Chronik.Ereignis1032 Besuch aus Albernia 04

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Baronie Yasamir, Rondra 1032 BF[Quelltext bearbeiten]

In der Stadt Yasamir[Quelltext bearbeiten]

Autor: Benutzer:Jan Ida

Der Morgen sah Selina schon früh auf den Beinen, noch einmal wollte sie nicht schlafen, bis die Sonne hoch am Himmel stand, und so sah die aufgehende Sonne sie bei ihren Schwertübungen. Das Frühstück etwas später begann kaum anders als das vorherige. Mit dem Unterschied, dass Selina bei ihrem morgendlichen Mahl bereits einen Brief vorfand. Er war offensichtlich von der Hand des Barons für seine Tante in Havena - unversiegelt.

Sie drehte das Schreiben unschlüssig in der Hand. Schliesslich und endlich war es an ihre Schwägerin adressiert, nicht an sie. Und wenn es den Bruder des Barons nichts anging, was in dem Brief stand, den sie gebracht hatte, so ging es sie ebensowenig etwas an, was Jan Ida seiner Tante antwortete. Hm, und dennoch lag es womöglich in der Absicht ihres Gastgebers, dass sie das Schreiben lesen sollte, sonst wäre es doch gesiegelt… Vielleicht hätte sie ihrer Neugier doch noch nachgegeben, doch Lina kam herein und fragte, ob sie noch etwas vermisse auf ihrem Tisch, und sie legte den Brief möglichst beiläufig beiseite.

Sie würde den Baron bitten, den Brief zu siegeln. Einstweilen legte sie ihn zu ihren Sachen und verschloss die Truhe, nachdem sie ihre Waffe wieder angelegt hatte.

Wenig später war Selina bei ihrem Pferd, um das sich der Stallknecht Alricio nach besten Kräften gekümmert hatte. Sie prüfte den Sitz von Sattel und Zaum noch einmal, ehe sie sicher war, dass das Tier für den Ausritt bereit war. Als sie die Stute aus dem Stall führte, hörte sie schon den hellen Klang der Hufe zweier anderer Pferde auf dem Hof.

Das erste wurde vom Baron geführt, wieder in Jägertracht, das lange, schwarze Haar zurückgebunden. Der Mann neben ihm war in seinem Alter - Mitte dreißig. Groß, mit gepflegtem Kaiser-Alrik-Bart. Sein Körperbau verriet, dass ihm körperliche Arbeit wohl vertraut war.

Jan nickte freundlich als er sie sah.

"Dom Eslam von Rebenthal", stellte er vor. "Domna Selina Castos aus Albernia."

Eslam lüpfte bei der Vorstellung seinen Caldabreser. Seine Augen zeigten freundliche kleine Fältchen.

"Domna Castos."

Selina nickte Eslam grüssend zu. Sie erinnerte sich nicht mehr daran, mit welchem Rang Jan Ida von Eslam von Rebenthal gesprochen hatte und zögerte darum einen Moment, wie sie ihn ansprechen solle.

„Es ist mir eine Ehre, Dom von Rebenthal", antwortete sie ihm endlich.

Dann wurde ihre Aufmerksamkeit von den Pferden der beiden Männer gefangen genommen. Sie erinnerte sich an das des Barons, das seinen Platz im Stall direkt neben ihrer Stute hatte. Ein leichter Apfelschimmel, der in wenigen Jahren reinweiss sein würde, den Kopf schon zum Hoftor gewandt und die Ohren gespitzt. Vielleicht kannte er die Vorbereitungen zu einem längeren Ausritt und freute sich darauf. Der Braune des Gastes, der bereits den Weg hierher gemacht hatte, schien die Sache gelassener zu nehmen, zuerst einmal hatte er den Kopf auf dem schön geschwungenen Hals in Richtung ihres Tieres gewendet, das ihm noch fremd war. Für ihre Stute bedeutete ein frühes Verlassen des Stalles nur einen langen Arbeitstag und sie legte mürrisch nur kurz die Ohren an, als das Tier Eslams ihr nahe kam.

Der Baron schwang sich beinah beiläufig in den Sattel und atmete einmal zufrieden durch. Langsam ritt er los.

"Dann wollen wir doch einmal sehen, wie die Dinge so stehen. Vielleicht machen wir dann noch einen Ausflug zu Deinem Gut, Eslam?" Er lachte. "Schließlich schuldest Du mir noch eine Probe von Deinem Wein."

Der Angesprochene neigte den Kopf, ihm folgend.

"Vielleicht", sagte er. "Ich dachte, es ginge zuerst zu Dom Ambrosch. Du wolltest mir etwas zeigen."

Er zwinkerte vergnügt.

