Chronik.Ereignis1035 Flucht aus der Heimat 01

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Reichstadt Ragath, während des Grafenturnier zu Ragath 1035 BF

Autor: dalias
Yppolita di Dalias y las Dardas saß in offenem blauen Wams gemütlich auf einem Stuhl und blätterte gelangweilt durch die Journaille Yaquirblick. Skandale und Skandälchen allerorten. Ihre schweren Lederhandschuhe lagen neben dem Teller und dem Bierhumpen. Der Raufdegen lehnte an ihrem Stuhl. Sie war nicht sonderlich aufgeregt, denn niemand erwartet von ihr den Turniersieg oder eine große Tat bei der Djosta. Sie hatte die Vorrunde gemeistert und sich gegen Angrond von Freiwald und die gefürchtete Radia von Franfeld sehr gut geschlagen. Am meisten aber gefiel ihr, dass ihr Bruder keine einzige Lanze gebrochen hatte. Er war sang- und klanglos gescheitert. Genüsslich löffelte sie ihr zweites Ei aus und schob ein großes Stück Knoblauchwurst hinterher, ohne viel Zeit mit Kauen und Schlucken zu vergeuden.

Ihr Wirt Travintez, der ältliche Gatte einer arrivierten Schneidermeisterin, goß ihr flugs vom Speisebier nach und grimasierte aufgeregt. "Ja, ja, ein leerer Bauch turneit nicht gerne, Wohlgeboren, ja, ja!" Sie blickte zu dem Männlein mit seinem lustig wippenden Schnauzbart auf. Alleine wegen dieser einfachen Lebensweisheiten, mit denen er sie beglückte, liebte sie ihn. Und weil er ihren Teller und ihren Humpen immer artig auffüllte.

"Noff ein Ei, Maest...", sie schluckte, "und ein Stück von dem Käse, den ich gestern zum Frühstück hatte. Darf gerne so viel sein!" Yppolita hob Zeige- und Mittelfinger ihrer rechten Hand, um die gewünschte Dicke des Käsestücks anzuzeigen. Doch Maestro Travintez reagierte nicht, sondern starrte unverwandt zur Butzenglasscheibe auf die Straße hinaus. Yppolita räusperte sich, während sie etwas enttäuscht auf eine Zeichnung von des Kanzlers Punipan-Buffet starrte, mit welchem dieser einen Gesandten aus Tulamdistan beglückt hatte. Die Yaquirtaler Caballera verspürte, wie sich ihre Liebe zu ihrem Wirt verflüchtigte. Ihr Teller war leer. Sie räusperte sich erneut - lauter, um die Aufmerksamkeit des Wirtes wieder auf sich und ihren leeren Teller zu lenken.

"Ei, ei, ei, ein Magus am Morgen bringt Kummer und Sorgen!" Kopfschüttelnd wandte sich Maestro Travintez vom Fenster ab und durchschritt ziellos die gute Stube. Den Kummer und die Sorgen der Caballera, ihren leeren Teller betreffend, völlig ignorierend. Wollte er sie aushungern? War das die Rache der in Ragath einflussreichen Radia von Franfeld? Hätte Yppolita um diese grausamen Konsequenzen früher gewusst, sie hätte Radia von Franfeld liebend gerne obsiegen lassen.

Dann kamen ihr die Worte ihres Wirts in den Sinn: "Ein Magus, guter Mann? - Steht ein Magus vor unserer Türe?" "Ja, ja, Wohlgeboren, ein Magicker steht da draußen unschlüssig vor dieser Pforte und sinniert, ja, ja - schon zum zweiten Mal am heutigen Tage sehe ich ihn, wenn das mal nicht ein schlimmes Omen ist. Meine Muhm - Boron hab sie selig, auch wenn sie im Leben ein garstiges und boshaftes Weib war, das keinem anderen Menschen und schon gar keinem Zwerg Freude und Glück gönnen wollte, und dies schon gar nicht im Phexensmond..."

Mit einem raschen Blick hatte sie sich selbst Gewissheit verschafft: Dort draußen auf der Straße war - einem Fuhrwerk ausweichend - in der Tat ein Magier, dessen Gesicht sie dem Spitzhut zum Trotz erkannte. Yppolita sprang sporenklirrend auf und machte einen Satz zur Tür hin. Noch ehe der Wirt protestieren konnte, hatte sie die Türe aufgerissen und strahlte den Magier mit einem Lächeln an: "Na, guten Morgen, hochgelehrter Magus, wollt Ihr mir nicht beim Frühstück Gesellschaft leisten, Dom Amaros?"

