Chronik.Ereignis1033 Feldzug Alina 02: Unterschied zwischen den Versionen
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Zu Asmodenas Glück im Unglück schenkten die Ferkinas ihrer Hütte keine weitere Beachtung, sondern sie ritten die einstige Pinienallee in Richtung des Dorfes hinab, wo die Plünderer und Brandschatzer von heute Mittag ihr Lager aufgeschlagen hatten. | Zu Asmodenas Glück im Unglück schenkten die Ferkinas ihrer Hütte keine weitere Beachtung, sondern sie ritten die einstige Pinienallee in Richtung des Dorfes hinab, wo die Plünderer und Brandschatzer von heute Mittag ihr Lager aufgeschlagen hatten. | ||
Ungestüm rannte der Großteil der über einhundert Krieger mitten in die Lücke zwischen den gefällten Bäumen hindurch ins Lager der Almadanis hinein, die ihnen diese auch als Einfallspforte zugedacht hatten und wo sie sie mit einem Spießwall erwarteten. Nur | Ungestüm rannte der Großteil der über einhundert Krieger mitten in die Lücke zwischen den gefällten Bäumen hindurch ins Lager der Almadanis hinein, die ihnen diese auch als Einfallspforte zugedacht hatten und wo sie sie mit einem Spießwall erwarteten. Nur Hazargul und seine erfahrenen Krieger waren nicht auf dieses Hasardspiel hereingefallen. Sie umrundeten das befestigte Lager über die dunklen Viehweiden im Süden und griffen das Lager schließlich von Westen, aus Richtung des Dorfes her an, ohne Alina selbst zunächst viel Beachtung zu schenken - das musste bis später warten. | ||
Ardavan iban Arthabas dankte Raschtula und dem Himmelsstier, daß er unbeschadet an dem Spießwall der Blasshäute vorbeigekommen war. Die Blasshaut in schimmernder Rüstung die vor ihm stand - obwohl man diesen Krieger kaum als "Blasshaut" bezeichnen konnte - schien der Anführer der Blutlosen zu sein, da er am meisten in herrischem Ton herumschrie und alle anderen scheinbar das taten, was er ihnen befahl. Wenn er diesem Haran den Kopf nahm, würde sein Ruhm beträchtlich sein und jeder im gesamten Stamm würde ihm fortan mit höchstem Respekt begegnen. | Ardavan iban Arthabas dankte Raschtula und dem Himmelsstier, daß er unbeschadet an dem Spießwall der Blasshäute vorbeigekommen war. Die Blasshaut in schimmernder Rüstung die vor ihm stand - obwohl man diesen Krieger kaum als "Blasshaut" bezeichnen konnte - schien der Anführer der Blutlosen zu sein, da er am meisten in herrischem Ton herumschrie und alle anderen scheinbar das taten, was er ihnen befahl. Wenn er diesem Haran den Kopf nahm, würde sein Ruhm beträchtlich sein und jeder im gesamten Stamm würde ihm fortan mit höchstem Respekt begegnen. | ||
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Überrascht und den schweren Reitern an Rüstung und Waffen deutlich unterlegen, waren es nun die Ferkinas, die hinfort gefegt wurden. Der Sturmwind, der Hazargul gerade noch in den Sinn gekommen war, war nun mit eiserner Macht durch seine eigenen Leute gefahren, die nur nach vorne gesehen hatten und in vollem Galopp den von der Seite kommenden Eisenreitern nicht mehr ausweichen konnten. Beinahe die Hälfte fiel sogleich im ersten Anprall Schwertern, Rabenschäbeln und Streitkolben zum Opfer und der Rest würde alsbald folgen. „Ha!“, lachte Hazargul mit geradezu irrem Gesichtsausdruck seinen Gegnern und dem Tod ins Gesicht, hob den schartigen Amazonensäbel hoch über den Kopf, und stürzte sich auf die Fußsoldaten vor ihm. | Überrascht und den schweren Reitern an Rüstung und Waffen deutlich unterlegen, waren es nun die Ferkinas, die hinfort gefegt wurden. Der Sturmwind, der Hazargul gerade noch in den Sinn gekommen war, war nun mit eiserner Macht durch seine eigenen Leute gefahren, die nur nach vorne gesehen hatten und in vollem Galopp den von der Seite kommenden Eisenreitern nicht mehr ausweichen konnten. Beinahe die Hälfte fiel sogleich im ersten Anprall Schwertern, Rabenschäbeln und Streitkolben zum Opfer und der Rest würde alsbald folgen. „Ha!“, lachte Hazargul mit geradezu irrem Gesichtsausdruck seinen Gegnern und dem Tod ins Gesicht, hob den schartigen Amazonensäbel hoch über den Kopf, und stürzte sich auf die Fußsoldaten vor ihm. | ||