"Dom Ambrosch ist mein Mechanikus", erklärte Jan sich im Sattel umwendend. "Er repariert hier dies und jenes."

Selina stieg ebenfalls auf und liess die Stute am langen Zügel den beiden folgen.

"Dom Ambrosch?" fragte sie zurück. "Ich hatte bisher den Eindruck, diese Anrede sei eine Art Titel."

"So ist's", sagte der Baron. "Nun - als ich ihn einstellte, ließ er mich zumindest glauben, er sei ein Mann von hoher Geburt bei seinem Volk. Leider stimmt ihn die Anrede nicht immer allzu gnädig, was seine Entlohnung angeht."

Endlich am Tor angekommen, setzte sich das Fallgitter wieder nach oben in Bewegung.

"Mir scheint es freilich, dass er sich auch mal um das Geräusch am Tor kümmern könnte - wenn er es nicht für unter seiner Würde erachtet."

Natürlich, dieser Ambrosch musste ein Zwerg sein und am Ende würde er wahrhaftig noch gutes Geld dafür nehmen, das Fallgitter leiser zu machen. „Ein Eimer Fett kann in solchen Fällen Wunder wirken, habe ich mir sagen lassen", kommentierte sie die Ausführungen ihres Gastgebers. „Dieser Ambrosch kann sich glücklich preisen, dass Ihr in der Lage seid, seine Preise zu zahlen. Meister Bims in Völs, der natürlich nur ein Schmied ist, hat dieses Glück nicht. Er muss sich blutenden Herzens mit dem begnügen, was wohl auch ein menschlicher Schmied bekommen würde, mehr oder weniger."

„Was ihn als Zwerg wohl sehr ärgern muss, ja. Nun – was Ambrosch angeht, bin ich abgesehen von einigen…" Er rang kurz um Worte, wobei er sichtlich lauschend nach oben zum Gitter blickte. „Eigenheiten wohl zufrieden. Nun – Ihr werdet ihn ja gleich kennen lernen. Keine Angst – es wird nicht allzu lange dauern. Dann geht es in die Heide."

Ihre Augen verengten sich kurz im Ärger, obwohl sie wusste, dass dieses „keine Angst" nur eine Redewendung war. Diese Marotte wurde sie einfach nicht los.

„Er muss Euch sehr nützlich sein, wenn Ihr bereit seid, seine …Eigenheiten zu ertragen", meinte sie. „Habt Ihr soviel Verwendung für einen Mechanikus an Eurem Hof?"

"Nicht nur bei Hofe", sagte der Baron. "Auch am Stadttor - bei der Bewässerung und in den alten Minen von Torrefalcó. Bei der Horasfestung... Na ja - es fällt so einiges an."

Sie ritten langsam den Weg von der Burg zum Marktplatz hinunter. Die Stadt war scheinbar bereits hellwach. Da und dort hörte man das Treiben der Handwerker. Sägen, Klopfen und in der Ferne das Hämmern eines Schmiedes. Doch noch war alles in das Lichts des kühlen Morgens gehüllt.

Das Stadttor hatte Selina aufmerksam gemustert, als sie vorbeigekommen waren, aber nichts gefunden, was speziell einen Mechanikus nötig machen würde. Nun, sie würde ihre Unbedarftheit in diesen Dingen nicht laut verkünden.

Zwei Mägde unterbrachen kurz ihr Gespräch und ein Kaufmann zog respektvoll seinen Caldabreser als sie vobeikamen. Ob der wohl einer von denen war, an dem ihr Gastgeber nicht vorbeikam bei seinen notwendigen Einkäufen? Es musste zeitweise schwierig sein zu repräsentieren, auch wenn die ganze Burg nach Geld aussah und auch die Stadt nicht ärmlich wirkte.

Was wohl der Baron seinem Freund zeigen wollte?

„Arbeitet Meister Ambrosch auch für Euch, Dom von Rebenthal?"

"Für mich? Nein - ich bin ein einfacher Winzer", sagte er. "Na ja - fast. Zumindest bedarf ich keines Mechanikus."

Jan neigte den Kopf.

"Warte, bis Du das siehst."

Er zügelte sein Pferd vor einem einstöckigen, weißen Gebäude. In die schwere Eingangstür waren Runen geritzt - offensichtlich Rogolanzeichen, die Selina nichts sagten. Der Baron glitt aus dem Sattel. Mit einigen Schritten war er an der Tür und zog an einer Kordel. Von drinnen hörte man das Klingeln von Glöckchen.

Es dauerte eine ganze Weile, dann öffnete sich die Tür. Ein grauhariger Zwerg mit breitkrempigem Haut und einer Brille öffnete. Über der typischen Almadaner Tracht trug er eine Lederschürze mit Taschen, aus denen die Griffe von verschiedenen Feinwerkzeugen ragten.