Autor: lindholz
"Domna Yppolita, was für eine unerwartete Überraschung!" log der junge Adeptus ohne mit der Wimper zu zucken. Den ihm noch nicht zustehenden Titel des Magus nahm er anstandslos hin, während er der Kriegerin entgegen trat. "Gerne werde ich eine Kleinigkeit mit Euch speisen", erwiderte er. Amaros von Lindholz nahm den Spitzhut ab, als er durch den niedrigen Türrahmen schritt und an der Seite der schwarzgelockten Caballera den Innenraum der Wirtschaft betrat.

Selbst der misstrauische Blick des Wirtes konnte nur kurz seine Laune trüben. Warum nur freute es ihn so, die Herrin von Niverocca wieder zu sehen? Ja, warum hatte er selbst das Wenige an Zeit, das ihm abseits des Turniers zur Verfügung stand, darauf verwendet, ihre Unterkunft ausfindig zu machen, anstatt wie seine Schwestern das Stadtleben zu genießen? Waren es die Gefühle, die er in Domna Yppolitas Augen lesen konnte? Ihre Bewunderung schien so stark, dass sie sogar bereit war, die Namen ihrer Familie und jede Verpflichtung, die mit ihnen verbunden war, zu vergessen. War es am Ende pure Selbstverliebtheit, die ihn zu ihr trieb?

Amaros musterte seine Begleitung unauffällig, als er neben ihr an dem Tisch Platz nahm, dessen Zustand darauf hindeutete, dass Yppolita di Dalias bereits ein üppiges Mahl zu sich genommen hatte. Nein, hübsch war die junge Edeldame wahrlich nicht zu nennen; mit den zu kräftigen Augenbrauen und dem schwachen Kinn. Doch maßen nur Narren dem Äußeren großes Gewicht bei oder ließ sich sogar dazu verleiten, aus einem holden Antlitz auf einen ebenso schönen Charakter zu schließen. Doch als sie ihm voll ehrlicher Freundlichkeit fragte, "Möchtet Ihr auch ein Bier? Ich kann Euch versichern, dass Maestro Travintez einen ganz ausgezeichneten, zwergischen Zulieferer hat", da konnte er nicht anders als ihr Lächeln zu erwidern. "Nun, dann sage ich nicht nein." antwortete der Lindholzer, während er den Spitzhut auf dem Stuhl neben sich ablegte. Normalerweise bevorzugte er Wein, verdünnt vor der Mittagsstunde, oder Getränke, die seinen Verstand gar nicht benebelten, aber er hatte die urtümliche Ahnung, das ihm dieses zusagen würde. Als der Wirt an den Tisch kam, nutzte er die Gelegenheit, auch ein wenig weißes Brot und Caldaier Schafskäse zu ordern ohne den alten Mann auch nur eines Blickes zu würdigen. Amaros entschloss sich, das Gespräch mit dem dieser Tage offensichtlichsten Thema zu beginnen: "Ich habe Euren Lanzenganz gegen die Vogtin von Ragathsquell gesehen. Eure Leistung war beeindruckend, wenn ihr meine, zugegebenermaßen dilettantischen, Meinung hören wollt."

Autor: dalias
"Aber gewiss doch, Dom Amaros, warum sollte ich Eure Meinung nicht hören wollen. Es gibt nur wenige, an deren Meinung mir so sehr gelegen ist wie an der Eurigen." Bei diesen Worten errötete die Caballera ein wenig und besann sich darauf, dass ihr Wams noch offen war und den Blick auf ihr blütenweißes Seidenhemd freigab. Ihr Kragen war vorne nicht geschlossen und lag etwas unordentlich auf dem Wams auf. "Es freut mich, dass Euch mein Urteil so viel bedeutet", gab er ihr unverbindlich zur Antwort und schenkte ihr einen Blick aus seinen unergründlich tiefen, oceanfarbenen Augen.

Während die beiden Noblen kurz über das Wetter und die letzte Ausgabe des Yaquirblicks sprachen, tischte Maestro Travintez ordentlich auf: Weißbrot, Caldaier Schafskäse, Oliven, Arangen, Äpfel, gekochte Eier, deftige bosquirische Knoblauchwurst, Raschtullswaller Bergkäse, kalter Braten vom Vortag. Während der junge Adept zurückhaltend tafelte, speiste die Caballera de Niverocca mit einer Esslust, als hätte sie gerade nicht nur an diesem Morgen noch nicht gegessen, sondern die ganze letzte Woche ohne Speis und Trank Schwerstarbeit in einem bosquirischen Steinbruch verrichtet.

