Chronik.Ereignis1033 Feldzug Epilog 01
Auf Castillo Ragath, 30. Efferd 1033 BF
In der Gartenanlage, vormittags
Autor: Der Sinnreiche Junker
Es war kühl an jenem Tage. Wie eigentlich an allen Tagen zuletzt. Es war eben die Zeit der Tristeza, wo selbst in Almada der Himmel grau wurde. Droben in Caldaia waren die Weiden womöglich dieser Tage von einer dünnen Schneedecke bedeckt, doch blieb der Ragatische Kessel von derlei Wetterungemach zumeist noch verschont. Dennoch, es war nicht zu leugnen, dass die Witterung Bewohner wie Gäste von Castillo Ragath mehrheitlich nach drinnen vertrieben hatte, und das obwohl das Castillo heute ob der Anhörung und des morgigen Festes zum Tag der Jagd aus allen Nähten platzte. Die wenigen Menschen, die man in den Gartenanlagen antraf, hasteten rasch vorbei um ins Warme zu gelangen, sodass nicht viel mehr als flüchtige Grüße ausgetauscht wurden.
Eine Ausnahme bildete scheinbar nur eine kleine Gruppe in einer der freilich nicht mehr von ganz so viel üppigem Grün wie sonst geschützten Laube. Auffällig war die größtenteils schwarze Farbe ihrer Gewandungen, sah man einmal von einem ab, bei dem es sich unzweifelhaft um einen Weißmagier handelte, und der wohl nicht nur aufgrund der Kleidungsvorschriften des Codex Albyricus allzu dunkle Stoffe mied. Ansonsten aber trugen die übrigen Drei von etwas Weiß und Silber abgesehen schwarz. Schließlich schien ihre Unterredung oder was immer dort stattgefunden hatte zu Ende zu sein, und der Magier, ein humpelnder Grauhaariger und ein noch recht junger Mann machten sich eiligen Schrittes auf den Weg ins Warme. Auf etwaige andere Besucher der Gärten achteten Rondago Farugor von Aranjuez, Rafik von Aranjuez und Gualterio Colonna somit kaum, es sei denn, sie kreuzten ihren Weg. Und auch dann blieb nicht mehr als ein kurzes Nicken, ein angedeutetes Lüften der Caldabreser, ein paar gemurmelte Höflichkeiten.
Hernán von Aranjuez indes war zurück geblieben, hatte sich trotz des kalten Steines auf die Marmorbank gesetzt, das verwundete Bein weit von sich gestreckt. Die Wunde aus den Bergen bereitete ihm noch immer Schwierigkeiten, Schmerzen. Kein Wunder freilich, nachdem er zunächst mit Dom Gwain und anschließend mit Seiner Kaiserlichen Majestät selbst gezogen war, statt die Wunde auszukurieren. Und magische Heilung lehnte er ab, solange es nicht unbedingt notwendig war. Entsprechend langsam erhob er sich dann schließlich doch, gestützt auf einen Stock und trat vor die Laube. Ein wenig Ruhe tat gut, und die frische Luft schärfte seine Sinne. Und die würde er heute brauchen. Hinter ihm stand heute kein Tercio, nicht einmal eine Handvoll gedungener Mietklingen, und auch seine Verwandten konnten ihm nicht helfen. Sein Vetter Rafik, der schlaue Advocatus, war wieder und wieder die kritischen Punkte mit ihm durchgegangen. Wieder und wieder hatten sie die Anhörung geprobt, doch ihr stellen musste er sich doch alleine. Hätte er sich davonstehlen sollen? Wieder einmal? Nein. Endlich hatte der Kaiser seiner Familia die lange beanspruchte Baronie Dubios zugestanden. Sich einmal mehr aus dem Staub zu machen hätte der Sache des Hauses Aranjuez nur geschadet, womöglich die Ansprüche auf Dubios für immer zunichte gemacht. Und hatte der Kaiser selbst ihn nicht gerade ausgezeichnet? Tief sog er die kalte Luft in sich ein, schloss für einige Momente die Augen. Doch halt, waren da nicht leise Schritte zu hören…?
Autor: Romina Alba
Es war kalt im Garten. Romina fröstete und zog den zarten, weißblauen Schal enger um die halbnackten Schultern. Sie sah sich zum Palas hin um und versuchte einzuschätzen, ob man sie von den Fenstern aus sah. Vielleicht hätte sie doch schwarz tragen sollen. Darin wäre sie nicht aufgefallen. Aber sie musste ja dem Kaiser zum Trotz weißblauen Seidenbrokat tragen. Ein Stoff in den Farben deren von Streitzig, der mit den Lichtern im Saal um die Wette schimmerte. Sie raffte gekonnt die Röcke und glitt um eine Statue herum. Sie lehnte sich an und schloss die Augen. Endlich ein wenig Ruhe. Wie alle sie anstarrten. Sie war die arme, entführte Grafentochter, die bei den Ferkinas wer weiß was erlebt hatte. Sie sahen sie an und man sah deutlich, was sie sich alles ausmalten. Und Mutter erwartete von ihr, dass sie freundlich war und jedem gerecht wurde. Vielleicht sollte sie dem Nächsten der starrte einfach die Wahrheit sagen. Das wäre doch nur gerecht.
Sie atmete tief durch, drehte sich ein wenig und öffnete die Augen. Sie brauchte einen Moment, um zu registrieren, dass der Mann, der sie anblickte, Wirklichkeit war. Der Aranjuezer stand vor ihr. Ausgerechnet. Was machte er bei dieser Kälte im Garten. Sie zog die Augenbrauen zusammen und straffte sich. "Baron, " sie senkte höflich den Kopf, eine freundliche Geste, die von blitzenden Augen zunichte gemacht wurde. "Ich hörte, ihr seid siegreich gewesen. Meine Gratulation." Sie versuchte diesmal nicht, ihren Zorn zu verbergen. "Seid ihr wohlbehalten?!" Sie wusste genau, dass er verwundet worden war, man sagte, er habe gegen Oger gekämpft. Und jetzt war er in Schwierigkeiten, was ungerecht war, denn ausser Dummheit war ihm nichts vorzuwerfen. Wäre Dummheit strafbar, würde Onkelchen Gendahar schon lange in Al'Muktur sitzen. "Und wie geht es euren Getreuen?" Ihr schöner Mund wurde zu einem Strich.
