprach vor allem dem Wein zu und ließ sich nebenbei von Schwester Eulalia - einer eher rustikalen Schülerin der Schönheit aus Brilond -, die sich an seiner Seite nieder gelassen hatte, mit Datteln füttern. Dabei versuchte er immer wieder, ihre Hand zu der überdimensionierten Schamkapsel zwischen seinen Beinen zu führen. Das Lederteil war mit Stationen aus dem Leben und Sterben der Santa Catalina bemalt und recht eindeutig als Tand aus dem unerschöpflichen Fundus der Devotionalienhändler aus dem Dorf zu identifizieren. Schwester Eulalia war Catalinenserin genug um ihre Finger immer wieder auf halbem Wege kehrt machen zu lassen und Dom Lodovico noch begieriger zu machen.
Bruder Zafir strich sich die hellbraunen Locken aus dem Gesicht, griff sich eine Silberplatte mit mandelgefüllten Zuckerspeisen und begann lächelnd seinen Rundgang. Dabei konnte er voll stiller Zuneigung 'seine' Gäste betrachten. Er schmunzelte über [[Lodovico di Dalias]], den Administrador von [[Junkergut Vivar|Vivar]], der sich zur Feier des Tages den Kaiser-Alrik-Schnauzer gewichst hatte, dem aber der Rebenkranz schief auf dem Haupt saß. Der Halbzahori wusste offensichtlich nicht, wo er als erstes hinschauen sollte. Deshalb sprach vor allem dem Wein zu und ließ sich nebenbei von Schwester Eulalia - einer eher rustikalen Schülerin der Schönheit aus Brilond -, die sich an seiner Seite nieder gelassen hatte, mit Datteln füttern. Dabei versuchte er immer wieder, ihre Hand zu der überdimensionierten Schamkapsel zwischen seinen Beinen zu führen. Das Lederteil war mit Stationen aus dem Leben und Sterben der Santa Catalina bemalt und recht eindeutig als Tand aus dem unerschöpflichen Fundus der Devotionalienhändler aus dem Dorf zu identifizieren. Schwester Eulalia war Catalinenserin genug um ihre Finger immer wieder auf halbem Wege kehrt machen zu lassen und Dom Lodovico noch begieriger zu machen.


Der Leib der jungen Caballera [[Yppolita di Dalias y las Dardas]], die, wie Bruder Zafir verstanden hatte, eine entfernte Base des Lodovico war, schien der einer Kriegerin zu sein. Dennoch hatte sie ihn am heutigen Abend Mut bewiesen und ihn in ein ärmelloses Kleid aus blauem Samt gezwängt, hatte ihre Ohren mit kunstvollen, aber völlig altmodischen Ohrgehängen geschmückt und sich an Kohlstift und Lippenrot gewagt. Träge räkelte sie sich auf dem Diwan. Mit Geschichten von ihrer Aventuriade durch Mittelreich, [[avwik:Bornland|Bornland]] und [[avwik:Thorwal|Thorwal]] versuchte sie die Aufmerksamkeit des Ritters [[kos:Rodgrimm Grobhand von Koschtal|Rodgrimm von Koschtal]], eines dunkelblonden Hünen in ihrem Alter, zu erringen. Dieser saß aufrecht neben ihr, den Kelch in der Rechten, die Linke im Schoß liegend, aber er schien ihr nur halb zuzuhören. Sein hauptsächliches Augenmerk lag auf Schwester Paloma, deren Hüftbewegungen immer lockender wurden.
Der Leib der jungen Caballera [[Yppolita di Dalias y las Dardas]], die, wie Bruder Zafir verstanden hatte, eine entfernte Base des Lodovico war, schien der einer Kriegerin zu sein. Dennoch hatte sie am heutigen Abend Mut bewiesen und ihn in ein ärmelloses Kleid aus blauem Samt gezwängt, hatte ihre Ohren mit kunstvollen, aber völlig altmodischen Ohrgehängen geschmückt und sich an Kohlstift und Lippenrot gewagt. Träge räkelte sie sich auf dem Diwan. Mit Geschichten von ihrer Aventuriade durch Mittelreich, [[avwik:Bornland|Bornland]] und [[avwik:Thorwal|Thorwal]] versuchte sie die Aufmerksamkeit des Ritters [[kos:Rodgrimm Grobhand von Koschtal|Rodgrimm von Koschtal]], eines dunkelblonden Hünen in ihrem Alter, zu erringen. Dieser saß aufrecht neben ihr, den Kelch in der Rechten, die Linke im Schoß liegend, aber er schien ihr nur halb zuzuhören. Sein hauptsächliches Augenmerk lag auf Schwester Paloma, deren Hüftbewegungen immer lockender wurden.


Als Domna Yppolita bemerkte, dass ihre Versuche nichts fruchteten, wandte sie sich Bruder Zafir zu. "Ssafir, mein Go-goldlöckchen!", kicherte sie und stopfte sich ein weiteres Mandelplätzchen in den Mund. "Wollt Ihr Euff niff ein biffen fu mir fetfen?"
Als Domna Yppolita bemerkte, dass ihre Versuche nichts fruchteten, wandte sie sich Bruder Zafir zu. "Ssafir, mein Go-goldlöckchen!", kicherte sie und stopfte sich ein weiteres Mandelplätzchen in den Mund. "Wollt Ihr Euff niff ein biffen fu mir fetfen?"
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"Bruder Zafir, Euer Gnaden!", riss ihn Esclarmunda Silvani, die derbe Administradora von Altos, aus den Gedanken. "Die Maestra [[Lariana Lampérez|Lampérez]] hier erzählte uns gerade vom Ende des guten Dom [[Falk Fröhling|Falk]]. Welch traurige Nachricht!"
"Bruder Zafir, Euer Gnaden!", riss ihn Esclarmunda Silvani, die derbe Administradora von Altos, aus den Gedanken. "Die Maestra [[Lariana Lampérez|Lampérez]] hier erzählte uns gerade vom Ende des guten Dom [[Falk Fröhling|Falk]]. Welch traurige Nachricht!"


Der Catalinenser schenkte der Hofmagierin einen fragenden Blick, den diese mit ihren Rehaugen auffing. Durch die tsafarben schillernde Schminke - gewiss Zauberwerk - wirkten Lariana Lampérez noch groß und sehnsuchtsvoll. Unter diesem grobschlächtigen Volk wirkte die blasse Frau von 40 Jahren mit den schmalen Hüften und der knabenhaften Brust wie ein Kind unter Erwachsenen, das sich nach seinen Spielkameraden sehnte. Sie strich sich unschuldig die wie mit lauterem Gold bestäubte Robe glatt und zog die nackten Schultern hoch: "Ich fand, das sei ein interessanteres Gesprächsthema als das Gerede von Äpfeln und Holzschlag und Ziegenzucht."
Der Catalinenser schenkte der Hofmagierin einen fragenden Blick, den diese mit ihren Rehaugen auffing. Durch die tsafarben schillernde Schminke - gewiss Zauberwerk - wirkten Lariana Lampérez' Augen groß und sehnsuchtsvoll. Unter diesem grobschlächtigen Volk erschien die blasse Frau von 40 Jahren mit den schmalen Hüften und der knabenhaften Brust wie ein Kind unter Erwachsenen, das sich nach seinen Spielkameraden sehnte. Sie strich sich unschuldig die wie mit lauterem Gold bestäubte Robe glatt und zog die nackten Schultern hoch: "Ich fand, das sei ein interessanteres Gesprächsthema als das Gerede von Äpfeln und Holzschlag und Ziegenzucht."


"Darf ich Euch die geschätzte Maestra für einen Moment entführen?", ergriff er sanft aber bestimmt die kleinen Finger derselben und zog sie mit sich in eine dunkle Ecke. Die Vögte blickten ihnen überrascht nach und begannen dann eifrig zu flüstern.  
"Darf ich Euch die geschätzte Maestra für einen Moment entführen?", ergriff er sanft aber bestimmt die kleinen Finger derselben und zog sie mit sich in eine dunkle Ecke. Die Vögte blickten ihnen überrascht nach und begannen dann eifrig zu flüstern.  
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Bruder Zafir starrte sie einen Moment mit offenem Mund an. Dann klappte er ihn wieder zu, führte Maestra Lariana zu dem nächstbesten Novizen und bat ihn, sie mit genügend Wein zu versorgen und vor allem keinen Moment aus den Augen zu lassen.
Bruder Zafir starrte sie einen Moment mit offenem Mund an. Dann klappte er ihn wieder zu, führte Maestra Lariana zu dem nächstbesten Novizen und bat ihn, sie mit genügend Wein zu versorgen und vor allem keinen Moment aus den Augen zu lassen.


Die Zauberin sprach mit den Geistern der Verstorbenen! Kopfschüttelnd ging er weiter zur Sitzgruppe der [[avwik:Aranien|Aranier]]. Die Aranier, das waren Domna [[Aisha von Franfeld]], der Rosenritter Shafirio ay Ankrabad sowie die Fernhändlerinnen [[Melisandra Chaziani]] und [[Yashima saba Dhachmani]]. Domna Aisha, eine charmante und sehr diskrete Dame in den frühen Vierzigern [[avwik:Elburum|elburischer]] Abkunft, die ein [[Königlich Franfeld|Königliches Eigengut in der fernen [[Grafschaft Ragath]] verwaltete, hatte sich bei ihrem verschleierten Nachbarn untergehakt, plapperte auf Tulamidya und gestikulierte lebhaft.  
Die Zauberin sprach mit den Geistern der Verstorbenen! Kopfschüttelnd ging er weiter zur Sitzgruppe der [[avwik:Aranien|Aranier]]. Die Aranier, das waren Domna [[Aisha von Franfeld]], der Rosenritter Shafirio ay Ankrabad sowie die Fernhändlerinnen [[Melisandra Chaziani]] und [[Yashima saba Dhachmani]]. Domna Aisha, eine charmante und sehr diskrete Dame in den frühen Vierzigern [[avwik:Elburum|elburischer]] Abkunft, die ein [[Königlich Franfeld|Königliches Eigengut]] in der fernen [[Grafschaft Ragath]] verwaltete, hatte sich bei ihrem verschleierten Nachbarn untergehakt, plapperte auf Tulamidya und gestikulierte lebhaft.  


An Dom Shafirio ay Ankrabad war das Auffälligste der silberdurchwirkte Gesichtsschleier, der nur die schwarzen Augen freiließ. Sein Haar verbarg er unter einem kunstvoll gewickelten roten Turban, an dem ein fein geschliffener Rosenquarz prangte. Sein Gewand war eine weiße, mit aberhunderten roten Rosen bestickte Robe. Dazu trug er eine rote Schärpe. Kostbare Ringe zierten seine gepflegten Finger. Auch wenn der Fremde, der sich vor einigen Jahren in jenem Taubentaler Haus, das nun der ''Aranische Hof'' genannt wurde, einquartiert hatte,  ein regelmäßiger Tempelgänger war, war er für Bruder Zafir immer noch ein Mysterium. Er war stets verschleiert, sprach kaum und schien eher in stiller Andacht als bei fröhlichen Feiern seinen Weg zu Rahja zu beschreiten. Auch jetzt lauschte er dem munteren Gespräch der drei anderen, ohne sich selbst einzumischen.
An Dom Shafirio ay Ankrabad war das Auffälligste der silberdurchwirkte Gesichtsschleier, der nur die schwarzen Augen freiließ. Sein Haar verbarg er unter einem kunstvoll gewickelten roten Turban, an dem ein fein geschliffener Rosenquarz prangte. Sein Gewand war eine weiße, mit aberhunderten roten Rosen bestickte Robe. Dazu trug er eine rote Schärpe. Kostbare Ringe zierten seine gepflegten Finger. Auch wenn der Fremde, der sich vor einigen Jahren in jenem Taubentaler Haus, das nun der ''Aranische Hof'' genannt wurde, einquartiert hatte,  ein regelmäßiger Tempelgänger war, war er für Bruder Zafir immer noch ein Mysterium. Er war stets verschleiert, sprach kaum und schien eher in stiller Andacht als bei fröhlichen Feiern seinen Weg zu Rahja zu beschreiten. Auch jetzt lauschte er dem munteren Gespräch der drei anderen, ohne sich selbst einzumischen.
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"Ich danke der Göttlichen Gastgeberin, dass Ihr Euch wohlfühlt. Wenn es Euch an irgendetwas mangeln sollte, so zögert nicht nach mir persönlich zu schicken. Edle Domnas, Euer Excellencia."  
"Ich danke der Göttlichen Gastgeberin, dass Ihr Euch wohlfühlt. Wenn es Euch an irgendetwas mangeln sollte, so zögert nicht nach mir persönlich zu schicken. Edle Domnas, Euer Excellencia."  


Als er weiter wanderte, atmete er tief durch und befühlte verstohlen seine geröteten Wangen. 'Wie ein Novize!', scholt er sich. Am nächsten Tischchen herrschte Schweigen. Die kupferhaarige Maid Lessina saß dort mit [[Corvara de Beiras y Bejar|Corvara]] und [[Salvestro de Beiras y Bejar]] und beobachtete wie gebannt die immer lebhafter werdenden Tänzer. Sie war nicht von Stand, aber als Schülerin Domna Melisandras konnte und wollte Bruder Zafir sie nicht von der Feier ausschließen. Außerdem hatte sie sich scheinbar mit den schlaksigen Beiraszwillingen Freundschaft geschlossen. Diese hoben sich mit ihrer milchig weißen Haut, den kühlen goldgrünen Augen und der dunklen, hochgeschlossenen Gewandung von den übrigen Feiernden ab wie Krähen von einem Schwarm Avesvögel. Die Rebenkronen wirkten, als hätten sie sich auf dem rabenschwarzen Haupthaar verirrt. Selbst sie schien jedoch die Wärme des Tanzes zu erfassen. Ihre Wangen zierte ein leichtes Rosa.
Als er weiter wanderte, atmete er tief durch und befühlte verstohlen seine geröteten Wangen. 'Wie ein Novize!', schalt er sich. Am nächsten Tischchen herrschte Schweigen. Die kupferhaarige Maid Lessina saß dort mit [[Corvara de Beiras y Bejar|Corvara]] und [[Salvestro de Beiras y Bejar]] und beobachtete wie gebannt die immer lebhafter werdenden Tänzer. Sie war nicht von Stand, aber als Schülerin Domna Melisandras konnte und wollte Bruder Zafir sie nicht von der Feier ausschließen. Außerdem hatte sie scheinbar mit den schlaksigen Beiraszwillingen Freundschaft geschlossen. Diese hoben sich mit ihrer milchig weißen Haut, den kühlen goldgrünen Augen und der dunklen, hochgeschlossenen Gewandung von den übrigen Feiernden ab wie Krähen von einem Schwarm Avesvögel. Die Rebenkronen wirkten, als hätten sie sich auf dem rabenschwarzen Haupthaar verirrt. Selbst sie schien jedoch die Wärme des Tanzes zu erfassen. Ihre Wangen zierte ein leichtes Rosa.


Auch die blonde [[Siona von Lindholz|Edle zu Ribera]], für ihre wohl 40 Götterläufe immer noch gut aussehend, verfolgte beeindruckt den Tanz. Gesellschaft leistete ihr dabei ihre Tochter [[Lianna von Lindholz|Lianna]], eine stille und schweigsame Maid von kaum 18 Jahren, die scharf zu beobachten wusste. Unweigerlich entging ihr auch nicht die sich nähernde Gestalt Bruder Zafirs, den sie mit einem schüchternen Lächeln bedachte, bevor sie den Blick wieder auf die sich wiegenden Tänzern richtete.  
Auch die blonde [[Siona von Lindholz|Edle zu Ribera]], für ihre wohl 40 Götterläufe immer noch gut aussehend, verfolgte beeindruckt den Tanz. Gesellschaft leistete ihr dabei ihre Tochter [[Lianna von Lindholz|Lianna]], eine stille und schweigsame Maid von kaum 18 Jahren, die scharf zu beobachten wusste. Unweigerlich entging ihr auch nicht die sich nähernde Gestalt Bruder Zafirs, den sie mit einem schüchternen Lächeln bedachte, bevor sie den Blick wieder auf die sich wiegenden Tänzern richtete.  


Die hübsche Domnatella [[Alisea von Lindholz|Alisea]] wiederum, die im Gegensatz zu ihrer jüngeren Schwester die blonde Haarpracht der Mutter geerbet hatte, interessierte sich weniger für die sich im Rhythmus der Dabla bewegenden Körper. Wie ihre Schwester trug sie ein leichtes Kleid im Ton eines vollmundigen Rosé mit silbernen Stickereien, welches an die liebfeldische ''Moda alla Aureliana'' angelehnt war. Trotz des einladenden Anblicks war es ihr aber bisher nicht gelungen den Blick Dom Leóns auf sich zu lenken. Bruder Zafir beobachtete stumm, wie sie immer wieder aufs Neue ein Lächeln aufsetzte, sich leicht aufrichtete, mit den Fingern durch ihr sorgfältig frisiertes Haar fuhr und dabei zum Diwan des Taubentaler Barons hinüberblickte.
Die hübsche Domnatella [[Alisea von Lindholz|Alisea]] wiederum, die im Gegensatz zu ihrer jüngeren Schwester die blonde Haarpracht der Mutter geerbt hatte, interessierte sich weniger für die sich im Rhythmus der Dabla bewegenden Körper. Wie ihre Schwester trug sie ein leichtes Kleid im Ton eines vollmundigen Rosé mit silbernen Stickereien, welches an die liebfeldische ''Moda alla Aureliana'' angelehnt war. Trotz des einladenden Anblicks war es ihr aber bisher nicht gelungen den Blick Dom Leóns auf sich zu lenken. Bruder Zafir beobachtete stumm, wie sie immer wieder aufs Neue ein Lächeln aufsetzte, sich leicht aufrichtete, mit den Fingern durch ihr sorgfältig frisiertes Haar fuhr und dabei zum Diwan des Taubentaler Barons hinüberblickte.


In diesem Augenblick fiel dem Hospitiar ein diskreter Fingerzeig von Schwester Rohalija am Tempeleingang auf. Er löste sich von Domnatella Aliseas Anblick und trat leichten Schrittes zu der schwarzhaarigen Akoluthin. Sie wies mit der Hand auf einen vieleicht zwanzig Lenze zählenden Jüngling mit kurzem, dunkelblondem Haar, der neben ihr am Eingang stand und die Feierlichkeiten aus kühlen, meergrauen Augen betrachtete: "Der junge Herr teilte mir mit, dass er ein kleines Päckchen für Domna Alisea von Lindholz bei sich trüge, Bruder Zafir, und bittet darum, dass es ihr überstellt wird."  
In diesem Augenblick fiel dem Hospitiar ein diskreter Fingerzeig von Schwester Rohalija am Tempeleingang auf. Er löste sich von Domnatella Aliseas Anblick und trat leichten Schrittes zu der schwarzhaarigen Akoluthin. Sie wies mit der Hand auf einen vieleicht zwanzig Lenze zählenden Jüngling mit kurzem, dunkelblondem Haar, der neben ihr am Eingang stand und die Feierlichkeiten aus kühlen, meergrauen Augen betrachtete: "Der junge Herr teilte mir mit, dass er ein kleines Päckchen für Domna Alisea von Lindholz bei sich trüge, Bruder Zafir, und bittet darum, dass es ihr überstellt wird."  
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"Danke, Rohalija, ich nehme mich der Angelegenheit an. Und vermeide doch beim nächsten Mal, mit dem Finger auf die Leute zu zeigen, ja?"  
"Danke, Rohalija, ich nehme mich der Angelegenheit an. Und vermeide doch beim nächsten Mal, mit dem Finger auf die Leute zu zeigen, ja?"  


Der Jüngling hatte den Hospitiar inzwischen bemerkt und blickte ihm entgegen. Obwohl er nach eigener Aussage nur einen Kurierdienst ausführte, hatte auch er beim Betreten des heiligen Rosengartens die rituelle Waschung vollziehen müssen. Nun stand er barfüßig und rebenbekränzt auf der Tempelschwelle. In dem weiten, weißen Leinenhemd und der Hose aus rotem Wildleder bot einen durchaus gefälligen Anblick. Er bot einen durchaus gefälligen Anblick. Mit Interesse stellte Bruder Zafir fest, dass sein Gegenüber kaum die Statur aufwies, die auf schwere körperliche Arbeit schließen ließ. Wenn auch nicht schmächtig, so haftete dem Leib des Jünglings doch noch etwas geradezu knabenhaftes an. Ob es sich wohl um einen Leibdiener aus der albernischen Heimat der Domna Siona handelte?  
Der Jüngling hatte den Hospitiar inzwischen bemerkt und blickte ihm entgegen. Obwohl er nach eigener Aussage nur einen Kurierdienst ausführte, hatte auch er beim Betreten des heiligen Rosengartens die rituelle Waschung vollziehen müssen. Nun stand er barfüßig und rebenbekränzt auf der Tempelschwelle. In dem weiten, weißen Leinenhemd und der Hose aus rotem Wildleder bot einen durchaus gefälligen Anblick. Mit Interesse stellte Bruder Zafir fest, dass sein Gegenüber kaum die Statur aufwies, die auf schwere körperliche Arbeit schließen ließ. Wenn auch nicht schmächtig, so haftete dem Leib des Jünglings doch noch etwas geradezu knabenhaftes an. Ob es sich wohl um einen Leibdiener aus der albernischen Heimat der Domna Siona handelte?  


"Die Liebholde mit Euch. Ich bin Bruder Zafir und mit der Ausrichtung dieser sakralen Feierlichkeiten betraut. Mir wurde ausgerichtet, dass Ihr etwas bei Euch tragt, welches der Tochter der Edlen zu Ribera, übergeben werden soll?", begrüßte der Hospitiar den Boten.  
"Die Liebholde mit Euch. Ich bin Bruder Zafir und mit der Ausrichtung dieser sakralen Feierlichkeiten betraut. Mir wurde ausgerichtet, dass Ihr etwas bei Euch tragt, welches der Tochter der Edlen zu Ribera, übergeben werden soll?", begrüßte der Hospitiar den Boten.  
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Sein Leib indes hörte nicht auf zu zittern und zu zucken. Unter den Händen von Domna Romina, Zaida und Bruder Zafir wand er sich, verdrehte die Augen und verkrallte die Finger im Gewand Domna Fionas, die ihre Lippen wieder von den seinen gelöst hatte.
Sein Leib indes hörte nicht auf zu zittern und zu zucken. Unter den Händen von Domna Romina, Zaida und Bruder Zafir wand er sich, verdrehte die Augen und verkrallte die Finger im Gewand Domna Fionas, die ihre Lippen wieder von den seinen gelöst hatte.


Die Catalinenser hatten schlagartig ihre Darbietung unterbrochen. Die Musiker hatten die Instrumente abgesetzt und die Tänzer wankten atemlos und verstört umher. Bonaventura XXII. blickte verwirrt von einem zum anderen, doch niemand seiner Mittänzer schien ihm Auskunft geben zu können. Die Novizen an den Tischen hatten ihre Pflicht vergessen und waren neugierig zum Ort des Unglücks geeilt, wo sie die Traube der ratlosen Schaulustigen verstärkten.
Die Catalinenser hatten schlagartig ihre Darbietung unterbrochen. Die Musiker hatten die Instrumente abgesetzt und die Tänzer wankten atemlos und verstört umher. Bonaventura XXV. blickte verwirrt von einem zum anderen, doch niemand seiner Mittänzer schien ihm Auskunft geben zu können. Die Novizen an den Tischen hatten ihre Pflicht vergessen und waren neugierig zum Ort des Unglücks geeilt, wo sie die Traube der ratlosen Schaulustigen verstärkten.


Einzig Bruder Zafir hatte sich mit Domna Romina niedergekniet und versuchte, den spastisch zuckenden Baron festzuhalten, doch auch das half nichts. "Eine Katastrophe", flüsterte er, "eine Katastrophe!" Dann schrie er laut: "Wo bleibt dieses Gegengift?"
Einzig Bruder Zafir hatte sich mit Domna Romina niedergekniet und versuchte, den spastisch zuckenden Baron festzuhalten, doch auch das half nichts. "Eine Katastrophe", flüsterte er, "eine Katastrophe!" Dann schrie er laut: "Wo bleibt dieses Gegengift?"


"Lasst mich durch!", rief eine helle Stimme, doch es war nicht der Leutnant, sondern die kindliche Maestra Lampérez, die sich durch die Zuschauer schob. Stumm betrachtete sie den sich windenden Barons aus ihren Rehaugen. Dann deutete  sie mit ihrem kurzen Stab auf ihn und flüsterte eine unhörbare Formel.Doch bereits nach wenigen Augenblicken senkte sie den Stab wieder und ein Schatten der Trauer legte sich über ihr blasses Antlitz. "Oh mein lieber Baron! Ich kann nichts für Euch tun! Wäre ein böser Geist in Euch gefahren, so hätte ich ihn vertreiben können, doch Ihr seid von Menschenhand vergiftet worden und dagegen bin ich machtlos."
"Lasst mich durch!", rief eine helle Stimme, doch es war nicht der Leutnant, sondern die kindliche Maestra Lampérez, die sich durch die Zuschauer schob. Stumm betrachtete sie den sich windenden Barons aus ihren Rehaugen. Dann deutete  sie mit ihrem kurzen Stab auf ihn und flüsterte eine unhörbare Formel. Doch bereits nach wenigen Augenblicken senkte sie den Stab wieder und ein Schatten der Trauer legte sich über ihr blasses Antlitz. "Oh mein lieber Baron! Ich kann nichts für Euch tun! Wäre ein böser Geist in Euch gefahren, so hätte ich ihn vertreiben können, doch Ihr seid von Menschenhand vergiftet worden und dagegen bin ich machtlos."


