Chronik.Ereignis1032 Der Zenit des Mondes 05
Baronie Artésa, Rahja 1032 BFBearbeiten
Auf Castillo FelsBearbeiten
Autor: Dom Gualdo
Schweigen hatte sich über die Runde gelegt. Nach den offenen Worten Dom Sarebuns saßen sich der reiche Baron von Artésa, die ahnenstolze Baronin von Brig-Lo aus uraltem Stamme, die Hausherrin und der altfürstliche Junker von Lindholz sowie die alte Witwe von Rebenthal lange gegenüber und musterten einander.
Domna Zuñigas Blick war nach einer kurzen Weile weg von den versammelten schwachen Menschen zur Wand zu ihrer Rechten gewandert: Unmenschlich gewaltige Berge aus vollen Muskeln schufen nackte Leiber voll Kraft, alles überwindender, alles zermalmender Kraft. Oberarme mit granatapfelgroßen Wölbungen schoben – gespannt vor Anstrengung – Brüder und Gefährten gen Alveran empor. Dabei standen diese Giganten auf Beinen, die als Säulen den ganzen Derenkreis – in seinen unbekannten wie bekannten Teile – tragen hätten können. Schrecken und Furcht waren in den Gesichtern der fernen und kleinen Götter in Alveran zu lesen, die diese Übermacht nahen sahen. Eine Macht so finster und kraftvoll, dass sie die Sonne selbst gefangen nehmen und verdunkeln konnte. Doch Menschen, schwache, sterbliche Menschen? Was wären Sterbliche gegen die säulenartigen Beine, die gewaltige Brust, die wilde Stirn dieser Giganten? Jeder dieser Giganten hatte mehr Lebenskraft in sich als die verwitwete Junkerin seit Götterläufen in sich gespürt hatte.
Den Kopf noch immer zur Seite gewandt und leise hob die Junkerin nach langem Schweigen zu sprechen an – es klang, als käme ihr Stimme aus weiter Ferne: „Wir – wenn es ein wir gibt – stehen, wenn wir uns dazu entscheiden, zu stehen, einer gewaltigen Macht gegenüber, die nicht zögern und zaudern wird“ - sie wandte ihr Haupt den Sterblichen zu - „die nicht zögern und zaudern wird, Pein in unsere Glieder einzubrennen, Kummer in unsere Herzen zu säen und den Tod zum ewigen Gast in unseren Häusern zu machen.“ Domna Zuniga schlug die Augen nieder. „Ich weiß, wovon ich spreche. – Sollte es ruchbar werden, dass wir Disentes sind, wird die kaiserlich-königliche Gnadensonne in Punin für uns gänzlich erkalten, wenn sie bisher für uns nicht ohnehin schon zu Eis geworden ist.
Außerhalb der kaiserlich-königlichen Gnade ist es kalt, zumal die wahre kaiserliche Sonne noch fern ist und uns in diesen Gefilden nur sehr schwach wärmen kann. Das heißt, die gegenwärtige Lage, der mondenkalte Winter, scheint mir zu raten, nicht offen Treue zur wahren Sonne zu bekunden, sondern dieses Bekenntnis unter uns zu halten, Domnas y Doms. Doch diejenigen, die zuerst am lautesten und klarsten ihr Bekenntnis zur Kaiserin in die Welt rufen, werden in den Tagen, die da hoffentlich kommen werden, nahe Bahnen an der Sonne beschreiben dürfen. Es scheint mir die Wahl zu bestehen zwischen der Gegenwart und der Zukunft, die wir erstreben. Diese Zukunft hängt am Fortleben einer einzelnen Person ohne Erben und Nachkommen – einer Person, die sich in Kämpfen und Schlachten nicht zu schonen pflegt. Eine Zukunft an einem seidenen Faden…“
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