Autor: Der Sinnreiche Junker
Hernán von Aranjuez wechselte etwas umständlich den Gehstock von der rechten in die linke Hand, sodass er den Caldabreser höflich lüften konnte. „Es war des Kaisers Sieg, und der Dom Gwains“, erklärte er ohne große Gefühlsregung, derweil er das Ganze in umgekehrter Reihenfolge wiederholte damit er sich wieder entsprechend aufstützen konnte. „Sie sind wohlauf, danke der Nachfrage“, neigte er schließlich doch das freilich wieder vom Caldabreser mit der kecken Reiherfeder bedeckte Haupt. Über sein eigenes Wohlbefinden schwieg er, immerhin dürfte sie wissen, dass seine Anwesenheit auf dem Castillo ihres Vaters alles andere als freiwillig war, und von entsprechender Laune war auszugehen. Eine nicht so einfach heilen wollende Beinwunde war dagegen beinahe eine lästige Lappalie.
„Ich hoffe Eure Rückkehr ist ohne weitere unerfreuliche Zwischenfälle verlaufen? Wie man hört, haben Euer Hochgeboren einige Zeit in der Waldwacht verbracht.“ Letzteres war mehr eine Feststellung denn eine Frage. Freilich, so manche Hofschranze zerriss sich zweifellos das Maul darüber, warum die Comtessa beinahe umgehend in der Manier einer Flucht einen noch entlegeneren Winkel denn das Bosquirtal am anderen Ende des Königreiches aufgesucht hatte.
„Darf ich Euer Hochgeboren meinen Umgang anbieten? Es ist kalt geworden.“ Tatsächlich hatte der Condottiere eine Antwort ihrerseits auf die eher der Höflichkeit denn wirklichem Interesse geschuldeten Erkundigung gar nicht erst abgewartet. Stattdessen nestelte er an der versilberten Spange seines selbstverständlich schwarzen Umganges. Dieser war von einfachem Stoff wie Soldaten ihn trugen, nicht gerade weich und bequem aber zweifellos warm. Offensichtlich hatte er sich bereits längere Zeit hier draußen aufgehalten, wofür auch die leichte Röte seiner unrasierten Wangen sprach. „Ich muss mich schließlich schon für genügend anderer Dinge verantworten. Da will ich nicht auch noch die Schuld an der Erkältung der Tochter meines Grafen tragen.“ Ein Hauch von Vorwurf in seiner Stimme, obgleich seine Mundwinkel nach oben gezuckt waren, wie es sich bei einem Scherz gehörte.
Autor: Romina Alba
Er bot ihr seinen Umhang an. Schlagartig war aller Ärger verflogen. Moritatio hatte ihr damals auch seinen Umhang gegeben. Und jetzt galt er als verschollen. Er war der Netteste von allen da Vanyas gewesen. Die blauen Augen der Comtessa forschten im Gesicht ihres Gegenübers. Ihr war kühl, doch was war schon ein bisschen Kälte gegenüber dem, was sie erlebt hatte. Er hatte nach ihrer Heimkunft gefragt und nach dem Taubental. Auch darüber zeriss man sich den Mund. Sie war beim schönen Baron gewesen. Wildeste Gerüchte rankten sich darum. Rahjada hatte Gift und Galle gespuckt.
Sie hob das Kinn und zog die Augenbrauen hoch. "Dom, ich nehme euren Umhang unter zwei Bedingungen an. Die Erste, ihr begleitet mich hinein. Die Zweite, ihr nennt mich Domna Romina, denn wir sind dem Hofprotokoll gemäß von gleichem Stand, euer Hochgeboren." Jetzt zuckten ihre Mundwinkel. "Der einzig leidige Zwischenfall auf meiner Heimreise war das Essen mit der Vogtin von Selaque, doch leider waren wir zu wenige, um Beweise für die Lügen dieser Frau zu finden." Ihr Blick glitt zu der Hand, die an der Umhangschnalle nestelte. "Darf ich euch helfen, Dom?"
Autor: Der Sinnreiche Junker
„Wie Ihr wünscht. Domna Romina“, nickte der Aranjuezer, und schob sein Hand ein Stück zur Seite, dass sie nur mehr den Umhang hielt, und die Grafentochter die Spange lösen konnte. Sodann ließ er den Stoff von seinen Schultern gleiten, und legte ihn der Ehrensteinerin um die ihren. Etwas ungeschickt mit nur einer freien Hand freilich, sodass sie gewiss ein wenig nachhelfen musste, bis der Umhang halbwegs saß. Dann bot er ihr seinen Arm zum Unterhaken an, wobei es ob des Gehstockes wiederum der Linke war. Für Dom Rondrigos Pagen und Knappen wäre es zweifelsfrei eine wertvolle Lektion in der Cortezia gewesen, weshalb man(n) der Dame gemeinhin den rechten Arm anbot, schlackerte doch nun, da Domna Romina zur Linken des Condottieres ging, sein Degen zwischen ihnen.