"Was für eine miserable Kophta bist du eigentlich?", keifte Yashima saba Dhachmani. "Mein Lieblingsneffe liegt im Sterben und du bist machtlos? Radscha gebe, dass diesen Gegengift wirke!"
"Was für eine miserable Kophta bist du eigentlich?", keifte Yashima saba Dhachmani. "Mein Lieblingsneffe liegt im Sterben und du bist machtlos? Radscha gebe, dass diesen Gegengift wirke!"
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'''Autor:''' [[Benutzer:León de Vivar|vivar]]
'''Autor:''' [[Benutzer:León de Vivar|vivar]]


"Ich finde, wir sollten alle hier bleiben. Ein Weilchen noch zumindest", erklang da mit einem Mal sanft, aber deutlich die Stimme von Bonaventura XXII. Der Abt hatte das Tempelrund verlassen und war an die um Dom León Stehenden herangeeilt. Der Baron stieß inzwischen abgehackte, unkontrollierte Laute aus, so als ob ihm das Atmen immer schwerer fiele, und flatterte mit den Augenlidern.
"Ich finde, wir sollten alle hier bleiben. Ein Weilchen noch zumindest", erklang da mit einem Mal sanft, aber deutlich die Stimme von Bonaventura XXV. Der Abt hatte das Tempelrund verlassen und war an die um Dom León Stehenden herangeeilt. Der Baron stieß inzwischen abgehackte, unkontrollierte Laute aus, so als ob ihm das Atmen immer schwerer fiele, und flatterte mit den Augenlidern.


Hastig kniete der Hochgeweihte neben dem Baron nieder und hob kurz die Hände gen Alveran. Im selben Augenblick tat Schwester Paloma Vasari auf der Tanzfläche einen stampfenden Schritt. Als ob dies ein Zeichen sei, begannen die Musici wieder zu spielen und die übrigen Catalinenser wieder zu tanzen. Das Musikstück war spielerisch und lebensfroh, und die Tänzer bewegten sich mit schier unbekümmerter Leichtigkeit. Als Begräbnismarsch war es denkbar ungeeignet.
Hastig kniete der Hochgeweihte neben dem Baron nieder und hob kurz die Hände gen Alveran. Im selben Augenblick tat Schwester Paloma Vasari auf der Tanzfläche einen stampfenden Schritt. Als ob dies ein Zeichen sei, begannen die Musici wieder zu spielen und die übrigen Catalinenser wieder zu tanzen. Das Musikstück war spielerisch und lebensfroh, und die Tänzer bewegten sich mit schier unbekümmerter Leichtigkeit. Als Begräbnismarsch war es denkbar ungeeignet.
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Derweil hatte der Abt die Augen geschlossen und begann den Oberkörper im Takt des Tanzes zu wiegen. Mehr und mehr schwang er den Oberkörper, als sei dieser unabhängig vom Rest seines Leibes. Dann breitete er seine nackten Arme aus und schlang sie um den sich wie wild wehrenden Dom León.
Derweil hatte der Abt die Augen geschlossen und begann den Oberkörper im Takt des Tanzes zu wiegen. Mehr und mehr schwang er den Oberkörper, als sei dieser unabhängig vom Rest seines Leibes. Dann breitete er seine nackten Arme aus und schlang sie um den sich wie wild wehrenden Dom León.


Doch Bonaventura XXII. hatte trotz seines Alters noch eine erstaunliche Kraft. Es gelang ihm, den Baron wie einen Geliebten in den Arm zu nehmen und mit sich im Rhythmus der Dablaschläge zu wiegen. Wenn auch Dom Leóns Unterleib und seine Beine zitterten, als wollten sie zerbersten, so hörten seine Arme und sein Haupt doch auf, unkontrolliert um sich zu schlagen und fügten sich in den Takt der Melodie. Der Catalinenser nahm die Hände des Barons in seine Rechte, fasste ihn mit der Linken sanft am Haupt und beugte sich über ihn.
Doch Bonaventura XXV. hatte trotz seines Alters noch eine erstaunliche Kraft. Es gelang ihm, den Baron wie einen Geliebten in den Arm zu nehmen und mit sich im Rhythmus der Dablaschläge zu wiegen. Wenn auch Dom Leóns Unterleib und seine Beine zitterten, als wollten sie zerbersten, so hörten seine Arme und sein Haupt doch auf, unkontrolliert um sich zu schlagen und fügten sich in den Takt der Melodie. Der Catalinenser nahm die Hände des Barons in seine Rechte, fasste ihn mit der Linken sanft am Haupt und beugte sich über ihn.


Und so erhielt Dom León seinen zweiten Kuss an diesem Abend, genauso innig und langandauernd wie zuvor jener der Caballera von Las Dardas. Dieses Mal aber erlahmte nach und nach der krampfhafte Widerstand des Taubentaler Barons. Seine Lider schlossen sich und seine verkrampften Züge lösten sich, bis er schließlich schwach und weich in den Armen Bonaventuras lag. Die linke Hand Dom Leóns war zum Boden hinunter gesunken. In der offenen Handfläche lag eine rote Rosenblüte, die zuvor nicht dort gewesen war. Und war soeben der Duft des Rosenöls stärker geworden?
Und so erhielt Dom León seinen zweiten Kuss an diesem Abend, genauso innig und langandauernd wie zuvor jener der Caballera von Las Dardas. Dieses Mal aber erlahmte nach und nach der krampfhafte Widerstand des Taubentaler Barons. Seine Lider schlossen sich und seine verkrampften Züge lösten sich, bis er schließlich schwach und weich in den Armen Bonaventuras lag. Die linke Hand Dom Leóns war zum Boden hinunter gesunken. In der offenen Handfläche lag eine rote Rosenblüte, die zuvor nicht dort gewesen war. Und war soeben der Duft des Rosenöls stärker geworden?
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'''Autor:''' [[Benutzer:Dom Gualdo|dalias]]
'''Autor:''' [[Benutzer:Dom Gualdo|dalias]]


Von den Worten des Abtes gebannt, hatten sich die beiden Daliaser umgewandt und verfolgt, wie Bonaventura XXII. den Baron in die Arme geschlossen, ihn sanft gewogen und ihn erfüllt von inniger Hingabe geküsst hatte. Wundersam und herrlich waren das Wirken und die Wege der Götter. Der Hauch Alverans, der die Versammelten streifte, ließ Lodovico seine Finger durch die Luft kreisen und eine Praiosscheibe beschreiben – ganz so, wie er es als kleines Kind einst zu tun gelernt hatte, wenn ihm etwas Großes, Überderisches widerfuhr. Verstohlen wischte sich Yppolita – mit rauer Hand – Tränen der Rührung aus den Augen, die sich gleich einem Schleier zwischen sie und den Beweis göttlichen Wirkens geschoben hatten.  
Von den Worten des Abtes gebannt, hatten sich die beiden Daliaser umgewandt und verfolgt, wie Bonaventura XXV. den Baron in die Arme geschlossen, ihn sanft gewogen und ihn erfüllt von inniger Hingabe geküsst hatte. Wundersam und herrlich waren das Wirken und die Wege der Götter. Der Hauch Alverans, der die Versammelten streifte, ließ Lodovico seine Finger durch die Luft kreisen und eine Praiosscheibe beschreiben – ganz so, wie er es als kleines Kind einst zu tun gelernt hatte, wenn ihm etwas Großes, Überderisches widerfuhr. Verstohlen wischte sich Yppolita – mit rauer Hand – Tränen der Rührung aus den Augen, die sich gleich einem Schleier zwischen sie und den Beweis göttlichen Wirkens geschoben hatten.  


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Sanft aber bestimmt griff Domna Siona nach dem Oberarm der Mundschenkin und diese ließ sich tatsächlich ohne größeren Widerstand durch den Kuppelsaal hinüber zu dem jungen Hospitiar führen. "Bruder...", die Yaquirtalerin überlegte einen kurzen Moment, dann entsann sie sich wieder des Namens, "... Zafir. Könnt ihr uns vielleicht ein geeignetes Gemach zur Verfügung stellen, in dem die Domnita wieder zu sich finden kann? Zudem wäre ich Euch dankbar, wenn eine Priesterin oder ein Priester uns begleitete."
Sanft aber bestimmt griff Domna Siona nach dem Oberarm der Mundschenkin und diese ließ sich tatsächlich ohne größeren Widerstand durch den Kuppelsaal hinüber zu dem jungen Hospitiar führen. "Bruder...", die Yaquirtalerin überlegte einen kurzen Moment, dann entsann sie sich wieder des Namens, "... Zafir. Könnt ihr uns vielleicht ein geeignetes Gemach zur Verfügung stellen, in dem die Domnita wieder zu sich finden kann? Zudem wäre ich Euch dankbar, wenn eine Priesterin oder ein Priester uns begleitete."


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'''Autor:''' [[Benutzer:León de Vivar|vivar]]
Bruder Zafir wiegte den Kopf. "Ich weiß nicht, ob das Wirken Rahjens dazu geeignet ist, Erregung zu mindern." Er lächelte fein. "Viel eher scheint es mir - obwohl ich davon weiß die Göttin nichts verstehe -, dass die Domnita unter einer Art Zauber- oder Hexenbann steht. Vielleicht kann uns Maestra Lariana weiter helfen?"
Als sie ihren Namen hörte, unterbrach die neben Domna Yedra sitzende Magierin die Betrachtung ihrer Hände und blickte auf.  Ohne ein weiteres Wort stand sie auf, strich ihr Gewand glatt, ergriff ihren Spazierstock und begab sich zu Domna Siona und der auf den Lippen kauenden Leonora.
Letztere fixierte sie mit festem Blick, dann hob sie ihren Spazierstock und sprach mit leiser Stimme die Formel: "ODEM ARCANUM." Ohne die Augen von Leonora zu lassen, fügte sie nach einer Weile angespannten Schweigens hintan: "Die Maid ist in der Tat von Magie umgeben. Ich will sehen, welcher Art sie ist."
So ward von ihr auch die Formel ANALYS ARCANSTRUCTUR gesprochen und - wiederum für die Umstehenden unersichtlich - entzifferte die kleingewachsene Frau mit hellsichtigem Blick die Art des Zaubers. Schließlich richtete sie mit glockenheller Stimme an Domna Fiona, Domna Siona und die anderen Umstehenden: "Mit einem cantus der magia controllaria ist sie besprochen worden. Allerdings etwas... ungewöhnlicher Natur."
"Was meint Ihr damit?", wollte die Franfelderin wissen.
"Nun... wie soll ich das erklären? Stellt Euch die magia controllaria wie ein Seil oder einen Faden vor. Je nach Knüpfart und Dicke des Seiles kann ein Magus einen schwachen Geist zur Erfüllung eines Dienstes bewegen, zu seinem Freunde machen oder vollkommen unter seine Gewalt zwingen. In der Regel sind die Knoten kunstvoll geknüpft, je feinmaschiger das magische Netz, desto besser ist die Kontrolle.
In diesem Falle jedoch ist es, als ob jemand mit viel Kraft willkürlich ein dickes Seil um den Kopf der Domnita geschlungen und irgendwie zusammengewickelt hätte. Ich habe eine solche Technik noch niemals gesehen. Es muss sich bei dem Zauberwirker um einen ziemlichen Stümper handeln, der Kunstfertigkeit durch schiere Kraft ersetzt. Oder um ein Naturtalent. Ein akademisch gebildeter Magus ist auszuschließen."
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'''Autor:''' [[Benutzer:Lindholz|lindholz]]
"Es ist äußerst beunruhigend, dass jemand, der solch finstere Pläne wider den Baron in die Wege zu leiten gewillt war, nicht nur über derartige Kräfte verfügt, sondern diese womöglich nicht einmal voll unter Kontrolle hat", konstatierte die Yaquirtaler Junkerin bestürzt. "Einer solchen Person ist dringend Einhalt zu gebieten!" Nach kurzem Nachdenken fügte sie hinzu: "Ich vermute, Ihr hättet es erwähnt, wenn es Euch möglich gewesen wäre, diesem schändlichen Zauber einem Urheber zuzuordnen."
Maestra Lariana bestätigte dies mit einem Nicken: "Jedoch sollte ich - die richtigen Umständen vorausgesetzt - in der Lage sein, durch einen Abgleich der astralen Matrices und der  spezifischen Eigenarten ebenselbiger, den Verdacht gegen einen Verdächtigen zu erhärten oder abzumildern, so sich eine solche Persona finden lässt."
"Das wird wohl der schwierige Teil", stimmte Domna Siona zu und wandte sich dann erneut dem schönen Hospitiar zu. "Um ganz offen mit Euch zu sein, Bruder Zafir, hatte ich auch deshalb um die Anwesenheit eines Mitglieds Eures Ordens gebeten, damit die Worte der jungen Domnita und mögliche Ereignisse während der Befragung von jemandem wiedergegeben werden können, der über jeden Zweifel der Befangenheit und Parteinahme erhaben ist. Aus diesem Grunde wäre mir auch noch weiterhin daran gelegen. Ich hoffe immer noch darauf, dass das Mädchen sich vielleicht an etwas von Bedeutung erinnert. Dieser Zauber muss doch irgendwann an Wirkung verlieren, bei Praios' Licht!"
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'''Autor:''' [[Benutzer:León de Vivar|vivar]]
"Wir sind ja alle hier, Wohlgeboren, und hören, was das Kind uns sagt", lächelte Bruder Zafir milde und wies auf den Abt und die anderen Catalinenser, die sich um die übrigen, verwirrten Gäste kümmerten, teils aber auch selbst etwas ratlos umherstanden. "Vielleicht könnte Maestra Lariana einen Gegenzauber...?"
"Gewiss, Bruder Zafir. Doch die Antimagie ist kein Spezialgebiet von mir. Daher benötige ich etwas Zeit um mich auf einen cantus zu konzentrieren, der die Beherrschung des Mädchens aufhebt. Ich bitte um Geduld. Ich vermute, dass es hinterher noch verwirrter sein wird als zuvor, denn wenn ich die magischen Knoten um ihr Haupt löse, so wird sie wie aus einem Schlaf erwachen. Ich bitte um absolute Ruhe, um mich zu konzentrieren."
Dieses Mal nahm Maestra Lariana zuerst das Haupt Leonoras in beide Hände und blickte ihr tief in die Augen. Als sich diese angsterfüllt weiteten, lächelte die Magierin zuversichtlich und strich der Domnita beruhigend über die Locken. "Schließt Eure Augen, Domnita." Leonora blickte zögerlich drein, schloss dann aber beide Augen. Die Umstehenden hielten den Atem an.
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'''Autor:''' [[Benutzer:Lindholz|lindholz]]
Domna Siona zog eine Augenbraue hoch, nickte aber verstehend. Sie hielt zwar nach wie vor die Befragung in einer so großen Gruppe für einen Fehler, aber da die Magistra um Ruhe bat, behielt sie ihre Bedenken für sich und zog sich vorerst zu ihrer im Halbschatten liegenden Chaiselongue zurück und nahm darauf Platz, während Lariana Lampérez die nötigen astralen Muster zu formen begann. Von hier hatte die Yaquirtalerin einen guten Überblick über alles, was sich in dem großen Tempelsaal, dessen Schönheit ob der Ereignisse fast in Vergessenheit geriet, abspielte.
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'''Autorin:''' [[Benutzer:Romina Alba|ehrenstein]]
Derweil war die Grafentochter in ihrem Gemach angekommen. Sie schloss die Tür und sah sich um. In was war sie hier hineingeraten? Sie hatte nur ihre zukünftige Knappin begleiten wollen und jetzt fand sie sich in einer Fehde wieder. Blitzschnell überschlug sie in Gedanken die Verbindungen von Vivar und Streitzig. Die Ehrensteiner waren in solchen Sachen außen vor; ihr Vater schien den [[Magnat]]en nicht streitwürdig genug. Sie musste lächeln. Sie liebte ihren Vater, doch er war nie richtig in Almada angekommen.
Es gab einen angeheirateten [[Familia von Rebenthal|Rebenthal]] bei den Vivar. Sie schnaubte kurz. Kurz bevor sie hierher aufgebrochen war, hatte sie noch nachgelesen, dass jener Rebenthal sich aus der großen Yaquiertalfehde rausgehalten hatte. Außerdem konnte Dom Léon nichts für diesen Schwager. Gerüchtehalber war die Braut einem Anderen versprochen gewesen und hatte schwanger geheiratet.
Sie schlüpfte behände aus dem Kleid und legte das kostbare Stück aufs Bett.
Was wusste sie noch von den Vivar? Sehr alter, stolzer Adel, doch seit Dom Leóns Mutter hatte zum Entsetzen vieler Magnaten einen Ausländer aus der [[avwik:Familie Dhachmani|Händlerfamilia Dhachmani]] verheiratet. Der schöne Baron war ein halber Händler und wilder Abenteurer. Seine ebenso schöne Schwester diente erfolgreich komponierend dem Kaiser. Dann die Sache mit [[Gonzalo di Madjani]]. Die Aussage des Vivars hatte diesen und einige andere Magnatensprösslinge vor die Kaiserin gebracht und der halben Ehre beraubt. Sie hatte den alten Bericht im Archiv des [[Castillo Ragath|gräflichen Castillos]] nur überflogen und erst interessiert gelesen, als [[Richeza von Scheffelstein]] erwähnt worden war.
So etwas interessierte die Familia von Streitzig nur oberflächlich. Die "Freundschaft" zu dem alten Madjani war immer von Nutzen, aber auch von Vorsicht geprägt gewesen. Außerdem war Dom Gonzalo längst tot und sein kindlicher Enkel, Rominas Vetter, war der letzte seines Geschlechts.
Romina stand kurz unschlüssig vor den wenigen Sachen in ihrem Kleiderschrank und zog dann die weißblaue Junkertracht mit dem Wappen der Streitzig heraus. Wenn sie sich schon einmischte, dann unter dem blauweißen Schimmel, den man in Almada achtete und fürchtete. Kurz zögerte sie. Die Farben waren denen der Vivar sehr ähnlich.
Wer wohl der Gegenspieler in diesem Schlagabtausch war? Diesen Alstinger, ehemals hier Baron, kannte sie nicht. Entschlossen begann sie sich anzukleiden. Wie auch immer, er oder sie hatte den Baron vergiftet. Allein das war verdammenswert. Es dann auch noch im Rahjatempel auf des Vivars eigenem Fest zu tun war bösartig. Sie würde das niemanden durchgehen lassen. Nicht einmal dem Kaiser selbst, bei Praios!
Sie schlüpfte in die schwarzen Stiefel und schnappte sich den Cadabreser.
Dass es der Kaiser war, war wohl eher unwahrscheinlich, es sei denn, der schöne Baron hat sich an die Novad rangemacht. Sie musste lächeln. So weit würde der fesche Domjuan bestimmt nicht sinken, aber sie würde es ihn trotzdem irgendwann fragen, nur um sein verblüfftes Gesicht zu sehen. Wenn er überlebte. Sie spürte kurz einen Stich in der Herzgegend, ihr Lächeln erstarb und sie machte sich auf, um in den Tempel zurückzukehren.
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'''Autor:''' [[Benutzer:León de Vivar|vivar]]
Die Caballera Romina von Ehrenstein-Streitzig, gewandet in ihr weißblaue Reisegewand, betrat gerade wieder die Tempelhalle, als Maestra Lariana ihren Spazierstock hob und dreimal sanft mit dessen Knauf gegen die Stirn Leonoras klopfte. Zwei Mal geschah nichts. Doch beim dritten Mal begannen die goldenen Locken Leonoras zu glänzen und zu schimmern, als ob sie tatsächlich aus lauterem Gold wären.
Verwundert schlug Leonora vom Berg die Augen auf und blickte erst Maestra Lariana, dann Dom Franco, dann die anderen Gäste an, als sähe sie sie zum ersten Male. Als sie verwirrt den Kopf schüttelte, lösten sich winzig kleine Goldflöckchen aus ihrem Haar, die sich, sobald sie den Boden berührten, in Luft auflösten.
Maestra Lariana lächelte fein und verneigte sich vor Dom Franco, Domna Romina und den anderen: "Nun könnt Ihr Eure Befragung fortsetzen, Hoch- und Hochwohlgeborene Herrschaften. Das Kind ist von der Beherrschung befreit."
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'''Autorin:''' [[Benutzer:Romina Alba|ehrenstein]]
Den Caldabreser vom Kopf ziehend trat die Grafentochter nach vorne und senkte kurz respektvoll das Haupt. "Habt Dank, Maestra, sowohl für Eure Kunst als auch für deren Ausführung. Wäre der Anlass nicht so düster, würde ich Euch um eine weitere Demonstration bitten. Doch so ist es besser, wenn Ihr Eure Kräfte spart. Wer weiß, was diese Nacht uns noch bringt."
Sie wandte sich an die Anwesenden. "Ich bitte meine vorhergehende Unsicherheit zu entschuldigen. Ich werde mich ab jetzt zielgerichtet um die Aufklärung dieser Untat bemühen. Domnatella vom Berg", wandte sie sich sanft an die Knappin, " wie geht es Euch? Wisst Ihr, wo Ihr seid?"
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'''Autor:''' [[Benutzer:León de Vivar|vivar]]
Leonora vom Berg begegnete der Grafentochter mit festem, klarem Blick. "Ja, Hochwohlgeboren, ich weiß, wo ich bin. Fragt nur!"
Yashima saba Dhachmani betrachtete derweil fasziniert den aus den Haaren fallenden Goldstaub. Als sie danach griff, löste er sich jedoch in ihren Händen in Luft auf. Enttäuscht zog sie die Hand wieder zurück.
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'''Autorin:''' [[Benutzer:Romina Alba|ehrenstein]]
Die Angesprochene nickte. "Gut, Leonora, an was erinnerst du dich? Du hast dem Baron de Vivar etwas in den Wein getan. Weißt du, wer es dir gegeben hat? Vielleicht war es auf deiner Reise oder hier in Santa Catalina?! War da jemand, der dir eigenartig vorkam, jemand, der dich ansprach, ohne dass du ihn oder sie kanntest?"
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'''Autor:''' [[Benutzer:León de Vivar|vivar]]
Einen Moment dachte Leonora nach. Dann nickte sie. "Ja, ich erinnere mich. Es war am heutigen Nachmittag. Mein Herr war öffentlich von einem Trovere in seiner Ehre gekränkt worden und wütend aus der Villa gestürmt um den 'frechen Maulheld', wie er ihn nannte, zur Rechenschaft zu ziehen. Das Volk zog mit ihm zu jenen Wiesen, auf denen die Pilger lagern, denn dort vermutete man den Trovere.
Ich blieb zurück in der ''Villa Azucena''. Nach einer Weile erschien eine Frau im Hause und sprach mich an. Dass sie eine Freundin meines Herrn Vaters und entfernte Verwandte des Herrn Barons sei und dass sie sehr besorgt um seine Gesundheit sei. Als ich fragte, was meinem Knappherrn denn fehle, da wunderte sie sich, dass ich nicht von seiner Krankheit wüsste und klärte mich auf über die... über die Medizin, die er stets einzunehmen habe.
Sie war so überzeugend und so freundlich, dass ich glaubte mich zu erinnern, sie bereits einmal am Tische meines Vaters gesehen zu haben und nicht nur das, ich glaubte, dass sie eine treue Freundin meiner Mutter sei. Jetzt weiß ich, dass das nichts als Lüge war, Euer Hochwohlgeboren."
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'''Autorin:''' [[Benutzer:Simanca|lasdardas]]
Mit gerunzelter Stirn hatte Fiona dem Bericht der Knappin gelauscht und warf nun einen skeptischen Blick zu ihrer Vertrauten Melisandra hinüber. Zu gerne hätte sie sich mit ihr über das Zauberwerk ausgetauscht, das diese Unbekannte über Domnatella Leonora gesprochen hatte. Doch hier inmitten der Feiernden war dies quasi undenkbar. Zumal es auch wenig bringen würde sich darüber auszutauschen. Zuvorderst wäre zu klären, wer diese Frau gewesen war - und wie sie unverrichteter Dinge einfach in die Villa Azucena hatte spazieren können. War sie etwa gar eine hier ansässige oder Dom León gut Bekannte gewesen?
Nur ungern mischte sie sich in Domna Rominas Befragung der Knappin ein, als sie das Wort ergriff: "Sag mir, Kind, wie diese Frau ausgesehen hat. Versuch dich so gut es geht an sie zu erinnern."
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'''Autorin:''' [[Benutzer:Romina Alba|ehrenstein]]
Romina lächelte und nickte bekräftigend. "Ja, Kind, beschreibe die Frau, hat sie dir ihren Namen genannt?" Sie wandte sich halb an Domna Fiona, sah aber auch in die Runde. "Vielleicht sollten wir in die Villa gehen und das Gesinde befragen?!"
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'''Autor:''' [[Benutzer:León de Vivar|vivar]]
Leonora schüttelte den Kopf. Nein, einen Namen hatte die Frau nicht genannt. Dann dachte sie nach. "Die Frau hatte ein edles Antlitz mit einer Adlernase und ihre Augen, das fiel mir auf, ihre Augen waren grün. Sie war etwa so alt wie..." Suchend wanderte ihr Blick durch das Tempelrund und blieb an Domna Fiona hängen. "So alt wie Domna Fiona, Euer Hochwohlgeboren. Sie trug auch Gewänder, wie sie für eine Domna von Stand schicklich sind. Ihre Sprache aber war derb, wie von der Gosse abgeschliffen. Dennoch war sie freundlich, sehr freundlich, ja."
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'''Autorin:''' [[Benutzer:Romina Alba|ehrenstein]]
Domna Romina wandte sich Leonora zu und nickte. "Eine Gemeine, die sich wie Eine von uns kleidete. Wie konnte sie in das Haus des Vivars gelangen, ohne aufzufallen?!" Sie schüttelte verständnislos den Kopf und sah zu Bruder Zafir. "Euer Gnaden, könntet ihr jemanden mit Schriftkenntnissen zur unserer Verfügung stellen. Die Dinge müssen aufgeschrieben werden." Ihr Blick glitt zu dem fahlen Baron und der welkenden Rose. "Ich werde diktieren, was passiert ist und was wir bisher wissen."
Sie sah zurück zu der Domnatella. "Setz dich hierhin", deutete sie auf ein Kanapee, "und überlege gut, an was du dich noch erinnerst. Hatte die Frau ein besonderes Schmuckstück, eine Waffe oder sonst etwas bei sich? Einen Beutel oder Rucksack, aus dem sie die Phiole zog? Alles ist wichtig! Über was sprach sie? Wer von den Bediensteten brachst sie zu dir? Wer war in der Nähe? Was tat sie mit ihren Händen?"
Die Knappin setzte sich gehorsam hin und dachte nach, während Bruder Zafir nach einem Schreiber schickte.
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'''Autor:''' [[Benutzer:León de Vivar|vivar]]
Unglücklich schüttelte die Knappin den Kopf. Ihr schien erst jetzt wirklich bewusst zu werden, dass sie selbst die Vergiftung ihres Herrn verschuldet hatte. "An all diese Dinge erinnere ich mich nicht mehr, Euer Hochwohlgeboren", sagte sie schließlich. "Ich glaube nicht, dass sie bewaffnet war. Es war mir auch gleich, denn ich hielt sie für meine Freundin. Vielleicht trug sie eine Halskette, vielleicht auch nicht. Lippenrot hatte sie aufgetragen - dessen bin ich mir sicher. Aber das ist während der Feierlichkeiten hier im Dorf vermutlich nichts Außergewöhnliches.
Von den Dienern waren einige mit Seiner Hochgeboren hinausgestürmt. Einige machten auch Besorgungen. Ich glaube, nur die Alte, äh... die Majordomina war da, im Obergeschoss. Vielleicht noch der Koch, aber dann in der Küche, die nach hinten rausgeht. Und die Tür stand ja noch offen. Da ist die Frau mit der Adlernase just eingetreten. Draußen war die Menge mit der Suche nach dem Trovere beschäftigt. Das fiel keinem auf."
In diesem Moment betrat Schwester Eulalia aus Brilond, die den Daliaser auf den Abtritt begleitet hatte, mit einem Schreibbrett, einem Bogen Papier, Feder und einem Tintenfässchen wieder den Tempel. Bruder Zafir wies auf Domna Romina, und die Laienschwester kam wiegenden Schrittes näher.
"Ihr wollt etwas aufschreiben lassen, Euer Liebden?"
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'''Autorin:''' [[Benutzer:Romina Alba|ehrenstein]]
Kurz war die Comtessa ob der Anrede irritiert, dann nickte sie und begann gewissenhaft, mit Hilfe der Anwesenden den Abend zu rekonstruieren. Immer, wenn man sich über etwas einig war, ließ sie es aufschreiben. Es dauerte geraume Zeit, doch schlussendlich waren alle zufrieden. Romina ließ alle wichtigen Anwesenden als Zeugen vermerken und bat die Geweihten das Schriftstück zu verwahren.
Danach ließ sie sich auf einen Diwan sinken.
"Wo, bei allen Zwölfen, bleiben Zaida und von Kündoch? Es kann doch nicht so schwer sein, irgendeinen Heiler aufzutreiben!" Ihr Blick glitt zum schönen Baron, sie schluckte und bat ihn im Stillen durchzuhalten.


