Chronik.Ereignis1033 Feldzug Mark Ragathsquell 04

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Mark Ragathsquell, 25. Praios 1033 BF[Quelltext bearbeiten]

Im Lager an der Straße nach Schrotenstein, nahe des Caballeroguts Simancas[Quelltext bearbeiten]

Autor: Der Sinnreiche Junker

Abends

Zischend tropfte das heiße Fett in das Feuer, als einer der Mercenarios den Spieß drehte, auf den man den Hammel gezogen hatte. Im Hintergrund ertönte lautes Lachen von einem der beiden Lagerfeuer, wo Schläuche mit scheinbar vielversprechendem Inhalt kreisten. Womöglich war diese erste Nacht auch gleichzeitig für längere Zeit die Letzte, in welcher man sich einigermaßen sicher fühlen konnte, und die müden Glieder beruhigt ausstrecken konnte. Daher hatte der Condottiere befohlen, eines der mitgeführten Tiere zu schlachten, und seinen Leuten darüber hinaus verdünnten Wein gewährt. Wohlgemerkt seinen Leuten, denn am anderen, kleineren Lagerfeuer kauerten die Gräflichen, und warfen den Mercenarios missmutige Blicke zu.

Hernán von Aranjuez saß vor seinem bescheidenen Zelt – gewisslich war die ungefärbte Leinwand nicht sein eigenes – auf einem Feldschemel, und schälte im Schein einer in den Boden gerammten Fackel mit seinem Dolch eine Arange, als die junge Ritterin zu ihm heran trat. Im Gegensatz zu ihm, der seine Rüstung abgelegt hatte, und so nur noch das bescheidene, wattierte Unterzeug trug, und lediglich die wieder angelegte Purpurschärpe seinen Rang verriet, war sie noch immer bis zum Kinn in Stahl gehüllt. So hatte er sie trotz des Lärmes vom Lagerfeuer kommen hören, wiewohl er mit seinem Tun nicht inne hielt. Lediglich blickte er hin und wieder von der Arange auf, was seine Wirkung scheinbar nicht verfehlte.

Denn ganz offensichtlich war der jungen Ritterin mit jedem Schritt der Mut gesunken. Zunächst hatte Rondrigo vom Eisenwalde sie ein weiteres Mal angefahren, als sie sich nach dem Aufschlagen des Lagers wieder über das in ihren Augen allzu gemächliche Marschtempo erbost hatte. Und nun kam ihr die Idee gar nicht mehr so klug vor, den Condottiere inmitten seiner Leute zur Rede zu stellen. Doch jetzt umzukehren hätte zweifellos noch größere Schmach bedeutet, und so schluckte sie einmal schwer, als sie drei Schritte vor dem Aranjuezer, der gerade das letzte Stück Schale achtlos zu Boden fallen ließ, inne hielt, und raffte alle verbliebene Entschlossenheit zusammen: „Auf ein Wort.“ Es klang sogar recht fest.

Der Condottiere teilte die Frucht in zwei Hälften, biss in die eine und reichte der jungen Frau die andere. Diese schüttelte nur das Haupt, sodass Hernán von Aranjuez schulterzuckend fertig kaute, um sich schließlich mit dem Hemdsärmel den Saft von den Lippen zu wischen. „Also, was kann ich für Euch tun?“

„Ich…“, die Ritterin straffte sich, und hob das Kinn höher als normal „Ich wünsche zu erfahren, weshalb wir so langsam marschieren.“

„So, wünscht Ihr das“, maß sie der Söldnerführer mit prüfendem Blick. „Und was veranlasst Euch zu der Annahme, ich sei Euch Rechenschaft schuldig, Domna Lilithrud?“ Unbeeindruckt biss er wieder in die Arangenhälfte.

Bei der Ritterin indes schien die Frage durchaus Eindruck hinterlassen zu haben: „Woher…kennt Ihr meinen Namen?“

„Ich lasse vielleicht langsam marschieren, aber ich bin nicht taub“, schmunzelte ihr Gegenüber. „Ich habe gehört, wie Dom Rondrigo Euch so nannte. Euer Name hingegen ist in diesen Breiten nicht allzu häufig, daher schließe ich aus dem Umstand, dass Ihr in Diensten des Grafen steht, und sich womöglich Dom Rondrigo Eurer angenommen hat, dass Eure Mutter Pesellina von Silvansbühler, und Euer Vater Salatori Ernathesa ist, der ehemalige Ratsmeister von Taladur, der schon vor vielen Götterläufen nach Ragath zu fliehen gezwungen ward. Was Euch zu Lilithrud Ernathesa von Silvansbühler machen würde, seiner einzigen Tochter.“ Er fragte nicht einmal, ob seine Annahmen korrekt waren.

