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"Hopp! Hopp! Hopp! Hopp! ..." Immer zwei Stufen auf einmal nehmend, rannte der junge [[Catalinenser]]mönch die Heilige Treppe hinunter, die vom Kloster hinunter ins Dorf führte. Eigentlich waren die etwa 300 Stufen | "Hopp! Hopp! Hopp! Hopp! ..." Immer zwei Stufen auf einmal nehmend, rannte der junge [[Catalinenser]]mönch die Heilige Treppe hinunter, die vom Kloster hinunter ins Dorf führte. Eigentlich waren die etwa 300 Stufen für den Aufstieg frommer Gläubiger zum Rosentempel der Schönen Göttin errichtet worden, der mit seiner beeindruckenden eslamidischen Kuppel und den sechs Türmchen auf dem Klosterhügel thronte. Einen Novizen, der die Treppe zur körperlichen Ertüchtigung missbraucht hätte, hätte man deshalb wohl sanft getadelt. Doch Bruder Zafir, ein schlanker Mittzwanziger mit hellbraunen Locken und strahlend blauen Augen, war kein Novize mehr, auch kein einfacher Mönch, sondern der ''Hospitiar'', dieser Tage einer der drei wichtigsten Menschen im Kloster. | ||
Die Oktav der [[Santa Catalina]] stand an, und um | Die Oktav der [[Santa Catalina]] stand an, und um den Abt während der bedeutenden Festwoche des gesamten Jahres nicht allzu sehr mit derischen Angelegenheiten zu belasten, hatte das Kapitel der Catalinenser zwei Ämter erwählt, die mit der Organisation der Feierlichkeiten betraut waren. Das eine war das des ''Zeremoniars'', welcher dafür zu sorgen hatte, dass ein jeder seinen Platz bei den Prozessionen kannte, die Musiker ihre Einsätze nicht verpassten und bei den Heiligen Tänzen niemand "aus der Reihe tanzte", im Tempelraum Liegen, Kissen, Laternen und Glasbecher in ausreichender Menge vorhanden waren und auch sonst die Göttinnendienste in bester Harmonie abliefen. Zur Zeremoniarin war Schwester Paloma erkoren worden, die derzeit wohl beste Tänzerin des Klosters, wie Bruder Zafir neidlos anerkannte. | ||
Sein eigenes Amt war weniger spiritueller, sondern eher administrativer Natur, aber mindestens ebenso wichtig. Er war für die Unterbringung und das Wohlergehen der Pilger zuständig, in erster Linie derer, die im Gästetrakt des Klosters Gastung fanden, darüber hinaus aber auch für die vielen Dutzende, die unten im Dorf nächtigten. Der Hospitiar wachte darüber, dass die Betten rein, die Tafeln gedeckt und die Becher gefüllt wurden. Er kümmerte sich darum, dass die großen Spender und die Würdenträger - meist Hochadlige - die geräumigsten Kammern und die besten Sitzplätze erhielten, dass die Ehrengäste, wann immer möglich, ihre Sonderwünsche erfüllt bekamen und erinnerte die weniger großen Spender und kleineren Würdenträger (Land- und Niederadel, Handelsherren, Patrizier und ähnliche). Darüber galt es für ihn, immer dort zu sein, wo Pilger Rat suchten oder ein spezielles Anliegen hatten, so dass er sie an jemanden verweisen konnte. Aufgrund seiner bedeutenden Aufgabe pflegte Bruder Zafir sich - nicht ohne Eitelkeit - mit der Achse zu vergleichen, ohne die sich das Rad des Festes nicht drehen könnte. | Sein eigenes Amt war weniger spiritueller, sondern eher administrativer Natur, aber mindestens ebenso wichtig. Er war für die Unterbringung und das Wohlergehen der Pilger zuständig, in erster Linie derer, die im Gästetrakt des Klosters Gastung fanden, darüber hinaus aber auch für die vielen Dutzende, die unten im Dorf nächtigten. Der Hospitiar wachte darüber, dass die Betten rein, die Tafeln gedeckt und die Becher gefüllt wurden. Er kümmerte sich darum, dass die großen Spender und die Würdenträger - meist Hochadlige - die geräumigsten Kammern und