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Aktuelle Version vom 17. April 2020, 21:03 Uhr

Liebe macht blind

Wie Bruder Zafir von Liebe erfüllt wurde. Wie er sehnsüchtig die Taubentaler Tänzer betrachtete. Wie er sich um alle Gäste des Tempels kümmerte. Wie Dom León nicht mehr dazu kam die charakterlichen Vorzüge der Shadifrösser zu beschreiben. Wie ein großer Aufruhr unter den Gästen entstand. Wie Leonora Karinor vom Berg und einige weitere Mitglieder der Nobleza des Mordes verdächtigt wurden.


Baronie Taubental, 3. Travia 1033 BF[Quelltext bearbeiten]

Im Rosentempel zu Santa Catalina (nach Einbruch der Dunkelheit)[Quelltext bearbeiten]

Autor: vivar

Bruder Zafir war ganz von Liebe erfüllt. Von Zeit zu Zeit durchliefen ihn jene wohligen Wellen innerer Wärme, die seine tiefe Zuneigung zu allem Schönen und Guten gebar. Er stand mit den nackten Füßen auf dem Marmorboden und ließ die strahlend blauen Augen liebevoll durch den Rosentempel wandern.

Selbst zu den schönen Dingen fühlte er sich hingezogen! Da waren die zwölf abwechselnd in weißem Selaquestein und rosafarbenem Eternenmarmor gehauenen Säulen. Meisterlich gedrechselt und mit eingemeißelten Weinblättern verziert, schraubten sie sich wie schlanke Rebstöcke sechs Schritt in die Höhe. Auf ihnen wölbten sich die sanft geschwungenen Spitzbögen, deren Schlusssteine blühenden Rosen glichen, und die den gen Alveran strebenden Aufbau trugen.

Tagsüber schien die Praiosscheibe durch dessen hohen Spitzbogenfenster und leuchtete den Tempel von innen aus. Als die Praiosscheibe sich aber jenseits der Berge zur Ruhe gelegt hatte, hatten Zafir und seine Brüder und Schwestern Öllaternen entzündet und an den Säulen befestigt. Deren Wildrosenduft hatte sich einer betörenden Wolke gleich über die Feiernden gelegt und ihre farbigen Glasfensterchen tauchten den Tempel in ein geheimnisvolles Meer aus Rot, Blau, Gelb, Orange und Weiß.

Dass sich in der Dunkelheit über dem Aufbau noch die zwiebelförmige Kupferkuppel des Rosentempels wölbte, konnte Bruder Zafir nur erahnen, denn das Licht der Laternen füllte lediglich die Tanzfläche im Zentrum vollständig aus. Bereits die Liegen der Gäste lagen im Halbschatten. Duftkerzen auf den Beistelltischchen sorgten jedoch dafür, dass Speisen, Getränke und Gesichter der unmittelbaren Nachbarn klar erkennbar waren.

Während er mit allen Sinnen die Eindrücke aufnahm, fühlte er, dass heute einer jener Abende sein konnte, nach denen sich sein ganzes Herz, sein ganzer Geist und sein ganzer Leib sehnten, und die er doch nur selten erleben durfte. Er würde den 'Atemhauch Rahjas auf seiner Haut spüren', wie Hochwürden Bonaventura es nannte. Der Gedanke an die Präsenz des Göttlichen durchlief ihn wie eine neuerliche Welle und trieb das Blut in seine Wangen.

Liebevoll blickte der Mönch auf Bonaventura XXV. Colombi, der ihm Herr, väterlicher Freund und Liebhaber zugleich war. Bonaventura war jenseits der sechzig, und dennoch bewegte er auf der kreisrunden Tanzfläche so gekonnt wie kaum ein zweiter. Mit angeborener Leichtigkeit den treibenden Takt der Musik wahrend, vollführte der Abt schwungvolle Kreisschritte, kleine Stampfer, kaum merkliche sprünge, bewegte kraftvoll Arme und Haupt. Dabei kam er den anderen Tänzern und Tänzerinnen mit Leib und Händen so nahe, dass es schien, sie würden sich berühren.

Bruder Zafir wusste, dass sie sich nie berührten. Nicht in dieser Anfangsphase des Tanzes, "ex positio" genannt, in der die Musik ruhig schreitend war und die Tänzer den Abstand wahrten um sich mit ihrem Können der Göttin, den Mittänzern und den Zuschauern vorzustellen. Die Musiker - Bruder Farimiro an der Kabasflöte, Schwester Isandra an der Vihuela, Bruder Rahjimundo an der Viola da Gamba und Schwester Rahjineza an der Dabla - saßen am Rand der Tanzfläche und begleiteten die Tänzer.

Obwohl sie alle in das gleiche rote Tuch gewandet waren, bewegten die Tanzenden sich höchst unterschiedlich. Bonaventura tanzte würdevoll und mit all der Selbstsicherheit eines langjährigen Tanzmeisters. Die blonde Elea Colombi bewegte ihren schlanken Leib schlangengleich. Sie war die Großnichte des Abtes, wenn auch nicht die leibliche. Vor zweiundzwanzig Götterläufen war sie als Neugeborenes vor der Schwelle der Villa Colombi aufgefunden worden und von Ahumeda Colombi an Tochters statt angenommen worden - wie Zafir gehört hatte, eine nicht ungewöhnliche Praxis in der rahjasfrommen Familia Colombi. Seit vergangenem Götterlauf war sie nun Hofkaplanin des Barons und nahm diesem die Beichte ab.

Liebevoll folgten Bruder Zafirs Augen den Bewegungen Schwester Palomas, der - das war neidlos anzuerkennen - derzeit wohl besten Tänzerin vor der Herrin, welche das Kloster beherbergte. Ihre kreisenden Hüften ließen sein Herz höher schlagen, fasziniert untersuchten seine Augen das Muskelspiel ihrer nackten Arme und Beine und seine Hände zuckten, als wollten sie eine ihrer wirbelnden schwarzen Locken erhaschen. Nicht umsonst war Schwester Paloma vom Klosterkapitel zur Zeremoniarin erwählt worden, die gemeinsam mit dem Abt die Tänze anleitete. Mit den Muschelpaaren, die sie um ihre Finger gewunden hatte, mit den Armen nach oben riss und immer wieder klappernd gegeneinander schnellen ließ, dirigierte fast unmerklich die Musiker und die anderen Tanzenden, wohl zwanzig an der Zahl.

Kurioser mutete Hochwürden Rahjico von Brandelonde an. Der Abt des einzigen anderen Catalinenserklosters in der Waldwacht war beinahe so rund wie die Fässer von Wein und Federweißem, die er am Nachmittag gemeinsam mit den Vertretern seiner Abtei herbeigeschafft hatte. Seine Nase war so rot wie sein Talar und sein Haarkranz, obschon ohne grau, lichtete sich bereits. Doch selbst er, der eher ein Jünger des Rebensafts als des Tanzes war, bewegte sich mit einer gewissen kugeligen Eleganz, die Bruder Zafir überraschte und für die er den Dicken liebte.

Nur zu gerne wäre er selbst auf die Tanzfläche gesprungen um sich in den Reigen einzureihen. Doch sein Amt war heute ein anderes. Durch die Stufen und die Säulen von den Tänzern getrennt, lagerten die hochherrschaftlichen Gäste der Göttin und des Klosters. Immer zwei Menschen teilten sich einen der bequemen und breiten Diwane, von denen je zwei sich ein kleines Holztischchen teilten und so eine Gruppe bildeten. Jeder Besucher hatte beim Betreten des Rosentempels die Stiefel zurückgelassen, war rituell an Haupt, Händen und Füßen gereinigt worden, mit einem Reif aus Weinblättern bekränzt worden und dann zu dem ihm zugedachten Diwan geführt worden, wo er sich, ganz nach Belieben, setzen oder hinlegen konnte.

Die sieben Novizen des Klosters und einige Laienbrüder und -schwestern waren unter Bruder Zafirs Aufsicht für das leibliche Wohlergehen der Gäste verantwortlich. Sie trugen kalte und warme Speisen, Wein und Federweißen auf. Auch die junge Elena de las Dardas y Sangrín, die erst am heutigen Nachmittag ihr Novizengelübde abgelegt hatte, war unter ihnen. Er wollte verdammt sein, wenn heute abend jemand unzufrieden und nüchtern wieder nach Hause ginge!

Bruder Zafir strich sich die hellbraunen Locken aus dem Gesicht, griff sich eine Silberplatte mit mandelgefüllten Zuckerspeisen und begann lächelnd seinen Rundgang. Dabei konnte er voll stiller Zuneigung 'seine' Gäste betrachten. Er schmunzelte über Lodovico di Dalias, den Administrador von Vivar, der sich zur Feier des Tages den Kaiser-Alrik-Schnauzer gewichst hatte, dem aber der Rebenkranz schief auf dem Haupt saß. Der Halbzahori wusste offensichtlich nicht, wo er als erstes hinschauen sollte. Deshalb sprach vor allem dem Wein zu und ließ sich nebenbei von Schwester Eulalia - einer eher rustikalen Schülerin der Schönheit aus Brilond -, die sich an seiner Seite nieder gelassen hatte, mit Datteln füttern. Dabei versuchte er immer wieder, ihre Hand zu der überdimensionierten Schamkapsel zwischen seinen Beinen zu führen. Das Lederteil war mit Stationen aus dem Leben und Sterben der Santa Catalina bemalt und recht eindeutig als Tand aus dem unerschöpflichen Fundus der Devotionalienhändler aus dem Dorf zu identifizieren. Schwester Eulalia war Catalinenserin genug um ihre Finger immer wieder auf halbem Wege kehrt machen zu lassen und Dom Lodovico noch begieriger zu machen.

Der Leib der jungen Caballera Yppolita di Dalias y las Dardas, die, wie Bruder Zafir verstanden hatte, eine entfernte Base des Lodovico war, schien der einer Kriegerin zu sein. Dennoch hatte sie am heutigen Abend Mut bewiesen und ihn in ein ärmelloses Kleid aus blauem Samt gezwängt, hatte ihre Ohren mit kunstvollen, aber völlig altmodischen Ohrgehängen geschmückt und sich an Kohlstift und Lippenrot gewagt. Träge räkelte sie sich auf dem Diwan. Mit Geschichten von ihrer Aventuriade durch Mittelreich, Bornland und Thorwal versuchte sie die Aufmerksamkeit des Ritters Rodgrimm von Koschtal, eines dunkelblonden Hünen in ihrem Alter, zu erringen. Dieser saß aufrecht neben ihr, den Kelch in der Rechten, die Linke im Schoß liegend, aber er schien ihr nur halb zuzuhören. Sein hauptsächliches Augenmerk lag auf Schwester Paloma, deren Hüftbewegungen immer lockender wurden.

Als Domna Yppolita bemerkte, dass ihre Versuche nichts fruchteten, wandte sie sich Bruder Zafir zu. "Ssafir, mein Go-goldlöckchen!", kicherte sie und stopfte sich ein weiteres Mandelplätzchen in den Mund. "Wollt Ihr Euff niff ein biffen fu mir fetfen?"

Er lächelte und ließ sich für einen Moment neben ihr nieder, wickelte eine ihrer Haarsträhnen um seinen Finger und flüsterte ihr ein Kompliment über ihr Kleid zu. Dann drückte er ihr einen Kuss auf ihre von einer breiten Narbe verunzierte rechte Pranke, löste sich wieder von ihr und trug die Platte weiter zum Tisch von Domna Yppolitas Muhme, der Caballera Fiona de las Dardas. Die 40-Jährige mit ihren rabenschwarzen, wallenden Locken, in denen schwanengleich ihr Hals schwamm, war eine wahrhaft rahjagefällige Frau und dem Hospitar als langjähriger Gast höchst sympathisch. Sie lag vor ihrem Gemahl Ludovigo de Sangrín, einem Bär von einem Mann, auf dem Diwan und betrachtete aufmerksam den Tanz.

Dem Ehepaar gegenüber saß, die Arme auf die Lehnen gestützt, Nazir von Viryamun und Flogglond, der Fürstenspross, Falkner und Poet aus dem nahen Falkenhain. Der Mittvierziger war ein guter Freund der Catalinenser von Brandelonde und auch gemeinsam mit diesen angereist. Im Augenblick beglückwünschte er gerade Domna Fiona zur Wahl ihrer Garderobe. Er selbst trug ein schönes Wams von karmesinroter Farbe, in das Dutzende goldener Reben eingestickt waren.

Seine Schwester hingegen, die alte Caballera Inarés von Viryamun und Flogglond, hatte auch sieben Götterläufe nach dem Tod ihres Gatten, des vormaligen Junkers von Vivar, die schwarze Trauerfarbe nicht abgelegt. Vermutlich hatte sich zierliche Domna mit dem langen, offen getragenen Silberhaar und der ledrigen Haut einfach daran gewöhnt, dachte Bruder Zafir. Obwohl sie die Caballera von Las Dardas und auch deren verstorbene Eltern gut kannte, ja, nach seinen Erkundigungen gar gut mit ihnen befreundet war, schenkte sie ihren Tischnachbarn keine Aufmerksamkeit und blickte stattdessen immer wieder mit verkniffenem Mund zu Dom Lodovico hinüber. Offenbar war sie ihm nicht hold. Bruder Zafir gab einem seiner Brüder einen stillen Wink und dieser schwebte mit herzlichem Lächeln auf die alte Flogglonderin zu. Der Zeremoniar nickte zufrieden. Missgunst und schlechte Stimmung zwischen seinen Gästen konnte er nicht brauchen.

Er strich mit den Fingern sanft über Domna Fionas Schulter, worauf sie mit einem abwesenden Lächeln antwortete und begab sich tiefer in den Halbschatten hinein. Dort waren um einen Tisch die Administradores von Taubental, Orondo und Altos, versammelt. Die von Kellfall und Villanúa würden wohl erst im Laufe der Feiertage anreisen. Sie waren alle nicht von Stand, doch die Höflichkeit und die Klugheit gebot es, alle Vasallen des Barons im Taubental einzuladen - bis auf den Caballero von Drachental, der, wie Bruder Zafir bei einem Blick in die Listen vergangener Jahre festgestellt hatte, wohl noch nie eingeladen worden war. Und Bruder Zafir hätte bei aller rahjagefälligen Gastgeberkunst auch nicht gewusst, wie man einen leibhaftigen Drachen behandelte. Er hoffte inständig, dass das Untier nichts von seiner jahrelangen Ausladung wusste.

"Bruder Zafir, Euer Gnaden!", riss ihn Esclarmunda Silvani, die derbe Administradora von Altos, aus den Gedanken. "Die Maestra Lampérez hier erzählte uns gerade vom Ende des guten Dom Falk. Welch traurige Nachricht!"

Der Catalinenser schenkte der Hofmagierin einen fragenden Blick, den diese mit ihren Rehaugen auffing. Durch die tsafarben schillernde Schminke - gewiss Zauberwerk - wirkten Lariana Lampérez' Augen groß und sehnsuchtsvoll. Unter diesem grobschlächtigen Volk erschien die blasse Frau von 40 Jahren mit den schmalen Hüften und der knabenhaften Brust wie ein Kind unter Erwachsenen, das sich nach seinen Spielkameraden sehnte. Sie strich sich unschuldig die wie mit lauterem Gold bestäubte Robe glatt und zog die nackten Schultern hoch: "Ich fand, das sei ein interessanteres Gesprächsthema als das Gerede von Äpfeln und Holzschlag und Ziegenzucht."

"Darf ich Euch die geschätzte Maestra für einen Moment entführen?", ergriff er sanft aber bestimmt die kleinen Finger derselben und zog sie mit sich in eine dunkle Ecke. Die Vögte blickten ihnen überrascht nach und begannen dann eifrig zu flüstern.

"Maestra Lariana", raunte nun seinerseits Bruder Zafir, indem er seinen Arm um ihre zarte Schulter legte, "auch ich vermisse den edlen Falk Fröhling, der seinem Namen alle Ehre machte, schmerzlich. Aber wir waren doch übereins gekommen, dass nach dem Willen Seiner Hochwürden und Seiner Hochgeboren am heutigen Abend über die Angelegenheit zu schweigen, um die Feierstimmung nicht zu vermiesen. Habt Ihr das vergessen, meine Liebe?"

Die zierliche Magierin senkte schüchtern die Augen. "Nein, Bruder Zafir... ich wollte es auch gar nicht verraten. Aber Dom Falk will es so."

"Er wollte es so, meint Ihr", korrigierte der Catalinenser sie nachsichtig.

"Nein, er will, dass alle im Taubental davon erfahren, wie er starb." Sie senkte die Stimme zu einem kaum hörbaren Flüstern und stellte sich auf die Zehenspitzen, um sein Ohr zu erreichen: "Erst vor einer Stunde habe ich mit ihm Zwiesprache gehalten. Er warnte mich vor Dreschflegeln aus Gold, die alle Lilien niederzumähen drohen. Ach, der alte Mann ist ein Goldschatz!" Sie lächelte selig.

Bruder Zafir starrte sie einen Moment mit offenem Mund an. Dann klappte er ihn wieder zu, führte Maestra Lariana zu dem nächstbesten Novizen und bat ihn, sie mit genügend Wein zu versorgen und vor allem keinen Moment aus den Augen zu lassen.

Die Zauberin sprach mit den Geistern der Verstorbenen! Kopfschüttelnd ging er weiter zur Sitzgruppe der Aranier. Die Aranier, das waren Domna Aisha von Franfeld, der Rosenritter Shafirio ay Ankrabad sowie die Fernhändlerinnen Melisandra Chaziani und Yashima saba Dhachmani. Domna Aisha, eine charmante und sehr diskrete Dame in den frühen Vierzigern elburischer Abkunft, die ein Königliches Eigengut in der fernen Grafschaft Ragath verwaltete, hatte sich bei ihrem verschleierten Nachbarn untergehakt, plapperte auf Tulamidya und gestikulierte lebhaft.

An Dom Shafirio ay Ankrabad war das Auffälligste der silberdurchwirkte Gesichtsschleier, der nur die schwarzen Augen freiließ. Sein Haar verbarg er unter einem kunstvoll gewickelten roten Turban, an dem ein fein geschliffener Rosenquarz prangte. Sein Gewand war eine weiße, mit aberhunderten roten Rosen bestickte Robe. Dazu trug er eine rote Schärpe. Kostbare Ringe zierten seine gepflegten Finger. Auch wenn der Fremde, der sich vor einigen Jahren in jenem Taubentaler Haus, das nun der Aranische Hof genannt wurde, einquartiert hatte, ein regelmäßiger Tempelgänger war, war er für Bruder Zafir immer noch ein Mysterium. Er war stets verschleiert, sprach kaum und schien eher in stiller Andacht als bei fröhlichen Feiern seinen Weg zu Rahja zu beschreiten. Auch jetzt lauschte er dem munteren Gespräch der drei anderen, ohne sich selbst einzumischen.

Melisandra Chaziani war mehr als eine reiche Handelsherrin vor allem eine junge Frau von atemberaubender Schönheit, vielleicht schöner als jede andere, die an diesem Abend im Tempelrund weilte. Bruder Zafir hatte sie bereits - wie viele andere - beim Betreten des Tempels bewundert. Sogar der Baron hatte bereits enige Male zu ihr herüber geblickt. Nun ertappte sich der Catalinenser dabei, wie er unwillkürlich stehen blieb und mit den Augen die Kurven der Aranierin nachfuhr, die sich unter dem beinahe bis zur Hüfte geschlitzten, nachtblauen Abendkleid nur allzu deutlich abzeichneten. Ihr Antlitz mit den hohen Wangenknochen, den vollen Lippen und den braunen Augen, die wie auf Öl schwammen, ließ selbst in ihm, der sich eher zu Männern hingezogen fühlte, Begehren aufsteigen. Domna Melisandra schien ihn gar nicht zu bemerken und fuhr sich mit den schlanken, beringten Fingern durch das kastanienfarbene Haar, während sie mit Domna Aisha sprach.

Doch die rundliche und stark geschminkte Yashima saba Dhachmani, die streng genommen gar keine Aranierin, sondern eine Khunchomerin war, wies ihre Sitznachbarin mit einigen tulamidischen Worten und einem Fingerzeig auf seine Anwesenheit hin.

"Oh, ich habe Euch gar nicht bemerkt, Bruder... äh... Zafir, nicht?" Ein scheinbar überraschtes, zahnweißes Lächeln.

"Von einer Rosenmagnatin wie Euch bemerkt zu werden, darf ein einfacher Lilienknecht wie ich nicht zu hoffen wagen", verneigte sich der Catalinenser vor dem Diwan.

Perlendes Lachen stieg in der aranischen Schönen auf. "Das ist Waldwachter Bescheidenheit, nehme ich an. Gefällt Euch der Anblick?" Sie neigte kokett den Kopf zur Seite.

