Chronik.Ereignis1036 Besuch im Vanyadâl 24

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Baronie Schrotenstein, 5. Tsa 1036 BFBearbeiten

Castillo Wildenfest, kurz vor MitternachtBearbeiten

Autor: von Scheffelstein

Lucrann da Vanya schnallte sich die Panzerhandschuhe ab und ließ sich von einem Waffenknecht aus dem Harnisch helfen. Ein kalter Wind pfiff durch das mit einem Bärenfell verhangene schmale Fenster der Kemenate herein, das Feuer im Kamin war eben erst entfacht worden und hatte den Raum noch nicht aufgeheizt.

Lucrann ließ die Schultern kreisen und bewegte den muskulösen Nacken, bis ein Knacken in seinem Genick zu hören war, dann ließ er sich mit unwilligem Schnaufen und schmerzverzerrtem Gesicht in einem der Polstersessel nieder. Die alte Wunde, die er sich während der Schlacht auf dem Mythraelsfeld zugezogen hatte, machte ihm bei der Kälte besonders zu schaffen.

Er ließ seinen Blick durch den Raum schweifen. Seit er das Castillo Wildenfest das letzte Mal besucht hatte, hatte es sich verändert und trug nun unweigerlich die Handschrift seiner Mutter: Alles war ordentlich, zierreich und mehr schön als nützlich. Allein der Trakt, der vom Verwalter Hilario von Quirod-Bosquirquell bewohnt wurde, wirkte noch immer so rau und unwirtlich, wie Lucrann das Castillo in Erinnerung hatte und damit mehr nach seinem Geschmack.

"Was sagt Ihr, holen wir Verstärkung und jagen den Mistkerl quer durch Transbosquirien?" Sein alter Freund Wolpert Dragentodt setzte sich in den zweiten Sessel, angelte mit dem Fuß nach einem Schemel und stellte die Stiefel darauf.

Ein Diener kam herein, brachte einen Weinkrug und zwei Zinnbecher. Lucrann ließ ihn einschenken und winkte ihn dann hinaus.

"Wo willst du da anfangen?", brummte Lucrann. "Man braucht eine Armee, um Transbosquirien zu durchkämmen. Oder wenigstens eine Schwadron auf Ferkinaponys." Er lachte dunkel. "Ich fürchte, hier muss sich Seine Eminenz was Besseres einfallen lassen. Vorerst können wir nur die Grenze zum Bosquir sichern, so gut es geht, und hoffen, dass der Bastard nicht wiederkommt." Bis zum Bosquir hatten sie den Boronfrevler verfolgen können und darüber hinaus, aber am südlichen Ufer war der Schnee schon weitgehend getaut, und da hatten sie seine Spur auf dem felsigen Untergrund bald verloren. "Morgen reiten wir zurück nach Schrotenstein und treffen meinen Oheim, wie abgemacht."

Eine Weile tranken sie schweigend und starrten in die zuckenden Flammen der Feuerstelle. "Meint Ihr, die Scheffelstein hat Eure Mutter frei bekommen?", fragte Wolpert Dragentodt.

Lucrann brummte etwas Unverständliches. Er bezweifelte es. Nach allem, was die kleine Gujadanya erzählt hatte, waren die Harmamunds niederträchtiger denn je. Ein ungehaltener, ehrloser und freiheitsliebender Teil von ihm – so sagte er sich – war jedoch ganz froh darüber, dass seine Mutter ihn derzeit nicht behelligen konnte. Vielleicht sollte sie lieber noch ein wenig länger im Gewahrsam der Harmamunds verbleiben, so lange, bis er Almada wieder verlassen hätte.

"Wann werdet Ihr es ihr sagen?", fragte Dragentodt, als habe er seine Gedanken erraten.

Lucrann schnaubte. "Nicht in diesem Leben."

Wolpert Dragentodt grinste. "Eure Familie scheint sehr erpicht drauf zu sein, dass irgendwer ihren Fortbestand sichert. Reden alle nur noch vom Heiraten: Eure Mutter, Seine Eminenz. Und jetzt, wo der Junge Eurer Base tot ist und das Mädel weiter mit den Amazonen verkehrt, da werdet Ihr wohl auch dran glauben müssen."

"Nicht in diesem Leben", knurrte Lucrann.

Wieder schwiegen sie einen Moment, tranken den Wein in tiefen Zügen.

"Selbst die Scheffelstein wollen sie jetzt verheiraten, nur weil sie 'ne halbe da Vanya ist."

Jetzt grinste Lucrann. "Da können sie's lange versuchen."

"Verzweifelt genug sind sie." Dragentodt zuckte mit den Schultern, trank und wischte sich die Tropfen aus dem Bart.

Lucrann da Vanya starrte düster ins Feuer. Dragentodt schenkte ihm nach, noch immer grinsend. "Tja, mein Guter, wen Rahja segnet, der hat's nicht leicht. Da lob' ich mir doch den Widdergehörnten." Er fasste sich in den Schritt und schlug dem Baron dann lachend die Faust auf die Schulter. "Klar und direkt und ohne Reue. Nicht wie Rahja."

"Rahja kann mich mal am Arsch lecken", grollte Lucrann. Dragentodt nickte, und die Männer verfielen in Schweigen.