YB41 Das Dâler Patt

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Erschienen in den Meldungen des Hauses Yaquirblick Nô 41
Peraine 1036 BF


Tsagefälliger Waffenstillstand nach blutigen Straßenkämpfen in der Grafenstadt der Südpforte! Hat eine novadische Prinzessin das Ende des Gemetzels bewirkt?[Quelltext bearbeiten]

DÂL. Die Zeitung vom Dâler Patt ist in aller Munde – In der tagelang belagerten Grafenstadt der Südpforte ist es zu einem Waffenstillstand gekommen. Am 7. Boronstag besiegelten die Marschallin Almadas, Baronin Gerone vom Berg und der novadische Taifado und Reichsverräter Chabun ben Nafiref die tags zuvor durch ihre Parlamentäre verhandelte Vereinbarung, nach der alle Waffen vorerst niedergelegt werden und Angehörige beider Parteiungen sich innert der Mauern der Stadt frei und unbescholten bewegen dürfen. Die Heiden behalten die Hafeninsel, den Alcazar von Dâlblick sowie die dazwischen liegenden Auen unter Kontrolle, dürfen aber die Stadt nur über den Yaquiro, das ist gen Praios, verlassen. Das Durchqueren der Stadttore und Betreten der Baronie Brindâl, die nun vollständig in der Gewalt der Marschallin ist, ist ihnen untersagt. Damit weht zwar immer noch nicht das Rossbanner über Dâlblick, die Marschallin hat aber durch die Beendigung des Mordens die Leben hunderter almadanischer Soldaten und Mercenarios für jene Kämpfe geschont, welche in anderen Taifas noch ihrer harren mögen. Mit Brindâl verfügt sie über ein Aufmarsch- und Rückzugsgebiet für ihren Heerbann, den sie noch vor Einbruch der Tristeza so weit wie möglich ins Culminger Land zu führen gedachte.

Wie aber kam es zum Dâler Patt? Domna Gerone hatte rahjawärts von Dâl, am Yaquirstieg, ihr Heerlager errichtet und am 28. Travia nach einem morgendlichen Feldgottesdienst den Sturm auf die von den Heiden besetzte Stadt der Gräfin Shahane befohlen. Während das Terzio Colmars Cavallieri auf das Brindâler Tor zumarschierte, besetzte ein Verlorener Haufen, angeführt vom jungen Ferando Hal Meeltheuer, Mundillo des gefallenen Barons Salix Meeltheuer von Brigellan und verstärkt durch die Comtessa Romina von Ehrenstein-Streitzig mit dem Streitziger Aufgebot sowie das bei den Descendientes unter Sold stehende gepanzerte Terzio Rakanes Rauwölfe handstreichartig das kleine, aber stark bemannte Brillotor im Nordosten und strömten dann weiter in die Stadt hinein.

Auch wenn sie die heidnischen Verteidiger zurücktreiben oder töten konnten, gerieten bei den Gefechten einige Gerbereien am Brillo in Brand, so dass dem Verlorenen Haufen der Rückzug verwehrt wurde. Kühn stieß Dom Ferando daher bis zum Cabildo am Marktplatz vor, nahm das Gebäude ein und verschanzte sich und die Seinen darin.

Derweil war es den Cavallieri unter hohen Verlusten ebenfalls gelungen, das Brindâler Tor zu zwingen. Ihnen folgten drei Banner Sturmfalken des caldaïschen Condottiere Boraccio d'Altea und ein Banner der berühmten Almadaner Hakenspieße nach. Ihr weiteres Vordringen gen Hafeninseln, um den Nachschub der Streiter Chabun ben Nafirefs abzuschneiden, wurde jedoch durch erbarmungslos dreinschlagende novadische Reiter, mehrere Barrikaden, Pfeile und Steine aus Fensterluken und Dachgiebeln erbittert abgewehrt. Condottiere Colmar Luntfeld erhielt daraufhin den Befehl, weiter in die Stadt einzudringen und sich mit Dom Ferandos Haufen zu vereinigen, während Dom Boraccio das Tor und somit die Verbindung zum hielt.