Bruder Zafir lächelte. "Wenn die Schönheit Rahja heilig ist, wie könnte es mir da missfallen, Schönes beim Sein zu beobachten?"

"Ihr seid geübt, wie ich sehe. Beobachtet Ihr mich schon lange?"

"Lange genug...", sprach er und fügte hastig hinzu, "...um zu wissen, dass Euch nach einem Mandelplätzchen verlangt." Er reichte ihr das Tablett.

Sie griff mit zwei Fingern nach einem Zuckergebäck. "Sehr aufmerksam, mein Freund. Ihr Catalinenser veranstaltet wahrlich eine reizende Feier."

"Ich danke der Göttlichen Gastgeberin, dass Ihr Euch wohlfühlt. Wenn es Euch an irgendetwas mangeln sollte, so zögert nicht nach mir persönlich zu schicken. Edle Domnas, Euer Excellencia."

Als er weiter wanderte, atmete er tief durch und befühlte verstohlen seine geröteten Wangen. 'Wie ein Novize!', schalt er sich. Am nächsten Tischchen herrschte Schweigen. Die kupferhaarige Maid Lessina saß dort mit Corvara und Salvestro de Beiras y Bejar und beobachtete wie gebannt die immer lebhafter werdenden Tänzer. Sie war nicht von Stand, aber als Schülerin Domna Melisandras konnte und wollte Bruder Zafir sie nicht von der Feier ausschließen. Außerdem hatte sie scheinbar mit den schlaksigen Beiraszwillingen Freundschaft geschlossen. Diese hoben sich mit ihrer milchig weißen Haut, den kühlen goldgrünen Augen und der dunklen, hochgeschlossenen Gewandung von den übrigen Feiernden ab wie Krähen von einem Schwarm Avesvögel. Die Rebenkronen wirkten, als hätten sie sich auf dem rabenschwarzen Haupthaar verirrt. Selbst sie schien jedoch die Wärme des Tanzes zu erfassen. Ihre Wangen zierte ein leichtes Rosa.

Auch die blonde Edle zu Ribera, für ihre wohl 40 Götterläufe immer noch gut aussehend, verfolgte beeindruckt den Tanz. Gesellschaft leistete ihr dabei ihre Tochter Lianna, eine stille und schweigsame Maid von kaum 18 Jahren, die scharf zu beobachten wusste. Unweigerlich entging ihr auch nicht die sich nähernde Gestalt Bruder Zafirs, den sie mit einem schüchternen Lächeln bedachte, bevor sie den Blick wieder auf die sich wiegenden Tänzern richtete.

Die hübsche Domnatella Alisea wiederum, die im Gegensatz zu ihrer jüngeren Schwester die blonde Haarpracht der Mutter geerbt hatte, interessierte sich weniger für die sich im Rhythmus der Dabla bewegenden Körper. Wie ihre Schwester trug sie ein leichtes Kleid im Ton eines vollmundigen Rosé mit silbernen Stickereien, welches an die liebfeldische Moda alla Aureliana angelehnt war. Trotz des einladenden Anblicks war es ihr aber bisher nicht gelungen den Blick Dom Leóns auf sich zu lenken. Bruder Zafir beobachtete stumm, wie sie immer wieder aufs Neue ein Lächeln aufsetzte, sich leicht aufrichtete, mit den Fingern durch ihr sorgfältig frisiertes Haar fuhr und dabei zum Diwan des Taubentaler Barons hinüberblickte.

In diesem Augenblick fiel dem Hospitiar ein diskreter Fingerzeig von Schwester Rohalija am Tempeleingang auf. Er löste sich von Domnatella Aliseas Anblick und trat leichten Schrittes zu der schwarzhaarigen Akoluthin. Sie wies mit der Hand auf einen vieleicht zwanzig Lenze zählenden Jüngling mit kurzem, dunkelblondem Haar, der neben ihr am Eingang stand und die Feierlichkeiten aus kühlen, meergrauen Augen betrachtete: "Der junge Herr teilte mir mit, dass er ein kleines Päckchen für Domna Alisea von Lindholz bei sich trüge, Bruder Zafir, und bittet darum, dass es ihr überstellt wird."

"Danke, Rohalija, ich nehme mich der Angelegenheit an. Und vermeide doch beim nächsten Mal, mit dem Finger auf die Leute zu zeigen, ja?"

Der Jüngling hatte den Hospitiar inzwischen bemerkt und blickte ihm entgegen. Obwohl er nach eigener Aussage nur einen Kurierdienst ausführte, hatte auch er beim Betreten des heiligen Rosengartens die rituelle Waschung vollziehen müssen. Nun stand er barfüßig und rebenbekränzt auf der Tempelschwelle. In dem weiten, weißen Leinenhemd und der Hose aus rotem Wildleder bot einen durchaus gefälligen Anblick. Mit Interesse stellte Bruder Zafir fest, dass sein Gegenüber kaum die Statur aufwies, die auf schwere körperliche Arbeit schließen ließ. Wenn auch nicht schmächtig, so haftete dem Leib des Jünglings doch noch etwas geradezu knabenhaftes an. Ob es sich wohl um einen Leibdiener aus der albernischen Heimat der Domna Siona handelte?

"Die Liebholde mit Euch. Ich bin Bruder Zafir und mit der Ausrichtung dieser sakralen Feierlichkeiten betraut. Mir wurde ausgerichtet, dass Ihr etwas bei Euch tragt, welches der Tochter der Edlen zu Ribera, übergeben werden soll?", begrüßte der Hospitiar den Boten.

Dieser neigte das Haupt ehrerbietig zum Gruß, bevor er erwiderte: "Rahja auch mit Euch, Bruder Zafir. Ihr seid richtig informiert worden. Ihr würdet mir einen großen Gefallen erweisen, wenn Ihr dieses Schmuckstück der edlen Dame überreichen könntet." Der Jüngling reichte ihm einen kleinen roten Samtbeutel und gestattete dem Hospitiar, die dunkelrote Schleife zu lösen, die es geschlossen hielt, nachdem Zafir Contador in Hinblick auf die Sicherheit seiner Gäste darum bat. Im Inneren befand sich eine silberne Brosche in Form einer Weintraube. Die einzelnen Früchte waren aus kleinen, ovalen Rosenquarzstücken gearbeitet.

Während Bruder Zafir die schöne Arbeit berachtete, fuhr der dunkelblonde Jüngling fort: "Die Arbeit wurde ausdrücklich zu diesem Anlass gefertigt. Ich hoffe daher, ihr verzeiht mein Eindringen."

"Welch schönes Kleinod! Ich werde es der Domnatella Alisea überreichen. Es wird sie sicherlich vortrefflich zieren", antwortete Bruder Zafir und blickte seinem Gegenüber freundlich in die graublauen Augen. Mit einem innerlichen Seufzen musste er jedoch feststellen, dass dessen Blick weiterhin distanziert, ja geradezu abweisend blieb. Liebevoll blickte er dem blonden Mann für einen Moment hinterher als dieser sich nach einem höflichen Dank und einem weiteren Neigen des Hauptes verabschiedet hatte.

Kurze Zeit später übergab er das Schmuckstück der jungen Domna. Mit einem freudigen Glänzen in den Augen, nahm sie die Rebenbrosche entgegen und steckte sie sich an das Kleid: "Ich danke Euch sehr."

"Ein wirkliche schönes Werk der Silberschmiedekunst, wenn ich das anmerken darf, Euer Wohlgeboren", äußerte der Hospitiar.

"Oh, wie Recht Ihr habt." Die Domnatella schenkte ihm ein kurzes Lachen, welches sich jedoch ein wenig trübte, als ihr Blick auf den schönen Baron fiel und ihre folgenden Worte schienen mehr an sich selbst als ihren Gesprächspartner gerichtet. "Auch wenn ich befürchte, dass sein Zauber in dieser Nacht verschwendet sein wird." Als sie den fragenden Blick des Dieners der Leidenschafts bemerkte, lächelte sie geheimnisvoll, umschloss die Hände des Catalinensers kurz. "Seid nochmals bedankt." Dann heftete sie ihren Blick wieder begehrlich auf den Schönen Baron.

Dieser aber schien am Nebentischchen zu sehr damit beschäftigt zu sein seinen eigenen Sitznachbarn etwas zu erzählen, als dass er ihr einen Blick hätte schenken können. Daher unternahm Domnatella Alisea zu Bruder Zafirs freudiger Überraschung den Versuch den schneidigen Leutnant Ardan von Kündoch in ein Gespräch zu verwickeln. Der Tobrier, der seinen grüngoldenen Paraderock ausführte, wirkte jedoch aufgrund seiner steifen Körperhaltung neben der koketten Junkerstochter mindestens ebenso deplaziert wie die Beiraszwillinge. Er aß kontrolliert. Er nippte lediglich an seinem Wein. Den Rebenkranz trug er mit einem würdevollen Missmut, der Bruder Zafir ob seiner unfreiwilligen Komik fast auflachen ließ. Seine Antworten auf die Schäkereien der jungen Lindholzerin fielen flüchtig und ausweichend aus. Von Zeit zu Zeit drehte er sich zu seiner Dienstherrin um. Bruder Zafir konstatierte, dass er wohl um sie ebenso besorgt war wie um sich selbst. 'Auch dich wird früher oder später der Atemhauch Rahjas streifen, mein lieber Leutnant!'

Seine Herrin dagegen war, wie Bruder Zafir liebevoll befand, seit gestern erblüht wie eine Rose. Für die Comtessa und den Schönen Baron, die beiden hochrangigsten Gäste, war ein Diwan in nächster Nähe der Tanzfläche reserviert worden. Auf dem Diwan gegenüber hatte der Vetter Dom Leóns, Baron Franco de Beiras y Vivar von Bangour, samt seiner Gemahlin Yedra de Bejar, Platz genommen. Dom Franco, ein Mann von etwa vierzig Götterläufen war von einer edlen Blässe, ebenso schlank und hochgewachsen wie seine Kinder, und zeichnete sich durch eine schmale, etwas zu lange Höckernase aus. Er war angetan mit einem Wams und Beinkleidern aus feinstem dunkelrotem Brokat - wohl das hellste, was er in seiner Truhe gefunden hatte. Die Rebenkrone trug er, der das Vertrauen des Kaiser höchstselbst genoss, wie ein kleiner Fürst. Seine Bewegungen waren maßvoll und zurückhaltend, und er trank in kleinen Schlücken aus seinem Pokal. Wenn er grinste, machte er auf Bruder Zafir den Eindruck eines Wolfes, der die Zähne fletschte. Neben ihm wirkte seine Gemahlin, die sich bequem an ihn gelehnt hatte, eher klein und unscheinbar. Hinter dem Diwan stand Rahjanetta, eine Novizin, deren einzige Aufgabe es war mit einer Kristallkaraffe Dom Franco und Domna Yedra nachzuschenken.

Ihnen gegenüber, auf der anderen Seite des reichlich gedeckten Tischchens, saß der Herr des Taubentals, an dessen Rahjagefälligkeit sich Bruder Zafir immer wieder laben konnte, mit überkreuzten Beinen und redete von den Vorzügen der Shadifpferde. Dom León war mit einer blauen Seidentunika angetan, die mit Silberstickereien in Form von sich kreuzenden und trennenden Rebenranken verziert war und seine starken Arme frei ließ. Das edle Antlitz wirkte gelöst und heiter. Während er erzählte, blitzten seine schwarzen Augen lebendig. Seine Hände fuhren durch die Luft und zeichneten nach, was er sagte. Er blickte seinem Vetter ins Gesicht, lachte hell auf, zwinkerte gut gelaunt der Comtessa zu, trank einen Schluck aus seinem Pokal, rückte sich die Rebenkrone zurecht und erzählte weiter.

Die Comtessa schließlich sah nur bezaubernd aus. Bruder Zafir hatte erst nicht glauben wollen, dass die elegante Schönheit in dem grünen schulterfreien Seidenkleid, mit blutroten Lippen und weißen Lilien im hochgesteckten Honighaar, die selbe junge Frau war, die am gestrigen Tage verschwitzt und im Reiterharnisch auf dem Dorfplatz des Taubentals angekommen war. 'Rahja tut große Wunder und Rahjanetta kleine', dachte er bei sich. Auch Domna Romina schien großen Gefallen an der Feier zu finden. Ihre Wangen glühten - ob vom Wein oder aus anderen Gründen, wusste der Catalinenser nicht zu sagen -; sie folgte den Erzählungen Dom Leóns lebhaft, blickte ihn, auf die Armlehne des Diwans gestützt, bisweilen verstohlen von der Seite an, verlor sich aber auch immer wieder im Anblick der Tanzenden, die nur wenige Schritt an ihr vorbeiwirbelten. Als Bruder Zafir sie und ihren Beschützer am Eingang des Tempels in Empfang genommen hatte, war sie ihm zunächst zerstreut, ja beinahe etwas wehmütig erschienen. Doch als die Musik begonnen hatte, die Tänzer kamen nach und nach auf die freie Fläche kamen und sich im Takt wiegten, hatte er zusehen können, wie all ihre weltlichen Sorgen, alles, was außerhalb des Rosentempels geschah, verflogen war. Von ihrer Knappin Zaida ließ sie sich Wein nachschenken.

Diese stand gemeinsam mit Leonora Karinor vom Berg, Dom Leóns Knappin, hinter dem Diwan. Die beiden gaben ein besonders liebliches Bild ab. Die eine rabenschwarz, die andere golden gelockt; die eine mit 15 bereits ein junges Mädchen, die andere mit 12 noch ein Kind. Beide trugen Wappenröcke, die ihnen etwas zu groß waren; die eine einen grünen mit mit drei goldenen Löwenhäuptern, die andere einen blauen mit drei silbernen Lilien. Beide hielten Kristallkaraffen in den Händen, aus denen sie ihren Herren bei Bedarf nachschenkten (Dom Leóns Karaffe war bereits leerer). Beide waren so konzentriert auf ihre ehrenvolle Aufgabe, dass sie zusammenzuckten, als Bruder Zafir hinter sie trat und ihnen aufmunternd auf die schmalen Schultern klopfte.

"Gut macht ihr das, Kinder. Was würden wir nur ohne euch machen?", lächelte der Hospitiar freundlich.

Zaida grinste verstohlen zurück, aber Leonora nickte nur, während sie mit den Augen weiter geradeaus starrte. Vielleicht war es Zeit, das Mädchen ins Bett zu schicken? Während er darüber nachdachte, hörte Bruder Zafir, wie sich die Comtessa den Schönen Baron in seinen Ausführungen unterbrach. Offensichtlich war sie von den Rössern der Heiden nicht so begeistert wie ihr Sitznachbar.

"Zugegeben, ein Shadif ist recht schön und meist schnell, doch auch launisch und etwas schwach auf der Brust und in den Beinen", sagte Domna Romina. "Und, mit Verlaub, holder Baron, viel zu klein für Eure stattliche Statur. Wollt Ihr während des Reitens mitlaufen oder mit einem Schritt aufsteigen? So gebrechlich kommt Ihr mir gar nicht vor." Sie lachte neckend und nahm einen weiteren Schluck Wein.

"Da müssten mir die Beine schon bis zur Brust reichen, Hochwohlgeboren", lachte auch der Vivar, "denn ich habe noch kein Shadifross gesehen, dass nicht mindestens siebeneinhalb Spann misst."

"Vom Haupte bis zum Schweif?", spottete Domna Romina.

"Vom Boden bis zum Widerrist, selbstverständlich. Im Stockmaß steht das Shadif einem gut gezüchteten Yaquirtaler aus dem Kaiserlichen Marstall kaum nach. Es sind aber der Charakter und die Schnelligkeit, die dieses Pferd vor allen anderen auszeichnet."

"Was die Schnelligkeit betrifft, so mag ein Wettritt am morgigen Tage Klarheit bringen, teurer Vetter", zog Dom Franco eine Braue im blassen Gesicht hoch. "Aber dass Ihr diesen Heidenpferden einen herausragenden Charakter zusprecht, erstaunt mich doch bass. Ist es nicht eher so, dass die Shadif, verstört von dem lästerlichen Geschwafel der Wickelköpfe um einen Wüstengötzen und entfremdet vom Segen der Ross- und Rosenherrin, zu Nervenzucken, Fieber und - wie unsere geschätzte Comtessa sagte - Launenhaftigkeit neigen?"

Dom León hob den Finger. "Ein vortrefflicher Einwand, mein Lieber. Aber glaubt Ihr nicht, dass -" Der Vivar unterbrach sich und legte den Kopf schräg und blinzelte, als spüre oder fühle er etwas nach. Mit Verwunderung im Blick sah er zunächst zu Dom Franco und seiner Gemahlin. Dann wandte er den Kopf langsam zu Domna Romina. "Hochwohlgeboren, Ihr..." Wieder brach er ab.

"Was ist Euch, Dom León?", fragte die Comtessa.

"Ach, nichts, meine Sinne müssen mir wohl einen Streich spielen. Mir war für einen Augenblick, als habe jemand ein trübes Glas vor meine Augen gehalten, so dass ich Euch nur als verschwommenen Schatten sah." Er schüttelte den Kopf, schloss kurz die Augen und fuhr fort: "Glaubt Ihr nicht, liebe Freunde, dass das Ross, Rahjas heiligstes Tier, klüger als sein verblendeter Herr sein kann? Wer auf einem Shadif mit dem Wind um die Wette reitet, der wird den Hauch des Göttlichen spüren, sei er fromm oder Heide. Glaubt Ihr nicht, dass Rahjas Macht auch bei den Beni Novad wirkt? Wer sich in Liebe mit der Liebsten vereinigt, ist der Göttin ein Wohlgefallen, auch wenn er Khabla nur als eine der Gemahlinnen seines falschen Gottes kennt. Glaubt Ihr nicht, dass -" Dom León unterbrach sich ein drittes Mal.

"Bona dea, schon wieder? Offensichtlich blendet mich Eure Schönheit, Hochwohlgeboren." Er lächelte sein Siegerlächeln und streckte die Rechte nach seinem Weinpokal aus, der auf dem Tischchen ruhte. "Bei... ich kann meine Finger kaum noch erkennen!" Seine Hand zitterte sichtlich, als sie den Pokal umschloss und anhob. Auf halbem Weg zum Mund jedoch schien ihn die Kraft zu verlassen und der halbvolle Kelch polterte zu Boden, seinen Inhalt über Domna Rominas Füße verspritzend.

"Aber Dom León!" Die Comtessa fuhr, mehr erstaunt als entsetzt, hoch. Ringsumher wandten die anderen Gäste den Blick ob des Geräuschs.

"Pardonniert mir meine Ungeschicktheit, Hochwohlgeboren!", brach es aus dem Schönen Baron hervor. "Aber ich - meine Augen! - ich bin blind! Ich bin blind!" Sinnlos fuchtelte er mit den Armen vor sich herum und wischte dabei ein Schälchen mit in Öl eingelegten Mandelkernen vom Tisch. Er wurde lauter: "Ich sehe nichts mehr! Es brennt! Es brennt! Ah! Feuer in meinen Augen, in meinen Adern!"

Wie von einem Skorpion gestochen, fuhr er von seinem Diwan auf. Unter seiner bronzefarbenen Haut war er kreidebleich geworden. "Feuer und Blut! F-feuer und Bluuu -!" Blind versuchte der Baron sich in der Luft festzuhalten und erhaschte Domna Romina am Arm. Dann stürzte er mit einem gurgelnden Schrei zu Füßen der Comtessa, wo er sich wie in Krämpfen wand.

"Santa Catalina steh' uns bei!", flüsterte Bruder Zafir entsetzt.


Autor: dalias

"Höhöhö, da-da-da liegt er!", lachte Lodovico di Dalias, Administrador von Vivar, laut auf. Beide Hände legte er auf seinen vor Lachen bebenden Wanst. "Da scheint einer... einer seinen eigenen Wein nicht vertragen zu können. Eulalalalia, Täubchen, wie kommt's, dass ich noch so nüchtern bin... hmm? Ich kann noch sitzen ohne mich festzuhalten. Schau... hick!" Zum Beweis dieser kühnen These hob Lodovico beide Arm hoch, was ihn doch rasch in erheblich Schieflage brachte. Um nicht so wie sein Herr auf dem Boden zu landen, besann er sich eines Besseren und klammerte sich am Diwan fest. "Und nun, Eulalalalalia, noch ein Becher,... einer geht immer... das wusste schon mein Herr Vater. Alte Familienweisheit... ja, ja."


Autorin: ehrenstein

Romina zitterte am ganzen Leib. Gift, er war vergiftet worden. Es war ihr, als würde sie schlagartig nüchtern, als die Erinnerung sie überfiel. "Gift! Einen Magier!", schrie sie laut und schaute zu ihrem Leutnant, der herbeigeilt war. "Das Gegengift, schnell, wo habt ihr es?"

Ardan von Kündoch schüttelte betreten den Kopf und stürzte fluchend aus dem Tempel. Immer hatte er es am Gürtel gehabt, am anderen Gürtel, der hier war verziert und war ihm angebrachter erschienen.

Die Comtessa drückte ihr Entsetzen nieder, Tränen rannen ihr über ihre Wangen, sie erinnerte sich zu gut an den Schmerz von damals, einen Schmerz, wie sie ihn nie wieder erleben wollte. Sie ging neben Dom León auf die Knie und begann zu beten.


Autorin: lasdardas

"Dom León", entfuhr es auch Zaida, die vor Schreck fast den Inhalt ihrer Karaffe über den Rücken der schönen Comtessa verteilt hätte. Mit zittrigen Händen stellte sie das Kunstwerk aus geschliffenem Kristall beiseite, um sich bestürzt dem Geschehen zuzuwenden, als sie stutzte. Es mochte wohl der Vielzahl von Abenteuerromanen geschuldet sein, so wie ihrer wilden Fantasie und den Erzählungen ihres Zahorifreundes, dass ihr Blick mit einem Mal auf die Karaffe in Leonoras Händen fiel. Denn, so ratterte es gerade in ihrem Kopf, wie mochte es wohl jemand gelungen sein, Dom León zu vergiften, ohne dass ein anderer der Gäste siech darnieder sank?

Beherzt griff sie zu und entwand aus den Händen von Dom Leóns zuvor noch etwas abwesend wirkender Knappin die Karaffe mit Wein und sah sich dann suchend um. Alle Gedanken an den Grund für solch ein namenloses Verbrechen schob sie strikt von sich, ebenso das dringende Bedürfnis, sich auch besorgt um den sich vor Schmerz windenden Baron des Taubenthals zu scharen.

Na, wer mochte von all den Versammelten wohl eine Ahnung von Giften haben? Ihr Blick huschte suchend umher.

Das Gackern des feisten Gockels Lodovico ignorierend, schob sich Domna Fiona hastig unter den Bärenpranken ihres Gatten hervor, der sich seinerseits schon alarmiert aufgesetzt hatte. Für einen kurzen Moment huschte ihr der Gedanke durch den Kopf, dass die Herrschaft über das Taubenthal wohl doch noch einmal neu und vielleicht sogar zu ihren Gunsten verteilt werden könnte. Doch beim Anblick des sich windenden Dom León zerstob jeder Gedanke an Intrigen und an seiner statt trat ein kalter, schneidender Zorn. Wer auch immer es gewagt haben mochte, den Günstling der schönen Göttin auf ihrem eigenen Fest und mit ihrem lieblichen Wein zu vergiften, den sollte ein Fluch treffen, auf das ihm mehr verginge, als nur das Sehen!

Noch während ihr diese Gedanken durch den Kopf huschten, schob sie sich energisch und gewandt an den verwirrten, bestürzten und zuweilen auch abschätzenden Beobachtern dieses Spektakels vorbei und rutschte an Domna Rominas Seite neben dem schönen Baron auf die Knie. "Domna Romina, Zafir, helft mir!", wies sie den Geweihten und die Comtessa mit befehlsgewohntem Ton an und suchte den Baron an den Schultern festzuhalten. "Zaida!" Ein kurzer Blick zu ihrer Tochter sorgte für ein irritiertes Stirnrunzeln. Was wollte das Mädchen bei Satuaria ausgerechnet jetzt mit dieser vermaledeiten Karaffe? "Komm her und hilf mir!"

Hilflos sah sich Zaida einen Moment lang hektisch um und drückte dann ihrem Vater die Karaffe in die Hand, der verdutzt auf diese hernieder sah und hinter dessen Stirn sich die Vinsalter Zahnräder sichtlich drehten. Mit knappen Gesten wies Fiona ihre Tochter an, sich zu positionieren, um den Baron zu halten - und sich wie zufällig auch zwischen das was sie zu tun gedachte und die all zu neugierigen Blicke der sie Umringenden zu stellen. Ihr Hoffen war, dass Schwester Melisandra ebenfalls zur Stelle war - rasch warf sie ihr einen hilfesuchenden Blick zu - so ihre Kraft nicht ausreichen sollte, den Baron lange genug am Leben zu halten bis... ja... bis hoffentlich die vorausschauende Comtessa für Rettung sorgte.

Fest wie beim Griff in die Zügel eines bockenden Pferdes hielt sie Dom Leóns Kopf und beugte sich vor. Ihre schwarzen Haare breiteten sich wie ein Vorhang vor ihrem Gesicht aus, als sie sich hinabbeugte und ihren Baron einen satuarischen Kuss zuteil werden ließ.


