Chronik.Ereignis1033 Streit ums Taubental 31

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[Auf der Suche nach einem Heiler]


Baronie Taubental, 3. Travia 1033 BF

Auf dem Dorfplatz von Santa Catalina (zwischen Einbruch der Dunkelheit und Mitternacht)

Autor: vivar

Der Dorfplatz von Santa Catalina war trotz der vorangeschrittenen Stunde noch lebendig. Aufgrund der morgen anbrechenden Festwoche hatten die Tabernas Erlaubnis erhalten, noch bis zur Zweiten Rahjastunde auszuschenken. Das gleiche galt für die Straßenbuden und Stände, die sich in der Hauptstraße und an der rahjawärtigen Seite des Platzes aneinanderreihten. Obschon die Stunde des Abendmahls längst vergangen war, dampfte und zischte es von dort, und ein verführerischer Duft von Schmalzfladen, gerösteten Zwiebeln, heißem Zwetschgenmus und Brathuhn stieg empor.

Fröhlich lärmende Pilger schwankten Arm in Arm über den Platz, Flöten und Trommeln erklangen gedämpft aus den Zwölf Träublein, und ein erregt kreischender Bauernbursche mit offenem Hemd spielte mit einer reich gewandeten Haferyaquirierin 'Hasch-mich-und-Verstecken' zwischen der Reiterstatue und dem Podest, das ab morgen die Statue der Schönen Göttin beherbergen sollte.

Auch auf den Holztribünen, die entlang der firun- und efferdwärtigen Seite des Platzes von der Administradora und ihren Knechten errichtet worden waren, tummelten sich vereinzelte Müßiggänger. Am morgigen Tag würden die Holzstufen für Menschen von Stand reserviert sein. Am heutigen Abend jedoch suchten junge Paare die Schatten der mit Tüchern überdachten Aufbauten auf um sich schamhaft den ersten Kuss der Nacht zu geben.


Autorin: beiras

Ebenfalls auf den Sitzen der Tribünen vertrieben sich die in schwarzen Stahl gewandeten Mercenarios, welche Baron Franco de Beiras y Vivar und seine Familie auf dem Weg ins Taubental beschützt hatten, die Zeit. Der eine schnitzte lustlos an einem Stück Holz herum, die andere achtete auf die Hundemeute, die allerdings satt und faul beisammen lag. Die Augen des dritten, Narvin mit Namen, wanderten immer wieder über das fröhliche Treiben und glitten immer wieder zu Heiligen Treppe, die zum des Tempel hinaufführte. Zwei der Mercenarios fehlten: Sie hatten sich vor einiger Zeit auf den Weg gemacht einen Auftrag ihres Herrn auszuführen.


Autorin: lasdardas

'Verfluchter Entendreck', schoss es durch Ardans Kopf, als er in Begleitung der beiden jungen Damen, der Rahjageweihten Elea Colombi und unterstützt von einer seiner Soldatinnen die Heilige Treppe verließ und auf den Dorfplatz hinaus trat. Erleichtert atmete er auf und öffnete den obersten Knopf seines Hemdes. Hier draußen war die Luft beruhigend frisch und frei von süßlichem, die Sinne berauschenden Rosenduft.

Was ein Wirrnis! Der Baron dieses abgelegenen Landstrichs im Rahjatempel vergiftet! Mochte Rahja auch nicht seine höchstverehrte Göttin sein, so fand er es dennoch sehr bedenklich, wie in diesem Teil Almadas auf geheiligtem Boden einem Adligen zugesetzt wurde. Nun mochte man darüber streiten, wie legitimiert dieser Adlige war, doch spätestens seit dem Mordanschlag in einem Tempel der Zwölfe verstand Herr von Kündoch keinen Spaß mehr. Umso unerfreulicher war es für ihn, dass er die ehrenwerte Comtessa der Not geschuldet allein in diesem Hort der Freigiebigkeit hatte zurücklassen müssen.

Eher beiläufig fasste er die Schulter unter dem wilden Lockenschopf Zaidas um sein schwarzes Schäfchen auf Kurs zu halten, das von unseligem Drang gelenkt sofort hinter den Tribünen in irgendeine Richtung hatte abdrehen wollen. Nicht mit ihm, das kannte er doch mittlerweile zur Genüge.


