Chronik.Ereignis1035 Offene Rechnungen 02
Punin, Phex 1035 BF[Quelltext bearbeiten]
In der Hofkanzlei (nachmittags)[Quelltext bearbeiten]
Autor: kanzler
Es war wieder einer dieser Tage. "Erst verschwindet die Steuerakte des Landständesprechers spurlos, dann meine Lieblingskekse!" Der Kanzler war in Rage. "Auf die Akte kann ich verzichten, ich weiß, dass der Braaster brav seine Steuern bezahlt; er mag andere betrügen, aber nicht mich. Aber Tee ohne Gebäck??! Herrschaftszeiten. Das ist wie... wie ein Wein ohne Pokal, wie ein Kaiser ohne Bart. Mh, ein schlechter Vergleich, vergesst, dass ich das gesagt habe. Die letzten Kaiser hatten alle keinen Bart, die jetzige eingeschlossen. Und, was hat es dem Reich gebracht? Nichts, eben!"
"Euer, Excellencia, die neuesten Nachrichten aus dem Hause Yaquirblick sind soeben eingetroffen."
"Können warten, mit denen habe ich schon zu viele Wochen meines Lebens verschwendet. Was ist das, Weib?"
"Excellencia...?", stotterte eine Küchenhilfe mit schlotternden Knien. Es war ihre erste Woche in der Reichskanzlei und im Dienste des Taladurers, den man ihr eigentlich als ganz umgänglich beschrieben hatte. Jetzt aber war sie eingeschüchtert und hatte sich bereits abgewendet, um nicht weiter aufzufallen. Zu spät. "Me-me-man sagte mir, Ihr möget diese ve-versuchen... Excellencia?"
"Honigkuchen, am Nachmittag?"
"Nun, nicht ganz, Excellencia. Um genau zu sein, ist es Ingwerkuchen mit gerösteten Mandeln und eingebackenem Kandis. Ein Versuch ..."
"Von wem?"
"Von mir, Excellencia. Ihr werdet es sicherlich nicht mögen, ich möchte Eure Excellencia lieber nicht weiter stören. Ich gehe lieber wieder."
"Mh, wo du schon mal da bist, was soll's. Schlimmer kann der Tag wohl kaum werden." Sprach's und griff skeptisch nach dem dunkelbraunen Back. Er biss es und aß es wie Brot. Er hatte Hunger, der Appetit war ihm vergangen. Bis jetzt. Denn dieses Kuchenwerk schmeckte wie Morgentau und feinstes Praliné, wenngleich etwas feurig und wild durch die Ingwerwurzel, die er bislang nur selten zu schmecken bekommen hatte. Unverschämt teuer war das Zeugs aus dem tiefen Süden. Aber bald würde er sich mehr davon leisten können. Seine Pläne waren groß, das wusste man in der Kanzlei. "Gar nicht schlecht, Weib. Bring mehr davon - und seht zu, dass der Fürst davon nichts bekommt. Diese Köstlichkeit bäckst du ab sofort allein für mich."
"Sehr gern, Euer Excellencia", sagte die junge Frau, die etwas hilflos einen Knicks versuchte. "Ich freue mich sehr, Euch dienen zu dürfen."
"Was? Jaja. Das tun sie doch alle, nicht wahr, Teraban?" Er schaute seinen Kanzleigehilfen prüfend an, der nach der 'Selindian-Krise', wie die letzten Herrschaftsjahre des Mondenkaisers hier gern genannt wurden, mehrere unglückliche Versuche unternommen hatte, in den Dienst des Fürsten zu wechseln. "Also, nun gebt mir schon dieses Käseblatt. Mal sehen, womit sie uns heute wieder zu amüsieren versuchen."
Doch die wieder aufgeflammte gute Laune des Taladurers währte nicht lange. "Ein Skandal! Teraban, warum habt Ihr mir das nicht gleich gesagt? Das durchkreuzt meine Pläne. Das darf nicht sein! Ab, lauft hinauf zum Fürsten. Kündigt mich an. Wir haben zu konferieren. Subito!"