Autor: damotil

Melisandra hatte mit einem Stirnrunzeln ihr aktuelles Gespräch unterbrochen und den Blick ebenfalls in die Richtung gelenkt, in der jener rahjaungefällige Tumult ausgebrochen war. Als sie den Blick Fionas bemerkte, den diese ihr zuwarf, seufzte sie leise und stellte den Pokal mit dem edlen roten Rebenblut behutsam ab. Elegant erhob sie sich und wollte gerade herüberschreiten, als ihre Schülerin Lessina an ihre Seite eilte.

„Meisterin!“ Aufregung schwang in der Stimme der jungen Dame mit kupferroten Haaren mit. „Was ist geschehen?“

Erneut hob die Aranierin die Augenbrauen und mit leicht tadelndem Tonfall erwiderte sie: „Lessina, bei Rahja! Woher sollte ich das jetzt schon wissen? Kehr zu Deiner Gesellschaft zurück. Wir reden später.“ Lessina wollte etwas erwidern, aber der kaum merklich erhobene Finger der Hand ihrer Lehrmeisterin ließ sie verstummen noch ehe die erste Silbe über ihre Lippen gekommen war. Melisandra entschuldigte sich höflich auf Tulamidya bei Yashima saba Dhachmani. Dann schritt sie, nicht unbedingt eilend, zu der Gruppe, die sich um den scheinbar mit dem Tode ringenden Dom gebildet hatte.


Autor: lindholz

'Was tut diese Frau denn da?', schoss es Domnatella Alisea durch den Kopf, während sie versuchte, einen klareren Blick auf das zu erhaschen, was beim Baron vor sich ging. Als der schöne Taubentaler zusammengebrochen war, war sie sogar noch schneller auf den Beinen gewesen als ihr Sitznachbar von Kündoch. Besorgt war sie zu der niedergesunkenen Gestalt geeilt, während ihre Schwester und Mutter bei den Plätzen verharrten, um jene, die möglicherweise helfen konnten, in ihrem Tun nicht zu behindern. Auf solch einen Gedanken kam die blondhaarige Adlige freilich nicht und reagierte stattdessen eher ungehalten, als ihr auch noch diese schwarzgelockte Göre im Weg herumstand.

'Warum beugt sich die Domna denn so nach unten? Küsst sie etwa Dom Leon?' Die dunklen Haare der ihr Fremden versperrten den Blick, aber es sah ganz danach aus, als würde sie dem Baron zumindest ungebührlich nahe kommen. Ein Pfeil der Eifersucht bohrte sich in ein Herz, welches sich vor Sorge ohnehin schon zu einem kleinen Etwas zusammengekrümmt hatte. Alisea hatte schon so viel von dem schönen Dom Leon gehört und jetzt starb er hier einfach so, ohne dass sie auch nur ein Wort mit ihm hatte wechseln können. Und zu allem Überfluss war da auch noch diese Frau, die seine Mutter sein könnte, aber es sicher nicht war und sich ungefähr dort befand, wo die junge Domna sich gelegentlich hingeträumt hatte. 'Das darf nicht wahr sein. Oh, du Schöne Göttin, lass es nicht geschehen, dass Boron ihn von einem Fest zu Deinen Ehren reißt!', flehte sie innerlich, während sie die Hand zum Mund hob und sich in das Fleisch des Zeigefingers beißen musste, um ihre Gefühle im Zaum zu halten.


Autorin: beiras

Auch Dom Franco war geschwind aufgesprungen, ohne seinen fast noch vollständig gefüllten Weinkelch zu verschütten. Er trat näher an seinen Vetter heran, ließ aber genug Platz für diejeniegen, die diesem bereits zur Hilfe geeilt waren. Seine Gemahlin blickte ihm aus weitaufgerissenen Augen hinterher und verzog das Gesicht ob des schrecklichen Schauspiels, dass sich den Anwesenden hier bot. Zuckend wand sich Dom León auf dem Boden.

Dom Franco kniete sich dicht neben ihn und legte ihm eine Hand auf die Schulter, woraufhin der am Boden liegende versuchte, sich dieser Hand zu entziehen. "Verhaltet Euch ruhig, Vetter.... man versucht Euch zu helfen", sprach Dom Franco mit seiner melodischen Stimme auf ihn ein. Der Klang seiner Stimme hätte nicht anders geklungen, hätte er auf ein kleines Kind eingeredet, welches verängstigt in einem Baum saß. Er schien ob der Situation die Ruhe zu bewahren, auch, wenn seine Augen flink über die anwesenden Gäste huschten, als suche er nach jemandem... oder etwas. Eine Hand ließ er auf der Schulter des mit dem Tode ringenden Mannes liegen, während er mit der anderen vorsichtig dessen Gesicht berührte: Das Gesicht war mit kaltem Schweiß bedeckt.


Autor: vivar

Sein Leib indes hörte nicht auf zu zittern und zu zucken. Unter den Händen von Domna Romina, Zaida und Bruder Zafir wand er sich, verdrehte die Augen und verkrallte die Finger im Gewand Domna Fionas, die ihre Lippen wieder von den seinen gelöst hatte.

Die Catalinenser hatten schlagartig ihre Darbietung unterbrochen. Die Musiker hatten die Instrumente abgesetzt und die Tänzer wankten atemlos und verstört umher. Bonaventura XXV. blickte verwirrt von einem zum anderen, doch niemand seiner Mittänzer schien ihm Auskunft geben zu können. Die Novizen an den Tischen hatten ihre Pflicht vergessen und waren neugierig zum Ort des Unglücks geeilt, wo sie die Traube der ratlosen Schaulustigen verstärkten.

Einzig Bruder Zafir hatte sich mit Domna Romina niedergekniet und versuchte, den spastisch zuckenden Baron festzuhalten, doch auch das half nichts. "Eine Katastrophe", flüsterte er, "eine Katastrophe!" Dann schrie er laut: "Wo bleibt dieses Gegengift?"

"Lasst mich durch!", rief eine helle Stimme, doch es war nicht der Leutnant, sondern die kindliche Maestra Lampérez, die sich durch die Zuschauer schob. Stumm betrachtete sie den sich windenden Barons aus ihren Rehaugen. Dann deutete sie mit ihrem kurzen Stab auf ihn und flüsterte eine unhörbare Formel. Doch bereits nach wenigen Augenblicken senkte sie den Stab wieder und ein Schatten der Trauer legte sich über ihr blasses Antlitz. "Oh mein lieber Baron! Ich kann nichts für Euch tun! Wäre ein böser Geist in Euch gefahren, so hätte ich ihn vertreiben können, doch Ihr seid von Menschenhand vergiftet worden und dagegen bin ich machtlos."

"Was für eine miserable Kophta bist du eigentlich?", keifte Yashima saba Dhachmani. "Mein Lieblingsneffe liegt im Sterben und du bist machtlos? Radscha gebe, dass diesen Gegengift wirke!"


Autorin: ehrenstein

Leutnant Ardan von Kündoch war wirklich sehr schnell. Den Gedanken, dass es um den Waldwachter Gockel eigetlich nicht schade wäre, verdrängte er. In seinem Gemach schnappte er sich den anderen Gürtel und löste im Zurücklaufen die kleine Metallphiole aus der Halterung. Er erinnerte sich gut, wie ihre Hochwohlgeboren Gräfin Rohalija ihm die Phiole gegeben hatte. Alle am gräflichen Hofe wussten von dem Giftattentat vor einigen Jahren. Die Gräfin hatte es ihm gegeben, weil Romina nachlässig geworden war, was gefährlich war, solange noch Rebenthaler lebten.

Er kam zurück in den Tempel und eilte weiter, bis er schweratmend hinter Romina stand. Er reichte seiner Comtessa das Fläschen, die es öffnete und Domna Fiona an der Schulter rüttelte. Es hatte sie irritiert, als die ältere Frau den zuckenden Mann küsste, doch was wusste sie schon über Rahjarituale? Vielleicht half so etwas, schaden konnte es wohl nicht. Doch jetzt sollte Dom León Mund freigegeben werden.

"Domna Fiona, ich habe hier ein Gegengift; ich würde es dem Baron gerne geben."


Autorin: beiras

Dom Franco brauchte mittlerweile beide Hände, um den zuckenden Körper des mit dem Tode ringenden Mannes im Zaume zu halten. Er verstand nicht, was die Las Dardas da tat, aber er bemerkte, dass ihre Bewegungen sich veränderten, für einen Augenblick erlahmten. "Seid vorsichtig; sie vergiftet sich nur selbst! Zieht sie von ihm weg, bevor noch mehr geschieht!", rief er aus, doch niemand reagierte. Um die beiden von einander zu trennen, musste er jedoch eine seiner Hände von Dom León lösen.

Er versuchte, Domna Fiona sanft ein Stück nach hinten zu schieben, doch in diesem Moment durchzuckte es den gequälten Körper auf dem Steinboden erneut, so dass Franco ins Straucheln geriet und hart gegen Fiona prallte, die dadurch gegen Domna Romina gedrückt wurde. Der vollkommen überraschten Comtessa wurde hierdurch das geöffnete Fläschchen mit dem Gegengift aus der Hand geschlagen.


Autorin: ehrenstein

Romina stieß einen verzweifelten Schrei aus. Es schien als kröche die Zeit und dennoch konnte die Comtessa nur zusehen, wie das Fläschchen auf den Boden aufschlug. Sie versuchte es zu fangen, doch es sprang, wie von Schelmenhand verzaubert, davon und ergoss dabei seinen ganzen Inhalt über den Boden.

Entsetzt schloss die Comtessa die Augen und sackte in sich zusammen. Das Gegengift war verschüttet. Wie sollten sie dem Vergifteten jetzt noch helfen? Er würde qualvoll sterben. So jung, so schön! Tränen quollen aus ihren geschlossen Augen. Doch etwas in ihr wehrte sich. Noch war er nicht tot. Sie hatte noch nie aufgegeben, warum jetzt damit anfangen.

Die Comtessa riss die Augen auf und schaute sich um. "Wir müssen den Baron auf den Diwan heben! Leutnant! Dom Franco!" Sie sah den Bangourer Baron bittend an und wandte sich dann an Rahjanetta. "Wir brauchen Seidentücher, um ihn festzubinden, damit er sich nicht verletzt."

Langsam kam Romina in Fahrt. Sie berührte Bruder Zafir am Arm. "Bitte, Euer Gnaden, lasst unter den Pilgern nach Heilkundigen suchen! Vielleicht sind auch Zahorisippen anwesend; die haben immer Heiler dabei. Lasst verkünden, die Heilung werde gut bezahlt." Sie schaute in die Runde, als suche sie nach weiteren Möglichkeiten. "Gibt es Tsa- oder Perainegweihte hier? Oder andere Magier in der Nähe? Vater Bonaventura..." - ihr Blick suchte nach ihm, fand ihn, ihre blauen Augen waren verzweifelt, doch sie riss sich zusammen - "ich könnte nach Ragath oder Punin reiten und Hilfe holen." Wenn er solange leben wird. Sie schaute zu dem zuckenden Mann und griff sich an Herz. Sie musste schnell reiten und Taladur war am Nächsten. Dort gab es gewiss Magier... sie würde ihn oder sie notfalls aufs Pferd binden. Entschlossen straffte sie sich. "Ich geh' mich umziehen. Dom Ardan, lasst die Pferde satteln."


Autor: vivar

"Mit Verlaub, Hochwohlgeboren", brachte Rahjanetta zögerlich hervor, "aber die Schmerzen scheinen doch von innen zu kommen?"

"Was höre ich? Ragath? Punin? Bis dahin ist León längst tot!", erklang es da schrill von Yashima saba Dhachmani. Die feiste Handelsherrin trat in den Kreis und richtete anklagend den Finger auf Domna Romina. "Und Ihr über alle Berge - ist es das, was Ihr wollt? Schleunigst verschwinden ehe herauskommt, aus wessen Händen das Gift stammt?" Ihre Brauen zogen sich finster zusammen. "Oh ja, ich habe gestern in Waldhaus genau mitbekommen, dass Ihr meinen teuren Neffen nicht ausstehen könnt! Und mit diesem 'Gegengift' hättet Ihr ihm gewiss den Rest gegeben, wenn der gute Sahib Franco es Euch nicht aus der Hand geschlagen hätte! Schaut wenigstens hin, wenn er stirbt!"

"Bitte, bitte, Domna Yashima", versuchte der Hospitiar die aufgebrachte Tulamidin zu beruhigen, "Hochwohlgeboren Romina ist unser Ehrengast!" Ein verzweifelter Seufzer entrang sich seiner Brust.


Autor: dalias

Das Beben von Lodovicos Bauch war verebbt. Sein Lachen erstorben. Was passiert dort vorne bei den hohen Herrschaften? Was für ein Tumult! Welche praiosungefällige Unordnung! Gebannt saß Lodovico di Dalias auf dem Diwan. Das Maul stand im halb offen. Der Speichel rann in dicken Fäden aus den Mundwinkeln über das Kinn hinab und benetzte seine behaarte Brust.

Fetzen von Rufen und Raunen drangen an sein Ohr. Was war geschehen? Sein Herr, der Vivar, vergiftet?

"Yppolita, mein Bäslein, was reden die Laffen da vorne? Dom Léon vergiftet?" Dunkel grollte die Stimme Lodovicos aus längst verschüttet, vergessen geglaubten Tiefen.

"Ja." Caballera Yppolita blickte ihren Vetter fassungslos an. Eine Messerstecherei am frühen Morgen, eine heftige Keilerei unter Mercenarios oder ein im Duell Erstochener - damit hatte sie zu leben gelernt. Aber ein Meuchelmord mit Gift? Behutsam stellte Yppolita ihren Weinbecher ab, ließ denselben nicht aus den Augen, gerade so als könnte der Becher oder sein Inhalt sie jederzeit anspringen und ihr schwere Wunden schlagen. War etwa der ganze Wein vergiftet? Würde auch sie sich bald unter Krämpfen am Boden winden? Sie ließ den Weinbecher nicht aus den Augen. Etwas Gefährliches, Unheimliches ging von ihm aus. Feine Schweißperlen glänzten auf ihrer Stirn.

"Dann muss der Administrador tun, was der Administrador tun muss." Schwer keuchend erhob sich Caballero Lodovico vom Diwan. Gestützt auf seine Cousine Yppolita wankte er zum Ausgang. Hätte er es geahnt, welche Höchstleistungen an diesem Abend noch von ihm erwartet würden, hätte er dem Wein nicht so zugesprochen - aber andererseits, wem machte er etwas vor: Natürlich hätte er sich noch voller laufen lassen.

"Was, guter, lieber, bester Vetter, plant Ihr?", hörte er die Stimme Yppolitas ganz nah an seinem Ohr leise raunen.

"Ich werde die Waffenknechte des Barons herbeiführen und die Halle abriegeln lassen. Vielleicht ist dieser Erzschelm noch hier... dann, oder vorher muss ich mich selbst gürten, äh rüsten... und Ihr Euch... dann oder vorher, respektive gleichzeitig muss ich einen oder zwei oder mehrere Boten abschicken nach oder gen Inostal zu Pfandvogt Dom Amando, dass er... na, Ihr wisst schon,... und freilich auch gen Punin, zu Domnatella Delilah und der Mutter des armen Tropfes, Domna Richeza,... mit der ich übrigens beinahe schon einmal,... oder habe ich sogar?... na, Ihr wisst schon... hähähä.... ja, die Boten, sehr wichtig. Wenn er diese Nacht stürbe, muss das Ganze ohne viel... weiteres Blutvergießen... hmm, meine Blase drückt..."

Dergestalt raisonierend erreichten die beiden Daliaser das Portal.


Autor: damotil

Melisandra verfolgte aufmerksam das Geschehen um den schönen Dom vom Rande der Gruppe aus, die sich um den Darniedergesteckten versammelt hatte. Ihr hatte ein kurzer Blick genügt um gewisse unerfreuliche Schlüsse zu ziehen, was ihrer Laune recht abträglich war. Das forsche Vorgehen Fionas empfand sie dabei als besonders unerquicklich, da diese – das war ihr unschwer anzusehen, als helfende Hände sie vom Vivar lösten – ganz offensichtlich ebenfalls in Kontakt mit dem Gift gelangt war. So griff sie nach der leicht schwankenden Fiona um sie vor einem Sturz zu bewahren. Behutsam machte sie mit der befreundeten Caballera ein paar Schritte zur Seite um dem Trubel rings um den vergifteten Dom León zu entfleuchen.

Leicht abwesend und unsicher auf den Beinen wirkte Fiona, indes sich Melisandra nochmals aufmerksam umsah und aus den Augenwinkeln noch das Zerschellen einer kleinen Phiole beobachten konnte. Dann suchte ihr Blick nach ihrer Schülerin. Ein Stirnrunzeln huschte über ihre Züge, als sie Dom Lodovico in Begleitung rasch, wenngleich auch etwas weinselig wirkend, auf die Tempeltür zueilen sah. Dann fand ihr Blick auch Lessina, die sich wieder bei diesen beiden boronsbleichen Zwillingen aufhielt. Durchaus für die Umstehenden vernehmbar – und das nicht ganz ohne Absicht – rief sie dieser zu: „Lessina – auf! Eile zu unserem Gepäck! Bringe mir meine Tasche mit Tinkturen und Heilkäutern! Schnell!“ Diese schaute etwas überrascht drein, nickte dann aber und eilte ebenfalls Richtung Ausgang um den Befehl schnellstmöglich auszuführen.

Dann kehrte Melisandras Blick zu der Frau in ihrem Arm zurück. Kritisch musterte sie die abwesend wirkenden weiten Pupillen der Domna Fiona. Innerlich stieß sie einen unerhörten Fluch über die Geschehnisse aus, bevor sie sich daran machte im Geist die Kräfte zu sammeln, um der durch den Kuss selbst vergifteten Fiona mit einem Zauber beizustehen.


Autorin: ehrenstein

Romina von Ehrenstein-Streitzig blieb wie angewurzelt stehen und drehte sich langsam um. Ihr war schwindelig und übel, wie immer, wenn sie sich in scheinbar hoffnungslosen Situationen befand. Sie spürte, wie ob der an den Haaren herbeigezogenen Vorwürfe heller Zorn in ihr aufstieg und die Übelkeit hinwegfegte. Kurz dachte sie an die Worte ihrer Knappenherrin über Zorn und dessen Nutzen. Sie nahm sich zurück und schaute die Händlerin fest an.

"Domna Dhachmani, der Baron und ich hatten uns gestern Abend ausgesprochen. Abgesehen davon würde ich nicht einmal einen Rebenthaler vergiften und mit denen verbindet mich die Blutrache. Ich habe Eure Anschuldigungen nicht gehört, da ich sicher bin, dass Ihr sie nicht so gemeint habt. Geht und sucht einen Heiler, damit nutzt Ihr Eurem Neffen weitaus besser." Es fiel ihr schwer, ruhig zu bleiben, sie zitterte. Ihr Leutnant stellte sich hinter sie und legte ihr eine Hand auf die Schulter. Romina sah sich fragend um. "Wenn jemand hier ein näheres Ziel weiß, so werde ich dort hin reiten. Ich hätte es ohnehin zuallererst in Taladur versucht." Sie rieb sich die Stirn. "Vielleicht sollten wir den Baron in eine Kutsche packen und mitnehmen?", dachte sie laut nach.


Autorin: lasdardas

Noch immer die verdächtige Karaffe sicher in seinen Pranken von Händen bergend, hatte sich Dom Ludovigo de Sangrín am Rande der aufgescheuchten Gruppe um Dom León gehalten. Weder war er ein Heilkundiger, noch kannte er sich in irgend einer Weise mit Giften und deren Widerpart aus; so hatte er beschlossen, mit seiner bärenhaften Gestalt niemand im Weg herum zu stehen. Als er nun aber unter den gerunzelten Brauen beobachtete, wie sich die rahjagleiche Melisandra Chaziani um seine Preciosa kümmerte, überkam ihn ein ungutes Gefühl - und dabei war nicht er der Hellsichtige in der Familia.

Mit leisen Worten, die nicht viel mehr als ein dunkles Brummen waren, befahl er Zaida zu sich und spielte mit dieser, für Außenstehende sicher sehr amüsant, eine zweite Runde "Karaffe du musst wandern", indem er eben besagtes Kristallkunstwerk an seine Tochter zurückreichte - was jener sichtlich nicht passte, musste sie doch darob ihre Aufmerksamkeit von Dom León und ihrer heißverehrten Domna Romina wenden.

"Geh' und sammle noch seinen Weinkelch ein. Dann verbring beides an einen sicheren Ort", grollte er ihr leise zu und schob sich dann überraschend sanft an seiner aufmüpfigen Tochter vorbei, um sich neben Frau Chaziani auf ein Knie sinken zu lassen.

"Fiona, wie ist dir?" Vorsichtig fasste er sie an den Schultern und spürte, wie die ihm Angetraute leicht zusammen zuckte. Besorgt sah er zu der schönen Puninerin. Er mochte ja groß und behäbig aussehen, doch sein Verstand war rege und ihm war nicht entgangen, was geschehen war. Hatte er ihr nicht oft genug vorgebetet, dass sie zuweilen zu rasch handelte, sich von ihrer sonst sehr begrüßten Leidenschaft hinreißen ließ? Da gefiel ihm ihr kalter, wohl gehegter Zorn eher; der schützte sie zumindest davor, dass ihr Temperament mit ihr durchging.

Gerade wollte er das Wort an die Puniner Dame richten, als ihn ein leises Ächzen innehalten ließ. Beunruhigt sah er zu seiner Frau zurück. Die Zähne fest aufeinanderg ebissen, so dass sie knirschten, huschte ihr Blick hierhin und dorthin, ehe er sich auf einen fernen Punkt zu richten schien.

"Ksch, ksch...", entkam es mühsam ihren Lippen. Schon fragte er sich, ob es schlimmer um sie stand, als er doch ohnehin schon befürchtet hatte, da wisperte sie leise Worte: "Ksks... da sind Katzen, Katzen... jemand treibt die Leute auf den Anger... blutrot, almadinenrot... blutrot... Blut... Bewaffnete Männer und ein besitzgierender Reiter..." Ein Schaudern ließ sie unterbrechen und ihr Blick irrte umher, ehe er sich wieder auf ein Ziel richtete. "Ruinen... Dorf... sie sind in..." Mit einem leisen Stöhnen sank Domna Fiona in die starken Arme ihres Mannes, der sie sorgsam an seine Brust bettete und stützte.

"Ganz ruhig, mein Liebling", murmelte er ihr leise Koseworte zu, derweil er hilfesuchend zu Melisandra Chaziani aufsah.

Hätte Zaida gewusst, welch aufregende Entwicklungen sich ihr da entzogen hatte, sie hätte sich schwarz wie der namentliche Schwarze Kater geärgert. Oder schwarz wie ein Rabe oder schwarz wie... So jedoch war ihre Aufmerksamkeit daran gebunden, den Lockenkopf mit dem Gegenpart ihrer Schwester zusammen zu stecken. Denn, so ihre Eingebung, die wüsste sicherlich besser, wo man hier im Rosentempel sicher Karaffe und Kelch erst einmal verstecken konnte, auf dass sie von den Drahtziehern des ganzen nicht einfach entsorgt werden könnte. Ihre Hoffnung klammerte sich daran, dass man damit womöglich einen Fingerzeig auf den namenlosen Schergen erhaschen könne, welcher den Baron vergiftet hatte. Denn seit dieser bei ihrer Knappenherrin wohl gelitten war, hatte Zaida beschlossen, ihn auch noch über das reine, verlockende Äußere hinweg gut leiden zu können.

"...ich sag's dir doch... Pashkir hat mir davon erzählt, wie er einmal zugesehen hat, wie eine von diesen bunten Magierinnen..."

"Zaza, du plapperst!", suchte Elena die hektischen Ausführungen der Schwester zu bremsen - auch wenn ihr die jahrelange Erfahrung sagte, sie aussichtslos dies bleiben musste.

"...einen Gegenstand befragte, so: 'Und wer hat dich zuletzt in der Hand gehabt?' Und er antwortete: 'Das war...' ...ach verdammt, ich muss zurück!" Und welch Glück für eine Khunchomer Händlerin, dass sie nicht deren Anschuldigungen gegen Zaidas schutzbefohlene Comtessa vernommen hatte! Flink wie der sprichwörtliche Zahori - wenn auch umgekehrt wie es diese taten - schob sie die beiden kunstvollen Gegenstände aus geschliffenem Kristall ihrer Schwester zu.

"Verstau' sie gut, ich schau nach Mutter und dem Baron..." Sprachs und entfleuchte wieder an der Menge vorbei, um sich zurück an den Schauplatz des Geschehens zurück zu begeben und ließ eine leise seufzende Elena zurück.

Dass Tsa auch die Gaben zuweilen so unterschiedlich verteilte, grübelte die umsichtigere der Zwillinge und machte sich daran wie angewiesen die Gegenstände in Sicherheit zu bringen. Magier - na, wohl eher Scharlatane! - die mit leblosen Dingen sprachen? Jaja, und Schweine konnten fliegen und in Vinsalt gab es Eier, die einem sagten, wie spät es war. Wer's glauben mochte...