"Meister Ambrosch, ich komme um mir Eure Zeichnungen anzusehen."

Der Zwerg nickte und brummelte etwas, das Selina nicht verstand und für einen Gruss hielt. Sie erwiderte ihn mit einem Nicken, dann stieg sie ab und hielt ihr Tier am kurzen Zügel, abwartend und den Zwerg verwundert betrachtend, der so sehr menschliche Sitten angenomen hatte.

Der Baron nickte und stellte sie vor - zum zweiten Mal an diesem Tag.

"Domna Selina Castos aus Albernia. „Dom Ambrosch, Meistermechanikus", sagte er, dem Zwerg ins Haus folgend. Er machte dabei einen großen Schritt. "Passt auf die Stufen auf!"

Tatsächlich ging es eine kurze Treppe hinunter in einen großen, hellen Raum, der mit allen möglichen Dinge angefüllt war. Entlang der kahlen, weiß gekalkten Wände standen einige grobe Lattenkisten, die jedoch geschlossen waren und ihren Inhalt nicht erahnen ließen. Daneben befanden sich einige Barren aus verschiedenen Metallen, sauber aufgestapelt.

In der Mitte des Raumes war eine Werkbank mit verschiedenerlei Instrumenten. Auffällig war eine Standlupe, über der ein System aus Kerzenständern und Spiegeln hing. Unter ihr lagen Feilen und einige Zahnräder wie es schien. Ein Schleifstein mit Kurbel und ein Schraubstock klammerten sich an den gegenüberliegenden Rand der Tischplatte.

Dahinter - in der entferntesten Ecke standen ein Sack mit Kohle und ein kleiner, gemauerter Ofen. Von dort schien es in einen Nebenraum zu gehen. Von dort hörte sie auch das Plätschern von Wasser, welches Reflektionen an die Decke warf.

Meister Ambrosch führte den Baron zu einem Pult. Unter seiner geneigten Schreibfläche, nach unter zwei Schubladen, stapelten sich etliche Pergamente in Fächern. Der Zwerg zog aus Letzteren eine lange Pergamentrolle, die er oben auf entrollte.

"Eslam... schau mal: Wäre das nicht was für Dich? Eine Pumpe angetrieben durch ein Windrad. Zur Bewässerung..."

Er winkte seine Begleiter heran.

Selina ließ Dom Eslam den Vortritt bei der Zeichnung und sah sich in der Zwischenzeit im Raum um. Einige der Gegenstände kannte sie aus Bims’ Schmiede, andere wirkten völlig unbekannt. Tatsächlich waren hier nur irgendwelche Einzelteile oder zusammengesetzte Teile zu sehen, die irgendetwas noch nicht Erkennbares ergeben würden. Sie ging hinüber zu der Lupe und schaute sich das Lichtsystem an, das der Zwerg sich da gebaut hatte – Licht war immer rar im Haus, besonders im Winter.

Die Spiegel schienen das Licht der Kerzen zu bündeln auf einen Punkt hin, schien es ihr. Ein weit helleres Licht als eine einzelne unstete Lichtquelle. Dennoch war sie sich nicht sicher, ob der Zwerg es selbst erfunden oder aus den Hallen seines Volkes mitgebracht oder die Idee gar aus dem Lieblichen Feld hatte. Nun ja, sie brauchte so etwas nicht mehr, sie musste keine Bücher mehr führen. Aber an sich eine brauchbare Idee.

"Eigentlich -", sagte der Zwerg brummelnd. "wollte ich Euer Problem in den Minen lösen, aber da kam mir dieser Gedanke. Aber keine Angst: Ich bin dabei."

"Das will ich hoffen, Meister Ambrosch", sagte der Baron. Er betrachtete die Zeichnung nachdenklich. "Wie lange werdet Ihr brauchen?"

"Nur einige Tage, um das Vorhandene zu verbessern", entgegnete der Zwerg beschwichtigend.

"Gut -", befand Jan. "wisst Ihr was? Wenn Ihr damit fertig seid, könntet Ihr mir so etwas bauen. Für den Gemüsegarten vielleicht oder den Brunnen."

"Wie funktioniert das hier?" fragte Eslam von Rebenthal. "Ich meine, wunderbare Sache bei leichtem Wind, aber werden Eure Flügel hier nicht wegfliegen wie Dachziegel, wenn es einmal stürmt, Dom Ambrosch? Erklärt mir unbedarftem Winzer einmal näher, was es mit all diesen Strichen auf sich hat. Sind das alles hölzerne Balken? "

Der Zwerg strich sich über den Bart.

