Chronik.Ereignis1033 Feldzug Selaque 29
In Ksl. Selaque, 4. Rondra 1033 BF[Quelltext bearbeiten]
Nachmittags in Grezzano[Quelltext bearbeiten]
Autor: Der Sinnreiche Junker
Dem Stand der Praiosscheibe nach zu urteilen musste das nun schon seit mehreren Wassermaßen so gehen. Kurz nachdem das Flammende Auge seinen Zenit erreicht haben musste, hatte ein fernes Trommelschlagen eingesetzt. Viele Trommeln waren es wohl nicht, auch wenn der von den Felswänden vielfach widergeworfene Schall kaum genaue Schlüsse dahingehend zuließ. Aber es musste ein gewaltiges Instrument sein, dass man es derart weithin hören konnte. Die Psychologie dahinter war einem erfahrenen Kriegsmann wie Hernán von Aranjuez klar. Irgendwo wurden Leute gesammelt, und genauso wie der Klang des Signals diesen Leuten Mut machte, verunsicherte es den Gegner. Zumindest wenn er sich in einer so wenig aussichtsreichen Position befand, wie das Häuflein Mercenarios in Grezzano. ‚Wir kommen‘, hämmerte sich mit jedem Schlag tief ins Bewusstsein eines jeden Feindes.
Entsprechend gedrückt war die Stimmung im Lager. Verstohlen musterten sich die Söldner gegenseitig, denn natürlich wollte niemand seine Sorge, vielleicht gar seine Angst zeigen, sondern suchte vielmehr nach Zeichen, dass andere diese Gefühle teilten. Nachdem freilich noch zumindest niemand dergestalt den Mund aufgemacht hatte, verstärkte sich die Verunsicherung bei den Männern und Frauen nur noch weiter. Ein wenig Erbauung versprach nur die Haltung des Condottieres, der scheinbar ungerührt auf einem Feldschemel saß, das verwundete Bein hoch gelegt, und in aller Seelenruhe mundgerechte Bissen aus einer Arange schnitt. Natürlich machte auch er sich seine Gedanken, das wussten zumindest die erfahreneren Landsknechte. Aber als Befehlshaber durfte er sich dies natürlich nicht anmerken lassen. Stattdessen gab er hier und da Kommandos, denn das Beste um Soldaten von allzu viel schädlichem Nachgrübeln abzuhalten, war sie zu beschäftigen. Daher hatten die Söldner begonnen, das Lager zu verkleinern, der geschwunden Kopfstärke ihrer Truppe angemessen. Den hinab ins Vanyadâl führenden Ortsausgang im Rücken, waren die Brustwehren in einem Halbkreis über den Dorfplatz gebaut, sodass der Brunnen gerade so innerhalb des Lagers lag.
„Noch immer zu groß“, murmelte ein alter Korporal, während er sich umsah. Mit einem fleckigen Tuch wischte er sich den Schweiß von der Stirn. Zweifelnd schüttelte er beim Blick auf ihre Zahl den Kopf. Einem ernstlichen Angriff von mehreren Seiten würden sie gewiss nicht standhalten können.
„Korporal?“, rief der Condottiere herüber. Hatte er das Kopfschütteln gesehen? Den zweifelnden Blick? Oder gar die Bemerkung gehört? Unsicher schritt der alte Landsknecht hinüber.
„Vergesst mir die Krähenfüße nicht“, zeigte er dann aber nur zwei Fässer auf einem der heraufgebrachten Wagen. „Streut sie großzügig zwischen die Häuser, da hat niemand herum zu laufen. Und denkt daran die Gasse zu markieren. Ich möchte keine unangenehmen Überraschungen erleben, wenn ich mich des Nächtens erleichtern gehe.“ Der Korporal erwiderte das Grinsen seines Herrn, und machte sich dann daran mit mehreren Kameraden die Fußangeln zu verlegen. Doch kaum hatten sie damit begonnen, erklang das Horn eines Vorpostens. Alles hielt in seinem Tun inne, und lauschte gebannt, ob ein weiterer Hornstoß folgen würde. Doch dieser blieb aus, sodass alle wussten, dass die Patrouille zurück war.
