Faizal das Großmaul
|
Faizal das Grossmaul, eigentlich Faizal ben Mahmoud, kam durch die Vielzahl seiner Feinde landauf landab zu seinem despektierlichen Beinamen, den niemand jemals in seiner Gegenwart auszusprechen wagen
sollte. Er ist der erstgeborene Sohn des Sheiks der räuberischen Uled Beni Seba und hat mehr als jeder andere heute lebende Novadi - seinen Vater und seinen entfernten Verwandten Khorim Uchakbar vielleicht einmal ausgenommen - zu dem äußerst schlechten Ansehen beigetragen, welches sein Volk im zwölfgöttlichen Almada genießt.
Als verwöhnter Erstgeborener des Stammesoberhauptes hält sich Faizal in seinem Hang zum Größenwahn für einen Günstling und Auserwählten Rastullahs. Wenn er anfängt zu reden, haben alle anderen auf der Stelle zu schweigen und zu lauschen und jegliche Form von Widerspruch bringt ihn rasend schnell zur Weißglut.
Er ist verantwortlich für zahlreiche Razzien und Überfälle auf Dörfer und Weiler in der Südpforte, im Yaquirtal und im Bosquirtal und in vielen Magnatenschaften wird er steckbrieflich gesucht. In Wildenfest, Weinbergen, Bactrim, Brig-Lo und Dâl wartet der Strick des Henkers auf ihn wegen zahlreicher ihm zur Last gelegten Greueltaten und auch in den emiratischen Städten Eslamabad, Amhallah und Ashdrabad droht ihm Kerkerhaft, sollte er jemals dort angetroffen werden.
Da Faizal aber - wie alle Angehörigen seines Stammes - stets mit der Turach verschleiert ist, die er nur in seinem eigenen Zelt zum Essen und Schlafen ablegt, kennt niemand außer seiner allerengsten Sippenangehörigen sein Gesicht und er könnte somit direkt vor der Nase seiner Feinde vorbeispazieren, ohne daß diese ihn erkennen würden.
Faizal ist ein außerordentlich guter Reiter, der schnelle Pferde und - fast noch mehr - schnelle Kamele liebt. Er nimmt mit seinen eigens ob ihrer Geschwindigkeit gezüchteten Quai'Ghassan Renndromedaren unter seinem echten oder nötigenfalls auch unter falschem Namen an sämtlichen Kamelrennen des Amhallassihs teil und konnte diese auch schon oftmals für sich entscheiden.
Seine zweite Leidenschaft sind schöne Frauen, von denen es unter den Töchtern der Wüste nicht wenige gibt. Sehr zum Mißfallen seines Vaters, des hochgradig strenggläubigen Sheik Mahmoud, achtet der mit seinen 23 Sommern noch immer unvermählte Faizal dabei weit weniger auf deren Abstammung und Blutlinie, als es seinem Vater lieb wäre, und er pflegt insgeheim auch geschlechtlichen Umgang mit ungläubigen Sklavinnen und entführten Töchtern aus anderen Völkern des Amhallassihs, die in den Augen seines Vaters natürlich niemals als zukünftige Mutter eines Stammesführers in Betracht kämen.
Während eines letzten versuchten Friedensgespräches mit dem Sheik der Beni Qasem in dessen Palast in Eslamabad verfiel Faizal den Reizen und der verführerischen Tanzkunst der Schlangentänzerin Tanaqil saba Massudeh und fasste sogleich still bei sich den Entschluß, diese dem alten verfeindeten Bey nachts aus seinem Sheikasul zu rauben. Da er bei seinem nächtlichen Versuch so unvorsichtig war, einige Levkojen aus dem Palastgarten abzureißen, um Tanaqil - entgegen seinen sonstigen Gepflogenheiten - in eine ihm gewogene Stimmung zu versetzen, wurde er zur Strafe von dem zaubermächtigen Wächter des Gartens, dem alten Humusdjinn Azrubaal ben-al-Jamlika, in einen 1,70 Schritt hohen Cheria-Kaktus verwandelt, als der er seitdem stumm und bewegungsunfähig seiner Entzauberung harrt.
Auch in seiner Kaktusgestalt kann Faizal noch alles hören und fühlen, was um ihn herum vor sich geht. Aber außer dem Djinn, der ein Auge auf ihn hat und ihn wässert und nährt und der durchtriebenen Sheika Hint saba Sheranbil, die sich an seinem Anblick weidet und an seinem Unglück erfreut, weiß niemand, was ihm widerfahren ist, so daß er hofft, daß sein Vater und seine Stammesbrüder zumindest kommen, um es den Eslamabadern heimzuzahlen.