"Eure Base – ist es überhaupt Eure Base? – diese Domna Saria von Lindholz-Hohen... Hohen...", Yppolita schob ihre Augenbrauen zusammen, als ihr offenbar der Name seiner Verwandten nicht mehr in den Sinn kommen wollte, als sie das Gespräch wieder auf das Turniergeschehen brachte, "Domna Saria hat sich jedenfalls achtbar gehalten in ihrer Gruppe, wenn man bedenkt, dass sie es mit dem Schwarzen Junker zu tun hatte. Aber Ihr Dialect macht es mir schwer, sie zuzuordnen. Ich hörte sie nur ein paar Worte sagen... Aus Garetien stammt sie aber nicht, oder?"

Autor: lindholz
"Sie stammt aus dem Darpatischen. Domna Saria und ihr jüngerer Bruder verloren das Leben, das sie kannten, ihre Heimat und ihre Familie dort und nachdem absehbar war, dass sie in jenen gezeichneten Landen nichts davon würden zurückgewinnen können, zogen sie in den Kosch. Sie besitzt inzwischen ein hübsches, kleines Rittergut im Süden des Landes und Dom Etilian, ihr Bruder, steht als Leibarzt in den Diensten des Grafen der Hügellande. Ich vermag selbst nicht zu sagen, ob die alte oder die neue Heimat ihre Sprache inzwischen mehr prägt", antwortete der Adept der magischen Zunft. "Ich muss auch hinzusetzen, dass Ihre Leistung, wenn auch beachtlich, mir einiges an Sorge bereitet hat. Ihr Lanzengang gegen diesen jungen Rescendiente hat ihr eine so schwere Verletzung eingebracht, dass sie ohne den erheblichen Einsatz der magica curativa jetzt schon das Feld räumen müsste; über die möglichen langfristigen Folgen möchte ich gar nicht nachdenken."

Autor: dalias
"Domna Yppolita rieb ihre Hände aneinander so als würde sie etwas frieren. "Langsam spüre ich doch eine gewisse Aufregung in meine Glieder kriechen. Domna Radia war in der Tat ein schwerer Brocken – doch ich vermute fast, dass sie mit dem flinken Difar oder einer Erkältung geschlagen war. Ich hätte sie für eine Favoritin auf den Turniersieg gehalten... Nun muss ich bald gegen Ardan von Kündoch in die Schranken treten. Ich hoffe, dass Rondra mir hold sein wird... Ardan von Kündoch ist doch ein gemeinsamer Bekannter aus dem Taubental. Erinnert Ihr Euch an den stocksteifen Tobrier im Gefolge der hochnäsigen Comtessa Romina?" Amaros von Lindholz nickte ihr zu. An Ardan von Kündoch hatte er keine besonders lebhafte Erinnerung, aber die Abneigung seiner älteren Schwester gegen dessen Domna war ihm nur zu sehr bewusst.

Grübelnd rieb Yppolita ihr Kinn. Sie fasste sich ein Herz. Sie wollte es wagen. "Dom Amaros, ich weiß, es mag Euch in Anbetracht der Geschichte unserer Familias unpassend erscheinen", verlegen räusperte sie sich, "doch dürfte ich Euch bitten, dass Ihr mir ein Tuch oder... hm, einen Gegenstand gebt, der mich im nächsten Lanzengang begleitet und mir hoffentlich Phexens Glück gegen den tobrischen Schafsbock geben wird." Mit einem verliebten Lächeln blickte sie Dom Amaros in die Augen. "Ihr würdet mich dadurch sehr glücklich machen."

Autor: lindholz
Für einige Herzschläge blieb der junge Zauberer sprachlos und er spürte, wie ihm das Blut in die Wangen schoss. Instinktiv forschten seine Gedanken nach einem spektakulären Gegenstand, den er ihr, möglichst verbunden mit einem effektvollen Zauber, übergeben konnte. Doch gemahnte ihn die Vernunft, mit seinen Kräften Haus zu halten; wer wusste schon, wie viel ihm dieses Turnier noch abverlangte - besonders, da er kein Experte in Heilungszaubern war? Zudem trug er nichts von größerem Wert bei sich; seiner Meinung nach gab es wenig Schlimmeres als einen Illusionisten, der mehr schimmerte als seine Trugbilder.