Doch obschon Luntfeld ganze vier Banner unter seinem Befehl hatte, genügte ein einzelner Mann, um ihn von diesem Vorhaben vorerst abzubringen. Ein heidnischer Zauberer, ganz in schwarz gewandet, stellte seinen Rappen den Mercenarios auf der Hauptstraße entgegen. Als diese gegen ihn vorrückten, deutete er - so berichteten es Augenzeugen - mit seinem Stab auf den Boden, woraufhin Sumu bebte und quer über die Straße ein gewaltiger Spalt entstand. Unüberwindbar war dieses Hindernis, so dass die Cavallieri sich mühselig Wege durch Häuser und Seitengassen bahnen mussten - wo sie abermals auf unbeugsamen Widerstand trafen.

Ganze sechs Tage - und so manche Nacht - tobten die Kämpfe in der belagerten Stadt und wenn die Unsrigen sich einen Straßenzug mit ihrem Blut teuer erkauft und sich näher an den Alcazar herangewagt hatten, so verloren sie bald darauf eine Häuserzeile in ihrem Rücken wieder an die Heiden. Auf die Bürger und Bewohnerinnen Dâls nahmen dabei weder die von der Marschallin angeworbenen Mercenarios, noch die blutrünstigen Muchareb des Heidentaifados Rücksicht. Am 4. Boronstag war die besonders heftig umkämpfte efferdwärtige Seite Brillones ein Raub der Flammen geworden. Auch einige der Wachtürme an den Hafenbrücken, von deren erhöhten Plattformen aus die Stadt und der Hafen mit Pfeilen und Bolzen bestrichen werden können, brannten während der Gefechte aus. Im Morgengrauen des 5. Boron hatten die Muchareb Dom Boraccio aus der Herberge Abundils Herz vertrieben, dabei die Wirtsleute niedergemetzelt und so Domna Romina und Domnito Ferando, die immer noch eisern im Cabildo ausharrten vollständig die Nachschublinien abgeschnitten. Zur Praiosstunde jedoch führte Domnito Ferando unter "Praiodor! Praiodor!"-Rufen einen Gegenangriff aus dem Kessel, indem er mit einer gepanzerten Keilformation eine Barrikade am Perainetempel sprengte - auch wenn ihn diese Heldentat die Hälfte der verbliebenen Rauwölfe kostete und zur Verwüstung einiger der schönsten Bürgerhäuser entlang des Yaquirstiegs führte.

Am siebenten Tage aber wurde Marschallin Gerone gewahr, dass sie mit ihren verbliebenen Mannen und Frauen entweder Dâl oder die Südpforte würde einnehmen können, nicht aber beides. So befahl sie eine einseitige Waffenruhe, die von ihren erschöpften Truppen bereits herbeigesehnt worden war, und sandte Seine Hochgeboren León Dhachmani de Vivar als ihren Unterhändler zu Chabun ben Nafiref auf den Alcazar. Den Schönen Baron hatte sie gewiss mit Bedacht gewählt, denn auch wenn er vom Kriegshandwerk wenig verstand, so war ihm doch die Zunge und Gedankenwelt der Heiden vertraut.

In der Tat gelang es dem als wortgewandt bekannten Magnaten, bei dem Taifado Gehör zu erhalten. Auch dieser hatte verstanden, dass es ihm nicht mehr gelingen würde, die Almadaner aus Dâl hinauszuwerfen und er sich entweder einer Aufgabe oder einer langen Belagerung Dâlblicks gegenübersah. Eine solche hatte er bereits vor fünf Jahren nicht überstanden und die Stadt der Gräfin Shahane Al'Kasim überlassen müssen. Im Angesicht dieser Pattsituation zeigte Chabun ben Nafiref sich im Verlauf des 6. Boron letztlich dazu bereit, mit Dom León die oben genannten Bedingungen eines Waffenstillstands auszuhandeln. Dafür ritten der Parlamentär und seine Knappin Leonora vom Berg, die als Trägerin der Regenbogenfahne fungierte, beinahe ein Dutzend Mal zwischen dem Alcazar Chabuns, dem Feldherrenzelt der Marschallin und den Stellungen Meeltheuers, Streitzig-Ehrensteins, d'Alteas und Luntfelds hin und her. Am 7. Boron war es dann soweit: Marschallin Gerone vom Berg zog in Dâl ein, allerdings nicht als lorbeergekränzte Siegerin, sondern, um im Cabildo, um unter den Augen ihrer Capitanas und Condottieri, der novadischen Aghas und den verbliebenen Vertretern des Dâler Volkes gemeinsam mit Bey Chabun das Dâler Patt zu besiegeln.

