Chronik.Ereignis1033 Feldzug Selaque 12
In der Baronie Selaque, 1. Rondra 1033 BF
In Grezzano
Autor: von Scheffelstein
Sie waren nur langsam vorangekommen, denn den jungen Gefolgsleuten Domna Rifadas war die Trage mit dem Jungen mit der Zeit schwer geworden. So war es bereits nachmittag, als sie endlich den Marmorbruch von Grezzano erreichten und unter sich das Dorf erblickten. Es war nicht verlassen, so wie sie es vor einigen Tagen zurückgelassen hatten. Von Weitem schon waren die Banner Dom Hernáns und der gräflichen Soldaten: Der weiße Rabenschnabel auf schwarzem Grund des Hauses Aranjuez, die drei güldenen Löwenköpfe auf grünem Grund als Hauses Ehrenstein sowie das Geviert von Gold und Purpur mit den purpurnen Reben in den goldenen Feldern als Wappen der Grafschaft Ragath.
Die Farben des Hauses Harmamund, hatte Richeza bislang gedacht und sich einen bitterbösen Blick ihrer Tante eingefangen, als es vor einigen Tagen während des Marsches durch die unterirdischen Gänge mal wieder um den Grafenthron gegangen war und sie es gewagt hatte, Moritatio in Schutz zu nehmen, der auf genau diese Ähnlichkeit der Wappen hingewiesen hatte.
'Falsch!', hatte Rifada da Vanya erklärt. 'Ragath trägt seit vielen Hundert Jahren die Farben unseres Hauses. Was glaubt ihr wohl? Die Harmamunds trugen seit jeher den roten Drachen auf Gold. Balbiano Calas, der Verräter, hat sich die Ragather Farben angeeignet, als er uns die Grafschaft gestohlen hat. Hat wohl gedacht, das würde die Leute glauben machen, die Harmamunds hätten irgendeinen Anspruch auf den Marmorthron.'
'Nicht ungeschickt', hatte Richeza gedacht, denn schließlich hatte auch sie im Wappen der Grafschaft mehr Ähnlichkeit mit dem der Harmamunds gesehen, auch wenn die Farben der da Vanyas dieselben waren. Aber sie hatte sich gehütet, dies auszusprechen, und auch jetzt schwieg sie beim Anblick der gräflichen Farben, denn die, die sie heute führten, gehörten keinem der beiden Häuser an. Ob aber ihre Tante recht hatte, dass die Farben der Grafschaft die der da Vanyas waren oder es vielleicht doch eher umgekehrt war, das wusste sie nicht zu sagen. Soweit ihr bekannt war, hatten auch die Häuser von Ragathsquell, von Jurios und auch von Graytenau immer mal wieder Grafen gestellt. Und woher die Rebe im Wappen der Grafschaft kam, wusste sie auch nicht.
Solcherart in Gedanken versunken, merkte Richeza erst spät, dass Mercenarios ihnen den Weg versperrten. Sie schienen eher Dom Hernán als dem Grafen unterstellt, so wie sie sich hielten, doch ihre Gesichter waren Richeza unbekannt.
"Halt!", rief eine Frau mit zusammengewachsenen Brauen und einer demolierten Hakennase, und ein Mann in nietenbesetzter Lederrüstung zeigte seine schwärzlichen Zahnstummel. "Ferkinas!", grinste er. "Gleich so viele. Und mal ohne Waffen und Weiber dabei, das 'nenn ich einen Glücksfall. Schnappt sie euch, Leute, mir ist so richtig danach, den Wilden die Fresse zu polieren!"
"Dummkopf!", sagte die Frau, als ihre vier Begleiter die Waffen zogen. "Das sind keine Wilden. Jedenfalls die Blonden nicht, und die Kleine da und das Mädchen auch nicht." Der alte Heiler und die drei jungen Burschen mit Praiodors Trage waren etwas zurückgefallen, sie hatte sie noch nicht entdeckt. "CONDOTTIERE!", rief die Krummnasige lautstark in Richtung eines der ärmlichen Häuser in der Nähe. "WIR HABEN BESUCH!"
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