Schon sah er, wie die Hoffnung in den Augen der Caballera zu verglimmen drohte, wie sich ihr Mund öffnete, um den Mut ihrer Frage zu verwischen. "Tatsächlich trage ich nur wenig bei mir, was ich Euch als Phexpfand überlassen könnte", erwiderte der Lindholzer entschuldigend. Yppolitas Lächeln geriet ins Flackern, als sie antwortete: "Ich verstehe..." "Wartet!", eilte sich Amaros zu sagen, während er die Hände zum Nacken hob, wo er nach einer dünnen Halskette fingerte. Nach einer ihm viel zu lange erscheinenden Zeit, zog er das Kleinod schlielich hervor und legte es in die hastig vorgestreckte Hand der Caballera. Ein unauffälliger weißer Stein, scheinbar nicht mehr als ein Kiesel und noch warm von der Haut des jungen Mannes ruhte, umfasst von Silber, in der schwieligen Rechten Yppolitas. "Ihr könnt mich sentimental nennen, doch mir hat er einst großes Glück gebracht. Möge er auch Euch Phexens Segen spenden", fügte er, durch ein verlegenes Räuspern eingeleitet, hinzu.

Autor: dalias
Mit einem versonnenen Lächeln blickte Domna Yppolita auf den kleinen weißen Stein in ihrer Hand. War dies das ersehnte Zeichen seiner Zuneigung? Ein Stein, den er über seinem Herzen getragen hatte, sollte nun an ihr seinen Phexenszauber tun. Seinen Rahjenzauber begann er augenblicklich zu entfalten. Sie blickte vom Stein in ihrer Hand auf; ihre Augen suchten seinen Blick. Neugierig forschend strich sein Blick von ihrer Hand zu ihrem Gesicht. Ihre Blicke trafen sich.

"Amaros, ich bin...", rang die stämmige Caballera um Worte, "...ich bin... ich wollte Euch nicht... er ist wunderschön." Amaros sah wie sich ein feuchter Schleier über ihre dunklen Augen legte. Eine einzelne feine Träne perlte ihre linke Wange hinab. Ihre Lippen bebten. Sie wirkte zerbrechlich. Sie schlug ihre Augen nieder und fuhr sich mit ihrer freien Hand über die Wange. Mit einem breiten, aufgesetzten Grinsen versuchte sie die Rührung und das Empfinden wegzulächeln. Einige wenige Herzschläge später hatte sie sich wieder gefasst: "Ich werde Eure Gabe in Ehren halten, Dom Amaros." Sie umschloss den weißen Stein und seine silberne Kette mit ihrer ganzen Hand und führte die Hand mit dem weißen Stein zu ihrer Brust.

Autor: lindholz
Amaros wusste nicht recht, was zu sagen oder zu tun. Das Band welches er in diesem Moment zwischen der Daliaserin und sich selbst fühlte, schien ihn regelrecht körperlich zu binden. Die Haut ihrer Wange schimmerte noch feucht und sein Herz sagte ihm, dass es richtig sei, ihre Wange zu berühren; seine Hand auf die ihre zu legen. Doch das würde die Grenzen der Schicklichkeit bei weitem überschreiten. Seine Lippen öffneten sich, um zumindest in Sprache zu kleiden, was er in Gesten nicht zu sagen vermochte, doch die Worte flohen ihm.

Autor: dalias
Schwer polterten Schritte die Treppe herab. Es war eine junge Knappin, die einen blauen Umhang und einen prächtigen Caldabreser in ihren Armen trug. Der schwarze Greif auf ihrem gelben Wams schien das Paar mit herausgestreckter Zunge zu verhöhnen. "Wohlgeboren, verzeiht die Störung, aber ich denke, Ihr müsst..." Caballera Yppolita fuhr herum. "Was? Ist es schon so spät?", ungläubig blickte sie ihre Knappin an. Die angesprochene Knappin nickte eifrig: "Reto hat Euer Ross schon gesattelt, Euer Wohlgeboren." Yppolita erhob sich mit einem leisen Seufzer von ihrem Stuhl und blickte Dom Amaros mit traurigen Augen an. "Es hat mir viel Freude bereitet, Euch wiederzusehen, Dom Amaros – habt Dank für dieses Unterpfand. Ich hoffe, ich werde Euch in der Djosta nicht enttäuschen..." Mit einem schelmischen Grinsen stand die 14-jährige Knappin weiter mitten im Raum und beobachtete ihre Herrin und ihren arkanen Galan mit unverhohlen neugierigem Blick. Als Yppolita mit einem Seitenblick der unerwünschten Beobachterin wieder gewahr wurde, herrschte sie ihre Knappin Calayda kurz an, schon vorzugehen.