„Die Elenterin ist nicht auf den Kopf gefallen, das muss man ihr lassen. Es ist kein Zufall, dass sie bereits so manche Fährnisse überstanden hat.“ Damit schien er es aber auch belassen zu wollen. Das würde später im Rittersaal des Castillos geklärt werden. Stattdessen: „Werdet Ihr ebenfalls an der morgigen Jagd teilnehmen?“
Unsichtbar für sie beide war derweil jemand auf sie aufmerksam geworden. Hoch droben in einem Turm des Castillos stand Rahjada von Ehrenstein-Streitzig und sah durch ein geöffnetes Fenster auf die Gartenanlage des Palastes hinab. Die zierliche Hand ballte sich zur Faust, als sie mit ansehen musste, wie Hernán von Aranjuez ihrer jüngeren Schwester Romina den Umhang umlegte. Schneller, immer schneller hob und senkte sich die Brust der mittleren Grafentochter, ehe sie wütend ihre Röcke raffte, und davon stürmte.
Autor: Romina Alba
Die Comtessa war regelrecht in den Umhang hineingeschlüpft und kam dabei dem Dubianer kurz recht nah. Sie senkte den Blick, ging fast unmerklich ein wenig auf Abstand, wärend sie fahrig die Spange schloss. Als das Schmuckstück endlich einhakte, legte sie schnell ihre Hand auf den angebotenen Arm und lies sich führen. Erst jetzt hob sie den Blick wieder. Ihre Augen schienen dunkler.
"Oh, natürlich werde ich an der Jagd teilnehmen. Ich liebe jegliche Form des Reitens.« Sie passte sich seinem Tempo an. "Allerdings werde ich wohl wenig erlegen. Meine Knappin wird mich begleiten." Sie schmunzelte kurz in sich hinein und schien dieses Rätsel nicht weiter ausführen zu wollen. "Doch ihr sagtet ebenfalls, Dom, werdet ihr trotz euer Verletzung mit von der Partie sein?"
Autor: Der Sinnreiche Junker
„Die kleine Waldwachterin?“ Kurz schien er nachzusinnen. Die Geschehnisse im Raschtulswall schienen bereits eine Ewigkeit zurück zu liegen, und es bedurfte manchmal eines Momentes des Innehaltens, um sich alle Gesichter wieder ins Gedächtnis zu rufen.
Der Kies des Weges knirschte unter ihren Füßen, ab und an begleitet von einem Klingeln der silbernen Sporen des Condottieres. „Man wird sehen. Ich bevorzuge die Falkenjagd, oder aber den Sauspieß. Ich fürchte aber mit meinem Bein werden die Eber nur ein müdes Lächeln für mich übrig haben. Womöglich muss ich den firungefälligen Ruhm dieses Jahr anderen überlassen.“ Vielleicht kam ja auch noch eine Anhörung dazwischen. Wirkliche Sorgen schien er sich freilich nicht zu machen, zumindest wenn man seinem sachten Lächeln traute.
Autor: Romina Alba
Die junge Comtessa schaute zu ihm hoch. Sie achtete nicht auf den Weg, sondern schien ganz auf ihn konzentriert. "Ich hatte das Vergnügen, in meiner Knappschaft mit dem Spieß jagen zu lernen. Auch wenn meine Knappherrin immer zu behaupten pflegte, ich hätte für diese Art der Jagd zu wenig Gewicht." Sie achtete auf jede Regung des Mannes an ihrer Seite. "Meine edle Mutter meinte später, die Jagd auf Eber wäre nichts für eine junge Adelige, ich solle es den Männer überlassen."
Sie seufzte leise. "Die Falkenjagd ist das Domizil meiner Schwester Concabella. Dank ihr bin auch ich stolze Besitzerin zweier Falken. Ich bin mir sicher, Concabella hat nichts dagegen, wenn ihr euch ihrer Jagdgesellschaft anschliest. Solltet ihr einen Falken benötigen, einer meiner beiden wäre bestimmt froh, mal wieder fliegen zu dürfen." Ihr Blick schweifte unruhig über die altehrwürdigen Mauern, um wieder bei Dom Hernán zur Ruhe zu kommen. "Dom Hernán," kurz zögerte sie, flatterte mit den Lidern, senkte die Stimme. "Die Gerüchte, dass Dom Moritatio da Vanya tod sei?" Ihre Augen schienen zu bitten, sie musste es wissen. "Ist es wahr?"
Autor: Der Sinnreiche Junker
Hernán von Aranjuez schmunzelte beim Seitenblick, mit der er die Gestalt der Grafentochter maß. „Nun ja, man muss sich ja nicht gleich den größten Keiler aussuchen, nicht wahr? Ansonsten…“, neigte er dankend das Haupt „…werden wir sehen, was der morgige Tag bringt.“
Bei ihrer Frage nach dem jungen da Vanya erlosch sein Schmunzeln freilich. Die Schritte wurden langsamer, dann blieb er ganz stehen, wandte den Blick in die Ferne und nickte schließlich sachte. „Bedauerlicherweise ja. Es ist wohl nicht klar, wie genau es sich zugetragen hat, doch man fand seinen Leichnam irgendwo auf halbem Wege zwischen Selaque und Burg Schrotenstein. Er hatte wie's scheint Castillo da Vanya alleine verlassen.“
Autor: Romina Alba
Romina blieb ebenfalls stehen. Ihre Hand hatte etwas fester zugegriffen, als suche sie Halt. Sie war bleich geworden. "Er war inmitten dieser hässlichen Fehde alleine unterwegs?!" Sie schloss die Augen, schien eher mit sich selbst, als mit ihrem Gegenüber zu reden. Warum berührte sie der Tod des jungen Mannes so sehr. Sie hatte ihn kaum gekannt. Die alte da Vanya und diese verlogene Elenterin rissen die Besten ihrer Familias ins Verderben. Heiß schickte aufbrandender Zorn das Blut in ihre Glieder zurück, sie bekam wieder Farbe und öffnete die Augen. "Ein da Vanya ist tot. Jetzt wird es nicht mehr aufhören..."