Autor: vivar

"Ich finde, wir sollten alle hier bleiben. Ein Weilchen noch zumindest", erklang da mit einem Mal sanft, aber deutlich die Stimme von Bonaventura XXV. Der Abt hatte das Tempelrund verlassen und war an die um Dom León Stehenden herangeeilt. Der Baron stieß inzwischen abgehackte, unkontrollierte Laute aus, so als ob ihm das Atmen immer schwerer fiele, und flatterte mit den Augenlidern.

Hastig kniete der Hochgeweihte neben dem Baron nieder und hob kurz die Hände gen Alveran. Im selben Augenblick tat Schwester Paloma Vasari auf der Tanzfläche einen stampfenden Schritt. Als ob dies ein Zeichen sei, begannen die Musici wieder zu spielen und die übrigen Catalinenser wieder zu tanzen. Das Musikstück war spielerisch und lebensfroh, und die Tänzer bewegten sich mit schier unbekümmerter Leichtigkeit. Als Begräbnismarsch war es denkbar ungeeignet.

Yashima saba Dhachmani war fassungslos: "Was soll das? Ihr könnt doch nicht einfach weitertanzen, als sei -"

"Sssh!", machte Bruder Zafir und legte den Finger auf die Lippen.

Derweil hatte der Abt die Augen geschlossen und begann den Oberkörper im Takt des Tanzes zu wiegen. Mehr und mehr schwang er den Oberkörper, als sei dieser unabhängig vom Rest seines Leibes. Dann breitete er seine nackten Arme aus und schlang sie um den sich wie wild wehrenden Dom León.

Doch Bonaventura XXV. hatte trotz seines Alters noch eine erstaunliche Kraft. Es gelang ihm, den Baron wie einen Geliebten in den Arm zu nehmen und mit sich im Rhythmus der Dablaschläge zu wiegen. Wenn auch Dom Leóns Unterleib und seine Beine zitterten, als wollten sie zerbersten, so hörten seine Arme und sein Haupt doch auf, unkontrolliert um sich zu schlagen und fügten sich in den Takt der Melodie. Der Catalinenser nahm die Hände des Barons in seine Rechte, fasste ihn mit der Linken sanft am Haupt und beugte sich über ihn.

Und so erhielt Dom León seinen zweiten Kuss an diesem Abend, genauso innig und langandauernd wie zuvor jener der Caballera von Las Dardas. Dieses Mal aber erlahmte nach und nach der krampfhafte Widerstand des Taubentaler Barons. Seine Lider schlossen sich und seine verkrampften Züge lösten sich, bis er schließlich schwach und weich in den Armen Bonaventuras lag. Die linke Hand Dom Leóns war zum Boden hinunter gesunken. In der offenen Handfläche lag eine rote Rosenblüte, die zuvor nicht dort gewesen war. Und war soeben der Duft des Rosenöls stärker geworden?

Der Catalinenserabt hatte glühend rote Wangen, als er den Kopf wieder hob und die Umstehenden mit verträumtem Blick ansah.

"Was...was habt Ihr getan?", flüsterte Domna Romina.

Der Abt ließ das Haupt Dom Leóns sanft auf ein Kissen gleiten, dass Bruder Zafir geistesgegenwärtig vom Diwan genommen hatte und lächelte die Comtessa an. Doch sein Blick schien an ihr vorbei zu gehen, an einen Ort, an dem sie ihm nicht folgen konnte. "Ich habe ihm eines der kostbarsten Geschenke überreicht, dass Unsere Liebe Frau Rahja den Liebenden gewährt: Zeit. So lange diese Rose blüht, wird unser lieber Freund in wohligen Träumen ruhen und keinen Schaden von dem Gift nehmen, das in seinem Leibe ist. Viel Zeit ist es nicht, denn eine Rose ohne Stiel und Blätter, ohne Erde, Licht und Wasser verwelkt schnell, oft von einem Tag auf den anderen. Aber vielleicht - und das mögen Santa Catalina und San Ascandear geben - genug Zeit um ein Heilmittel zu finden, welches das Rauschen von Golgaris Schwingen wieder in die fröhlichen Klänge des Catalinenfestes zu verwandeln.

Zafir, Rahjanetta, und ihr anderen - legt ihn vorsichtig auf den Diwan. Da ruht es sich bequemer als auf dem Marmorboden." Bonaventura richtete sich langsam und bedächtig auf; so als müsse er aufpassen, dass ihm nicht schwindelig würde.


Autorin: beiras

Als die Phiole mit dem Gegengift auf dem Boden zerschellte und ihren Inhalt auf dem Boden verteilte, musste sich Franco von Dom León trennen, um seinen Sturz mit den Händen abfangen zu können. Einen Moment schaute er auf die kleine Lache Flüssigkeit auf dem Marmorboden und seine Mundwinkel zuckten kurz. Dann riss er den Blick von dem möglichen Heilsbringer los und wandte sich wieder den Geschehnissen zu.

Verwirrt beobachtete er, wie sich der Abt um den Vergifteten kümmerte. "Was...? Diese kleine Blüte soll meinen Vetter am Leben erhalten? Eine Blume gegen ein heimtückisches Gift, von dem wir alle nicht wissen, was es ist? Und wer es ihm verabreicht hat? Wir haben alle hier zusammen gefeiert und Wein getrunken. Seht selbst, dort steht mein Kelch! Auch ich habe Wein getrunken, aber ich winde mich nicht am Boden. Irgendjemand hat gezielt seinen Kelch vergiftet. Und dieser Jemand kann noch nicht weit sein..."

Langsam richtete Dom Franco sich auf und blickte um sich. Er maß jedes Gesicht in seiner näheren Umgebung mit einem prüfenden Blick seiner Wolfsaugen. Missbilligend zog er seine Lippen hoch, so dass er noch mehr wie ein wütender, angriffslustiger Wolf wirkte. "Wo ist seine Knappin? Wo ist das Mädchen? Ich habe sie vorhin doch noch hier bei ihm gesehen! Sie hat sich um seinen Wein gekümmert!" Sein Kopf ruckte nach rechts, als er Leonora Karinor vom Berg in einer Ecke entdeckte. Mit ausgestrecktem Finger zeigte er auf sie: "Du! Du warst es! Du hast ihn vergiftet!", erscholl seine Stimme laut und deutlich. "Du hast nur auf eine Gelegenheit gewartet, ihn zu morden... was hast du ihm gegeben? Sprich! Was hast du in seinen Wein gefüllt? Ein Gift aus deiner Heimat?" Anklagend blickte er um sich. "Hat sie nicht ihre Wurzeln in Al'Anfa? Sind nicht alle Al'Anfaner heimtückische Giftmeuchler?"


Autor: dalias

Von den Worten des Abtes gebannt, hatten sich die beiden Daliaser umgewandt und verfolgt, wie Bonaventura XXV. den Baron in die Arme geschlossen, ihn sanft gewogen und ihn erfüllt von inniger Hingabe geküsst hatte. Wundersam und herrlich waren das Wirken und die Wege der Götter. Der Hauch Alverans, der die Versammelten streifte, ließ Lodovico seine Finger durch die Luft kreisen und eine Praiosscheibe beschreiben – ganz so, wie er es als kleines Kind einst zu tun gelernt hatte, wenn ihm etwas Großes, Überderisches widerfuhr. Verstohlen wischte sich Yppolita – mit rauer Hand – Tränen der Rührung aus den Augen, die sich gleich einem Schleier zwischen sie und den Beweis göttlichen Wirkens geschoben hatten.


Autor: vivar

Bruder Zafir, Rahjanetta und die anderen Novizen, die den Baron auf den Diwan gebettet hatten, richteten misstrauisch ihren Blick auf das blondgelockte Kind im blauen Lilienrock, das mit dem Rücken an eine Säule gelehnt stand. Wie betäubt blickte es auf seinen Herrn, der auf dem Diwan ruhte und beobachtete seine Brust, die sich kaum merklich hob und senkte. "Ich... Ich...", brachte Leonora mit aufgerissenen Augen hervor.

"Was für einen Schafsmist verzapft Ihr da, Dom Franco?" Aus dem Hintergrund trat Nazir von Viryamun, der Edle von Falkenhain, und legte dem Mädchen beschützend die Rechte auf die Schulter. "Leonora ist die Tochter des Konnar vom Berg und von diesem gesandt beim Baron im Taubental die Knappschaft zu verbringen. Sie ist eine Descendiente wie ich und der bedauernswerte Dom León auch. Wenn wir Descendientes jemanden töten wollen, so tun wir dies wie aufrechte Waldwachter, mit der Klinge in der Hand, von Angesicht zu Angesicht! Leonora ist doch keine Giftmörderin! Eher noch sind es die beiden Yaquirtaler, die uns gerade verlassen wollen ohne sich zu empfehlen!"

Er wies mit der Linken auf die beiden Daliaser, die gerade den Hauptbau des Rosentempels durch eines der sechs Portale abgingen. Domna Inarés von Viryamun, seine schon beinahe sechzigjährige Schwester mit dem silbergrauen Haar, hatte den Wink verstanden. "Dalias, du Yaquirtaler Weinschlauch! Bleib stehen, in der Götter Namen!", stiefelte sie dem Administrador von Vivar und seiner Base hinterher.


Autorin: beiras

Dom Francos Augen funkelten Nazir von Viryamun böse an. "Sollte es Schafsmist sein, was ich von mir gebe, werde ich mich bei passender Gegebenheit dafür entschuldigen. Sollte dem nicht so sein, warte ich auf Eure Entschuldigung. Soll uns die Kleine doch ihre Sicht der Dinge schildern anstatt sich hinter Eurem Rockzipfel zu verstecken! Und ich teile Eure Ansicht, dass in dieser unklaren Situation niemand diese Räumlichkeiten verlassen sollte! Das gilt auch für Euch ehrwürdige Besucher dieses Festes", erhob der Baron von Bangour seine Stimme, damit sie auch bis zu den davon eilenden Gästen gelangte.


Autor: dalias

Als Lodovico di Dalias und seine Base Yppolita di Dalias y las Dardas sich wieder von der Gästeschar ab- und dem Portal zugekehrt hatten, vernahmen sie deutlich das Blöken der Ináres von Viryamun.

„Was heißt sie mich, mich, Lodovico Alman... Almanssso di Dalias", zischte Lodovico Domna Ináres trunken und lauthals an, „Halt zu machen? Wa… warum meint Ihr, mir, dem A… Adminisssstrador von Vivar und Diener Seiner Hochgeboren des Barons im Taubental Befehle oder Weisungen geben zu können?" Herablassend blickte der Administrador von Vivar auf Domna Ináres von Viryamun herab und erhob dozierend seinen rechten Zeigefinger, mit dem er vor Domna Ináres' Nase wedelte. „Außerdem, zudem und zuvörderst muss ich mich erleichtern… oder wollt Ihr, dass ich mein Wasser hier im heiligen… heiligen Tempel abschschlage und die Strafe Rahjens auf mein Haupt, auf Euer Haupt und Eure ganze Sippschaft ziehe… Freilich denke ich mir schon, dass Ihr nur zu begierig darauf seid, mir mein Glied zu halten, während ich mich erleichtere… aber auf Eure werte Hilfe kann isch… isch dabei getrost versssichten, wohlgeborene Domna Inárrres! Rahja steh` mir bei!"

Lodovico di Dalias nahm seinen Zeigefinger aus dem Gesicht seiner Erzwidersacherin und wandte sich mit einem verschmitzten Grinsen zu seiner Begleiterin: „Wollllen wirrr?" Domnatella Yppolita, vor Scham rot bis über beide Ohrenspitzen, nickte ihm zu. Sie wollte Domna Ináres etwas Beschwichtigendes, Freundliches sagen, konnte aber nicht. Verlegen nickte sie der Witwe zu, packte Lodovico am Arm und begann ihn aus dem Tempel zu ziehen.


Autor: vivar

"Von mir aus magst du in einen alten Eimer brunzen, Dalias", gab die Schwester des Barons von Flogglond zurück, ließ es aber dabei bewenden und kehrte sich wieder Dom León zu.

Bruder Zafir sah derweil diskret zu Schwester Eulalia hinüber. Ohne Worte verstand sie, was er ihr zu sagen hatte. Zwar rollte sie mit den Augen, doch dann eilte sie dem Administrador von Vivar hinterher um ihm zu bedeuten, wo sich eine private Örtlichkeit befand die seinen dringlichen Geschäften dienlich war. Es stand zu befürchten, dass dieser maßlose Halbzahori sich ansonsten an den Rosen des Heiligen Gartens versünden würde.


Autorin: lasdardas

Auch wenn sich Domnita Elena noch nicht lange als Novizin im Rahjatempel befand, wäre es doch naiv gewesen anzunehmen die lebenslustige Taubentalerin hätte die Zeit nicht längst dazu genutzt ihre Kenntnisse des Ortes von früheren Besuchen schnellstmöglich zu ergänzen. Und auch mit den Mitgliedern des Ordens war sie nicht erst seit ihrem Beitritt zum Kloster vertraut. Nicht weniger gewitzt als ihre übermütige Schwester, hatte sie schon einen Plan gefasst, wo sie die Gegenstände, die dem Attentäter so wohlfeil gedient hatten, sicher unterbringen könnte. Gut von einem feinen Vorhang verborgen, hatte sie so einen der Catalinenser zu sich gewunken, derweil sie Karaffe und Pokal sorgsam bergend an ihre knospenden Brüste geborgen hielt.

"Bruder Farimiro!", wisperte sie leise, als besagter sich unter umsichtigen Blicken zu ihrem Versteck gesellte. "Magst du Hochwürden bitte fragen, ob wir das hier sicher unterbringen können?" Der Kabasflötenspieler schaute einen Moment verdutzt drein, dann nickte er und gesellte sich unauffällig zu jenen, die sich um den entrückten Abt des Klosters bemühten.

"Ich danke Euch vielmals, Dom Franco, dass Ihr so um das Wohlergehen meines Barons bemüht seid", erklang da, noch ein wenig rau, die Stimme der Ersten, die Dom León zur Seite geeilt war.

Unbemerkt von den um das Wort buhlenden Doms, hatte sich die Puniner Schönheit offenbar erfolgreich um die Benommene gekümmert. "Kein Wort zu einem der Anwesenden, bitte!", hatte Domna Fiona ihren Gatten und die liebe Freundin darauf eingeschworen, noch nichts über ihre eigenartige, beunruhigende Vision unter dem Einfluss des Gifts verlauten zu lassen. Nun saß sie, offenbar noch ein wenig wackelig in den hübschen Beinen, doch in deutlich besserer Verfassung denn Dom León, von dessen Lippen sie sich vergiftet hatte, an die Brust ihres Mannes gelehnt auf einem Diwan und hob aufmerksamkeitssuchend die Hand.

"Ich denke, es ist weder Seiner Hochgeboren León noch der Intention dieser Feierlichkeit würdig, wenn Ihr Euch unter dem Dach der Lieblichen in böses Blut redet." Mochte sie auch noch etwas zittrig sein, ihr Blick aus kohlschwarzen Augen, mit denen sie Dom Franco und dom Nazir bedachte, war fest wie Taladurer Stahl.

So gesellte sich Domnita Zaida vermutbarerweise - so man sie nicht kannte - ganz pflichtbewusst an die Seite ihrer Knappherrin. Aufmerksam verfolgte sie einen Moment die Geschehnisse, ehe sie vorsichtig am Ärmel der Comtessa zupfte. "Dann ist Dom León auf dem Weg der Besserung?", wollte sie leise flüsternd wissen, erschien ihr der hübsche Baron doch ruhig und entspannt, als schliefe er in angenehmen Schlaf.


Autorin: ehrenstein

Die Comtessa war staunend ob des rahjanischen Wunders stehengeblieben und kam erst durch das Zupfen ihrer Knappin wieder zu sich. Sie schüttelte bekümmert den Kopf. "Wir müssen einen Magier finden, Zaida, oder einen Heiler, der sich mit Giften auskennt. Eile und richte mir einfache Kleidung her, ich will ins Dorf hinunter." Sie blickte zu Ardan von Kündoch, der nickte und ihr zuraunte, er habe seine Garde schon zusammengeholt, sie würde "draußen" warten. Romina gestattete sich einen letzten Blick auf den schönen Baron, dann wandte sie sich entschlossen dem Tempelausgang zu, der zu ihren Gemächern führte. Ihr Leutnant folgte ihr.


Autor: vivar

Dom Nazir von Viryamun hatte bei den Worten Dom Francos sogleich zu seinem Rapier greifen wollen, jedoch festgestellt, dass er es auf seiner Kammer im Hospitium des Klosters gelassen hatte. Schließlich war er wie die anderen Gäste auf eine harmonische Feier zu Ehren der Schönen Göttin und nicht auf einen Giftmord eingestellt gewesen. So ließ er die Hand wieder sinken und bedeutete lediglich mit einer Verneigung seine Zustimmung zu Domna Fionas Worten.

Während er noch versuchte auf die vermeintliche Leonora einzuwirken, erhob sich mit einem Mal eine weitere Stimme. "Ich pflichte Dom, äh... Franco vollkommen bei", sprach die immer schöne Aranierin Domna Aisha von Franfeld lächelnd, indem sie sich von ihrem Begleiter, dem verschleierten Rosenritter Shafirio löste und aus dem Halbschatten trat. "Niemand sollte diesen heiligen Ort vorschnell verlassen, will sie sich nicht dem dringlichen Verdacht aussetzen, die Mörderin oder zumindest eine Komplizin zu sein." Sie hob die Stimme etwas und wandte den Kopf zu der davon eilenden Domna Romina. "Mit meiner allergrößten Verehrung, Euer Hochgeboren, das gilt bedauerlicherweise auch für Euch! Ich bitte Euch herzlich, Euer Hochgeboren, bleibt bei uns und erspart uns böses Blut!"


Autorin: ehrenstein

Die Angesprochene bremste, atmete tief durch und drehte sich um. Sie murmelte etwas Unhörbares und legte auf eine Art den Kopf schief, der ihren Unwillen deutlich ausdrückte.


Autor: vivar

"In einer weiteren Angelegenheit möchte ich Dom Franco zustimmen: Wenn dieses Mädchen mit dem güldenen Haar tatsächlich die Tochter des Konnar vom Berg ist - und dafür gibt es meines Wissens keinen Beweis -"

"Erst am gestrigen Abend erreichte das Kind das Tal der Tauben, nur von einem alten Diener begleitet!", rief Domna Yashima, welche die gesamte Angelegenheit sichtlich erregte, dazwischen.

"- so ist es zumindest nicht vollkommen abwegig, dass sie die Schuldige ist. Ist nicht Ihr Vater, Dom Konnar, ein Reichsverräter, der Seiner Kaiserlichen Majestät die Treue brach und vor der sogenannten 'Kaiserin' Rohaja das Knie beugte? War nicht Dom León vor einigen Jahren an der Besetzung der Jennbacher Erblande, die Dom Konnar so schändlich im Stich ließ, beteiligt um sie vor den Knechten der sogenannten 'Kaiserin' zu bewahren?[1] Und ist nicht Dom Konnars Weib tatsächlich eine Al'Anfanerin?"


Autor: lindholz

Entsetzt riss Domnatella Alisea die Augen auf, als die Vögtin Ihre Verdächtigungen in Worte gekleidet hatte: "Wollt Ihr etwa sagen, dass Ihre Hochgeboren Comtessa Romina, nein wir alle, verdächtigt werden, an diesem schrecklichen Anschlag beteiligt zu sein? Welchen Grund sollte einer von uns für eine solche ruchlose Tat haben, die nicht nur der Herrin Rahja sondern auch dem heiligen Gastrecht der Travia freveln würde?" Überfordert von den Geschehnissen war die blondhaarige Yaquirtalerin an ihrer Position verharrt, auch nachdem der junge Baron auf seine Liege gebettet worden war, und stand nun isoliert am Rande der Tanzfläche, die vor so kurzer Zeit noch mit Heiterkeit erfüllt gewesen war. Unbewusst umklammerten ihre Hände die silberne Brosche, die sie auf Höhe des Herzens trug.

Die Naivität, die ihre Tochter mit diesen Worten zum Ausdruck brachte, ließ Domna Siona von Lindholz das Herz schwer werden. 'Phex sei Dank ahnst du nicht, an welchem Intrigennetz dein Vater gerade spinnt, mein liebes Kind', dachte die geborene Albernierin, während ihre Tochter weitersprach: "Zudem hatten die meisten von uns weder Gelegenheit in die Nähe des Weines noch der Lippen Seiner Hochgeboren zu gelangen." Leicht errötend wanderte der Blick der jungen Lindholzerin zur Gestalt des León de Vivar. "Wer soll denn nach einem Gegenmittel oder Heiler suchen, wenn niemand den Raum verlassen darf?"


Autorin: ehrenstein

"Ihr wollt nicht wirklich hier inmitten in einem Rahjatempel nach einen Giftmörder suchen, während für dessen Opfer die Zeit verrinnt?" Der Comtessa Stimme war laut und man merkte deutlich, wie ihr die Beherrschung entglitt. "Das hier ist weder der richtige Zeitpunkt, noch der richtige Ort für so etwas, Domna von Franfeld. Wenn Ihr wirklich darauf besteht herauszufinden, wer Dom León vergiftet hat, solltet Ihr mit der nötigen Vehemenz vorgehen."

Die Grafentochter ging zu der blonden Knappin, schnappte sich deren Kragen, zog sie zu sich und blickte ihr wild in die Augen. "Wer bist du, Mädchen, und was hast du dem Baron in den Wein getan? Bei Praios und Rahja, in deren Tempel wir uns befinden, sag' die Wahrheit oder der Blendstrahl aus Alveran möge dich treffen." Sie drehte die Hand etwas, um den Kragen des Mädchen enger werden zu lassen.


Autorin: lasdardas

Ob des rüden Vorgehens der Comtessa presste Domna Fiona ihre Lippen zu einem schmalen Strich zusammen. Sie ließ die Jüngere jedoch ohne Widerworte gewähren. Stattdessen kämpfte sie sich zunehmend energisch von ihrem Gatten los und stand auf. Nur einem wirklich guten Beobachter mochte dabei auffallen, dass sie sich noch stützend mit den Schenkeln gegen den Rand des Diwans lehnte.

"Interessante Worte, Domna Aisha, doch wieso seid Ihr Euch so sicher, dass die Knappin der Täter sein müsse? Wohl eher ist wahrscheinlich, dass er dieses Kind" - bei diesen Worten deutete sie auf die junge Leonora - "als unwissende Komplizin benutzt hat. Oder wollt Ihr davon ausgehen, dass die Knappin zwar gewitzt genug ist, jemanden kaltblütig zu vergiften, dann aber wieder zu tumb ist, sich im ersten Durcheinander unauffällig aus dem Staub zu machen? Verzeiht, aber das passt nicht. Viel eher ist's doch, dass man ihr den Krug schon vergiftet in die Hand gedrückt hat."

Ein kurzes Innehalten und ein Blick zu Domna Romina: "Da erscheint es mir doch sinnvoll, sie, ähm, direkt zu befragen." Auch wenn sie Herrn von Kündoch mit der Hand bedeutete den Enthusiasmus - oder wohl eher die Verzweiflung - seiner Herrin ein wenig zu bremsen.

"Allerdings stimme ich zu, die Gäste dieser Feierlichkeit sollten bis auf weiteres erst einmal hier versammelt bleiben. Mag der Täter noch unter uns sein, so lässt er sich womöglich mit den sichergestellten Tatwerkzeugen und der passenden Kraft Hesindens alsbald aufspüren." Bei diesen Worten wanderte ihr Blick, halb verborgen von langen schwarzen Wimpern, aufmerksam über die Menge.

In dem Versuch, sich nicht wieder von der wild aufgeschreckten Menge dazwischenreden zu lassen, hob sie die Stimme kraftvoll noch etwas mehr an, entschlossen, jede Widerrede niederzureden. "Und noch etwas mag ich zu bedenken geben: Ich mag zwar nicht über jeden Verdacht erhaben sein - immerhin könntet Ihr mir gut vorwerfen höchstselbst Vorteil aus dem Dahinscheiden meines Barons ziehen zu wollen. Allerdings bin ich im Gegensatz zum überwiegenden Teil der hier versammelten Ehrengäste jemand, der sich nicht einfach davon machen kann, liegt mein Lehen doch keinen Tagesritt von hier entfernt. Aus eben diesem Grunde, möchte ich meinen Mann - und gerne auch in Begleitung des ein oder anderen Bewaffneten der hier versammelten Doms und Domnas - hinunter ins Dorf schicken, dort nach dem Rechten und womöglich einem flüchtigen Attentäter zu sehen."

Eine ungute Ahnung hatte Domna Fiona just ereilt. Mit all den Würdenträgern hier oben versammelt, hätte man leichtes Spiel, im Dorf andere - ungeliebte - Schelmenstücke auszuhecken. Die Vorahnung ließ sicher nicht lange warten, bis sie ihren Arm auch nach Santa Catalina ausstreckte.

Darum bemüht die Aufmerksamkeit noch einen Moment länger zu fesseln, richtete sie sich dann an die Domnatella aus dem Hause von Lindholz. "Was die Suche nach einem Heiler angeht: Meine Tochter ist mit den hiesigen Gepflogenheiten bestens vertraut und erkennt einen ihr bekannten Heilkundigen sicher schneller, als jemand von außerhalb. Welch glückliche Fügung, dass ihre Lehnsherrin, die Comtessa von Ehrenstein-Streitzig, bereits ihre Männer und Frauen hat antreten lassen. Ich bin sicher, sie begleiten meine Tochter hinab ins Dorf und samt Heilkundigem wohlbehalten hierher zurück."