Selbst der Baron und Junker hatte sich erhoben und humpelte nun, ob des verwundeten Beines auf einen Stock gestützt in Richtung der Brustwehr. Dass seine Leute jetzt schon zurück waren konnte nur bedeuten, dass sie irgendetwas gefunden hatte. Vielleicht Überlebende. Wahrscheinlicher Leichen. Zunächst kamen nur einige der ausgesandten Söldner den Weg herauf, dann aber kam eine Gruppe besonders abgerissener Mercenarios, und vorne weg schritt: Gualterio! Der Junge war im Gesicht so schmutzig, dass man meinen könnte, er hätte sich wie viele der Männer einen Bart stehen lassen, doch wusste es sein Onkel besser.
Kurz schloss Hernán von Aranjuez die Augen und dankte wemauchimmer, dass sein Neffe wohlbehalten zurück gekehrt war. Als er, die Augen wieder geöffnet, als nächstes seinen Vetter Rondago erkannte, der mit seiner schmutzigen, zerfetzten Robe eher wie ein Halsabschneider aus Unter-Punin aussah, denn wie ein Weißmagier, stahl sich sogar ein kleines Lächeln auf sein Antlitz. Mehr und mehr Mercenarios kamen herauf, bis die Schlange schließlich abriss. Noch einige Momente starrte der Condottiere in Richtung des Ortseinganges, in der Hoffnung, dass noch weitere seiner Leute herauf steigen würden, doch kam niemand mehr. Auch kein Anzures.
Die hiergebliebenen Landsknechte jubelten freilich nichtsdestotrotz. Nicht nur war der Suchtrupp wohlbehalten zurück gekehrt, sondern sie hatten auch noch Überlebende gefunden. Allenfalls Freunde derjenigen, die nicht dabei waren, schickten stumm ein Gebet gen Alveran, dass sich diese oder jene Gottheit den gefallenen Kameraden annehmen mochte.
„Schon gut, Onkel“, klopfte Gualterio Colonna dem Condottiere auf die Schulter, als dieser seinen Stock fallen ließ und ihn in die Arme schloss. „Ihr habt doch nicht geglaubt, dass ich mich in diesem götterverlassenen Winkel Deres von ein paar Wilden umbringen lassen.“
Gestützt auf seinen Neffen ergriff der Baron und Junker sodann den Unterarm seines Vetters Rondago von Aranjuez. Sie hatten sich viele Jahre nicht gesehen, und der Magier war erst kurz vor diesem Unternehmen wieder nach Almada zurück gekehrt, doch war die Freude ihn unverletzt zu sehen nicht minder groß. „Willkommen zurück“, nickte der Condottiere, derweil sich nun auch einige der Mercenarios in die Arme fielen. Ein Schulterklopfer für den Anführer des erfolgreichen Suchtrupps, dann humpelte Hernán von Aranjuez zwischen seinen Verwandten zurück zu seinem Schemel. Dort wurde verdünnter Wein und Proviant gereicht, während der junge Colonna Bericht erstattete, hier und da ergänzt von Dom Rondago.
So war dann zumindest beim Condottiere die Wiedersehensfreude rasch getrübt, als die Sprache auf seinen Vertrauten Anzures Ballan kam. Nach kurzem betretenen Schweigen war es der Magus, der seinem Vetter die Hand auf den Arm legte, und ebenso leise wie nüchtern feststellte: „Er hat es nicht geschafft.“
Eine lange Weile schwieg Hernán von Aranjuez, den Blick gen Boden gesenkt. „Die Stelle des Überfalls…würdet ihr sie wiederfinden?“
„Nein“, schüttelte der Teniente das jugendliche Haupt, derweil sich der Ältere übers Kinn strich. „Nun ja…“, grübelte er „…nicht anhand unseres Rückweges, aber den Hinweg hab‘ ich denke ich recht gut im Kopf…“
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