Chronik.Ereignis1033 Feldzug Ferkinalager 13

Im Raschtulswall, 30. Praios 1033 BFBearbeiten

Am Djer RagazBearbeiten


30. Praios, nachmittagsBearbeiten

Autor: von Scheffelstein

Nasfágul Pascha ließ seinen Blick über die kargen Hänge des Djer Ragaz schweifen, die endlose Wüste aus dunkelgrauem Gestein und rotglühenden Feuerströmen, die Tümpel aus kochendem Schlamm, die Risse aus denen gelblicher, stinkender Rauch aufstieg.

"Hier sind sie nicht", sprach der alte Farzand aus, was Nasfágul selber sah.

Nasfágul wandte sich zur Sonne, die gemächlich über die Ebene der Flachländer wanderte, blickte über den Kraterrand des Djer Ragaz hinweg, hinab auf die bewaldeten Hügel im Land der Blutlosen. Nein, bis dorthin hatten die Weiber es nicht geschafft. Auf der anderen Seite den Djer Ragaz hinabzusteigen war den Kühnsten vorbehalten. Vor allem aber brauchte man sehr viel Kraft, und keines der Weiber war stark genug, diesen Abstieg zu schaffen.

"Sie waren auch nicht hier. Wir müssen weiter ...", sagte er, als Farzands wütender Aufschrei ihn herumfahren ließ.

"Untanach-Nûrim!", rief der alte Blutjäger und spannte seinen Bogen. Auch von weiter unten, wo die anderen Krieger bei den Bergpferden warteten, kamen Rufe.

Nasfágul hob den Kopf. Jetzt sah er sie auch: Die von Vogelgeistern besessenen Racheweiber. Zu dritt flogen sie über dem Geröllhang des Djer Ragaz, kamen kreischend näher. "Schießt!", rief er, aber da bohrte sich Farzands Pfeil bereits in den Kopf eines der Vogelweiber. Mit irrem Geheul stürzte es trudelnd in einen Feuerbach. Binnen eines Herzschlags war es zu einem Ascheklumpen zusammengeschmolzen.

"Sieh nur", lenkte Kazûm Nasfâguls Aufmerksamkeit von den Untanach-Nûrim ab. Der Arm des Freundes wies hinab in die Geröllwüste zwischen dem Djer Ragaz und dem Djer Kalkarif. Da lief jemand. Ein Ferkina. Nasfágul legte die Hand über die Augen. "Der will zu uns. Es ist einer von den Jungen. Sehen wir, was er für Kunde bringt. Vielleicht haben sie die Weiber gefunden."

Eine Handbreit Sonne später traf der junge Halif bei den Blutjägern ein. Djershars junge Krieger hatten die Sklavinnen entdeckt. Sie waren in den Berg geflohen, dorthin, wohin die Krieger ihnen nicht folgen konnten, dorthin, wo es zu den Höhlen der Ahnen ging, die den Nuranshârim vorbehalten waren.

"Warum habt ihr sie nicht aufgehalten?", fragte Nasfágul ungehalten.

Halif schwieg einen Moment. "Yil'Hayatim", flüsterte er dann mit großen Augen. "Sie haben ihre Ahngeister angefleht, und die Götter der Blutlosen haben Yil'Hayatim gesandt, sie zu beschützen."

Nasfágul furchte die Stirn. "Djershar?"

"Yil'Hayatim hat ihn getötet. Sie hat ihm mit einem Hieb den Kopf abgeschlagen. Yil'Hayatim hat gesagt, ihre Götter haben sie gesandt, um Blutrache an den Bâni Khadr zu nehmen, bis sie den letzten Mann getötet hat."

Nasfágul lachte. "Sohn einer Eselin!" Verächtlich stieß er Halif zu Boden. "Yil'Hayatim ist eine Kriegerin. Für ein Weib und eine Flachländerin ist sie stark. Sie hat viele Bâni Khadr getötet und verdient Respekt. Aber sie ist nur ein Mensch. Sie blutet, wie Krieger bluten, wenn sie ein Speer trifft. Sie blutet aber auch, wie die Weiber bluten, und sie hat geschrien, als mein Vater sie von hinten nahm. Kommt!", winkte er den Sayadim Zhul. "Wir reiten zurück. Soll einer der Nuranshârim den Weibern in die Höhle folgen. Entweder, die Blutgeister töten sie, oder die Nuranshârim können beweisen, ob sie mein Vertrauen noch verdienen."

