Chronik.Ereignis1036 Lindwurmhatz 07
Baronie Taubental, Mitte Ingerimm 1036 BF
Im Drachental (mittags)
Autor: vivar
Nachdem man sich also gegenseitig bekannt gemacht hatte, bog die Jagdgesellschaft, um einen Edlen reicher, auf den Weg gen Trajalés ein, während die wenig vertrauenerweckende Zahori kehrtmachte und nach Kellfall zurückkehrte. Der schlechtgepflegte Karrenweg, der sich entlang des felsigen Ufers der Escarra durch den dichten Wald wand, war eine Herausforderung für Rosse und Reiter. Die knorrigen Äste der Pinien, Eichen und Zedern hingen tief und fuhren, vom Wind bewegt, so manchem Reiter ins Gesicht, derweil die über den Weg wuchernden Wurzeln die Rosse ein ums andere Mal zum Stolpern brachten. Am übelsten erging es jedoch Meister Duglim, der den Karren des Ibenburgers zu lenken hatte. Über Stock und Stein ächzte und rumpelte das Fuhrwerk, das der Zwerg jeden Moment fürchten musste, dass die Achse bräche.
Zum allgemeinen Verdruss hatte sich der kalte Talwind in ein kräftiges Blasen verwandelt, der an Wämsern und Mänteln, Haaren und Bärten zupfte und die Bäume durchschüttelte, als ob es Pflaumen zu ernten gäbe. Dom Rahjindan versuchte mehrmals, Dom Halmdahl nach seiner Herkunft zu auszufragen, gab sich aber alsbald geschlagen, weil der Wind die Worte verwehte und verwirbelte und nur fetzenweise bei dem Waldhauser Edlen ankommen ließ.
Nach einer guten Stunde mühsamen Ritts bat Domna Catalin die anderen darum, eine kurze Rast einzulegen, weil sie fürchtete, dass ihrem Ross ein Eisen lose war und es sich verletzen könne. Während sie abstieg und nachsah, führte Ravena ihr eigenes Pferd ans Ufer der Escarra. Der Wildbach führte zu dieser Jahreszeit nur wenig Wasser in seinem mit Felsen und großen Steinen gefüllten Bett. Hinter einem der Felsen am diesseitigen Ufer blitzte etwas hervor, das sie stutzig machte. War es eine rote Feder? Ein roter Stoffetzen?
Autor: alcorta
Die Puninerin redete beruhigend auf ihr Pferd ein und strich ihr langsam das Bein entlang. Das Pferd blieb tatsächlich ruhig und erlaubte ihrer Reiterin ohne auszuschlagen, den betroffenen Huf zu untersuchen. Zum Glück hatte sich das Hufeisen nicht gelöst, doch es hatten sich doch einige kleine Steinchen und Dreck eingeklemmt, sodass sie begann, das Hufeisen auszukratzen. Ihr Blick und ein Nicken gab den anderen Reisenden Entwarnung, es konnte also gleich weiter gehen. „Ich will gerade noch den Huf auswaschen“, gab sie an und führte das Pferd ebenfalls zum Escarra, wo sie die Hufe mit einer Bürste abschrubbte. Schnell bemerkte sie Ravenas fixierenden Blick und blickte ebenfalls ins Wasser. Schnell bemerkte sie den roten Fleck. „Hat da jemand seinen Caldabreser weg geworfen?“, fragte sie Ravena, machte aber keine Anstalten, sich diese Stelle nun anzusehen. Ihr Pferd hatte Vorrang.
Autorin: Tina
„Keine Ahnung ... .“ Statt einer weiteren Antwort kraxelte die Knappin auf den Uferfelsen entlang, um sich das seltsame Ding genauer anzuschauen.
Autor: derp
Rahjindan beobachtete aufmerksam die Reaktion der Pferde, wohl in der Hoffnung, dass er dadurch einen Anhaltspunkt über eine mögliche Anwesenheit des Ungetüms in der Nähe erhalten würde. In Gedanken ging er noch einmal alles durch, was er über die magischen Fähigkeiten von Drachen in den gängigen Standardwerken gelesen hatte.