Ein einziger Krieger war durch gekommen, und hatte berserkergleich auf die sich ihm entgegen streckenden Stahlspitzen eingehauen, und obgleich sie sein Bergpony unter ihm abgestochen hatten, und er selbst bereits aus einem Dutzend Wunden blutete, war es ihm tatsächlich gelungen noch einen der Mercenarios nieder zu hauen, und zwei weitere zu verwunden, ehe ein halbes Dutzend Klingen auf und nieder fuhren. „Behaltet die Flanke im Auge. Womöglich werden es einige von ihnen noch einmal probieren. Ich schicke euch, was ich an Spießen und Lanzen auftreiben kann“, erklärte der Condottiere seinen Leuten | Ein einziger Krieger war durch gekommen, und hatte berserkergleich auf die sich ihm entgegen streckenden Stahlspitzen eingehauen, und obgleich sie sein Bergpony unter ihm abgestochen hatten, und er selbst bereits aus einem Dutzend Wunden blutete, war es ihm tatsächlich gelungen noch einen der Mercenarios nieder zu hauen, und zwei weitere zu verwunden, ehe ein halbes Dutzend Klingen auf und nieder fuhren. „Behaltet die Flanke im Auge. Womöglich werden es einige von ihnen noch einmal probieren. Ich schicke euch, was ich an Spießen und Lanzen auftreiben kann“, erklärte der Condottiere seinen Leuten. Kurz noch grüßte Hernán von Aranjuez die Gräflichen mit erhobenem Schwert, die sich, mit nur geringen Verlusten, wieder in ihre Reserveposition zurück zogen, dann hastete er wieder er wieder mit klirrender Rüstung nach Norden. | ||
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"RONDRA!" brüllte die junge Da Vanya und ritt ihm entgegen, den Amazonensäbel ziehend. | "RONDRA!" brüllte die junge Da Vanya und ritt ihm entgegen, den Amazonensäbel ziehend. | ||
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'''Autor:''' [[Benutzer:Dom Thallian|Dom Thallian]] | |||
Laut und gellend pochte der Stich in seiner Schulter, der sich damit sogar noch über die Kakophonie der Schmerzes legte den jede Fasers seines Körpers auszusenden schien. Das Klirren von Waffen, Schreie, donnernder Hufschlag, gebellte Befehle und das Kläffen und Heulen von Khoramsbestien – kurzum das ohrenbetäubende Gebrüll einer Schlacht – drang an seine Ohren und liess seinen Kopf förmlich explodieren. Wie Stakkato der Hiebe eines Schmiedes auf dem Amboss, hämmerte es in seinem Geist und irgendwie wirkte das Dunkel der Nacht so verschwommen. Schemenhaft nahm Thallian Bewegungen um ihn herum wahr und es dauerte einige Herzschläge bis er realisierte, dass er inmitten des Schlachtgetümmels sich bewand. ‚Oh Götter... wir sind überrant worden...‘ Noch immer etwas benommen sah er sich um, betrachtete abwesend wirkend das verzweifelte Ringen seiner Bauern und Fellachen mit den gnadenlosen Ferkinas die die Brustwehr hinaufkletterten. Dann fühlte er auch den Stahl in seiner Hand, schmeckte das Blut auf seinen Lippen und mit einem peinigenden Schlag verflog die Benommenheit... Aus den Augenwinkeln sah er noch wie eine Klinge in der Nacht aufblitzte und instinktiv riss er die Waffenhand nach oben. Mit grellem Kreischen glitten die beiden Klingen einen Moment übereinander... Mit einem leichten Anflug von Panik blickte der Caballero dem wie aus dem Nichts aufgetauchten Bergkrieger in die Augen und das was er sah liess ihn bis in Mark erschaudern. Sein Gegner indes bei bester Laune – mehrere Blasshäute hatte er heute schon bluten lassen – und dieser hier würde der nächste sein, auch wenn er den Hieb mit dem vor Jahren geraubten Säbel gerade noch hatte abwehren können. Aber seine Flanke war ungeschützt und so riss er seinen Arm empor und liess mit gnadenloser Wucht die bullige Faust in das Gesicht des Simancaner schnellen. Der Kopf von Thallian flog herum und sein Kiefer explodierte in einem wilden Reigen aus Schmerz. Dann wurde es dunkel... Fast schon etwas enttäuscht war die Miene des Ferkina als der Fausthieb die Blasshaut direkt gegen Boden stürzen ließ. Gerade wollte er sich bücken um dieser erbärmlichen Kreatur endgültig das Leben zu rauben, als zwei seiner abgemagerten Kameraden ihn unbeholfen mit ihren albernen Waffen attackierten. Er knurrte sie an als er ihrer Offensive auswich und liess den Säbel ein wenig kreisen, bevor er mit einem wilden Ausfall versuchte sich etwas mehr Raum zu verschaffen. Es war Carlitos, jener vielleicht sechzehn Götterläufe zählende Bursche m,it dem pechschwarzen