die besten Sitzplätze erhielten, dass die Ehrengäste, wann immer möglich, ihre Sonderwünsche erfüllt bekamen und er erinnerte die weniger großen Spender und kleineren Würdenträger (Land- und Niederadel, Handelsherren, Patrizier und ähnliche) diskret daran, dass auch sie durch eine Zuwendung an die Kirche der Schönen Göttin einen Platz in der vordersten Reihe ergattern konnten. Darüber galt es für ihn, immer dort zu sein, wo Pilger Rat suchten oder ein spezielles Anliegen hatten, so dass er sie an jemanden verweisen konnte. Aufgrund seiner bedeutenden Aufgabe pflegte Bruder Zafir sich - nicht ohne Eitelkeit - mit der Achse zu vergleichen, ohne die sich das Rad des Festes nicht drehen könnte. | ||
"Hopp! Hopp!" Mit den letzten Sätzen gelangte der junge Mönch an den Fuß der Treppe. Er machte Halt | "Hopp! Hopp!" Mit den letzten Sätzen gelangte der junge Mönch an den Fuß der überdachten Treppe. Er machte Halt um sein Gewand etwas zu ordnen, einen leichten, einfachen Überwurf aus roter Farbe, der von einer Schärpe zusammengehalten wurde und Schultern und Beine unbedeckt ließ und zu dem er lediglich geschnürte Ledersandalen trug. Dann fuhr er sich mit der Linken einmal durch die Locken, atmete zweimal tief durch und trat ins Freie. | ||
Auf dem Hauptplatz des Dorfes schlug ihm die Mittagssonne entgegen, so dass er, geblendet, blinzeln musste. Zu seiner Linken konnte er die Vögtin Zafira Brago erkennen, die sich, wie er zufrieden feststellte, mit ihren Knechten dem Aufbau von Tribünen und Bänken widmete. Vor der Villa Colombi lud ein Fuhrwerk gerade Weinfässer und Spezereien ab, und Bauern brachten Körbe voll frisch eingebrachter Früchte zur Zehntscheuer. Alles schien nach Plan zu laufen. An der Stelle, an der er selbst stand, waren die Balken für ein Gerüst bereit gelegt worden, auf dem in | Auf dem Hauptplatz des Dorfes schlug ihm die Mittagssonne entgegen, so dass er, geblendet, blinzeln musste. Zu seiner Linken konnte er die Vögtin Zafira Brago erkennen, die sich, wie er zufrieden feststellte, mit ihren Knechten dem Aufbau von Tribünen und Bänken widmete. Vor der Villa Colombi lud ein Fuhrwerk gerade Weinfässer und Spezereien ab, und Bauern brachten Körbe voll frisch eingebrachter Früchte zur Zehntscheuer. Alles schien nach Plan zu laufen. An der Stelle, an der er selbst stand, waren die Balken für ein Gerüst bereit gelegt worden, auf dem in drei Tagen die Statue Rahjas stehen und dem Fest ihren Segen spenden würde. | ||
Suchend ließ Bruder Zafir seinen Blick über den Platz schweifen um zu sehen, ob neue Pilger eingetroffen waren, denen er helfen konnte. | Suchend ließ Bruder Zafir seinen Blick über den Platz schweifen um zu sehen, ob neue Pilger eingetroffen waren, denen er helfen konnte. | ||
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Leichten Fußes schritt der junge Mönch auf die Reisegruppe zu, ein gewinnendes Lächeln auf den Lippen tragend. Er öffnete im Schreiten die Arme, drehte sich dabei geschwind einmal um die eigene Achse und kam schließlich mit einladend ausgebreiteten Händen vor den Rössern zum Stehen. Diese mit einer sanften Segensgeste an der Stirne liebkosend, blickte er aus strahlend blauen Augen zu Dom [[Lodovico di Dalias|Lodovico]] und Domna [[Yppolita di Dalias y las Dardas|Yppolita]] auf und sprach: "Rahja zum Gruße! Im Namen der [[Santa Catalina]], im Namen des Abtes [[Bonaventura XXII. Colombi|Bonaventura]], darf ich Euch in unserem schönen Ort von Herzen willkommen heißen! Hier werdet Ihr, fern von derischen Verdrüssen, göttliche Freuden kosten, auf dass Labsal auf Eure