Immerhin, ein Gutes hatte die Sache: Djershar war tot. Wie er vorausgesehen hatte, war er Yil'Hayatim nicht gewachsen gewesen. Ein Konkurrent weniger. Schade für ihn. Gut für Nasfágul.


Die Sonne war tiefer gesunken, der Morgenhang des Djer Ragaz lag nun ganz im Schatten. Gelegentlich nur spritzte eine Feuerstrahl aus dem Leib des Berges und erhellte die Felsblöcke am Fuß des Vulkans. Im Licht der Flammen zeichneten sich Menschen ab.

Nasfágul hob die Hand, und die Krieger hielten an.

"Seht ihr das?" Er wies den Abhang hinunter. Dort gingen Blutlose in Eisen und Leder. Ihre Metallwaffen und Panzerhäute glänzten verräterisch im Feuerschein, dann erlosch der Feuerstrahl, und sie versanken in Schatten.

"Die holen wir uns!", rief Rusami, aber Nasfágul schnalzte ablehnend mit der Zunge. "Nein, warte! Sie gehen auf die Trümmerfelsen zu. Warten wir, bis sie etwas tiefer sind, dann können wir sie von den Pferden aus angreifen und in die Schlucht drängen. Wir holen uns ihre Waffen und die Eisenhäute."

"Vielleicht sind Weiber unter ihnen", frohlockte Halif.

"Wozu sollen wir uns die Hände blutig machen, Shâr?", fragte Kazûm grinsend. "Wir töten sie jetzt und nehmen uns unsere Beute."

Nasfágul nickte bedächtig.

"Gib mir das!" Kazûm nahm Rusami den Eisenspeer aus der Hand und schob das breite Ende unter einen kindsgroßen Stein am Abhang. "Hilf mir!", forderte er Rusami auf, und die beiden Blutjäger drückten die Eisenstange unter den Stein, bis er sich ein kleines Stück anhob. "Glotzt nicht, schiebt, ihr Dungköpfe!", fuhr Kazûm die anderen Krieger an, die ihm gebannt zusahen. Sofort eilten drei Männer herbei und stemmten sich gegen den Stein. Mit unheilvollem Donnern stürzte er den Abhang hinab, nahm immer mehr Steine mit sich, riss flammende Wunden in den Leib des Berges, bis eine Flut von Geröll und glühenden Rinnsalen die Flanke des Djer Ragaz hinabstürzte, Sträucher entwurzelte, sich an Felsblöcken brach und schließlich über den Köpfen der panischen Flachländer zusammenschlug. Einige wurden sofort unter den Trümmern begraben, andere mit den Steinen weitergerissen, ein paar wenige, die hinter einen Felsen gesprungen waren, rannten den Weg bergab, um den kleineren Steinen zu entkommen, die tödlich wie Pfeile neben ihnen einschlugen.

Kazûm lachte. Die Krieger johlten. Nasfágul lenkte sein Pferd auf einen Überhang und reckte die Eisenaxt in die Luft, die er einem Blutlosen geraubt hatte. "Ich bin Nasfágul Pascha iban Khenubaal, Shâr der Bâni Khadr", rief er und schlug mit der Axt gegen seinen Schild. "Tod den Blutlosen! Tod! Tod! Tod!"

"Tod! Tod! Tod!", fielen die Krieger ein, als sie hinter ihm den Abhang hinab ritten.

"Tod!", brüllte Nasfágul wenig später, als er seine Axt in den Schädel eines der Flachländer hieb, der ihm entgegen gelaufen kam. Blut und Hirn spritzten seinen Arm hinauf. Eine Frau in einem Eisenrock sprang schreiend vom Weg, als er auf sie zuhielt, floh zwischen den Trümmern den Abhang hinab. "Nein!", rief Nasfágul, als Rusami den Speer hob. "Die Weiber will ich lebend!"


Autor: Der Sinnreiche Junker

„Weiter, weiter!“, knurrte Gualterio Colonna, um dann mit einem Hauch von Verachtung in der Stimme fest zu stellen: „Ihr habt zu lange unter meinem Onkel gedient.“