Als sie erneut alleine mit Amaros von Lindholz war, beugte sich Yppolita vor und raunte ihm leise ins Ohr: "Dom Amaros, nun wisst Ihr, wo ich meine Herberge habe, aber wo Ihr logiert, ist mir nicht bekannt. Wenn’s Euch beliebt, könnte ich Euch heute Abend besuchen." Mit einem unvermutet kecken Grinsen zwinkerte die Caballera ihrem verehrten Adeptus zu. Im selben Augenblick erschrack sie selbst über das, was sie gerade gesagt und getan hatte. Schamesröte schoß in ihre Wangen. Sie hatte alles ruiniert. Sie empfand, als würde sie fallen.

Autor: lindholz
Er konnte nicht glauben, dass ihre ungewohnte Nähe, ihre Worte und das, was sie andeuteten so ein Feuerwerk an rahjagefälligen Gedanken in seinem Kopf entstehen ließ, dass sich gar zaghaft seine Lenden regten. Ohne zu zögern nannte er ihr mit belegter Stimme das Gasthaus, in dem er ein kleines Zimmer bezogen hatte.

Autor: dalias
Sie hatte kaum verstanden, was er ihr sagte. Zu sehr pochte ihr Herz wild gegen ihre eigenen unverschämten Worte an. Mühsam zwang sie sich zu beruhigen. Ihr Wagnis wurde doch belohnt. Vielleicht war der Wahlspruch der Familia Al’Shirasgan doch der wahrste und richtigste von allen: "Attempto – Ich wag’s!" Es einfach zu wagen, die eigenen Wünsche und Sehnsüchte zu nennen – oder zumindest recht unzweideutig auf sie hinzuweisen -, schien in diesem Fall in der Tat, die die beste Lösung gewesen zu sein. Hatte sich gerade eine Abkürzung zu seinem Herzen aufgetan? Sie zwang sich zur Ruhe. "Schön, Dom Amaros!" Sie griff ihre Lederhandschuhe und ihren Raufdegen. Ihr breites Grinsen war nicht zu übersehen. Ihre Augen strahlten. "Ich freue mich, auf unser Wiedersehen heute Abend." Sie erhob sich, zog ihre Handschuhe an, setzte sich ihren Caldabreser auf. Ununterbrochen strahlte sie. Ihr Grinsen wirkte auch auf den jungen Magier, der sich auch eines leisen Lächelns nicht enthalten konnte.

Autor: lindholz
Erst nachdem die Caballera gegangen war, wurde Amaros bewusst, worauf er sich eingelassen hatte. War er denn trunken? Beherrscht von seinen Trieben, wie ein junges Bürschchen? Das alles ging viel zu schnell! Ohne den weiterhin misstrauisch-ängstlichen Blick des Wirtes zu beachten, verlangte er einen kräftigen Weinbrand von Maestro Travintez.

Amaros erinnerte sich, dass sein Großvater - mögen die Götter den alten Griesgram selig haben - ihm berichtet hatte, wie die Daliaser einst seine Tante in einen Hinterhalt gelockt und beinahe den Flammen übergeben hätten. Konnte er jemanden aus diesem Geschlecht wirklich trauen? Eben hatte er noch geglaubt, in Yppolita di Dalias lesen zu können, wie in einem offenen Buch, doch was, wenn er es war, der zum Narren gehalten wurde? Oder war es doch nur die Heftigkeit seiner eigenen Gefühle, die seine Gedanken ins Chaos stürzten? Der Adept der arkanen Künste seufzte besorgt. Was konnte er jetzt nur tun? Der Gastwirt stellte den Weinbrand vor ihm ab. Unschlüssig starrte Amaros auf die honiggelb schimmernde Flüssigkeit. Schließlich fasste der junge Mann einen Entschluss, stürzte mit einem Zug den Inhalt des tönernen Becherchens hinunter und spürte mit Wohlwohlen, wie kribbelnde Wärme sich den Weg in seinen Magen bahnte. Dann stand er auf, legte einige Münzen auf den Tisch und verließ den kleinen Gastraum. Maestro Travintez wartete, bis sich die Tür hinter dem blonden Zauberwirker geschlossen hatte. Dann atmete er beruhigt aus und schlug ein Schutzzeichen in die Leere des Raums.




Chronik:1035
Wiedersehen in Ragath
Teil 01