Seele komme und ihr der Schönheit Rahjens Eure Herzen zu öffnen vermögt. | Leichten Fußes schritt der junge Mönch auf die Reisegruppe zu, ein gewinnendes Lächeln auf den Lippen tragend. Er öffnete im Schreiten die Arme, drehte sich dabei geschwind einmal um die eigene Achse und kam schließlich mit einladend ausgebreiteten Händen vor den Rössern zum Stehen. Diese mit einer sanften Segensgeste an der Stirne liebkosend, blickte er aus strahlend blauen Augen zu Dom [[Lodovico di Dalias|Lodovico]] und Domna [[Yppolita di Dalias y las Dardas|Yppolita]] auf und sprach: "Rahja zum Gruße! Im Namen der [[Santa Catalina]], im Namen des Abtes [[Bonaventura XXII. Colombi|Bonaventura]], darf ich Euch in unserem schönen Ort von Herzen willkommen heißen! Hier werdet Ihr, fern von derischen Verdrüssen, göttliche Freuden kosten, auf dass Labsal auf Eure Seele komme und ihr der Schönheit Rahjens Eure Herzen zu öffnen vermögt. | ||
Erlaubt mir, mich vorzustellen, meine Lieben: Ich bin Bruder Zafir | Erlaubt mir, mich vorzustellen, meine Lieben: Ich bin Bruder [[Zafir Contador]], Hospitiar der Festtage und persönlich darum bemüht, dass Ihr eine angenehme Zeit in Santa Catalina verbringen werdet. Dürfte ich Eure Namen erfahren, wenn es Euch beliebt? Wart Ihr schon einmal hier oder ist es das erste Mal, dass Ihr uns mit Eurem Besuch beehrt? In letzterem Falle wäre es mir ein Vergnügen Euch eine angemessene Unterkunft -" | ||
"Andachtsbilder! Andachtsbilder der Santa Catalina! Pilgerstäbe! Statuetten aus Rosenholz!" Bruder Zafir verstummte, als sich eine ältere Frau in schlichter Kleidung der Gruppe näherte. Sie war über und über mit Andachtsschnitzereien an Lederschnüren behängt, so dass sie beim Gehen wie | "Andachtsbilder! Andachtsbilder der Santa Catalina! Pilgerstäbe! Statuetten aus Rosenholz!" Bruder Zafir verstummte, als sich eine ältere Frau in schlichter Kleidung der Gruppe näherte. Sie war über und über mit Andachtsschnitzereien an Lederschnüren behängt, so dass sie beim Gehen wie eine Aussätzige klapperte. Die Schnitzbildchen und Statuetten stellten wahlweise die Dorfpatronin (als nackte Tänzerin), eine Taube mit ausgebreiteten Schwingen (bisweilen mit weiblichen Brüsten), Stuten oder Hengste (der Unterschied war nicht zu übersehen) dar. "Nur zwölf Heller der Pilgerstab, poliert und splitterfrei, edle Domna!", hielt die Alte der Daliaserin ein Stück geschliffenes Holz hin, welche die Augen weitete, als sie erkannte um was für eine Art von 'Pilgerstab' es sich handelte. "Oder für den Dom, eine Rahja im Rosenkränzlein?" Sie trat näher an Dom Lodovico heran und raunte mit gesenkter Stimme: "Opfert ihr jeden Abend eine Weintraube, und Eure Liebste wird Euch verfallen! Wirkt garantiert!" | ||
[[Lodovico di Dalias]] beugte sich im Sattel weit nach vorne, reichte der alten Devotionalienhändlerin einen polierten Silbertaler mit dem Konterfei des borongesegneten Kaisers darauf, nahm das ihm angebotene Rahjenkränzlein und raunte der alten Thesia schelmisch zwinkernd zu: „Nimmt die Holde im Kränzlein denn auch Vergorenes oder Destilliertes?“ | [[Lodovico di Dalias]] beugte sich im Sattel weit nach vorne, reichte der alten Devotionalienhändlerin einen polierten Silbertaler mit dem Konterfei des borongesegneten Kaisers darauf, nahm das ihm angebotene Rahjenkränzlein und raunte der alten Thesia schelmisch zwinkernd zu: „Nimmt die Holde im Kränzlein denn auch Vergorenes oder Destilliertes?“ | ||