"Nun - ich dachte tatsächlich an Holz und Segeltuch", gab der Zwerg zu, "befestigt wie an der Nabe eines Rades. Doch die Segel einzuholen wie der Seemann sagen würde, scheint mir klug. Man müsste ausprobieren wie sehr der Wind daran zerrt und wie schwer man es machen muss. Es scheint mir der richtige Monat für einige Tests."

„Hm, ich muss gestehen, meine Reben möchte ich ungern als Versuchsobjekt herausrücken. Aber so unten am Fluss, zum Felder bewässern… Wie schaltet man das ab? Gerade kommt mir das Märchen vom süßen Brei in den Sinn, Meister Ambrosch, Ihr kennt es sicher."

Selina kam herübergeschlendert und sah sich die Zeichnung ebenfalls an, aber sie erkannte noch weniger darin als Eslam. Die Skizze erinnerte sie an eine Zeichnung ihrer ungeduldigen Selma, die einfach etwas gekritzelt hatte und an alles drangeschrieben, was es darstellen solle. Mit gefurchter Stirn lauschte sie den Ausführungen des Zwerges.

Der Baron lachte verhalten.

"Ich verstehe Dich, Eslam. Machen sich die Flügel selbständig, dann ist die Weinlese vielleicht allzu schnell getan. Und - Meister Ambrosch?"

Der Zwerg presste die Lippen aufeinander.

"Nun - zumindest bin ich kein Koch. Meine Idee war die Flügel zu verriegeln mit einer Bremse wie an einer Kutsche. Notfalls mag man sie herunternehmen, bis es wieder windstill ist."

„Mein bester Meister Ambrosch, der süße Brei wurde doch in einem Zaubertöpfchen gekocht, nicht von einem Koch", meinte Eslam lachend und zwinkerte rasch zu den andern beiden. „Aber ich gestehe reumütig, dass der Vergleich mehr als hinkt – selbst wenn Eure Entwürfe wie Zauberei aussehen mögen, es ist sicher keine Zauberei darin! Sagt, wie ist Euch diese Idee gekommen – und was wolltet Ihr eigentlich entwerfen?"

Der Zwerg zuckte mit den Schultern.

"Nun - eigentlich wollte ich schon eine Pumpe entwerfen, die weniger Kraft erforderte wie die normalen. Und da mir nichts einfallen wollte, ging ich außerhalb der Stadt ein wenig spazieren. Und gerade als ich dachte: Woher die Kraft nehmen, da sah ich auf einem der Hügel die Kornmühle. Wind! Warum sollte etwas, das Korn mahlen könnte nicht auch Wasser befördern? Man müsste die Kraft nur umlenken. Einfach genug - und keine Zauberei."

„Hm, warum ist noch niemand wirklich darauf gekommen? Es klingt so einfach, wie Ihr das sagt, Meister Ambrosch, und ich habe auch noch nie gehört, dass einer Kornmühle die Flügel weggeflogen seien. Wenn man es so betrachtet… es wäre sicherlich viel einfacher, das Wasser auf Eure Weise zu schöpfen. Wie hoch werdet Ihr das Wasser so pumpen können, was meint Ihr?"

Meister Ambrosch neigte den Kopf.

"Ich denke da gibt es keine Grenze. Nur ein entscheidender Nachteil bleibt: Ohne regelmäßigen Wind geht es nicht. Aber man kann Wasser aus der Tiefe auf Vorrat in eine Zisterne befördern. Oder eine Kurbel mag helfen, den Wind zu ersetzen."

Der Baron nickte.

"Wie dem auch sei: Baut mir ein Modell. Dann sehen wir weiter. Mir schien, wir wollten heute noch einen kleinen Ausritt machen?"

„Aber Jan, wenn du uns schon so etwas Interessantes zeigst, dann unterbrech ich meinen Ausritt doch gerne. Und ein Besuch bei Dom Ambrosch ist immer seine Zeit wert." –

„Dom Ambrosch, wenn mich Euer Modell überzeugt, dann werde ich prüfen, wo sich so ein Gerät auf meinem Gut einsetzen lässt. Bedingung ist natürlich, dass jeder es bedienen kann, ich kann nicht jemanden damit beauftragen, dass er nur noch Eure Windpumpe überwacht."

Der Zwerg schien zufrieden.

"Das ist ein Wort. Ich denke, in einigen Wochen sollte ich ein Modell fertiggestellt haben. Dann mögen wir es testen."

„Ich werde gerne dabei sein, wenn Ihr es testet", antwortete Eslam. „Bitte vergesst nicht, mich zu benachrichtigen, wenn es soweit ist."

Bald darauf überließen die drei Besucher die Werkstätte Meister Ambrosch, der wohl dem Problem Jan Idas noch längere Zeit nicht die gebührende Aufmerksamkeit widmen würde.


Chronik:1032
Besuch aus Albernia
Teil 04