Sie brach ab, wusste sie als Streitzig doch nur zu gut, was das bedeutete. Sie versuchte ein Lächeln. "Verzeiht, Dom, ich werde sentimental. Ich habe immer noch den Umhang von Dom Moritatio. Mit ihm ist ein guter Caballero von uns gegangen. Ein herber Verlust für unser Land." Der Griff ihre Hand wurde wieder weich, doch es war keine Sentimentalität, die aus diesen blauen Augen blitzte. Sie war augenscheinlich wütend.
Autor: Der Sinnreiche Junker
„Einstweilen liegt Domna Rifada schwerverwundet darnieder, und Dom Gwain und Euer hoher Vater haben für Ordnung gesorgt, nun, da die Ferkinas wieder in die Berge getrieben wurden. Vorerst herrscht wohl Ruhe.“ Vorerst, denn auch wenn die Junkerin nicht den Eindruck erweckt hatte, ihrem Sohne sonderlich zugetan zu sein, so war er doch ein da Vanya, und so ungeklärt die Umstände seines Todes auch sein mochten, so lag die Grafentochter mit ihrer Einschätzung doch wahrscheinlich richtig, dass dies sehr gut zu einem erneuten Aufflammen der Streitigkeiten führen konnte, sobald Rifada da Vanya sich von ihrem Krankenlager erhob.
Freilich, so war es schon immer gewesen in Almada, dem Land der Fehden und Querellas. Dass es freilich ausgerechnet den armen Moritatio erwischt hatte, der im Gegensatz zu manchem Anverwandten durchaus einen verträglichen Eindruck gemacht hatte, und obgleich der Condottiere gewiss schon mehr als genug Menschen hatte zu Tode kommen sehen, schien er zumindest dieses Schicksal tatsächlich zu bedauern. So nickte Hernán von Aranjuez dann auch bestätigend: „Ja, in der Tat, sehr bedauerlich. Immerhin hat Dom Gwain Sorge dafür getragen, dass man in Punin davon erfahren hat, auf dass sein Name bei den Hofjunkern nicht in schlechter Erinnerung behalten wird. Er hätte sich dort wohl längst zurück melden müssen. Wer weiß, womöglich war der arme Bursche sogar schon auf dem Wege, als ihn der Herr Boron abberief.“
Autor: Romina Alba
Romina atmete tief durch und nickte. Der Junge schien ihr am Herzen gelegen zu haben. "Man hatte mich in Punin gefragt, ob ich den ihn denn getroffen hätte. Ich habe wahrheitsgetreu berichtet, dass er mir bei der Flucht vor den Ferkinas geholfen hatte, doch ich konnte natürlich nichts über seinen weiteren Verbleib sagen. Er war seiner Mutter treu ergeben..."
Sie brach ab, ihr Gesicht wurde hart. Sie hob den Blick und forschte einige Atemzüge im Gesicht von Dom Hernán. "Ihr seid ein sehr vielschichtiger Mann, Baron. Und wohl auch temperamentvoller, als man es euch zutraut. Ich würde mich freuen, wenn ihr es schafft, meinen Vater nicht nocheinmal vor den Kopf zu stossen. Mir ist genau wie meiner Schwester Concabella bewusst, dass unser Vater kein Almadani ist. Doch wir Mädchen sind ganz und gar Magnatentöchter und es werden noch viele Generationen derer von Streitzig mit einem guten Schuss Ehrensteinblut über diese Grafschaft herrschen. Ihr seid uns also auf Gedeih und Verderb ausgeliefert."
Sie lächelte offen. "Vielleicht versucht ihr wenigstens mit eurer zukünftigen Gräfin auszukommen. Sie ist euch zugetan. Immerhin habt ihr ihre Schwester gerettet. Wenn auch widerwillig." Sie legte den Kopf schief.
Autor: Der Sinnreiche Junker
Hernán von Aranjuez hob beide Augenbrauen. Das Ritter- und Junkergeschlecht aus dem Nordosten der Mark war alt wie die Erde, und hatte zahlreiche Grafengeschlechter aufsteigen und untergehen sehen. „Mit Gunst, Domna, aber mir scheint, dass ich selbst ein gutes Beispiel für die Launenhaftigkeit des Schicksales bin. Meine Familia war nie bedeutend wie die Häuser Eurer Hohen Mutter oder Eures Hohen Vaters, doch hatten wir viele Jahrhunderte unseren Platz in Ragatien und in Almada. Während der Kaiserlosen Zeiten aber wären wir beinahe untergegangen und während Dom Answins Erhebung…“ Loyalisten fänden diese Formulierung gewiss interessant! „…haben wir uns gegenseitig ausgemordet. Ich verbrachte Jahre im Exil, ehe ich der Begnadigung Eures Hohen Vaters folgte, nur um sogleich bei Dom Answins Rückkehr wieder meinen Schwertarm in seine Dienste zu stellen.“ Immerhin war er ehrlich, auch wenn es ihm wohl kaum zum Ruhme gereichte. „Und heute bin ich, trotz Dom Answins Untergang, der Baron von Dubios. Ich rate Euch, Domna Romina, seid Euch Eurer Position nie zu sicher. Wie das Haus Aranjuez niemals seine Ansprüche auf Dubios aufgegeben hat, werden weder die Harmamunds noch die da Vanyas jemals ihre Ansprüche auf den Marmorthron aufgeben. Und Euer Hoher Vater wiederum ist das beste Beispiel, dass es auch einem – verzeiht – Auswärtigen gelingen mag, die Grafenwürde zu erlangen.“
Der Condottiere gönnte sich eine kurze Pause und ein verschmitztes Lächeln. „Freilich, ich bin mir sehr wohl bewusst, dass ich als Baron nicht die erste Wahl Eures Hohen Vaters war. Dennoch werde ich ihm bei seiner Anhörung nicht nach dem Munde reden.“ Aranjuezer waren Magnaten gewesen lange bevor Brandil von Ehrenstein Graf geworden war und würden Magnaten sein lange nachdem Brandil von Ehrensteins Knochen zu Staub zerfallen waren. Die Höflichkeit verbot es dergleichen auszusprechen, doch der bei jenen Worten durchaus stolze Ausdruck auf den unrasierten Wangen des Barons und Junkers sprach Bände. Dann trat er einen Schritt von ihr weg, ließ ihre Hand, ihren Arm fahren.