Autor: vivar
Dabei fiel ihm auf, dass mehrere Rösser mit den Hufen scharrten oder den Boden beschnupperten. Sein eigenes Tier schnaubte leise und das Ross des Waldhauser Edlen schien besonders widerspenstig zu sein. Unruhig tänzelte es hin und her und Dom Halmdahl musste sich sichtlich Mühe geben, es unter Kontrolle zu halten. Einzig das gewaltige Reittier des Barons und Golgaritenkomturs schien von all dem Gescharre und Geschnaube unbeeindruckt.
Derweil legte sich die Knappin Dom Isonzos auf den rundgeschliffenen Felsbrocken, der trotz des frischen Windes noch warm von der Mittagssonne war, und griff nach dem roten Fetzen. Es war ein zwei Finger breites, spannlanges Stück einer mit roten Rosen bestickten Borte, das sich in einem Ufergebüsch verfangen hatte. Es musste irgendwoher abgerissen worden sein. Ravena blickte um sich – und tatsächlich! Im Schatten des Busches, nur einen Schritt unter ihr, lag im Ufersande der Escarra ein Mann. Er lag auf dem Rücken und hatte die Augen geschlossen. Das Wasser leckte an seinen nackten Füßen. Er trug zerschlissene Hosen, ein schlichtes Wams aus Leder und ein Leinenhemd. Dieses und an sein grauer Reisemantel waren an Ärmel und Kragen mit der gleichen Borte bestickt, die Ravena in der Hand hielt.
Autorin: Tina
„Hier liegt jemand!“ Ravena biss sich auf die Unterlippe, als sie vorsichtig über die Steine zu der liegenden Gestalt kletterte. Eine hübsche Borte – sie passte zu ihrem Träger. Er war ein Mann von etwa 50 Jahren, wohlproportioniert und mit ordentlich geschnittenem graubraunmeliertem Haar, das ihm nass am Haupte klebte. Allein sein blasses Gesicht mochte nicht zu der restlichen Erscheinung passen. Freiwillig jedenfalls hielt niemand so ein Nickerchen. Sie legte vorsichtig eine Hand auf den Hals des Mannes, ob sich noch ein Puls fühlen ließ. Oder auch nicht – es wäre nicht die erste Leiche, die sie zu Gesicht bekam.
Autor: rabenstein
„Ist das vielleicht dieser Girolamo der Graue, von dem die Rede war? Kennt den jemand? Wie ein Drachenjäger sieht der Kerl, der Gewandung nach zu urteilen, ja nun nicht gerade aus. Lebt der noch, Ravena? Kannst du irgendwelche Verletzungen feststellen?“, fragte Dom Isonzo beunruhigt.
Autor: vivar
Die Haut des Mannes war kalt und kein Blut floss mehr durch seine Halsschlagader. Ravena schüttelte den Kopf. „Dieser Mann ist tot, Herr“, rief sie.
Dom Rahjindan war ihr auf den Felsen nachgefolgt und blickte von oben auf Ravena und die Gestalt herunter.
Autor: derp
„Eine Borte mit roten Rosen also. Hmm. Die Rosenborte spricht für eine starke Verehrung der Herrin Rahja. Dass er keine Schuhe trägt, kann entweder bedeuten, dass jemand ihm diese gestohlen hat, dass er sie verloren hat oder dass er gar keine besaß. Die eher schlichte Kleidung spricht zunächst für eine Person niederen Ranges, die allerdings immerhin soviel Geld besitzen musste, dass sie sich ein Wams aus Leder leisten konnte. Auch die Borte spricht für einen gewissen sozialen Status. Dass wir Borte im Gebüsch finden konnten, kann entweder bedeuten, dass der Tote dort versucht hatte, sich zu verstecken und dabei in den Bach hinabgestürzt ist oder dass er durch das Gebüsch fliehen musste. Es wäre nicht einsichtig, wieso jemand den Weg durch das Gebüsch ohne Not der Reise auf der Straße hätte vorziehen sollen. Da nichts auf eine Kämpfernatur hindeutet und niemand sich ohne Schuhe im Gebüsch verstecken würde, müssen wir davon ausgehen, dass der Tote auf der Flucht war. Wir sollten den Toten auf etwaige Wunden untersuchen, um festzustellen, woran er genau gestorben ist. Mir will nur die Nervosität unserer Tiere nicht behagen. Mich deucht, wir sollten vorsichtig sein, ob nicht der oder die Täter in der Nähe sind und uns gar beobachten. Mit Sicherheit können wir nur ausschließen, dass ein Tier oder gar der Drache das Leben des Mannes auf dem Gewissen hat, denn sonst würde die Leiche sicher anders aussehen, als sie sich uns zurzeit darbietet.“ Mit diesen Worten beschloss Rahjindan seinen Monolog.