Autor: vivar

Die auch im nächtlichen Fackelschein reizende Elea Colombi warf einen zögerlichen Blick auf die auf den Tribünen herumlungernden Mercenarios mit ihren großen schwarzen Hunden. Dann legte sie Dom Ardan sanft eine Hand auf die Schulter und sprach: "Rahja sei's gedankt, dass Ihr uns begleitet, Dom Ardan. An Eurer Seite dürfen wir uns sicher fühlen. Wohin sollen wir uns also wenden? Im Mühlenwegerl gibt es einen Heilkundigen, den alten Belmundo, aber der ist mehr ein Zahnreißer und ein Feldscher denn ein studierter Medicus. Zwar versteht er was vom Brüche einrenken, bringt Kinder gesund zur Welt und kennt allerlei Kräuterlein, die den Schmerz lindern, aber ich bezweifle, dass er viel von Giften und Gegengiften weiß.

In Orondo gibt es obendrein einen Perainetempel. Es sind wohl sieben Meilen bis dorthin, aber die dortigen Priester sind in der Heilkunst zumindest einigermaßen bewandert. Vielleicht sind die Götter uns auch gnädig und sie sind in diesem Jahr hier in Santa Catalina? Die aus Orondo sind etwas eigen... oder wir suchen die Tabernas und Wirtshäuser nach reisigen Medici ab. Dann riskieren wir allerdings, dass sogleich das ganze Dorf weiß, dass etwas im Argen liegt."

(kurz darauf)

Autor: dalias

Yppolita di Dalias y las Dardas eilte zu dem schlanken Zwiebeltürmchen, das sich nur schemenhaft gegen die Nachtschwärze abzeichnete. Ihren Vetter Lodovico hatte sie in den fürsorgenden Händen Eulalias zurückgelassen. Dass er ihr Pferd nicht vergessen solle, hatte sie ihm noch zugerufen. Dass sie Secretario Pribaldo Tracodi anweisen werde zu tun, was immer zu tun ist, auch dies hatte sie ihm noch zugerufen. Dann war sie los gerannt. Sie hasste diese Schuhe und dieses Kleid. Schon als kleines Mädchen hatte Yppolita lieber mit Schwertern gespielt, als einer Puppe Kleidchen anzuziehen und das, obwohl ihre Muhme Thesia, die sie in Punin erzogen hatte, eine Rahjageweihte war. Rosa Kleidchen für zierliche Püppchen.

Sie war am schmalen Zwiebeltürmchen angelangt, das den Endpunkt der Heiligen Treppe markierte. Von hier aus ging es dreißig Schritt oder dreihundert Stufen in schnurgerader Linie Richtung Rahja hügelabwärts. Die Rufe und die Lieder der Feiernden vom Dorfplatz wehten ihr entgegen. Im Feuerschein herrschte ausgelassenes, fröhliches Treiben. Noch ahnten die Taubentaler und ihre Gäste nicht, dass Seine Hochgeboren der Baron im Taubental mit dem Tode rang. Kurz hielt Yppolita inne und sog die frische Travienluft in ihre Lungen. Ihr Korsett, das ihren Oberkörper in Kegelform presste, quälte sie. Sie bückte sich und raffte die unterschiedlichen Lagen ihres blauen Kleides hoch.

Sie eilte die Stufen hinab, eine nach der anderen. Fünfzig Stufen. Sechzig Stufen. Ungeschickt trat sie mit einem dieser von Lodovico als entzückend, berückend und verzückend gelobten Schühchen Puniner Mode in einen ihrer Unterröcke, verfing sich und stürzte. Ihr rechtes Knie schlug auf eine der natursteinernen Treppenstufen auf. Mit Händen und Armen fing sie den Sturz auf. Ein kleiner Treppenabsatz verhinderte, dass sie weiter die verbliebenen zweihundertvierzig Stufen hinunterstürzte. Fluchend rappelte sich Yppolita wieder auf, rieb ihre wunden Hände, zog den rechten Schuh aus, schleuderte ihn fluchend von sich, zog den linken Schuh aus und schleuderte auch diesen weg – nicht aber ohne noch vorher mit einem „Namenloser noch eins" auf den Schuh gespuckt zu haben. Kleid und Unterröcke raffte sie wieder hoch und hastete mit schmerzendem rechten Knie, Verwünschungen auf den Lippen hügelab. Einhundert Stufen. Einhundertfünfzig Stufen. Die Lieder der Feiernden wuchsen Yppolita in ihrer Lautstärke und Fröhlichkeit entgegen. Dort unten lag die Goldene Rose; dann hatte sie es geschafft, dann war sie Kleid und Unterröcke und das vermaledeite Korsett los.