Tatsächlich handelte es sich bei den meisten der Mercenarios um Angehörige des Hernán’schen Tercios, denn neben den Gräflichen war es hauptsächlich die Bedeckung gewesen, die der junge Bastard zusammen mit Rafik von Aranjuez nach Punin gebracht hatte, die bei diesem Unternehmen nun die Berittenen stellten. Und somit war ihnen als der berittenen Vorhut nun auch die Aufgabe zugefallen, abermals wenn auch dieses Mal zu Fuß jene Rolle zu übernehmen, derweil sich die Hauptmacht – oder was davon nach dem Ferkinaangriff noch übrig war – in Grezzano erholte. Eine Rolle die offensichtlich den wenigsten wirklich zusagte, hatten sie doch die vergangenen Götterläufe im Horasreich gedient, und offensichtlich fühlten sie sich in einem Pikengeviert wesentlich wohler als hier oben im Gebirge, mit dem Stolpern und Straucheln auf unsicheren Untergrund, den endlosen Geröllhängen, schwindelerregend steil abfallenden Wegen und den Trampelpfaden, wo man in langgezogener Kolonne hintereinander gehen musste, stets in Gefahr, dass irgendwo über einem Ferkinas auftauchten, von denen man nicht viel mehr sah, als den Regen aus Steinen, Pfeilen und Speeren, mit dem sie einen überschütteten. Richtigerweise blieb zwar festzuhalten, dass dies bislang mitnichten geschehen war, doch die schiere Vorstellung auf solche Art und Weise kämpfen zu müssen – sofern man überhaupt dazu kam, sich zu wehren – schien selbst dem hartgesottensten Veteranen unbehaglich.

Und so tastete man sich nur langsam vor in Richtung des Djer Kalkarif, eine Hand an der Felswand, die andere am Griff der Klinge, und immer wachsam unter den breiten Caldabreserkrempen in alle Richtungen spähend. Hin und wieder trieb der junge Colonna die Leute zur Eile an, doch nach spätestens einem halben Wassermaß waren die Mercenarios wieder in jenes vorsichtiges Tempo zurück gefallen. Zumal auch der erfahrene Anzures Ballan – wiewohl er dem Neffen des Condottiere nicht widersprach – keinerlei Anstalten machte diesem beizupflichten.

Immerhin hielt der Magier auch jetzt, als die Schatten länger wurden, munter Schritt, was gewiss den einen oder anderen überraschen mochte. „Es wird bald dunkel. Wir sollten einen Lagerplatz…habt Ihr das gehört?“, wandte sich Gualterio an jenen, und blickte nach oben, von wo ein Grollen zu hören gewesen war. Die beiden und noch zwei weitere Söldner blieben stehen, und blickten sich um, als das Grollen anschwoll, und plötzlich einige Schritte hinter ihnen eine Lawine ihre Kameraden den Abhang hinunter riss.

„Ferkinas!“, brüllte einer der Mercenarios überflüssigerweise, konnte doch jeder sehen, wie die Wilden den Abhang hinunter strömten.

„Denen ist nicht mehr zu helfen“, stellte der Bastard ungerührt fest, als er den Abhang hinab sah, wo Anzures Ballan und die Hälfte ihrer Truppe viele Schritt weiter unten unter Steinen begraben lag. Auf der anderen Seite – die Lawine hatten den Weg mit unzähligen Brocken bis hin zu mannsgroßen Felsen geteilt – aber waren noch drei weitere Söldner am Leben. „Hierher!“, brüllte der Mercenario, aber der Schrecken war wohl zu groß gewesen. Einer der Mercenarios lief geradewegs den Hang hinauf, den heran stürmenden Ferkinas in die Arme, eine Söldnerin dagegen wandte sich dem Abhang zu, und versuchte diesen hinunter zu entkommen. Der Dritte blieb unschlüssig auf dem Weg stehen.

„Die sind verloren“, griff der andere Söldner Gualterio an den Arm. Dieser nickte nur knapp, und wandte sich dann um: „Lauft!“


Autor: Dom Thallian

Den Magus, der nun auch schon einige Götterläufe zählte und nicht mehr ganz die körperliche Ausdauer seiner söldnerischen Begleiter vorweisen konnte, wenngleich er auch nicht als Stubenhocker gelten konnte, hatte der Angriff der Ferkinas ebenfalls überrumpelt. So verstrichen einige Schläge seines kräftig pulsierenden Herzens, bevor er sich gesammelt hatte und sich umsah.

„Verflucht …”, schnaubte er noch in die Richtung der Wilden, die da in halsbrecherischem Tempo den Berg hinabkamen. Gualterios Ruf zum Rückzug ignorierte er - so schien es jedenfalls. Er hatte bereits seine Konzentration ganz auf eine Handvoll der herabstürmenden Bergwilden gerichtet. Die Entfernung gab ihm nicht viel Zeit für ein filigranes Weben der Kräfte, sodass er das astrale Netz mit zusätzlicher Kraft absicherte, bevor er den Cantus den Angreifern entgegenschleuderte und dabei die bosparanischen Worte des Blendungszaubers den Heranreitenden mit zornigen Knurren entgegenwarf.