Autor: vivar
Eine genauere Untersuchung des Toten durch Ravena brachte weitere Erkenntnisse hervor. Der Mann wies bis auf einige Schrammen keine Verletzungen auf. Am ledernen Gürtel, der das Gewand zusammenhielt, hingen eine leere Dolchscheide und ein paar abgerissene Lederbänder – vielleicht von einem Geldbeutel –, sowie eine Ledertasche. Darin fanden sich ein durchnässter Feuerstein und ein gesiegeltes Stück Pergament. Das Siegel – ein geflügeltes Ross - war intakt, aufgrund der Feuchtigkeit hatte es sich jedoch gelöst.
Die Knappin entfaltete sorgsam das Schreiben, das vom Wasser durchweicht und daher an manchen Stellen verwischt war, und las:
Autor: Di Côntris
„An seine Hochwürden Bon[unleserlich]
[unleserlich] im Kloster [unleserlich]atalina im Taubental.
Reverendissimo!
Habt Dank für die milden [unleserlich] und Brüder aus dem Taubental. Beim nahenden Fest der Freuden werden sie gute Verwendung finden. Zu diesen heiligen Tagen Glück und den Segen der Rosenfingrigen Göttin! Wir folgen Eurem Wunsch und entsenden Euch die zwei Jungpferde aus dem Gestüt von Rahjensgart.
Ad primo: die Jungstute Saetta, vier Götterläufe, [unleserlich]inie Graziano-Stella.
Ad secundo: den Junghengst Cayeno, fünf Götterläufe, Fuchs, aus der Stammlinie Becco.
Die Urkunden [unleserlich] unser Tempeldiener Liudolfo, welchem wir aufgetragen haben, die beiden Tiere ins Taubental zu überführen.
Wir hoffen, dass die beiden Rösser ganz Euren Ansprüchen an Qualità und Sprezzatura gerecht werden.
Die Gastgeberin der Leidenschaft von Rahjensgart, unsere liebe [unleserlich] außerdem mit einer Bitte an Euch: In Begleitung unseres treuen [unleserlich] Mädchen aufgrund seiner außergewöhnlichen Begabungen für das Noviziat bei den Catalinensern.
Rahjalina, natürliches Kind der Vogtin von Sarcomella nahe Pertakis, wurde bereits nach ihrer Geburt in das Kloster Rahj[unleserlich] seither unter der Obhut des Stiftes auf. Das Kind ist sehr kunstfertig und zeigt Talent beim Kopieren und Illuminieren von Schriftstücken. Da sich die Catalinenser ganz den Schönen Künsten verschrieben haben, sei Euch das Mädchen für die Prüfung zum Noviziat anempfohlen. Zwar ist das Kind mit seinen knapp zehn Götterläufen recht jung für [unleserlich] soll das Talent des Kindes auf Wunsch unserer Hochgeweihten nicht weiter hinter den Mauern von Rahjensgart verschwendet werden.
[unleserlich] Identität des Vaters hat die Vogtin unserer Hochgeweihten unter dem Beichgeheimnis [unleserlich].
[unleserlich]ch darum, das Kind einer gründlichen Prüfung zu unter[unleserlich] Anmut und Kunstfertigkeit betrifft. Sollte Euch das Kind ungeeignet erscheinen, so bitten wir Euch, es wieder mit dem guten Liudolfo gen Yaquirien zu senden.
Gezeichnet, im Namen der Gastgeberin der Leidenschaft Aischa Khabladija, Praetorin des Stiftes Rahjensgart.
Adso von Menzheim, Lehrer der Freude
Gegeben zu [unleserlich], am Rohalstag, [unleserlich]“''-Der Brief des Toten in der Escarra, 1036 BF
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