Teraban hasste den Kanzler, aber noch mehr hasste er jede einzelne Stufe, die von der Hofkanzlei bis ganz hinauf auf die Spitze des Goldackers zur Fürstenresidenz führte, obwohl diese dem einstmals etwas pummeligen Schreibgehilfe in den letzten Jahren zu einer ansehnlichen Figur verholfen haben. "Wie Ihr wünscht, Excellencia."
In der Residencia (eine Stunde später)[Quelltext bearbeiten]
Eine Stunde später fuhr Rafik von Taladur ä. H., der erst noch in Ruhe den Ingwerkuchen vernascht hatte, dann die Backfrau, worauf er sich schließlich erfrischen musste, in der versilberten Kutsche der Hofkanzlei über den weißen Kies vor der Eslamidischen Residenz vor. Livrierte Diener öffneten den Wagen und bauten ein Treppchen auf, über das die beschnallten Schuhe den Kanzler hinaus aus der Luxuskarosse trugen. "Endlich! Es sind doch wirklich Strapazen, dieser Tage zu reisen! Wo ist der Fürst? Ich muss ihn dringendst sprechen!"
"Dringendst, ja dass meinte Euer hechelnder Kanzlist auch, vor einer guten Stunde. Wenn Ihr mir folgen wollt, Excellencia..." Der Ton am Hofe war rauer sind gleich für Euch zu sprechen."
"Seine Durchlaucht sind immer für mich zu sprechen. Was soll die Posse, Mann? Lasst mich pronto vor! Staatsangelegenheiten können nicht warten."
"Eben, Seine Durchlaucht sind just mit solchen beschäftigt - wenn Ihr also hier Platz nehmen mögt? Ihr mögt natürlich auch stehen wollen. Fühlt Euch wie zu Hause, Ihr kennt Euch hier ja bestens aus."
Rafik wartete. Und bekam Hunger, jedenfalls hörte man seinen Magen knurren. Das war kein gutes Zeichen, wie man am Eslamidenhofe wusste, doch früher hätte man ihm jetzt zumindest etwas Punipan gereicht. "Seine Durchlaucht haben nun Zeit für Euch, Excellencia. Wenn Ihr mir also folgen wollt?"
Fürst Gwain saß entspannt hinter einem großen Schreibtisch, vor ihm die neueste Ausgabe des Hauses Yaquirblick.
"Gwain, gut, Euch zu sehen!"
"Immer nett, Euch zu sehen, Rafik. Verzeiht, dass ich Euch habe warten lassen müssen, aber ich war beschäftigt."
"Womit?"
"Fechtunterricht."
Der Kanzler lachte bitter. Der alte Marschall wurde wahrlich alt. "Nun, ich hoffe, man hat Euch wieder in Form gebracht. Das Volk liebt einen Herrscher mit starkem Schwertarm."
"Wie wahr Ihr sprecht, Kanzler. Deshalb war es mir eine besondere Freude, diesen Domnatellas und Domnitos ihre erste Stunde zu erweisen. Sie wollten vom Besten lernen."
Der Kanzler erkannte, dass dieses Gespräch kein gute Richtung eingeschlagen hatte, weswegen er es mit Politik versuchte: "Gewiss habt Ihr die Nachrichten gelesen - oder Euch vorlesen lassen?"
"Nein, warum?"
"Nun, weil man wissen muss, was das Volk denkt, um das Volk besser lenken zu können und Respekt zu erlangen."
"Und dafür brauche ich ... dieses Papier?"
"Ähm, ja, auch."
"Ich habe lieber Informationen aus erster Hand, Kanzler, und dafür seid Ihr ja jetzt hier, nicht wahr?"
"Gewiss, Durchlaucht."
"Gut, was gibt es also?"
"Nun, wenn Ihr einen Blick auf die Titelseite werfen mögt, Gwain..." Dieser nahm stattdessen die Zeitung und knüllte sie zu einer Kugel zusammen.