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„Dies hier“, mit ausladender Armbewegung und spöttischem Grinsen wies Domna Yppolita auf den Reiter, „dies ist der edle und wohlgeborene Dom Lodovico di Dalias, Administrador von Hochgeboren [[León Dhachmani de Vivar|Dom Leons]] [[Junkergut Vivar|Eigengut Vivar]]. Ich bin Alveranis Gloria Yppolita di Dalias y las Dardas. Und das“, mit einer knappen Bewegung des Kopfes gab sie zu verstehen, dass die beiden Personen hinter ihr und Lodovico gemeint waren, „das sind Pribaldo und Alricio, zwei Diener Dom Lodovicos.“ | „Dies hier“, mit ausladender Armbewegung und spöttischem Grinsen wies Domna Yppolita auf den Reiter, „dies ist der edle und wohlgeborene Dom Lodovico di Dalias, Administrador von Hochgeboren [[León Dhachmani de Vivar|Dom Leons]] [[Junkergut Vivar|Eigengut Vivar]]. Ich bin Alveranis Gloria Yppolita di Dalias y las Dardas. Und das“, mit einer knappen Bewegung des Kopfes gab sie zu verstehen, dass die beiden Personen hinter ihr und Lodovico gemeint waren, „das sind Pribaldo und Alricio, zwei Diener Dom Lodovicos.“ | ||
Leicht neigte Yppolita di Dalias ihr Haupt zur Seite und begutachtete das wohlgefällige Gesicht ihres Gegenübers, sein volles Lockenhaar, seine klaren blauen Augen und die unverhüllten Schultern. „Nie zuvor in meinem Leben war ich in diesem rahjagesegneten Orte; gerne lasse ich mir von Euch ein standesgemäßes Logement weisen, Euer Gnaden. Wenn Eure kostbare Zeit als Hospitiar dieser Feierlichkeiten dies denn erlaubt. Untröstlich wäre ich, wenn ich Euch mit dieser Bitte molest fiele.“ | Leicht neigte Yppolita di Dalias ihr Haupt zur Seite und begutachtete das wohlgefällige Gesicht ihres Gegenübers, sein volles Lockenhaar, seine klaren blauen Augen und die unverhüllten Schultern. „Nie zuvor in meinem Leben war ich in diesem rahjagesegneten Orte; gerne lasse ich mir von Euch ein standesgemäßes Logement weisen, Euer Gnaden. Wenn Eure kostbare Zeit als Hospitiar dieser Feierlichkeiten dies denn erlaubt. Untröstlich wäre ich, wenn ich Euch mit dieser Bitte molest fiele.“ | ||
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'''Autor:''' [[Benutzer:León de Vivar|vivar]] | '''Autor:''' [[Benutzer:León de Vivar|vivar]] | ||
Bruder Zafir strich dem Lakaien beruhigend über die Schulter, während er vergnügt zu Domna [[Yppolita di Dalias y las Dardas|Yppolita]] aufblinzelte. "Sorgt Euch nicht, holde Domna Yppolita, um meine kostbare Zeit. Sie ist ein Geschenk der Götter, das ich gerne mit unseren Gästen teile." Er deutete der Dame gegenüber eine Verneigung an, um sich dann für einen Moment dem Administrador von Vivar seine Aufmerksamkeit zuzuwenden: "Dom [[Lodovico di Dalias|Lodovico]], es ist eine Freude | Bruder Zafir strich dem Lakaien beruhigend über die Schulter, während er vergnügt zu Domna [[Yppolita di Dalias y las Dardas|Yppolita]] aufblinzelte. "Sorgt Euch nicht, holde Domna Yppolita, um meine kostbare Zeit. Sie ist ein Geschenk der Götter, das ich gerne mit unseren Gästen teile." Er deutete der Dame gegenüber eine Verneigung an, um sich dann für einen Moment dem Administrador von Vivar seine Aufmerksamkeit zuzuwenden: "Dom [[Lodovico di Dalias|Lodovico]], es ist eine Freude Euch zu Santa Catalina begrüßen zu dürfen. Der Baron ist, soweit ich informiert bin, noch nicht aus [[Kellfall]] eingetroffen und hat sich erst zur großen Eröffnungsfeier, welche übermorgen im Tempel" - er drehte sich etwas und wies mit seinem nackten Arm den Hügel hinauf, wo die Tempelkuppel in der Sonne glitzerte - "stattfinden wird, angekündigt. So seid Ihr zwei Nächte noch Euer eigener Herr." Der Mönch zwinkerte dem Daliaser verschwörerisch zu. | ||