Autor: RobanGrobhand

Rodgrimm hatte sich zunächst im Hintergrund gehalten. Das Attentat, wenngleich in allen Landen eine schändliche Tat, war eine Angelegenheit der Almadaner, die diese unter sich regeln sollten. Dann aber, als die erhitzten Temperamente sich allzu oft in Schuldzuweisungen entluden, sah er die Zeit gekommen, sich zu äußern.

"Warum bitten wir keinen der Geweihten, den Heiler zu holen?", übertönte seine volle Stimme die anderen. "Die Diener Rahjas sind ganz ohne Zweifel über jeden Verdacht erhaben. Und die Möglichkeit, dass der eigentliche Drahtzieher des Attentates noch innerhalb der Tempelmauern weilt, ist nicht von der Hand zu weisen - und sei es nur, um sich zu vergewissern, dass sein feiger Anschlag tatsächlich den gewünschten Erfolg hatte! Auch wenn dies manch einem der Versammelten missliebig oder gar ehrenrührig erscheinen mag" - er lächelte versöhnlich in die teilweise noch vom Zorn geröteten Gesichter - "es gibt weiß Rahja schlimmere Orte, an denen man vorübergehend festsitzen kann!"


Autorin: beiras

Dom Franco überlegte einen Augenblick. "Schickt einen Geweihten des Tempels, mit einem Mann der Comtessa von Ehrenstein-Streitzig und einem meiner Männer ins Dorf um nach einem Heiler und nach dem Rechten zu sehen. So können wir uns doch alle sicher sein, dass hier niemand den Saal verlässt, dessen Täterschaft wir wahrlich ins Auge fassen, oder? Und selbst wenn - entschuldigt die direkten Worte - würde sich der Täter oder Mittäter zumindest in Gesellschaft zweier Personen befinden, die seine oder ihre Flucht verhindern würden. Sollte es im Dorf wirklich Probleme geben, wären zwei Bewaffnete zur Stelle, um den Geweihten zu schützen."

Langsam ging er auf den Diwan zu, auf dem Dom León gebettet lag und legte kurz eine Hand auf dessen Stirn. "Ich habe keine Ahnung, wie Gift wirkt, aber ich glaube nicht, dass wir es uns leisten können die Zeit hier mit fröhlichem Geplauder oder Anklagen zu vergeuden, ohne dass es einer der Anwesenden auszubaden hätte..." Er machte eine ausschweifende Gebärde, die den Körper Dom Leons zu umfassen schien.

Ruckartig drehte er sich um und wandte seine Aufmerksamkeit der Knappin und der Comtessa zu. "Wäre es Dummheit oder Gerissenheit, nach einer solchen Tat den Ort des Geschehens nicht zu verlassen? Aber Ihr erwürgt das Mädchen ja fast.... so wird es uns doch niemals sagen können, was es getan hat! Lockert doch Euren Griff ein wenig, ich denke, sie hat verstanden, dass sie diesen Ort nicht einfach verlassen kann, wie eine Pferdekoppel!"

Er näherte sich der blonden Knappin und sah ihr tief in die Augen, bevor er sich umdrehte und sich an Domna Fiona wandte. "Und Euch bitte ich, legt Ihr nicht in den Mund, was sie getan oder nicht getan hat. Wenn sie unschuldig ist, wird sie uns doch sicherlich auch alleine erzählen können, was passiert ist. Sollte sie dagegen nur Eure Worte nachplappern, würde ihrer Aussage die Eindringlichkeit und Glaubwürdigkeit fehlen."


Autorin: lasdardas

"Verzeiht, Dom Franco, aber wenn es im Dorf zu Problemen kommen sollte, so wären zwei Bewaffnete vielleicht ausreichend den Geweihten zu schützen, aber nicht genug, um für Ruhe im Dorf zu sorgen. Und im Gegensatz zu Euch habe ich sehr wohl etwas dagegen, wenn nur fremde Kämpfer hinab ins Dorf gehen, die hier keinerlei Handhabe haben - auch wenn ich Ardan von Kündoch für ebenso über jeden Zweifel erhaben halte, wie seine Herrin. Und korrigiert mich, aber mir scheint, als wäret Ihr kein Taubentaler Magnat, dass Ihr mit einem Mal hier das Sagen an Euch reißt."

Mit düster funkelnden Augen bedachte sie Dom Franco. "Herr von Kündoch, nehmt einen von Dom Francos Männern, dazu einen Geweihten und meine Tochter und geht hinab ins Dorf, schnellstmöglich einen Heiler aufzutreiben." Mit hoch erhobenem Kinn wandte sie sich an ihren Mann. "Du, Precioso, nimm dir - die Zustimmung der Comtessa vorausgesetzt - drei ihrer Männer, dazu die unsrigen und vielleicht noch ein oder zwei, die man uns freundschaftlich zur Verfügung stellt und geh hinunter ins Dorf. Ich habe den unguten Eindruck, dass von niederen Gefühlen getriebene Gesellen die Situation dazu ausnutzen könnten, schmählich während des Pilgerfestes Schindluder zu treiben."

Mit halb erhobener Hand wandte sie sich wieder Dom Franco zu, um einen möglichen Einwand gleich abzuwehren. "Und wenn Ihr mit meinen Anweisungen nicht ganz konform gehen möget, so frage ich mich, was Euch daran gelegen sein mag zu behindern, dass auf dem Pilgerfest für praiosgefällige Ordnung gesorgt werde?" Sie erhob ihre Stimme, auf dass ein jeder im Saal sie auch sicher vernehmen würde. "Dies hier ist mein Baron, der siech von heimtückischem Gift danieder liegt. Meine Laune ist darob nicht die Beste und ich wünsche mir, das ich nicht dazu genötigt werde, meinem Unwillen hier im Hause der Lieblichen mit Worten - und Rahja verhüte, mit mehr - Ausdruck verleihen zu müssen. Um einen berühmten almadanischen Fechter zu zitieren: 'Der Worte sind genug gewechselt' - es wird Zeit, das gehandelt wird!"

Sie nickte ihrem Mann zu, der nicht wagte zu zögern und sich rasch aus dem Tempelrund entfernte, um wie angewiesen die Männer zusammen zu trommeln. Ihre hier verbliebene Tochter zappelte derweil schon ungeduldig neben Herrn von Kündoch und suchte Zafir zu sich zu winken. Derweil überließ sie es Domna Romina, sich mit der Knappin auseinander zu setzen.


Autor: vivar

Leonora Karinor vom Berg - oder wer auch immer das Kind war - blickte die Versammelten immer noch mit aufgerissenen Augen an. Widerstandslos ließ sie sich von Domna Romina durchschütteln. "Ich...", brachte sie wieder hervor. "Ich habe doch nur..." Sie schluckte. "Ich wollte Seiner Hochgeboren doch nur seine Medizin geben!" Tränen füllten ihre Augen.


Autorin: ehrenstein

Die Comtessa schnaufte und ließ dem Mädchen mehr Luft. "Welche Medizin, Kind?"


Autor: vivar

Das Mädchen schniefte, wagte aber nicht, die Comtessa anzublicken. "Na, d-die Medizin für Seine Hochgeboren! Seine Hochgeboren ist doch, ist doch krank und braucht seine M-medizin!" Sie schluchzte auf. "Ich hab das nicht gewollt! Ich wusste doch nicht, dass die Medizin ihn erst krank macht!" Das Wasser lief über ihre Wangen.


Autorin: ehrenstein

"Wer hat dir diese Medizin gegeben und wo ist das das Fläschen?"

Ihr Leutnant hatte Romina wieder, durch den Wink Domna Fionas angestachelt, eine Hand auf die Schulter gelegt, aber diesmal nur erreicht, daß seine Comtessa die Hand unwillig abschüttelte. Entschuldigend sah Dom Ardan zu Domna Fiona, die sich aber gerade auf Dom Franco konzentrierte.


Autor: vivar

Einen Moment sah Leonora zu Domna Romina auf, und Verwirrung lag in ihrem Blick. "Wer...? Ich - ich weiß nicht mehr." Dann zeichnete sich wieder jenes abwesende Lächeln der Erinnerung auf ihr Gesicht. "Oh, doch ich weiß es wieder! Meine Mutter war es! Ja, meine Mutter heißt Irinja Karinor, sie ist eine Frau von feuerrotem Haar, sie wohnt in Eslamsgrund, das ist eine Stadt in Garetien - ich..." Sie brach ab, ihre Stirn wieder in Falten der Unsicherheit gelegt.


Autor: damotil

Nachdem sich Domna Fiona offensichtlich wieder gefangen hatte und Gefahr für Leib und Leben wohl nicht mehr zu bestehen schien, hatte sich Melisandra wieder an den Rand der Gruppe von Anwesenden begeben und verfolgte nachdenklich mit ernster Miene das Geschehen. Das Ganze verlief sehr unerfreulich und dass nun dieses bedauernswerte Kind auch noch in das Kreuzverhör der anwesenden Domnas und Doms geriet, war mehr als unschön. Zorn wallte in ihr auf, als sie darüber nachdachte, welche unglaubliche Frechheit und Dummheit hier begangen wurde. Gift – schön und gut – aber sich eines Kindes zu bedienen? Skrupellos! In einem Tempel? Noch skrupelloser und Frevel obendrein! Kurz flackerte der Zorn blitzend auch in ihren Augen auf, aber schnell schlossen sich die Lider und sie holte ein oder zweimal tief Luft um ihre Selbstbeherrschung wieder zu erlangen.


Autorin: beiras

Man sah es seinem Gesicht an, dass Dom Franco kurz davor war aus der Haut zu fahren. Wütend funkelte er Domna Fiona an, aber eine Zornesrede blieb aus. Mit ruhiger, fast zu ruhiger Stimme erwiderte er stattdessen: "Mit Verlaub, ja, ein oder zwei Bewaffnete mögen zu wenig sein, wenn es zu großen Problemen im Dorf gekommen sein sollte. Ich weiß nicht, was im Dorf los ist, daher gehe ich noch nicht vom Schlimmsten aus. Aber schickt mehr Bewaffnete, wenn Ihr auf alles gefasst sein wollt. Und nein, ich bin kein Taubentaler Magnat, ich bin nur ein Vetter Dom Leóns und daher auch nur um das Leben eines Verwandten besorgt."

Die letzten Worte spuckte er Fiona de las Dardas fast vor die Füße. "Wenn hier einer der Anwesenden meint, ich hätte das Sagen an mich gerissen, dann entschuldige ich mich dafür. Auch, wenn ich in einer solchen Situation jeden verstehe, der versucht, in dieses Chaos Ordnung zu bringen. Und ich kann mich nicht erinnern, Befehle erteilt zu haben, sondern Vorschläge gemacht und Bitten ausgesprochen zu haben."

Er winkte seine Tochter Corvara zu sich, die sich vorsichtig näherte. "Ich hoffe, mein Kind ist über den Zweifel erhaben, bei diesem Komplott mitgespielt zu haben." Er fasste ihr unters Kinn, damit sie ihm ins Gesicht sah. "Du gehst mit diesen Männern und siehst dich auf dem Dorfplatz nach Narvin um. Ich habe ihn gebeten, sich dort während der Feierlichkeiten aufzuhalten, auch wenn ich gehofft habe, seiner Dienste während des Festes nicht zu bedürfen. Er soll mit den bewaffneten Männern mitgehen und im Dorf nach dem Rechten sehen. Er soll auch ein paar der Hunde mitnehmen und du kümmerst dich um das restliche Rudel, damit sie nicht folgen. Hast du verstanden?"

Corvara nickte. "Ja, Vater."

Dom Franco blickte zu Domna Fiona. "Oder habt Ihr einen Einwand? Schließlich geht es um Euren Baron, bei mir nur um meinen Vetter."


Autorin: lasdardas

Mochte auch noch so einiges ungesagte auf Domna Fionas Zunge liegen, so wölbte sie auf diese Worte Dom Francos hin nur eine elegante Augenbraue und schien sich damit auf den Ort zurück zu besinnen, an dem ihr wilder Disput stattgefunden hatte. "Nein, keinen Einwand. Je mehr zuverlässige Männer im Dorf nach dem Rechten sehen, desto besser. Und ich würde vorschlagen, dass wir uns", damit nickte sie Dom Franco zu, "zusammen mit meiner werten Freundin Melisandra Chaziani zu Comtessa Romina gesellen und sehen, was die Befragung der vermeintlichen Knappin ergibt."

Mit diesen Worten wandte sich Fiona der besagten Puniner Schönheit zu. Kurz warf sie ihr einen entschuldigenden Blick zu, war sie sich doch im Klaren darüber, dass sie nur aufgrund von Melisandras satuarischem Eingreifen so rasch wieder auf die Beine gekommen war. Und nur wegen des hier waltenden Chaos war sie noch nicht einmal dazu gekommen, es ihr angemessen zu danken.

Ein wenig unschlüssig zupfte Zaida an ihren schwarzen Locken, beschloss dann aber, dass der Streit der Erwachsenen sie nicht unbedingt betreffen musste und sie sich lieber selber ein Urteil zu fällen gedachte. So blinzelte sie Corvara verschwörerisch zu. Jemand, der sich so gut mit Hunden verstand, der konnte kein schlechter Mensch sein, auch wenn er so boronernst gekleidet war, als wäre man hier nicht auf einem Freudenfest, sondern am Kaiserhofe.


Autor: vivar

Erleichtert, dass den scharfen Worten zwischen den Viryamunern und den Daliasern sowie zwischen Dom Franco und Domna Fiona keine Handgreiflichkeiten gefolgt waren, atmete der Hospitiar hörbar aus. Er tauschte einige Blicke mit dem sich langsam erholenden Abt, dann sprach er: "So soll es denn sein, in Rahjas Namen. Dom Ludovigo wird im Dorf nach dem Rechten sehen. Ich bitte Euch, mein Lieber, löst kein Entsetzen aus, indem Ihr die Nachricht von dem schändlichen... Attentat verbreitet. Ehe die guten Doms und Domnas sowie wir selbst noch nicht wissen, was hier in unserem Tempel vorgefallen ist, braucht das Volk nicht in Sorge geraten.

Schwester Elea wird Dom Ardan und die beiden Domnatellas begleiten um schnell nach einem Heilkundigen zu suchen. Rahja schütze Euch." Er nickte noch einmal.


Autorin: ehrenstein

Domna Romina sah den abgehenden Personen hinterher. Dann ließ sie das Mädchen los und sah sie kurz unschlüssig an. Schließlich ging sie in die Hocke und hob das Kinn des Mädchens hoch. "Schau mich an, Kleines, kannst du dich erinnern, in welchem Bett du als kleines Kind geschlafen hast? Und was für Kleidung du trugst?" Ihre Stimme war sanft und leise geworden.


Autor: vivar

Leonora gab verwundert zurück: "Euer Hochgeboren, das ist aber eine seltsame Frage!" Sie dachte einen Moment nach, die Stirn in Falten legend. "Als ich ein kleines Kind war - denn jetzt bin ich ja bereits zwölf Jahre alt! -, da schlief ich einem Bettchen mit blauen Deckchen auf dem Castillo Chabola. Das liegt hoch auf dem Löwenberg, müsst Ihr wissen. Und ich trug ein rotes Gewand und auch ein schwarzes und eines, da waren Löwen darauf, denn der alte Theosius hat immer zu mir gesagt: 'variatio delectat' und Vater hat immer gemeint, schwarz und rot, das seien die Farben unserer Familia. Er hat immer sehr darauf geachtet, dass ich saubere Gewänder trug, Theosius meine ich, nicht Vater, denn er sagte, eine Mundilla müsse schicklich gewandet sein."

Die Mine des Nazir von Viryamun war bei den Worten des Mädchens immer bekümmerter geworden. "Euer Hochgeboren, ich fürchte, sie spricht die Wahrheit. Das Castillo Chabola ist die Stammburg derer vom Berg seit jeher, und der Löwenberg ist jener Felsen, auf dem sie erbaut ist. Darunter liegt der Platz Jennbach. Seit seiner..., äh, Abreise aus Almada, weilt Dom Konnar mit seiner Familia in Eslamsgrund und sein Weib heißt tatsächlich Irinja Karinor." Er senkte das Haupt. "Ich muss Eure Verzeihung erbitten, Dom Franco. Auch wenn ich es mir nicht erklären kann, weshalb die vom Bergs so etwas Entsetzliches tun sollten."


Autorin: ehrenstein

Die Grafentochter richtete sich wieder auf und sah Dom Nazir bekümmert an. "Dom León war so stolz auf den Zusammenhalt der Descendientes."

Sie wischte sich über die Augen und wandte sich wieder dem Mädchen zu. "Wo ist das Gefäß, in dem die angebliche Medizin war, Mädchen und wann hast du es in den Wein gemischt? Du bist jetzt zwölf Jahre alt, Domnatella Leonora vom Berg, alt genug, um zu verstehen, was passiert ist. Es ist ernst, dein Knappherr liegt im Sterben! Bei Rondra und Rahja, Mädchen, wir müssen wissen, was du ihm gegeben hast!"


Autor: vivar

Leonora kramte suchend in ihrem Gewand, indes Bruder Zafir sanft Domna Rominas Arm berührte und leise sprach: "Dafür sind Schwester Elea, Euer Leutnant und die Mädchen ja hinunter ins Dorf geeilt. Gewiss werden sie bald einen Heilkundigen aufgetrieben haben."

"Hier, Euer Hochgeboren!" Leonora hielt Domna Romina eine daumengroße Phiole aus blauem Glas, nicht unähnlich jener mit dem Antidot, hin. Sie war leer und unversiegelt. "Ich habe es Seiner Hochgeboren vor Beginn des Festes in den Wein gegeben, so wie es... wer noch mal?" Wieder schien sie für einen Moment geistesabwesend, als versuchte sie eine Erinnerung hervorzukramen, dann lächelte sie wieder traurig. "Ach ja, meine Frau Mutter natürlich. Meine Mutter hat es mir so aufgetragen."

Dom Nazir runzelte die Stirn. "Deine Frau Mutter, Domna Irinja Karinor, hat Dir aufgetragen, Seiner Hochgeboren heute abend diese 'Medizin' in den Wein zu kippen?"

Leonora drehte sich überrascht zu ihm um. "Was? N-nein, ich meine, doch! Meine Frau Mutter war es, die es mir aufgetragen hat. Sie heißt Irinja Karinor und ist eine Frau von feuerrotem Haar. Sie wohnt in Eslamsgrund, das ist eine Stadt in Garetien."

"Ja, ja", sagte Dom Nazir ärgerlich. "Das wissen wir bereits!"


Autorin: lasdardas

Nachdem bereits Bruder Zafir die Comtessa sanft am Arm berührt hatte, so trat nun erneut jemand an sie heran, um sie sanft und beruhigend am Arm zu fassen. Leise hatte sich Domna Fiona, wohl in Begleitung von Melisandra Chaziani zu dem Grüppchen gesellt, das sich um die vorgebliche Knappin des Barons scharte. Darum bemüht, der jungen Ehrensteinerin den Rücken zu stärken, stellte sie sich neben sie.

Durch den Disput mit Dom Franco beschäftigt, hatte die Caballera von Las Dardas den Beginn des Verhörs nicht verfolgen können, doch etwas an den Worten der jungen Knappin, ließ sie aufhorchen. Das Gesicht halb von einem Schleier seidiger schwarzer Haare verborgen, suchte sie Melisandras Blick. Irgend etwas an dem Mädchen störte sie. Nun, wozu hatte Satuaria sie mit ihren Gaben gesegnet? Etwas zurückgezogen hinter der Comtessa stehend, darum bemüht die Aufmerksamkeit keines Umstehenden auf sich zu ziehen, konzentrierte sie sich auf das junge Mädchen und formte die Madakraft zu einem weitbekannten Zauber.


Autorin: ehrenstein

Romina nahm die Phiole und drehte sie in den Händen. "Ich habe keine Ahnung von Giften." Sie blickte in die Runde, dann wieder zu dem Mädchen. "Du klingst wie auswendig gelernt, Kind. Wann und wo gab dir deine Mutter denn den Auftrag? Wenn sie in Eslamsgrund weilt, muss es schon länger her sein."


Autorin: beiras

Dom Franco lauschte stumm dem Verhör der Knappin. Sein Gesichtsausdruck verriet, dass er mit dem Ergebnis keineswegs zufrieden war.


Autor: damotil

Melisandra machte dagegen einen nachdenklichen Eindruck. Ihr Stirnrunzeln unterstrich, dass auch sie hier durchaus etwas merkwürdig fand. Die Knappin wirkte wie unter Bann, benebelt und verwirrt – denn sie konnte sich nun wahrlich nicht vorstellen, dass Dom León sich eine Knappin zulegen würde, die so langsam und einfältig wirkte. Der Blick ihrer Freundin bestärkte ihren Verdacht, denn unzweifelhaft war diese auch der Meinung, dass hier etwas faul war. Sie wollte ebenfalls zu einem genaueren, einen magischen, Blick auf die Knappin ansetzen, als sie spürte, wie die astralen Kräfte um sie herum in Fluss gerieten. Ein kurzer Blick zu Domna Fiona genügte, damit sie in ihren Bemühungen innehielt und stattdessen abwartete, was diese vielleicht zu berichten hätte.


Autor: vivar

"Wann?" Leonora dachte nach. "Das war... das muss... So war es, Euer Hochgeboren! Es ist schon länger her!"


Autor: lindholz

Eine Hand legte sich beruhigend auf Domnatella Aliseas Schulter und als sie sich umblickte, stand ihre Mutter an ihrer Seite. Auch ihre Schwester hatte sich zu dazu gesellt. Domna Siona schenkte ihrer Tochter ein aufmunterndes Lächeln, bevor sie an die Gruppe derjenigen gewandt sprach, die die mutmaßliche Leonora vom Berg befragten: "Offensichtlich ist die junge Dame nicht Herrin ihrer Sinne. Ob dies eine Folge ihrer Tat ist oder ob sie bereits zuvor geistig umnachtet war, wird sich hoffentlich feststellen lassen. Ich schlage vor, dass sich zwei von uns mit dem Mädchen irgendwohin zurückziehen, wo sie sich beruhigen, aber nicht fliehen kann. Sobald sie weniger wirr ist, kann man, so mögen die Götter geben, etwas Sinnvolles von ihr erfahren. Vielleicht ist unter den anwesenden Dienern Rahjens jemand, der sich besonders darauf versteht, die Harmonie im Geiste wiederherzustellen?" Beim letzten Satz hatte sie ein wenig die Stimme gehoben und umgesehen, um die Aufmerksamkeit der anwesenden Priester und Akoluthen auf sich zu lenken.

Ihre Töchter hatten sich in der Zwischenzeit an die Seite des ruhenden Barons begeben und die blondhaarige Alisea von Lindholz kniete neben dem schwarzhaarigen Edelmann nieder. Besorgt stellte sie fest, dass das Wunder des Abtes zwar zu wirken schien, doch das Gesicht des León de Vivar weit davon entfernt war, Gesundheit auszustrahlen. Geradezu wächsern sah seine Haut aus und selbst das sanfte Licht konnte nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich eine unnatürliche Blässe seiner sonst so strahlenden Züge bemächtigt hatte. Unwillkürlich griff die Yaquirtaler Domnatella nach der Hand des schönen Barons, als könnte sie durch diesen physischen Griff, das Leben in seinem Körper halten.


Autorin: ehrenstein

Domna Romina blinzelte kurz und drückte die aufsteigende Ungeduld nieder. Am Liebsten hätte sie das Mädchen geschüttelt. Doch was würde es helfen? Das Kind war augenscheinlich nur ein Werkzeug, womöglich sogar mit Magie gesteuert. Sie kannte sich in diesen Dingen einfach zu wenig aus. Und mit Waffen kam man hier momentan nicht weiter. Sie sah auf die Phiole und zu Dom León. Natürlich war er von Frauen umringt. Sie schnaufte und spürte einen Stich. Sie trug immer noch diese lächerliche, rahjanische Verkleidung. Was hatte sie sich nur dabei gedacht, auf ein Rahjafest zu gehen? Es war klar, dass das schiefgehen musste. Und wie es schiefgegangen war. Sie knirschte mit den Zähnen, schaute wieder zu dem schönen Baron und schwor sich, Rahja wie früher weiterhin zu meiden.

Unvermittelt drückte die die Phiole Domna Fiona in die Hand. Ihre Augen brannten. "Ich muss mich umziehen, ich bin gleich wieder zurück." Sagte es und machte sich mit wehendem Gewand, dass sich zart um ihren jugendlich schönen Körper schmiegte, auf zu ihren Gemächern.


Autor: vivar

Nazir von Viryamun blickte verwundert drein. Potzblitz, da rannte schon wieder jemand davon, vermutlich um auf Nimmerwiedersehen zu verschwinden! Hilfesuchend blickte er zu Domna Fiona.