„Domna Romina, es erscheint mir an der Zeit ein scheinbares Missverständnis auszuräumen. Die guten Götter mögen meine Zeugen sein, ich leugne nicht, dass es Mitstreiter gegeben haben mag, die bereit waren mehr für Eure Rettung zu wagen. Mir jedoch gebot alte Schuld ebenfalls den Sohn Dom Ramiros zu finden und die Schwester Dom Stordans zu retten. Die Ehre gebot mir die Taten der Elenterin und ihrer Handlanger nicht unbeantwortet zu lassen und schließlich gebot mir der Befehl Seiner Kaiserlichen Majestät den Frieden in Selaque zu wahren und seine braven Bewohner so gut als möglich zu schützen, nachdem deren eigentliche Domnas sich lieber gegenseitig befehdeten. Und neben all dem oblag es meiner Verantwortung, dass wir alle nicht gleich dem Rossbannerorden von den Wilden überrascht werden. Es würde mich daher dauern, wenn Ihr meine zahlreichen Verpflichtungen und meine Bestrebungen möglichst viele der mir auf die eine oder andere Weise Anvertrauten heil aus dieser Sache herauszubringen als Gleichgültigkeit Eurem Schicksale gegenüber auffassen würdet.“
Autor: Romina Alba
Romina lachte und schüttelte die goldenen, schön gelegten Locken. "Ich bitte Euch, Dom Hernán, ich erwarte keineswegs, dass ihr meinem Hohen Vater nach dem Mund redet. Mir ist bewusst, dass eher ein Adler schwimmt, als das ihr mit eurer Meinung zurückhaltet. Wäre es anders, würde ich nicht hier stehen und mit euch reden. Doch es gibt verschiedenen Arten, zu widersprechen oder sich zu widersetzen." Sie zuckte mit den Schultern. "Ich hatte nicht erwartet, dass halb Almada zu meiner Rettung in die Berge eilt, denn entgegen dem, was die schöne Domna Richeza so glauben mag, war ich es, die die Ferkina Golshan dazu gebracht hatte, uns zu befreien und aus dem Gebirge zu führen." Ihre Augen blitzten. "Ich kann recht gut für mich selbst sorgen."
Sie machte eine rethorische Pause. "Ihr seid mich suchen gegangen, dafür bin ich Euch dankbar, doch trotz der zahlreichen Pflichten, die Euch angeblich trieben, brennt Ihr nebenbei Alina nieder, nur weil der dortige Caballero bei denen war, die den da Vanyas, Euch und auch meinem Onkel böse mitgespielt hatten." Sie sah ihn vielsagend an. "Ich weiß sehr gut, dass es uferlos gewesen war, mich in den Bergen suchen zu wollen, besonders bei der großen Anzahl der Feinde. Doch genauso verrückt war es, dort zu bleiben und die Stellung halten zu wollen. Ich kannte Eure Befehle nicht, da Ihr nicht geruhtet, mit mir darüber zu sprechen, doch damals, als ich Euch verlies, dachte ich, dass Ihr und Eure Mannen sterben würdet. Das ist es, was ich Euch übel nehme. Ihr habt mich wie wie eine kleine, verwöhnte Grafentochter behandelt, deren Wissen und Können ausserhalb des Hofes nicht von Belang ist und die damit, dass sie sich in Gefahr begab, viele andere auch in Gefahr brachte. Ich hätte viel zu berichten gehabt, doch es hat Euch nicht interessiert. Denn wie kann es sein, dass eine blondgelockte Schönheit die Bewaffnung, Stärke und Anzahl eines Ferkinsstammes einschätzen hätte können?"
Sie ballte die Fäuste und senkte den Blick. "Aber es ist vorbei und entgegen dem, was ich befürchtete, lebt Ihr. Die Götter scheinen euch zu schätzen." Sie hob den Blick. "Ihr seid ein Magnat aus einer sehr alten Familia. Ich erwarte nicht, dass Ihr nachgebt. Doch ich erwarte, dass ihr versteht! Denn auch ich stamme von altem Blut, ein Blut, dass sich nicht auf eine Provinz des raulschen Reiches reduziert. " Wieder wurden diese schönen blauen Augen hart. "Was nehmt ihr meiner Familia übel?"
Autor: Der Sinnreiche Junker
„Alina war eine Frage der Ehre, und eine Demonstration. Heldor hat während Dom Answins Erhebung dieser novadischen Neuadligen die Treue gehalten, und gewiss hat sich der eine oder andere Junker selbst Hoffnungen auf die Baronswürde gemacht. Für sie alle und darüber hinaus einen jeden, der sich als Feind meiner Person oder meiner Familia sieht, galt es ein Exempel zu statuieren. Und wenn dafür nicht einmal irgendein Lehen in Dubios verwüstet wird – umso besser“, sprach der Condottiere ohne große Gefühlsregung, als erklärte er gerade, warum er auf dem Markt Äpfel und nicht Birnen gekauft hatte.