"Wenn's Euch genehm ist", lächelte er dann wieder Domna Yppolita an, "so werde ich Euch nun eine Herberge weisen. Das beste Haus im ganzen Taubental ist die Herberge ''Zur Goldenen Rose'', gleich hier am Platz." Er wies auf ein beeindruckendes zweistöckiges Steingebäude mit grün bemalten Fensterläden und einer Hofeinfahrt für Fuhrwerke zu seiner Rechten. "Dort werdet Ihr ohne Zweifel mit Messer und Gabel speisen, guten Wein aus dem [[Grafschaft Yaquirtal|Yaquirtal]] trinken und in weichen Federn schlafen können, sowie Standesgenossen aus Nah und Fern begegnen. | "Wenn's Euch genehm ist", lächelte er dann wieder Domna Yppolita an, "so werde ich Euch nun eine Herberge weisen. Das beste Haus im ganzen Taubental ist die Herberge ''Zur Goldenen Rose'', gleich hier am Platz." Er wies auf ein beeindruckendes zweistöckiges Steingebäude mit grün bemalten Fensterläden und einer Hofeinfahrt für Fuhrwerke zu seiner Rechten. "Dort werdet Ihr ohne Zweifel mit Messer und Gabel speisen, guten Wein aus dem [[Grafschaft Yaquirtal|Yaquirtal]] trinken und in weichen Federn schlafen können, sowie Standesgenossen aus Nah und Fern begegnen. | ||
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Elegant fing Bruder Zafir die blinkende Münze auf und ließ sie irgendwo unter seinem roten Leinentuch verschwinden. Dann fuhr er sich durch die Locken und näherte sich federnden Schrittes der nächsten Reisegruppe. Mit einer schwungvollen Verneigung kam er vor den drei Damen der [[Familia von Lindholz]] zu stehen und strahlte sie an: "Gepriesen sei die Rosengleiche, dass sie es mir, ihrem unwürdigen Diener, gestattet, am heutigen Tage drei ihrer zartesten Rosen zu betrachten! Rahja zum Gruße, Ihr Schönen! Im Namen der [[Santa Catalina]], im Namen des Abtes [[Bonaventura XXII. Colombi|Bonaventura]], darf ich Euch in unserem Orte von Herzen willkommen heißen! Hier werdet Ihr, fern von derischen Verdrüssen, göttliche Freuden kosten, auf dass Labsal auf Eure Seele komme und ihr der Schönheit Rahjens Eure Herzen zu öffnen vermögt. | Elegant fing Bruder Zafir die blinkende Münze auf und ließ sie irgendwo unter seinem roten Leinentuch verschwinden. Dann fuhr er sich durch die Locken und näherte sich federnden Schrittes der nächsten Reisegruppe. Mit einer schwungvollen Verneigung kam er vor den drei Damen der [[Familia von Lindholz]] zu stehen und strahlte sie an: "Gepriesen sei die Rosengleiche, dass sie es mir, ihrem unwürdigen Diener, gestattet, am heutigen Tage drei ihrer zartesten Rosen zu betrachten! Rahja zum Gruße, Ihr Schönen! Im Namen der [[Santa Catalina]], im Namen des Abtes [[Bonaventura XXII. Colombi|Bonaventura]], darf ich Euch in unserem Orte von Herzen willkommen heißen! Hier werdet Ihr, fern von derischen Verdrüssen, göttliche Freuden kosten, auf dass Labsal auf Eure Seele komme und ihr der Schönheit Rahjens Eure Herzen zu öffnen vermögt. | ||
Erlaubt mir, mich vorzustellen, Domnas: Ich bin Bruder Zafir | Erlaubt mir, mich vorzustellen, Domnas: Ich bin Bruder Zafir Contador, Hospitiar der Festtage und persönlich darum bemüht, dass Ihr eine angenehme Zeit in Santa Catalina verbringen werdet. An Euren Gesichtern sehe ich, dass es das erste Mal ist, dass Ihr uns mit Eurer Anwesenheit beehrt. Dürfte ich es daher wagen, Euch um Eure geschätzten Namen zu bitten, auf dass ich Euch eine standesgemäße Unterkunft weisen kann?" | ||