Autorin: lasdardas

Nur aus den Augenwinkel bemerkte Domna Fiona den Blick des Viryamun, war sie doch noch damit beschäftigt, die Ergebnisse ihres Zaubers zu deuten. Zwar hatte er bestätigt, dass die Knappin wohl eine Falsche, auf jeden Fall aber beherrscht war. Doch die Art des Zaubers erschien ihr mehr als ungewöhnlich. Sie suchte erneut Melisandras Blick.

Am liebsten hätte sie alle aus dem Tempel gescheucht, um sich in Ruhe des Kindes annehmen zu können. Doch da sich im Moment nichts ändern ließ, blieb ihr nur, nach Dom Leóns Hofmagierin Ausschau zu halten. Sicher würde diese ihr dabei helfen die Sache aufzuklären - oder die Leute hier entsprechend abzulenken.

"Seid unbesorgt, Dom Nazir", richtete sie daher erst einmal seufzend das Wort an eben diesen. "Ich bin sicher, die Comtessa wird - schon gar nicht ohne ihre Mannen und Frauen - aus dem Taubental flüchten. Wenn es Euch beruhigt, bitte ich meine Tochter Elena, dass sie nach ihr schaut?" War sie selbst doch absolut von der Unschuld der Ehrensteinerin überzeugt. Überdies hatte sie so eine Vermutung, was der in Rahjadingen so unerfahrenen Frau hier im Rahjatempel gerade zusetzte.


Autor: vivar

"Aber Eure Töchter sind doch bereits ebenfalls fort!", gab der Falkenhainer verdutzt zurück und hatte damit vollkommen Recht: Während Zaida Dom Ardan nachgefolgt war, war Elena schon vor einiger Zeit gemeinsam mit Bruder Farimiro hinter einem Vorhang verschwunden. Der Mittvierziger zuckte mit den Schultern. "Lasst die Ragatierin meinethalben laufen, Domna Fiona. Es sind ja noch genug Verdächtige hier." Ein bitteres Lächeln mühte sich über seine Lippen.

Er ließ Leonora mit Dom Franco, Domna Fiona und der schönen Aranierin allein und schritt zu seinem Diwan zurück um seinen dort zurückgelassenen Becher Wein - nach vorsichtigem Schnuppern - zu leeren. Seine Schwester ließ sich neben ihm nieder und die beiden begannen im Flüsterton miteinander zu tuscheln, dabei immer wieder zu dem einen oder anderen Gast aufsehend.

Maestra Lariana hatte sich nach dem Wunder der Rahja neben Yedra de Bejar auf dem Diwan niedergelassen. Mit gesenktem Haupt starrte sie auf ihre eigenen Hände herab.


Autorin: beiras

Nachdem er seine Tochter aus dem Tempel geschickt hatte, schien Dom Franco unschlüssig zu sein, was als nächstes zu tun sei. Er er weckte den Eindruck, als sei es ihm nicht geheuer, nun zum Warten verdammt zu sein. Langsam näherte er sich der verdächtigen Knappin, blieb aber zwei Schritt vor dieser stehen, legte den Kopf ein wenig schräg und beobachtete das Mädchen einen Moment lang. Er wirkte einmal mehr wie ein listiger Wolf, der seine Chance für einen Angriff ersann. "Wir haben hier also die jeniege, die meinem Vetter das Gift verabreicht hat. Dies steht für mich nach ihren eigenen Worten außer Frage fest. Doch scheint es mir, als zweifelten alle Anwesenden daran, dass sie es aus Boshaftigkeit oder eigenem Antrieb gemacht habe. Sind ihre Worte ein Indiz dafür, dass sie nicht wusste, was sie tat - oder ist sie nur geschickter als wir alle denken?" Seine Stimme klang nicht anklagend und scharf, sondern hatte einen eindringlichen, nachdenklichen Unterton, als sei er hin- und hergerissen, was er nun glauben solle.

Kopfschüttelnd wandte er sich um und setze sich wieder neben seine Gemahlin, die das gesamte Spektakel bisher ruhig beobachtet hatte. Kurz berührten sich ihre Hände und Dom Franco drückte die kleine zarte Hand seiner Frau. "Es bleibt uns wohl nichts anderes übrig, als zu warten, bis dass die in den Ort Gesandten zurückkehren mögen..."


Autor: lindholz

Die Tochter des Grafen Brandil stürmte an Domna Siona vorbei. Sie war wohl - genau wie man sagte - eine Caballera im Herzen und die ältere Lindholzerin konnte ihre Ungeduld verstehen. Sie nahm sich vor, es ihr gleich zu tun und dem eigenen Vorschlag Taten folgen zu lassen, nachdem keine Einwände laut geworden waren. 'Qui tacet, consentire videtur[2]' dachte sie bei sich und trat an die kindliche Attentäterin heran: "Ihr seid erregt, Domnita. Wir sollten an einen Ort gehen, an dem Ihr Euch beruhigen könnt."

"Ich weiß nicht... ich wollte doch nur... die Medizin wird dem Baron helfen!", war die zusammenhanglose Antwort des goldhaarigen Mädchens, dessen Blick unruhig durch den Raum flatterte.

Sanft aber bestimmt griff Domna Siona nach dem Oberarm der Mundschenkin und diese ließ sich tatsächlich ohne größeren Widerstand durch den Kuppelsaal hinüber zu dem jungen Hospitiar führen. "Bruder...", die Yaquirtalerin überlegte einen kurzen Moment, dann entsann sie sich wieder des Namens, "... Zafir. Könnt ihr uns vielleicht ein geeignetes Gemach zur Verfügung stellen, in dem die Domnita wieder zu sich finden kann? Zudem wäre ich Euch dankbar, wenn eine Priesterin oder ein Priester uns begleitete."


Autor: vivar

Bruder Zafir wiegte den Kopf. "Ich weiß nicht, ob das Wirken Rahjens dazu geeignet ist, Erregung zu mindern." Er lächelte fein. "Viel eher scheint es mir - obwohl ich davon weiß die Göttin nichts verstehe -, dass die Domnita unter einer Art Zauber- oder Hexenbann steht. Vielleicht kann uns Maestra Lariana weiter helfen?"

Als sie ihren Namen hörte, unterbrach die neben Domna Yedra sitzende Magierin die Betrachtung ihrer Hände und blickte auf. Ohne ein weiteres Wort stand sie auf, strich ihr Gewand glatt, ergriff ihren Spazierstock und begab sich zu Domna Siona und der auf den Lippen kauenden Leonora.

Letztere fixierte sie mit festem Blick, dann hob sie ihren Spazierstock und sprach mit leiser Stimme die Formel: "ODEM ARCANUM." Ohne die Augen von Leonora zu lassen, fügte sie nach einer Weile angespannten Schweigens hintan: "Die Maid ist in der Tat von Magie umgeben. Ich will sehen, welcher Art sie ist."

So ward von ihr auch die Formel ANALYS ARCANSTRUCTUR gesprochen und - wiederum für die Umstehenden unersichtlich - entzifferte die kleingewachsene Frau mit hellsichtigem Blick die Art des Zaubers. Schließlich richtete sie mit glockenheller Stimme an Domna Fiona, Domna Siona und die anderen Umstehenden: "Mit einem cantus der magia controllaria ist sie besprochen worden. Allerdings etwas... ungewöhnlicher Natur."

"Was meint Ihr damit?", wollte die Franfelderin wissen.

"Nun... wie soll ich das erklären? Stellt Euch die magia controllaria wie ein Seil oder einen Faden vor. Je nach Knüpfart und Dicke des Seiles kann ein Magus einen schwachen Geist zur Erfüllung eines Dienstes bewegen, zu seinem Freunde machen oder vollkommen unter seine Gewalt zwingen. In der Regel sind die Knoten kunstvoll geknüpft, je feinmaschiger das magische Netz, desto besser ist die Kontrolle.

In diesem Falle jedoch ist es, als ob jemand mit viel Kraft willkürlich ein dickes Seil um den Kopf der Domnita geschlungen und irgendwie zusammengewickelt hätte. Ich habe eine solche Technik noch niemals gesehen. Es muss sich bei dem Zauberwirker um einen ziemlichen Stümper handeln, der Kunstfertigkeit durch schiere Kraft ersetzt. Oder um ein Naturtalent. Ein akademisch gebildeter Magus ist auszuschließen."


Autor: lindholz

"Es ist äußerst beunruhigend, dass jemand, der solch finstere Pläne wider den Baron in die Wege zu leiten gewillt war, nicht nur über derartige Kräfte verfügt, sondern diese womöglich nicht einmal voll unter Kontrolle hat", konstatierte die Yaquirtaler Junkerin bestürzt. "Einer solchen Person ist dringend Einhalt zu gebieten!" Nach kurzem Nachdenken fügte sie hinzu: "Ich vermute, Ihr hättet es erwähnt, wenn es Euch möglich gewesen wäre, diesem schändlichen Zauber einem Urheber zuzuordnen."

Maestra Lariana bestätigte dies mit einem Nicken: "Jedoch sollte ich - die richtigen Umständen vorausgesetzt - in der Lage sein, durch einen Abgleich der astralen Matrices und der spezifischen Eigenarten ebenselbiger, den Verdacht gegen einen Verdächtigen zu erhärten oder abzumildern, so sich eine solche Persona finden lässt."

"Das wird wohl der schwierige Teil", stimmte Domna Siona zu und wandte sich dann erneut dem schönen Hospitiar zu. "Um ganz offen mit Euch zu sein, Bruder Zafir, hatte ich auch deshalb um die Anwesenheit eines Mitglieds Eures Ordens gebeten, damit die Worte der jungen Domnita und mögliche Ereignisse während der Befragung von jemandem wiedergegeben werden können, der über jeden Zweifel der Befangenheit und Parteinahme erhaben ist. Aus diesem Grunde wäre mir auch noch weiterhin daran gelegen. Ich hoffe immer noch darauf, dass das Mädchen sich vielleicht an etwas von Bedeutung erinnert. Dieser Zauber muss doch irgendwann an Wirkung verlieren, bei Praios' Licht!"


Autor: vivar

"Wir sind ja alle hier, Wohlgeboren, und hören, was das Kind uns sagt", lächelte Bruder Zafir milde und wies auf den Abt und die anderen Catalinenser, die sich um die übrigen, verwirrten Gäste kümmerten, teils aber auch selbst etwas ratlos umherstanden. "Vielleicht könnte Maestra Lariana einen Gegenzauber...?"

"Gewiss, Bruder Zafir. Doch die Antimagie ist kein Spezialgebiet von mir. Daher benötige ich etwas Zeit um mich auf einen cantus zu konzentrieren, der die Beherrschung des Mädchens aufhebt. Ich bitte um Geduld. Ich vermute, dass es hinterher noch verwirrter sein wird als zuvor, denn wenn ich die magischen Knoten um ihr Haupt löse, so wird sie wie aus einem Schlaf erwachen. Ich bitte um absolute Ruhe, um mich zu konzentrieren."

Dieses Mal nahm Maestra Lariana zuerst das Haupt Leonoras in beide Hände und blickte ihr tief in die Augen. Als sich diese angsterfüllt weiteten, lächelte die Magierin zuversichtlich und strich der Domnita beruhigend über die Locken. "Schließt Eure Augen, Domnita." Leonora blickte zögerlich drein, schloss dann aber beide Augen. Die Umstehenden hielten den Atem an.


Autor: lindholz

Domna Siona zog eine Augenbraue hoch, nickte aber verstehend. Sie hielt zwar nach wie vor die Befragung in einer so großen Gruppe für einen Fehler, aber da die Magistra um Ruhe bat, behielt sie ihre Bedenken für sich und zog sich vorerst zu ihrer im Halbschatten liegenden Chaiselongue zurück und nahm darauf Platz, während Lariana Lampérez die nötigen astralen Muster zu formen begann. Von hier hatte die Yaquirtalerin einen guten Überblick über alles, was sich in dem großen Tempelsaal, dessen Schönheit ob der Ereignisse fast in Vergessenheit geriet, abspielte.


Autorin: ehrenstein

Derweil war die Grafentochter in ihrem Gemach angekommen. Sie schloss die Tür und sah sich um. In was war sie hier hineingeraten? Sie hatte nur ihre zukünftige Knappin begleiten wollen und jetzt fand sie sich in einer Fehde wieder. Blitzschnell überschlug sie in Gedanken die Verbindungen von Vivar und Streitzig. Die Ehrensteiner waren in solchen Sachen außen vor; ihr Vater schien den Magnaten nicht streitwürdig genug. Sie musste lächeln. Sie liebte ihren Vater, doch er war nie richtig in Almada angekommen.

Es gab einen angeheirateten Rebenthal bei den Vivar. Sie schnaubte kurz. Kurz bevor sie hierher aufgebrochen war, hatte sie noch nachgelesen, dass jener Rebenthal sich aus der großen Yaquiertalfehde rausgehalten hatte. Außerdem konnte Dom Léon nichts für diesen Schwager. Gerüchtehalber war die Braut einem Anderen versprochen gewesen und hatte schwanger geheiratet.

Sie schlüpfte behände aus dem Kleid und legte das kostbare Stück aufs Bett.

Was wusste sie noch von den Vivar? Sehr alter, stolzer Adel, doch seit Dom Leóns Mutter hatte zum Entsetzen vieler Magnaten einen Ausländer aus der Händlerfamilia Dhachmani verheiratet. Der schöne Baron war ein halber Händler und wilder Abenteurer. Seine ebenso schöne Schwester diente erfolgreich komponierend dem Kaiser. Dann die Sache mit Gonzalo di Madjani. Die Aussage des Vivars hatte diesen und einige andere Magnatensprösslinge vor die Kaiserin gebracht und der halben Ehre beraubt. Sie hatte den alten Bericht im Archiv des gräflichen Castillos nur überflogen und erst interessiert gelesen, als Richeza von Scheffelstein erwähnt worden war.

So etwas interessierte die Familia von Streitzig nur oberflächlich. Die "Freundschaft" zu dem alten Madjani war immer von Nutzen, aber auch von Vorsicht geprägt gewesen. Außerdem war Dom Gonzalo längst tot und sein kindlicher Enkel, Rominas Vetter, war der letzte seines Geschlechts.

Romina stand kurz unschlüssig vor den wenigen Sachen in ihrem Kleiderschrank und zog dann die weißblaue Junkertracht mit dem Wappen der Streitzig heraus. Wenn sie sich schon einmischte, dann unter dem blauweißen Schimmel, den man in Almada achtete und fürchtete. Kurz zögerte sie. Die Farben waren denen der Vivar sehr ähnlich.

Wer wohl der Gegenspieler in diesem Schlagabtausch war? Diesen Alstinger, ehemals hier Baron, kannte sie nicht. Entschlossen begann sie sich anzukleiden. Wie auch immer, er oder sie hatte den Baron vergiftet. Allein das war verdammenswert. Es dann auch noch im Rahjatempel auf des Vivars eigenem Fest zu tun war bösartig. Sie würde das niemanden durchgehen lassen. Nicht einmal dem Kaiser selbst, bei Praios! Sie schlüpfte in die schwarzen Stiefel und schnappte sich den Cadabreser.

Dass es der Kaiser war, war wohl eher unwahrscheinlich, es sei denn, der schöne Baron hat sich an die Novad rangemacht. Sie musste lächeln. So weit würde der fesche Domjuan bestimmt nicht sinken, aber sie würde es ihn trotzdem irgendwann fragen, nur um sein verblüfftes Gesicht zu sehen. Wenn er überlebte. Sie spürte kurz einen Stich in der Herzgegend, ihr Lächeln erstarb und sie machte sich auf, um in den Tempel zurückzukehren.


Autor: vivar

Die Caballera Romina von Ehrenstein-Streitzig, gewandet in ihr weißblaue Reisegewand, betrat gerade wieder die Tempelhalle, als Maestra Lariana ihren Spazierstock hob und dreimal sanft mit dessen Knauf gegen die Stirn Leonoras klopfte. Zwei Mal geschah nichts. Doch beim dritten Mal begannen die goldenen Locken Leonoras zu glänzen und zu schimmern, als ob sie tatsächlich aus lauterem Gold wären.

Verwundert schlug Leonora vom Berg die Augen auf und blickte erst Maestra Lariana, dann Dom Franco, dann die anderen Gäste an, als sähe sie sie zum ersten Male. Als sie verwirrt den Kopf schüttelte, lösten sich winzig kleine Goldflöckchen aus ihrem Haar, die sich, sobald sie den Boden berührten, in Luft auflösten.

Maestra Lariana lächelte fein und verneigte sich vor Dom Franco, Domna Romina und den anderen: "Nun könnt Ihr Eure Befragung fortsetzen, Hoch- und Hochwohlgeborene Herrschaften. Das Kind ist von der Beherrschung befreit."


Autorin: ehrenstein

Den Caldabreser vom Kopf ziehend trat die Grafentochter nach vorne und senkte kurz respektvoll das Haupt. "Habt Dank, Maestra, sowohl für Eure Kunst als auch für deren Ausführung. Wäre der Anlass nicht so düster, würde ich Euch um eine weitere Demonstration bitten. Doch so ist es besser, wenn Ihr Eure Kräfte spart. Wer weiß, was diese Nacht uns noch bringt."

Sie wandte sich an die Anwesenden. "Ich bitte meine vorhergehende Unsicherheit zu entschuldigen. Ich werde mich ab jetzt zielgerichtet um die Aufklärung dieser Untat bemühen. Domnatella vom Berg", wandte sie sich sanft an die Knappin, " wie geht es Euch? Wisst Ihr, wo Ihr seid?"


Autor: vivar

Leonora vom Berg begegnete der Grafentochter mit festem, klarem Blick. "Ja, Hochwohlgeboren, ich weiß, wo ich bin. Fragt nur!"

Yashima saba Dhachmani betrachtete derweil fasziniert den aus den Haaren fallenden Goldstaub. Als sie danach griff, löste er sich jedoch in ihren Händen in Luft auf. Enttäuscht zog sie die Hand wieder zurück.


Autorin: ehrenstein

Die Angesprochene nickte. "Gut, Leonora, an was erinnerst du dich? Du hast dem Baron de Vivar etwas in den Wein getan. Weißt du, wer es dir gegeben hat? Vielleicht war es auf deiner Reise oder hier in Santa Catalina?! War da jemand, der dir eigenartig vorkam, jemand, der dich ansprach, ohne dass du ihn oder sie kanntest?"


Autor: vivar

Einen Moment dachte Leonora nach. Dann nickte sie. "Ja, ich erinnere mich. Es war am heutigen Nachmittag. Mein Herr war öffentlich von einem Trovere in seiner Ehre gekränkt worden und wütend aus der Villa gestürmt um den 'frechen Maulheld', wie er ihn nannte, zur Rechenschaft zu ziehen. Das Volk zog mit ihm zu jenen Wiesen, auf denen die Pilger lagern, denn dort vermutete man den Trovere.

Ich blieb zurück in der Villa Azucena. Nach einer Weile erschien eine Frau im Hause und sprach mich an. Dass sie eine Freundin meines Herrn Vaters und entfernte Verwandte des Herrn Barons sei und dass sie sehr besorgt um seine Gesundheit sei. Als ich fragte, was meinem Knappherrn denn fehle, da wunderte sie sich, dass ich nicht von seiner Krankheit wüsste und klärte mich auf über die... über die Medizin, die er stets einzunehmen habe.

Sie war so überzeugend und so freundlich, dass ich glaubte mich zu erinnern, sie bereits einmal am Tische meines Vaters gesehen zu haben und nicht nur das, ich glaubte, dass sie eine treue Freundin meiner Mutter sei. Jetzt weiß ich, dass das nichts als Lüge war, Euer Hochwohlgeboren."


Autorin: lasdardas

Mit gerunzelter Stirn hatte Fiona dem Bericht der Knappin gelauscht und warf nun einen skeptischen Blick zu ihrer Vertrauten Melisandra hinüber. Zu gerne hätte sie sich mit ihr über das Zauberwerk ausgetauscht, das diese Unbekannte über Domnatella Leonora gesprochen hatte. Doch hier inmitten der Feiernden war dies quasi undenkbar. Zumal es auch wenig bringen würde sich darüber auszutauschen. Zuvorderst wäre zu klären, wer diese Frau gewesen war - und wie sie unverrichteter Dinge einfach in die Villa Azucena hatte spazieren können. War sie etwa gar eine hier ansässige oder Dom León gut Bekannte gewesen?

Nur ungern mischte sie sich in Domna Rominas Befragung der Knappin ein, als sie das Wort ergriff: "Sag mir, Kind, wie diese Frau ausgesehen hat. Versuch dich so gut es geht an sie zu erinnern."


Autorin: ehrenstein

Romina lächelte und nickte bekräftigend. "Ja, Kind, beschreibe die Frau, hat sie dir ihren Namen genannt?" Sie wandte sich halb an Domna Fiona, sah aber auch in die Runde. "Vielleicht sollten wir in die Villa gehen und das Gesinde befragen?!"


Autor: vivar

Leonora schüttelte den Kopf. Nein, einen Namen hatte die Frau nicht genannt. Dann dachte sie nach. "Die Frau hatte ein edles Antlitz mit einer Adlernase und ihre Augen, das fiel mir auf, ihre Augen waren grün. Sie war etwa so alt wie..." Suchend wanderte ihr Blick durch das Tempelrund und blieb an Domna Fiona hängen. "So alt wie Domna Fiona, Euer Hochwohlgeboren. Sie trug auch Gewänder, wie sie für eine Domna von Stand schicklich sind. Ihre Sprache aber war derb, wie von der Gosse abgeschliffen. Dennoch war sie freundlich, sehr freundlich, ja."


Autorin: ehrenstein

Domna Romina wandte sich Leonora zu und nickte. "Eine Gemeine, die sich wie Eine von uns kleidete. Wie konnte sie in das Haus des Vivars gelangen, ohne aufzufallen?!" Sie schüttelte verständnislos den Kopf und sah zu Bruder Zafir. "Euer Gnaden, könntet ihr jemanden mit Schriftkenntnissen zur unserer Verfügung stellen. Die Dinge müssen aufgeschrieben werden." Ihr Blick glitt zu dem fahlen Baron und der welkenden Rose. "Ich werde diktieren, was passiert ist und was wir bisher wissen."

Sie sah zurück zu der Domnatella. "Setz dich hierhin", deutete sie auf ein Kanapee, "und überlege gut, an was du dich noch erinnerst. Hatte die Frau ein besonderes Schmuckstück, eine Waffe oder sonst etwas bei sich? Einen Beutel oder Rucksack, aus dem sie die Phiole zog? Alles ist wichtig! Über was sprach sie? Wer von den Bediensteten brachst sie zu dir? Wer war in der Nähe? Was tat sie mit ihren Händen?" Die Knappin setzte sich gehorsam hin und dachte nach, während Bruder Zafir nach einem Schreiber schickte.


Autor: vivar

Unglücklich schüttelte die Knappin den Kopf. Ihr schien erst jetzt wirklich bewusst zu werden, dass sie selbst die Vergiftung ihres Herrn verschuldet hatte. "An all diese Dinge erinnere ich mich nicht mehr, Euer Hochwohlgeboren", sagte sie schließlich. "Ich glaube nicht, dass sie bewaffnet war. Es war mir auch gleich, denn ich hielt sie für meine Freundin. Vielleicht trug sie eine Halskette, vielleicht auch nicht. Lippenrot hatte sie aufgetragen - dessen bin ich mir sicher. Aber das ist während der Feierlichkeiten hier im Dorf vermutlich nichts Außergewöhnliches.

Von den Dienern waren einige mit Seiner Hochgeboren hinausgestürmt. Einige machten auch Besorgungen. Ich glaube, nur die Alte, äh... die Majordomina war da, im Obergeschoss. Vielleicht noch der Koch, aber dann in der Küche, die nach hinten rausgeht. Und die Tür stand ja noch offen. Da ist die Frau mit der Adlernase just eingetreten. Draußen war die Menge mit der Suche nach dem Trovere beschäftigt. Das fiel keinem auf."

In diesem Moment betrat Schwester Eulalia aus Brilond, die den Daliaser auf den Abtritt begleitet hatte, mit einem Schreibbrett, einem Bogen Papier, Feder und einem Tintenfässchen wieder den Tempel. Bruder Zafir wies auf Domna Romina, und die Laienschwester kam wiegenden Schrittes näher.

"Ihr wollt etwas aufschreiben lassen, Euer Liebden?"


Autorin: ehrenstein

Kurz war die Comtessa ob der Anrede irritiert, dann nickte sie und begann gewissenhaft, mit Hilfe der Anwesenden den Abend zu rekonstruieren. Immer, wenn man sich über etwas einig war, ließ sie es aufschreiben. Es dauerte geraume Zeit, doch schlussendlich waren alle zufrieden. Romina ließ alle wichtigen Anwesenden als Zeugen vermerken und bat die Geweihten das Schriftstück zu verwahren. Danach ließ sie sich auf einen Diwan sinken. "Wo, bei allen Zwölfen, bleiben Zaida und von Kündoch? Es kann doch nicht so schwer sein, irgendeinen Heiler aufzutreiben!" Ihr Blick glitt zum schönen Baron, sie schluckte und bat ihn im Stillen durchzuhalten.


  1. In der Tat war der damalige Junker León de Vivar an der handstreichartigen Einnahme der Baronie Jennbach durch die Descendientes persönlich beteiligt, wie dem Yaquirblick Nô. 31 zu entnehmen ist.
  2. bosp.: "Wer schweigt, scheint zuzustimmen."