Sodann neigte er entschuldigend das Haupt. „Wohl trügt mich meine Erinnerung, denn ich glaubte mich zu erinnern, Euch durchaus über meine Befehle informiert zu haben. Gewisslich jedenfalls lag es mir fern Euch zu kränken, Domna. Sofern dies geschehen ist, bitte ich hiermit um Verzeihung. Ich mag nicht leugnen, dass ich an jenem Tage etwas…gereizt war, und es womöglich Euch und anderen gegenüber an Cortezia habe mangeln lassen. Dafür wie gesagt Verzeihung. Und was nun Eure Familia betrifft, so nehme ich ihr gar nichts übel. Weder habe ich Grund Euren Hohen Vater und die Seinen sonderlich zu hassen, noch habe ich Grund ihn und die Seinen sonderlich zu lieben. Es ist einfach manchmal so, dass die Politik einen in verschiedene Lager verschlägt. Besonders in Almada. Nicht mehr, nicht weniger“, zuckte er mit den Schultern, ehe er dann doch die Stirn in Falten legte, und sich mit der freien Hand am Hinterkopf kratze. „Freilich, vielleicht wollt Ihr mir umgekehrt eine Frage verstatten: Wie kommt Ihr eigentlich darauf, ich würde Euren hohen Vater oder Eure Familia irgendetwas besonders übel nehmen…?“
Autor: Romina Alba
Romina senkte den Blick und hielt mit einer Hand den Umhang zusammen, als wolle sie sich schützen. Ihre Lider flatterten, ein Moment der Stille verging, dann hob sie den unruhig wirkenden Blick. "Ich bitte um Verzeihung, ich bin euch gegenüber ungerecht. Ihr habt recht, ihr schuldet meiner Familia nichts. Es war dumm von mir, mir Gedanken um euch und eure Leute zu machen", sie schnaufte, "oder um Dom Moritatio," ihre Augen begannen wieder zu blitzen. "Oder um die Männer und Frauen, die unter der Fehde und den Ferkinas litten, als viele andere nur ihrem Ehrgeiz oder ihrer Gier nachgingen."
Sie holte Luft. "Ich weiß nicht, welchen Beweggründen ihr folgt, Baron. Früher wirkte es, als hättet ihr Ideale. Eigenwillige zwar, aber sie schienen euch wichtig genug, um euer Leben und eure Baronie zu riskieren. Doch ich kenne euch nicht, vielleicht täusche ich mich. Viele würden behaupten, dass ich mich irre, allen voran mein alter Lehrmeister Dom Rondrigo." Sie brach ab und sah Dom Hernán durchdringend an. "Ihr seid ein Magnat und kein Gardist, der blind dem folgen muss, was man ihm sagt. Es stimmt, man gab euch Befehle. Doch ihr hättet sie guten Gewissens auch anders auslegen können. Die Fehde wäre einfach über die Elenterin zu befrieden gewesen. Sogar noch einfacher, denn von der dicken Vogtin wusstet ihr, wo sie zu finden war, von der da Vanya nicht. Früher oder später wäre Domna Rifada auf Burg Albacim aufgetaucht. Aber vielleicht wolltet ihr die Fehde nicht befrieden", sie seufzte, »oder ihr wolltet nicht mit uns Gräflichen zurückkehren. Hier bekommt ihr eure Antwort. Ich konnte mit nicht vorstellen, dass ihr die Fehde zu diesem Zeitpunkt billigen würdet, daher musstet ihr etwas gegen mich oder meine Familia haben.« Ihr Blick wurde traurig. »Oder ihr seid ein schlechter Stratege. Doch das stand nicht zur Option.«
Autor: Der Sinnreiche Junker
Wenn dem Aranjuezer ihre Worte, ihre kaum verhohlenen Vorwürfe missfielen, so zeigte er es immerhin nicht. „Bitte vergesst nicht, dass nicht ich es war, der diese Fehde begonnen hat“, erlaubte er sich dann aber doch sie mit eindringlicher Stimme an den Umstand zu erinnern, dass ihm diese Auseinandersetzung letztlich ebenfalls aufgezwungen worden war. Auch wenn man natürlich gewiss geteilter Meinung darüber sein durfte, inwieweit er sich gleich vollends hatte hinein stürzen müssen.
Schließlich schüttelte er sachte sein Haupt. „Das Tischtuch mit der Elenterin war in jenem Momente zerschnitten, als Dom Gendahar und ich uns auf Castillo da Vanya weigerten, die da Vanyas einfach so in die Hände der Reichsvogtin auszuliefern. Selbst als ich später mit kaiserlicher Vollmacht vor dem Castillo erschien, verweigerte mir ihre Stellvertreterin den Einlass. Und Domna Rifada?“ Er lächelte schmal. „Domna Rifada hält allenfalls ein Hieb mit dem Streitkolben auf, besser noch mit einem Kriegshammer. Mir blieb nichts anderes übrig, als mit dem kaiserlichen Schreiben zu winken, und ansonsten zu versuchen unnötiges Blutvergießen zu vermeiden. Ersteres hatte erwartungsgemäß wenig Wirkung auf die Streithähne…“, lächelte er durchaus bedauernd. Zweiteres führte er nicht aus, sodass man wohl davon ausgehen konnte, dass er der Meinung war, dies sei ihm durchaus zufriedenstellend gelungen.