Zweihundert Stufen. Zweihundertfünfzig Stufen. Der Schmerz in ihrem rechten Knie begann immer stärker zu pulsieren. Sie spürte wie warmes Blut über ihr Schienbein nach unten floss. Das Zwiebeltürmchen, das den Beginn der Heiligen Treppe anzeigte, war schon fast zum Greifen nah. Auf den letzten Stufen wurde sie etwas langsamer. Sie wollte nicht zu viel Aufmerksamkeit erregen. Keuchend kam sie unten an. Schweiß glänzte auf ihrem Dekolleté und ihrer Stirn. Das Korsett raubte ihr den Atem. Yppolita ließ Kleid und Unterröcke sinken, die so ihre Füße und das blutende Knie bedeckten. Hinkend ging sie zielstrebig auf das Portal der Goldenen Rose zu. Auf dem Festplatz wogte die Menschenmenge in Ausgelassenheit und Weinseligkeit.

„Nah, Du Schöne, willst Du mich nicht küssen?" Unvermittelt trat Yppolita ein mit gewundenen Weinblättern gekrönter Schlaks mit einem Kumpan und vier Weinbechern – in jeder Hand hielten sie einen – in den Weg.

Dunkel funkelte sie die beiden an und schob sie beiseite.

Mit einem „Alveranspisseundrondrasarsch" erreichte Yppolita humpelnd die Goldene Rose, riss die Tür scheppernd auf und hastete die Stufen zu den Zimmern der Daliaser hinauf. Alrico, Lodovicos Bursche, war nicht da. Der Bengel hatte sich wohl unter die Feiernden gemischt; den würde sie erst morgen stockbesoffen wieder finden. Der Lärm der Menschenmenge drang herein. Die Kammer wurde nur durch Mada- und Feuerschein von draußen erhellt. Mit brennendem Schmerz im Knie hinkte sie durch die beiden Räume. Sanft schnarchend fand sie den spitzgesichtigen Pribaldo Tracodi auf seiner Bettstatt liegen. Domna Yppolita beugte sich über ihn, packte ihn an beiden Oberarmen, hob ihn aus dem Bett und stellte ihn auf seine Füße.

„Aufstehen, Maestro Tracodi! Es gibt Arbeit!", herrschte die Caballera den aufschreckenden Schreiberling an.

„Wie? Was? Wer?…", rieb sich Secretarius Pribaldo Tracodi den Schlaf aus den Augen. „Wo ist Wohlgeboren Dom Lodovico? Was ist…"

„Hilf mir, mein Kleid und dieses verfluchte Korsett auszuziehen, und ich erzähle es dir!"

Während sich Pribaldo Tracodi mit spitzen Fingern an die Arbeit machte, an Schnürchen zog und Häkchen öffnete, berichtete Domna Yppolita von der Feier im Rosentempel und dem plötzlichen und unerwarteten Fall Dom Leóns. Sie erzählte von der Aufregung der feiernden Gäste, der vermuteten Gewissheit, dass es ein Giftanschlag war, den Unpässlichkeiten Dom Lodovicos und dem tänzerischen und küssenden Wunderwirken Seiner Hochwürden Bonaventuras XXII.

Nach getaner Arbeit warf Yppolita das blaue Kleid achtlos in die Ecke. Gebannt verfolgte Pribaldo Tracodi das Spiel der Arm-, Rücken- und Brustmuskeln Domna Yppolitas, als sie sich Beinkleider und schwere Reiterstiefel anlegte, die Haare zu einem Eslamszopf band, ein weites Hemd rasch zuknüpfte, eine Lederweste darüber zog, sich mit einem Wehrgehänge umgürtete und eilig zu Caldabreser und Handschuhen griff, während sie ihn, den Secretario, anwies, Briefe an Domna Richeza in Punin und Dom Amando in Inostal vorzubereiten und zur Villa Azucena zu tragen.

Ohne einen weiteren Gruß polterte Domna Yppolita, Dom Lodovicos Rapier und Wehrgehänge in der Faust, aus der Kammer, die Treppe hinab und auf den vor Lebensfreude überschäumenden Dorfplatz hinaus.