Mit zusammengekniffenen Augen verfolgte er die Reaktion der herandonnernden Pferde auf die Blendung, denn diese waren das Ziel des Zaubers gewesen. Und in der Tat: Ein Tier bäumte sich in Panik unter seinem blutgierigen Reiter auf und wollte sein Heil in der Flucht suchen, mit dem Tier daneben meinte es das Schicksal nicht so gut, denn erblindet machte es auf dem schwierigen Pfad einen Fehltritt und stürzte, begleitet von einem schauderlichen Knacken, das wohl seinen Knochen zuzuordnen war, gefolgt sogleich von einem markerschütternden Aufschrei des gequälten Tieres, zu dem sich auch noch das wütende schmerzverzerrte Gebrüll des Ferkinas mischte. Ein weiteres Pferd wollte sich ebenfalls aufbäumen und gar den Krieger auf seinem Rücken abwerfen, doch dieser Zwang das Tier mit hartem Griff in die Zügel zur Räson. Etwas mehr Anstregung damit hatten seine beiden Nachbarn, die alle Mühe hatten, nicht die Kontrolle und den Halt zu verlieren.

Ein grimmiger zufriedener Zug legte sich auf die Züge des kampferfahrenen Zauberers, und leise murmelte er. „Mal sehen wer sich gleich fürchtet ...“ Demonstrativ, dabei wohl durchaus beobachtet von den Reitern unweit vor ihm, hob er die Rechte mit dem Stab, schütteltete diesen, und nochmals seine Kraftreserven mobilisierend, brüllte er dann unvermittelt lautstark „Horriphobus!“ den drei noch im Sattel sitzenden Ferkinas entgegen, um abgrundtiefe Furcht vor ihm in ihre wilden Herzen zu pflanzen.

Als er sah, wie sich über das Gesicht des Ersten nackte Angst und bodenlose Furcht legten, rief er diesem noch ein „Verschwindet oder ihr geht in die Höllen!“ zu, dann aber wurde es endgültig Zeit, das noch herrschende Chaos auszunutzen und Gualterios Befehl zum Rückzug nachzukommen. So wandte er sich um mit eiligem Schritte, dabei Felsen, Brocken und Geröll ausweichend oder umrundend, dem Weg zu folgen und wieder zu den anderen aufzuschließen.


Autor: Der Sinnreiche Junker

„Verdammter Narr!“, zischte Gualterio, als er sah, dass der Magus zunächst stehen blieb. Dann stutzte er, als sich offensichtlich auf Reaktion dessen Treibens zunächst Unordnung in den Reihen der Ferkinas breit machte, eines der mageren Bergponys durchging, ein anderes gar zusammen brach und sich schließlich auch die ersten Reiter zur Flucht wandten, doch blieb für wenig Zeit für Anerkennung und Schadenfreude, da bereits weitere Ferkinas, die meisten davon zu Fuß, den Berg herab stürmten. „Jetzt aber los, nehmt die Beine in die Hand!“


Autor: Der Sinnreiche Junker

Nasfágul Pascha indes heulte auf vor Wut, als er zunächst nur mit äußerster Mühe sein Reittier unter Kontrolle halten konnte, und sich dann gar seine Krieger zur Flucht wandten. Kurz hatte etwas seinen Verstand, sein Bewusstsein gestreift, doch bedurfte es mehr, um ihn, den Sohn Khenubaal Paschas, mit einem Zauber zu belegen. Denn zweifellos hatte dieser stabschwingende Blutlose irgendeine feige Magie gewirkt, und der Kriegshäuptling der Bâni Khadr war klug genug, ihm nicht blindlings zu folgen.

Daher gab Nasfágul seinen nachdrängenden Kriegern das Zeichen zum Halt. Der Weg hinab ins Flachland war noch weit, mochten die Feiglinge also laufen wie die Hasen und sich ruhig erst einmal in Sicherheit wiegen. Einstweilen würden sie sich an die Zurückgebliebenen halten, denn nicht nur hatten sie dieses eine Weib niedergeschlagen - unter den Felsbrocken erklangen die Schmerzenslaute von mindestens zwei weiteren Flachländern. Ihnen allen blühte nichts Gutes, ebenso wenig wie den geflüchteten Kriegern. Zauberei hin oder her.


Chronik:1033
Der Ferkina-Feldzug
Teil 13