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Pandolfo erwies sich als ein überraschend junger, aber zuvorkommender Mann und nach kurzen Verhandlungen war man sich einig und es konnte damit begonnen werden, das auf den Pferden verstaute Gepäck in das obere Stockwerk zu bringen. Die Familie des Glasbläsers würde währenddessen in seiner Werkstatt nächtigen, wo über die Festtage ohnehin nicht gearbeitet wurde; man konzentrierte sich ganz auf den Verkauf von dem, was dem Geist des Künstlers über den Götterlauf entsprungen war: Verzierte Karaffen und dünnwandige Pokale, Teller aus Goldglas, bunt schillernde Kännchen und Vasen mit Mosaikmuster, prunkvolle Leuchtgefäße in Netzglastechnik sowie aufwendig gestaltete Flakons für Parfum konnten die Edeldamen in den Regalen bewundern. | Pandolfo erwies sich als ein überraschend junger, aber zuvorkommender Mann und nach kurzen Verhandlungen war man sich einig und es konnte damit begonnen werden, das auf den Pferden verstaute Gepäck in das obere Stockwerk zu bringen. Die Familie des Glasbläsers würde währenddessen in seiner Werkstatt nächtigen, wo über die Festtage ohnehin nicht gearbeitet wurde; man konzentrierte sich ganz auf den Verkauf von dem, was dem Geist des Künstlers über den Götterlauf entsprungen war: Verzierte Karaffen und dünnwandige Pokale, Teller aus Goldglas, bunt schillernde Kännchen und Vasen mit Mosaikmuster, prunkvolle Leuchtgefäße in Netzglastechnik sowie aufwendig gestaltete Flakons für Parfum konnten die Edeldamen in den Regalen bewundern. | ||
Die Wohnräume waren nicht üppig, aber komfortabel eingerichtet und vom Balkon hatte man einen ausgezeichneten Blick auf die Straße, konnte aber, wie Domna Alisea enttäuscht feststellte, keinen Blick in den Garten des benachbarten aranischen Anwesens werfen. Nachdem man sich etwas erfrischt und umgezogen hatte, machte sich Domna Siona mit ihren Töchtern auf, in der nahegelegenen Taberna ''Zum Rösserlwirt'' das Abendessen einzunehmen. Wie Esfera, die Ehefrau des Glasbläsers berichtet hatte, sollten dort traditionelle Bauerntänze der Waldwacht dargeboten werden. Zwar hielt die Edeldame nicht viel davon, sich dem Bauernstande all zu sehr anzunähern, doch die almadanische Lebensart war ihr wie ihren Töchtern immer noch ein wenig fremd und die gebürtige Albernierin hatte auf ihre Neugier hörend beschlossen | Die Wohnräume waren nicht üppig, aber komfortabel eingerichtet und vom Balkon hatte man einen ausgezeichneten Blick auf die Straße, konnte aber, wie Domna Alisea enttäuscht feststellte, keinen Blick in den Garten des benachbarten aranischen Anwesens werfen. Nachdem man sich etwas erfrischt und umgezogen hatte, machte sich Domna Siona mit ihren Töchtern auf, in der nahegelegenen Taberna ''Zum Rösserlwirt'' das Abendessen einzunehmen. Wie Esfera, die Ehefrau des Glasbläsers berichtet hatte, sollten dort traditionelle Bauerntänze der Waldwacht dargeboten werden. Zwar hielt die Edeldame nicht viel davon, sich dem Bauernstande all zu sehr anzunähern, doch die almadanische Lebensart war ihr wie ihren Töchtern immer noch ein wenig fremd und die gebürtige Albernierin hatte auf ihre Neugier hörend beschlossen zu dem gegebenen Anlass eine Ausnahme zu machen. | ||
{{Chronik.Ereignis|Zurück=[[Chronik.Ereignis1033 Streit ums Taubental Prolog|Prolog]]|Chronik:Jahr=Chronik:1033|Ereignisname=[[Chronik:1033#Streit_ums_Taubental|Streit ums Taubental]]|Teil=01|Weiter=[[Chronik.Ereignis1033 Streit ums Taubental 02|Streit ums Taubental 02]]}} | {{Chronik.Ereignis|Zurück=[[Chronik.Ereignis1033 Streit ums Taubental Prolog|Prolog]]|Chronik:Jahr=Chronik:1033|Ereignisname=[[Chronik:1033#Streit_ums_Taubental|Streit ums Taubental]]|Teil=01|Weiter=[[Chronik.Ereignis1033 Streit ums Taubental 02|Streit ums Taubental 02]]}} | ||
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