„Mhm…“, legte er schließlich den Kopf schräg, und sah sie prüfend an. „Glaubt Ihr wirklich, Praiosmin von Elenta hätte uns Zuflucht auf Castillo Albacim gewährt, wenn ich mit Dom Rondrigo und Euch dort erschienen wäre? Wie gesagt, nicht einmal ein kaiserlicher Befehl vermochte es mir die Tore zu öffnen. Zugegeben, dies wusste ich zum Zeitpunkt Eurer Abreise nicht, aber der Schluss lag nahe, dass die Vogtin von meinem Anblick nicht erfreut gewesen wäre. Und, misstrauisch wie sie ist, womöglich hinsichtlich meiner Mercenarios einer so großen Truppe den Einlass verweigert hätte. Auch deshalb war es besser Euch nicht zu begleiten. Der Hauptgrund aber war Zeit. Zeit und Geschwindigkeit. Selbst ohne den Befehl Seiner Majestät hätte ich noch Leute in den Bergen gehabt, ohne die ich nicht abziehen konnte. Umgekehrt wäre Euer Hoher Vater aber gewiss nicht begeistert gewesen zu erfahren, dass Ihr bereits viel früher hättet in Sicherheit sein können, sofern ich nicht noch Leute einzusammeln gehabt hätte. Und letztlich hatten wir auch schlicht nicht genügend Pferde. Die Ferkinarösser sind zäh und ausdauernd, bestens geeignet für die Berge. Im flachen Land aber können sie nicht mithalten. Eine entsprechend berittene Truppe kann also einem Kampf mit ihnen ausweichen, ist schnell genug vor Einbruch der Dunkelheit auf Albacim und dann Schrotenstein zu sein. Wären wir mit marschiert, noch dazu mit unseren Verwundeten, hätten uns womöglich die Ferkinas überfallen, es wäre unmöglich gewesen ihnen auszuweichen und rechtzeitig den sicheren Schutz von festen Mauern aufzusuchen. Auch dies hätte mir Euer Hoher Vater zweifellos nachgetragen. Und Recht hätte er damit gehabt. Nein, Domna Romina…“, schüttelte er schließlich den Kopf. „…ich würde heute nicht anders entscheiden denn damals.“
Autor: Romina Alba
"Würdet ihr nicht?" Wütend ging sie einen Schritt zurück und warf die linke Seite des Umhangs über die Schulter. "Ich bin verdammt nochmal nicht wichtiger als der Rossbannerorden oder ihr oder mein Onkel. Im Taubental treibt sich der gräfliche Mundillo Al'Kasim herum, kämpft in erster Linie um ein Lehen, das ihn nicht einen Pferdeapfel angeht. Mein eigener Onkel, der gräfliche Mundillo vom Yaquirtal, reitet zurück, weil er einem Domna nicht in der Gefangenschaft lassen will, eine Kratzbürste, die ihn verachtet und mich beschimpft, obwohl ich ihr den schicken Arsch gerettet habe. Aber ich, Drittgeborenen eines Grafen, der noch zwei Töchter hat, die beide brav daheim bleiben, ich muss allen Widrigkeiten zum Trotz so schnell es geht aus der Gefahrenzone gebracht werden. Ihr erzählt Blödsinn. Es war nicht klar, ob uns die Elenterin sammt Gendahar ins Schloss gelassen hätte. Gut möglich, dass für uns samt euch die Toren geschlossen gewesen wären. Aber dann wüssten jetzt wenigstens jeder, wessen Gesinnung sie ist. Dann hättet ihr jetzt nicht soviel Ärger. Und ich hätte keine Nacht in diesem schrecklichen Castillo zubringen müssen, in Nähe der Mutter dieses... dieses goldäugigen, schwarzen Jungmagiers... "
Sie brach ab, kurz flatterten ihre Lider, als wolle sie eine schreckliche Erinnerung zurückhalten. Sie war noch nicht fertig. Wild schauten ihn diese feucht glänzenden Augen an. "Aber ihr würdet alles wieder genauso machen. Gut, ich habe verstanden, es ist nichts Persönliches." Wild drängte sie ihre Gefühle zurück. "Dann werde ich es auch nicht mehr persönlich nehmen und euch einfach nur viel Glück wünschen. Möge mein Vater euch verstehen, die Chancen stehen gut, denn er liebt mich sehr. Dumm nur, dass ihr mich weder rausgeholt, noch zurückgebracht habt." Ihr Mund verzog sich spöttisch, nur ihre Augen blieben traurig. Sie zog den Umhang zurück nach vorne und senkte kurz die Nase darauf. "Er riecht nach euch, Dom, vielleicht solltet ihr mich hinein bringen, damit ich ihn euch zurückgeben kann." Sie senkte die langen Wimpern über die leicht feuchten Augen, entspannte den Mund und hob die Hand, bereit sich wieder führen zu lassen.
Autor: Der Sinnreiche Junker
„Mit Verlaub, Domna Romina, aber Ihr seid keine Bauersmagd, die nach vollbrachtem Tagwerk tun und lassen kann, was ihr beliebt. Ihr seid die Tochter eines Grafen, von altem Blute. Ihr habt Verantwortung Eurer Familia und der Grafschaft gegenüber“, verkündete er mit milder Strenge im Tonfall. „Einmal davon ab, dass mir die Streitigkeiten im Taubental offen gestanden im Vergleich zum Angriff der Ferkinas wie eine eitle Praiostagsrauferei erscheinen – was ist denn geschehen? Hat Euch jemand verboten mit dem Rossbannerorden zu ziehen? Ihr habt dasselbe getan wie Dom Gujadal, einzig, wäre er in Gefangenschaft geraten, hätte seine Hohe Mutter …“, der Tonfall verriet, dass der Baron und Junker sie tatsächlich nicht allzu hoch schätzte, und diese Formulierung wohl nur der Höflichkeit halber gebrauchte, immerhin handelte es sich um die Schwertmutter seiner Gegenüber „…einen Boten mit Lösegeld geschickt, derweil ihr Spross seinem Stande angemessen auf irgendeinem Castillo logierte. Die Umstände Eurer Gefangenschaft waren gewiss bei weitem nicht so komfortabel, sodass Ihr es Eurem Hohen Vater seine größere Sorge nachsehen solltet.“
Dann freilich wurden seine unrasierten Züge hart, unter der Haut unterhalb der Schläfen war zusehen wie die Kieferknochen mahlten. „Vielleicht…“, neigte er kühl das Haupt „…darf ich Euch daran erinnern, dass ich Euer Angebot abgelehnt hatte, das Rossbanner selbst zurück nach Ragath zu tragen, da nicht ich es war, der es in Sicherheit brachte und die ganze Zeit über verwahrte. Ich weiß folglich nicht, welchen Anlass ich Euch gegeben haben könnte, welcher Euch zu dem Schlusse führen könnte, dass ich vorhätte mir vor Eurem hohen Vater und den versammelten Noblen von Grafschaft und Reich die Lorbeeren für Eure Rettung aufs Haupt zu kränzen.“
Somit bot er ihr, den Blick schnurgerade an ihr vorbei entlang des Weges auf das Eingangsportal gerichtet, abermals den Arm zum Unterhaken an.
