Chronik.Ereignis1033 Der Zenit des Mondes 14

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Baronie Artésa, Anfang Praios 1033 BF[Quelltext bearbeiten]

Auf Junkergut Dalias[Quelltext bearbeiten]

Autor: Dom Gualdo

Die Luft im holzgetäfelten Schlafgemach war abgestanden und roch faulig. Auf Kissen gebettet saß eine nur rasselnd atmende menschliche Gestalt auf dem Bett. Weiße Vorhänge trennten das Bett vom Rest des Raumes. Durch ein einziges großes Fenster fiel ein breiter Lichtkegel vollen, morgendlichen Praiossegens auf einen Tisch vor dem Bett. Außer dem Kranken war nur ein unauffälliger Mann jenseits der vierzig in der Kammer. Hinter dem Tisch stehend betrachtete er den Kranken mit sorgenvoller Miene.

„Wohlgeborener Dom, seid Ihr gewiss, dass Ihr die…“, der Vortragende stockte kurz, „… die Nachrichten aus Ragath…“

„Ja, ja, Alvaro.“ Die Stimme des krank darniederliegenden Gualdo Ippolito di Dalias y Gurnabán klang matt und müde.

„Nun, zunächst: Euer wohlgeborener Vetter, Dom Gualdo Lumino di Dalias y las Dardas, hat den Empfang der Vollmacht und der Instruktionen für die Versammlung der Landstände bestätigt. Kein Wort davon, Euer Wohlgeboren, dass er sie – wie anfangs befürchtetet – als zu ungenau und ungenügend ansieht. Ihr scheint Recht damit zu haben, dass Seine Wohlgeboren die Freiheiten, die Ihr im gewährt habt, zu nutzen gewillt ist.“

Keuchend lachte der halb liegende, halb sitzende Junker. „Mein Vetter ist ein gieriger Hund, der nach jedem Brocken Fleisch schnappt!“, fauchte der Junker von Dalias, „Was habt Ihr erwartet? Ich bezweifle auch nicht, dass er so laut für den Kaiser trommeln und posaunen wird, dass er darüber jegliche gesunde, ständische Position, die wir ihm diktiert haben, in den Wind schlägt und geflissentlich ignoriert.“ Erneut begann Dom Gualdo keuchend zu lachen: „Ja, gewiss würde er jederzeit für seinen Kaiser seinen Verstand geben, wenn er noch einen besäße.“

„Euer wohlgeborener Vetter setzt Euch mit diesem Schreiben überdies davon in Kenntnis, dass der Kaiser – der allmächtigste und heiligste, wie er ihn nennt –“, bei diesem Einschub rümpfte Alvaro Manticco die Nase, „die novadische Prinzessin zur Gattin nehmen will – und dies in Bälde.“ „Ist er von Sinnen? Eine heidnische Sandschluckerin und Götzenanbeterin? Wer soll…? Was sagt Graf Praiodar dazu, dass er für Domna Romina diesen Korb bekommen hat?“ Widerwillig, aber matt schüttelte der Junker sein Haupt.

„Von einer Reaktion des hochwohlgeborenen Grafen Praiodar schreibt Euer Vetter nichts. Bezüglich der Konversion der novadischen Prinzessin zum zwölfgöttlichen und im speziellen zum Boronglauben hat der Kaiser wohl Verhandlungen mit dem Kalifen geführt. Es zeichnet sich ab, dass der Kaiser des Reiches und der König von Almada als Gegenleistung auf die Reichsmark Amhallas auf ewige Zeiten verzichten werden.“ Den letzten Satz sprach Alvaro Manticco besonders langsam und deutlich.

Der Junker hinter dem Vorhang schwieg eine Weile angestrengt, bevor er sich straffte und etwas aufrichtete und unter Aufbietung seiner Kräfte mit leiser und heiserer Stimme die kaiserliche Politik verurteilte:

„Ich habe mein Blut und meine Unversehrtheit für Amhallas gegeben. Hunderte und tausende tapferer Almadanis haben ebenso gehandelt. Vor und in Omlad, auch im Tal der Dornen, haben wir viele unserer Besten verloren, auch persönliche Freunde. Wie kann dieser Kaiser das tun, der zu schwach war, sich die Reichskrone zu nehmen? Damit entmannt er sich endgültig selbst. Wir sollten beten, dass Rohaja bald kommt und der Camarilla um den Möchtegern-Kaiser – Alara Paligan, Shahîm von Khabosa, Rafik von Taladur und wie sie alle heißen – die Köpfe vor die Füße legt. Mein guter Alvaro, langsam bezweifle ich, dass es nur die Ratgeber um den Kaiser, diese bösen und schlechten Menschen, sind, die nach Almadas Untergang trachten – ich beginne zu glauben, dass der Kaiser selbst Almadas Verderben ist. Der völlig dilettantische Griff nach der Krone des Raulschen Reiches, der so schlecht vorbereitet war, dass selbst ein Bauernbursche diesen Coup besser hätte planen können. Er mag alles Recht Derens und Alverans auf seiner Seite haben, das glaube ich nach wie vor. Doch wie kann er dies tun, ohne sich der Treue einiger Fürsten und Großer firunwärtig von Amboss und Pforte sicher zu sein? Wie kann er, wenn er es tut, wenn er es ausschlägt, sich damit zu begnügen, als Kronprinz und König von Almada der mächtigste Mann des Raulschen Reiches zu sein, wenn er nach der Krone Rauls des Großen greift, wie kann er dann dabei so zögerlich und erbärmlich sein? Er hätte sofort nach seiner Kaiserkrönung, solange Garetien noch verblutet, gnadenlos zuschlagen müssen. Stattdessen opfert er unsere Armee geistlos und sinnlos in der Schlacht bei Morte Folnoris. Und jetzt? Jetzt gibt er heilige Ansprüche der Krone Almada auf die Reichsmark Amhallas auf, durch welche Almadas Herzblut, der Yaquir, pulsiert, um das Bett mit einer Scheinkonvertitin zu teilen?“ Müde von der Anstrengung und müde von der kaiserlichen Politik, die er verurteilte, sank der Junker von Dalias wieder auf sein Kissen zurück.

„Nun“, Alvaro Manticco schüttelte ob so offensichtlicher kaiserlicher Dummheiten und Niederträchtigkeiten den Kopf, „vielleicht haben Brin und Emer doch richtig gehandelt, als sie diesem geistesschwachen Prinzen 1014 den kaiserlichen Purpur entrissen?“

Schweigend nickte Dom Gualdo Ippolito Honorio di Dalias y Gurnaban und blickte ins Licht.

Chronik:1033
Der Zenit des Mondes
Teil 14