„Ihr habt meine Frage nicht beantwortet“, wechselte Domna Lilithrud mit bemüht kühler Stimme das Thema.

„Nun, Eure zweite schon, wie mir scheint.“ Zunächst gönnte er sich das letzte Stück der Arangenhälfte. „An wie vielen Campanyas habt Ihr teilgenommen?“, fragte er hernach.

„An keiner.“, räumte die junge Ritterin ein.

Verstehend nickte der Condottiere. „Wie oft habt Ihr schon Soldaten ins Gefecht geführt?“

„Ich hatte bislang noch nicht die Ehre.“, gestand sie mit nun deutlich gereiztem Unterton.

„Habt Ihr überhaupt bereits an einer Schlacht teilgenommen?“

„Was soll die Fragerei? Antwortet auf meine Frage!“, fuhr sie den noch immer Sitzenden nun an.

„Ich werte das als ein Nein.“, stellte dieser ungerührt fest. „Das ist keine Schande, Ihr seid noch jung. Einstweilen müssen wir also davon ausgehen, dass ich Euch an Erfahrung voraus bin. Folglich genügt es völlig, dass ich einen Gewaltmarsch nicht als sinnvoll erachte. Daher…“

Klirrend fuhren die gepanzerten Finger der jungen Ritterin an ihr Schwert, und schnitten dem Condottiere das Wort ab. Mit dem Dolch und einer halben Arange in der Hand würde er gegen ihre Klinge gewiss nicht bestehen können, daher hoben sich gleichzeitig mit seinen Augenbrauen auch beschwichtigend seine Hände. „Gemach, gemach, Domna. Ich will es Euch erklären, vergebt mir…“

Da Lilithrud von Silvansbühler ihn nur finster anstarrte, fuhr er nach einem Räuspern und mit langsam sinkenden Händen fort: „Ich muss Euch wohl kaum erklären, dass ein Gewaltmarsch die Kräfte der Marschierenden über die Maßen beansprucht, was letztlich zu Lasten ihrer Kampfkraft geht. Unter gewissen Umständen, beispielsweise wenn der erhoffte Überraschungseffekt eines plötzlichen Auftauchens diesen Umstand überwiegt, mag ein Gewaltmarsch sinnvoll sein. Wir aber verfolgen Ferkinahaufen, kleine Gruppen sich schnell bewegender Feinde. Sie zu überraschen dürfen wir kaum hoffen, zumal der Vorteil der Überraschung darin liegt, dass sich der Feind nicht vorbereiten kann, und ohne Ordnung und Formation kämpfen muss. Nun kämpfen die Ferkinas aber so oder so ohne Ordnung und Disziplin, folglich haben wir dahingehend wenig zu gewinnen. Umgekehrt jedoch sind die Wilden im Kampfe zäh und ausdauernd, und unseren Leuten zumindest ebenbürtig, eher sogar überlegen. Wir würden ihnen also nur in die Karten spielen, wenn wir vom Marsche halb erschöpft ins Gefecht zögen. Unser Weg aber wird lang und beschwerlich sein, daher will ich unsere Reserven nicht schon auf dem sichersten und einfachsten Wegstück vergeuden. Gewiss, man könnte einwenden, dass Domna Rominas Schicksal Eile gebeut, doch bedenket folgendes: es ist nun bald zwei Wochen her, dass die Wilden den Rossbannerorden ausgemordet haben. Wenn Domna Romina den Wilden in die Hände gefallen ist, so wird man ihr in den nächsten Tagen nichts antun, was man ihr nicht ohnehin schon angetan hat. Das einzige, was wir für sie tun können, ist alles für ihre Befreiung zu unternehmen, was umso eher gelingen wird, je kampfkräftiger wir in den Bergen sind. Falls Domna Romina freilich längst…“

„Still!“, fuhr die junge Taladurerin mit vor Entsetzen geweiteten Augen auf. „Wagt es nicht, es auszusprechen!“

Der Baron und Junker zuckte indes nur mit den Schultern. „Ferkinas sind auf Beute aus. Dazu gehören junge Frauen. Wenn sie nicht versehentlich…“ Bevor er es aber doch noch hätte aussprechen können, kam von irgendwo aus der Dunkelheit der Ruf eines Wachtpostens, und Augenblicke später näherten sich zwei Reiter. Domna Lilithrud aber verschwand nach einem kurzen, nicht undankbaren Nicken.


Chronik:1033
Der Ferkina-Feldzug
Teil 04