Dies ist die Geschichte des Dâler Patts, wie sie dem Hause Yaquirblick aus vertrauenswürdiger Quelle im Umfeld der Marschallin zugetragen wurde. In den Feldküchen des almadanischen Heerbanns, den Rundzelten der Heiden und den Tabernas der Grafenstadt erzählen sich Volk und Soldaten jedoch eine andere Version der Geschichte:

Am Abend des 5. Boron, als Kor, der Geifernde Schnitter, eine kurze Atempause schöpfte, soll auf dem Marktplatz oder einem anderen zentralen Ort der Stadt, an dem die Muchareb ein Lagerfeuer entzündet hatten, eine Tulamdin von etwa 60 Jahren aufgetreten sein und eine Geschichte erzählt haben. Nedime war der Name der Erzählerin, und ihre Geschichte muss eine große Wirkung auf die einfachen Krieger aus der Wüste ausgeübt haben. Kurze Zeit später soll die gleiche Frau an der von den Rauwölfen eingenommenen Barrikade die selbe Geschichte erzählt haben und auch hier berührte sie mit der Kunst ihrer Worte die Herzen einer jeden Zuhörerin. Tags darauf war die Geschichte bereits in aller Munde. Niemand, der vom Hause Yaquirblick befragt wurde, konnte den genauen Inhalt der Geschichte wiedergeben, doch hat stets die selben Grundzüge:

Es waren einmal drei Schwestern, denen wurde von ihrem Bruder (oder Schwester oder Gemahl) vor seiner Reise in ein fernes Land ein Brunnen oder Weinberg anvertraut. Die Schwestern hatten sehr verschiedene Talente und zankten sich, wodurch der Brunnen austrocknete oder der Weinstock verdörrte. Als ein Fremder kam und sie um Wasser oder Nahrung bat, waren die Schwestern nicht in der Lage, ihm das Gastrecht zu gewähren. Traurig zog der Fremde von dannen. Die jüngste Schwester versuchte daraufhin voll Scham, den Brunnen wieder instand zu setzen oder den Weinberg wieder zu bebauen. Doch erst, als sie ihre Schwestern um Hilfe bat, gelingt ihnen gemeinsam das Werk. Daraufhin kehrte der Fremde zurück und stellte sich als ihre geliebter Bruder oder vierte Schwester oder Gemahl heraus.

-Die Geschichte der drei Schwestern

In den drei Schwestern erkannten manche die Göttinnen Rahja, Peraine und Travia, andere Hellah, Orhima, und Khabla, drei der neun Frauen des Wüstengötzen Rastullah, wieder andere behaupteten steif und fest, es habe sich um eine Almadani, eine Novadi und eine Horasierin gehandelt. Der oder die Fremde wurde wahlweise als Praios, Tsa, Rastullah oder Wahrer König, der Brunnen als Yaquir, der Weinberg als Dâl oder Yaquirbruch interpretiert. Die Wirkung jedoch war bei allen, die Nedimes Geschichte hörten, dieselbe: Sie wünschten sich nichts sehnlicher als ein Ende des Blutvergießens und der Kämpfe. Manche Mercenarios sollen sich gar offen geweigert haben, weiter zu kämpfen und wünschten sich mit den Novadis zu verbrüdern.

Allein die tsagefälligen Worte der Geschichtenerzählerin sollen es also gewesen sein, die zum Dâler Patt geführt haben. Ist dies wahr, so steht die besagte Nedime ohne Zweifel in der besonderen Huld der ewigjungen Göttin. Die Tulamidin sei, so berichten es mehrere Augenzeugen, am Tag des Siegelschlusses ebenfalls im Cabildo zugegen gewesen. Es darf allerdings getrost jenes Ondit bezweifelt werden, welches behauptet, dass es sich bei der alten Frau um niemand anderen als um Prinzessin Nedime, die Tochter des alten Kalifen Abu Dhelrumun handele.

Zafira Almanzor