"Ich meinte lesen, nicht wegwerfen." Rafik war kurz davor die Geduld zu verlieren. Das war wirklich nicht sein Tag.
"Ja klar, das habe ich schon verstanden, Rafik, aber ich mag keine glatt gebügelte Postille, ich schätze es etwas rustikaler." Mit seiner großen rechten Hand strich er das Papier notdürftig glatt. "So, aha, lustig - und?"
"Selaque..."
"Ja, mal wieder Selaque, ... und?"
"Die Brücke, das ist ein Skandal."
"So?"
"Nun, findet Ihr nicht?"
"Doch, schon." Der Fürst zuckte mit den Schultern.
"Und?", wollte der Kanzler wissen.
"Und was, Rafik?"
"Nun, was gedenkt Ihr zu unternehmen? Das ist wilde Sabotage! Verrat am Eigentum der Krone!"
"Der Kaiserkrone vielleicht, ja." Der Fürst schien überhaupt keine Wallungen zu entwickeln, was den Kanzler auf die Palme brachte.
"Ihr wollt also nichts unternehmen?"
"Nein, Selaque ist kaiserlich. Wir haben uns um Almada zu kümmern. Mich kümmern die Herzen der Menschen, was aber kümmert mich ... Stein?"
"Mich schon! Das Baugewerbe, die Kunst..."
"Ah, jetzt kommen wir der Sache näher. Ihr braucht den Marmor, nicht wahr? Für einen neuen Palacio? Man berichtete mir von Plänen. Ich weiß auch von dem Ansinnen der Kaiserin, Euch zum neuen Verwalter Molays zu erheben."
"Reichsbaron", grummelte Rafik, "ich werde Reichsbaron von Molay, ja, Ihr wisst bereits davon?"
"Dürfte ich nicht?"
"Aber sicher."
"Ah, danke schön."
"Keine Ursache. Und ja, ich plane einen neuen Palacio zu bauen."
"Interessant. Sehr groß soll er werden, habe ich vernommen. Könnte nun etwas länger dauern, was meint Ihr?"
"Es geht hier doch nicht um mich! Oder, nun ja, auch. Aber überhaupt ist die Sache ein Skandal."
"Ist sie, ja, aber manchmal sind Skandale eine gute Sache. Sie dürfen natürlich nicht zu groß werden. Das habt Ihr mich gelehrt."
"Mh, ja, das stimmt."
"Und soviel ich weiß, Kanzler, geht ansonsten der Marmor doch derzeit fast nur zum Wiederaufbau nach Gareth. Stört es uns, dass der nun länger dauern wird?"
"Mh."
"Nein. Richtig."
"Richtig, Durchlaucht. Was nun aber meinen Bau betrifft..."
"... werdet Ihr wohl ein anderes Material suchen müssen. Wie wäre es mit Eisenwalder Granit? Schiefer? Kiefer?", der Fürst schmunzelte. Ihm schien es sichtlich zu gefallen, den Taladurer aus der Fassung zu bringen, was so selten geschah.
Rafik wandte sich zu gehen. "Ihr habt mich da auf eine Idee gebracht, Fürst, ich Danke Euch..." Es klang wie Ironie.
Nun war es der Fürst, der stutzte, denn der Kanzler war Staatsmann genug, um nicht in Ironie zu verfallen. "Wirklich? Dann wollt Ihr jetzt eine Blockhütte errichten, um Euer Lehen zu verwalten?"
"Nein, selbstredend nicht."
"Aber der Marmor ist erst mal futsch."
"Ist er ja, mein Fürst."
"Nun, aus was soll dieser Palacio dann bestehen?"
Ddoch Rafik von Taladur hatte sich bereits notdürftig verbeugt und war gegangen. Auf der Türschwelle blieb er noch einmal kurz stehen, blickte dem Fürst in die Augen und sagte mit einem siegesgewissem Schmunzeln ein letzte Wort: "Silber."
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