Autor: Romina Alba
Romina zuckte zusammen, als Dom Hernán so direkt nach dem Taubental fragte. Sie sagte erstmal nichts, hob nur das Kinn und legte ihre Hand in seinen Arm. Erst als man fast am Palas angekommen war und sie mit der freien Hand die Röcke raffte, um auf der Treppe nicht zu stolpern, brach sie ihr Schweigen. "Ich habe nie angenommen, dass ihr euch mit fremden Lorbeeren schmücken würdet, Dom." Leise fasst schüchtern kamen die Worte. "Verzeiht meine Offenheit, ich wollte euch nicht beleidigen."
Sie brach ab und konzentrierte sich auf die Stufen. "Nur noch eines." Ihre Stimme wurde fest, eisige Verachtung schwang mit. "Ich habe NICHT dasselbe getan wie Dom Gujadal. Vergleicht mich nie wieder mit ihm." Vor der Tür angekommen suchte sie seinen Blick. Ihre schönen blauen Augen schimmerten verletzlich, ihre Stimme war nur ein Hauch. "Und fragt bitte nie wieder, was passiert ist." Die Tür wurde von innen geöffnet, sie wandte sich ab.
Autor: Der Sinnreiche Junker
Wiederum knirschte der Kies des Gartenweges unter ihren Schritten, als sich die beiden schweigend dem Portal näherten. Schließlich, als die schöne Grafentochter das Schweigen brach, nickte der Condottiere durchaus mit einem Anflug von dankbarer Erleichterung, dass der Spaziergang nun wohl doch nicht im Streite enden würde. „Offenheit kann niemals eine Beleidung sein, Domna“, bemerkte er entsprechend ungleich versöhnlicher, vielleicht auch ein wenig überrascht davon, wie rasch ihr scheinbar kurz zuvor noch aufwallender Zorn verflogen war.
Eines schien ihm freilich noch am Herzen zu liegen: „Ah…tatsächlich meinte ich eigentlich nur, dass Ihr doch in den Reihen des Rossbannerordens dasselbe getan habt wie Dom Gujadal im Taubental: in der ersten Linie gekämpft, wie Ihr es ausdrücktet. Mir schien, Ihr beklagtet da eine Ungleichbehandlung. Aber selbstverständlich respektiere ich Euren Wunsch…“
Damit, und zumal man auch am Eingang angekommen war, neigte er höflich sein Haupt. Es war ja schließlich auch nicht so, als hätte er wirklich viel Ahnung, was im Taubental geschehen war. Immerhin hatte er die letzten Monde mit Feldzügen wider den Ferkinas zugebracht, da war man nicht unbedingt informiert, was am anderen Ende des Königreiches so genau vor sich ging.
Autor: Romina Alba, Der Sinnreiche Junker
Lächelnd und mit geröteten Wangen betrat die jüngste Grafentochter am Arm des Barons von Dubios den großen Palas des Castillos. Der Gang vom Garten her war nur spärlich besucht, doch jene wenige Augenpaare waren auf das ungleiche Paar gerichtet, immerhin trug die Domnatella den schweren, schwarzen Umhang des Aranjuez um ihre weißen Schultern. Ein Lakai nahm der jungen Frau selbigen ab, faltete ihn gekonnt und wollte ihn wegbringen, doch machte der Condottiere eine Geste mit der ob der untergehakten Domna Romina an das Wams gelegten linken Hand, dass er ihn ruhig ihm übergeben könne. Gerade hatte er ihn sich über die rechte Schulter drapiert, da hielt er auch schon inne, sodass die Ehrensteinerin wohl oder übel ebenfalls stehen bleiben musste.
„Es wäre nicht gut, wenn uns allzu viele später Anwesenden zusammen sähen. Man könnte es so auffassen, als wolltet Ihr Euren Hohen Vater bloßstellen.“ Tatsächlich war nun nicht anzunehmen, dass Hernán von Aranjuez zwecks einer Belobigung geladen worden war. Gerede würde es zweifellos auch so schon genug geben, immerhin tuschelten die wenigen Leute, zumindest sofern sie noblen Geblüts waren, und demzufolge keinem Dienstauftrag nachgingen, bereits ausgiebig.
"Leider habt ihr recht, ich hätte daran denken sollen. Ich danke euch für dieses kurze aber aufschlussreiche Gespräch und auch dafür, dass ihr in den Raschtulswall gekommen seid." Sie lächelte verlegen und lies seinen Arm los. "Und ich wünsche euch gute Besserung für euer Bein." Sie knickste anmutig. "Vielleicht sehen wir uns bei der Jagd."
„Habt Dank, Domna Romina“, neigte er bei ihren Genesungswünschen höflich das Haupt, und ergriff dann ihre dargebotene Hand zum angedeuteten Kuss ihres Handrückens. „Ich hoffe es doch“, lächelte er schließlich sachte, immerhin wussten sie beide, dass seine Beteiligung an der morgigen Jagd ganz Wesentlich vom Verlauf des heutigen Tages abhängen würde. Sodann verabschiedete er sich mit einem leidlich gelungenen Kratzfuß. Ob seines verwundeten Beines hatten die altehrwürdigen Mauern des Castillos gewiss nur wenig ungelenkere gesehen. Entsprechend schlurfend zog er dann auch von dannen, sich dem Mann zu stellen, der ihr Vater und sein Graf war…
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