Haar und der in Simancas meist als persönlicher Gehilfe des Caballero fungierte, welcher dem sich verzweifelt gegen die Hiebe des Kriegers zur Hilfe kam. Wie aus dem Nichts tauchte er auf, unterlief die Waffenarme der beiden Kontrahenten und mit verstörend kaltem Blick hob er seinen schlanken Dolch, der dann emporschoss und dem Ferkina gurgelnd die Kehle öffnete, woraufhin dieser, mit den Händen nach dem Hals greifend, röchelnd zu Boden stürzte. Der andere Bauer, der dem was sich direkt vor seinen Augen abspielte mit Anflug von Panik zugesehen hatte, reagierte zu spät, als der nächste Feind auftauchte. Während Dom Thallian die ausgestreckte Hand von Carlitos ergriff und sich mühsam aufrichtete, grub sich tief in den Arm des simancanischen Bauerns die Waffe seines Feindes. Gefolgt von einem brutalen Faustschlag der auf den ungeschützten Hals zielte und ihm den Kehlkopf zertrümmerte. Röchelnd ging er zu Boden und der Lebensatem verliess ihn alsbald... | |||
Gerade noch hatte er mit einem Gegner gerungen und diesen mit einem abschliessenden Angriff seinen Stahl schmecken lassen, als ein kalter Windhauch Ferox streifte und seine Nackenhaare zu Berge stehen liess. Rasch blickte er sich um und konnte so eben noch beobachten wie der Bursche, den er meist dienstbeflissen an der Seite seines Freundes in Simancas gesehen hatte, diesem aufhalf und dabei einem der Bergkrieger den Rücken zuwandte. Er wollte grad zu einem Warnschrei ansetzen, als Carlitos seltsam gelassen den Kopf wandte, den Ferkina für einen Bruchteil eines Herzschlags einfach anblickte, lächelte und dann in er raschen Bewegung, der Ferox Augen kaum zu folgen vermochten, diesem den Dolch zielsicher in die Brust bohrte und ebenso schnell ihn wieder herauszog. Für einen Moment glotze der muskelbepackte und narbenverzierte Krieger die bohnestangenhafte Blasshaut an, dann gaben seine Knie nach und er sank zu Boden. Ungläubig und im Innersten zutiefst alarmiert verfolgte Ferox das Geschehen und als der Bursche sich wieder Thallian zuwandte meinte er gar ein schwaches rotes Glimmen unter dessen Hemd gesehen zu haben. Aber darüber nachzusinnen bliebt gerade keine Zeit. Weitere Ferkinas erklommen die Wehr und die Reihen der Simancaner waren bereits deutlich gelichtet, so tapfer sie sich auch wehrten... | |||
Von seiner Warte aus beobachtete Rondago zufrieden das Ergebnis seines Paralys – zahlreiche Khoramsbestien erstarrten in ihrer Bewegung. Struktur kehrte zurück in die Reihen der Kämpfenden und das Blatt wendete sich leicht wieder zu ihrem Gunsten. Er holte tief luft und massierte sich mit der Linken sanft die Schläfe, um das Pochen zu vertreiben, dass ihn daran gemahnte dass der Einsatz grösserer Mengen arkaner Kraft nicht ungestraft an ihm vorbeigehen würde. Er wollte gerade ansetzen erneut den Cantus des Paralys zu weben, um weitere dieser verfluchten Bestien zur Ruhe zu bringen, als der berittene Angriff auf die rechte Flanke seine Aufmerksamkeit auf sich zog. Im letzten Moment hatten die Gräflichen eingegriffen und die Attacke auf die Flanke verhindert. ‚Bei den Göttern... wieviele von denen sind denn da draussen noch?‘ fuhr er ihm durch den Kopf. ‚Schone Deine Kraft!‘ rief er sich selbst im Geiste zu während er weiter aufmerksam das Geschehen rund um ihn herum verfolgte, in der Hoffnung eine etwaige weitere böse Überraschung so früh wie möglich zu bemerken... | |||
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'''Autor:''' [[Benutzer: SteveT|SteveT]], [[Benutzer:Der Sinnreiche Junker von Aranjuez|Der Sinnreiche Junker]] | |||
Anstrengung und Aufregung, kurz: die Hitze des Gefechts hatte einen Hauch von Röte in sein blasses Antlitz gezaubert, und die edlen Züge nur verschönert, als Hernán von Aranjuez auf seinen Neffen Gualterio traf. „Onkel“, lachte dieser, ganz offensichtlich zufrieden mit dem bisherigen Verlauf der Schlacht. Und zweifellos auch mit seinem eigenen Beitrag. Obgleich mit Blut besudelt, und auch mit der einen oder anderen Delle in seiner geschwärzten Rüstung, bewegte sich der schlanke Jüngling elegant mit scheinbar traumwandlerischer Sicherheit über den aufgewühlten Boden. | |||
„Neffe“, atmete hingegen der Condottiere schwer und nur mit sachtem, Lächeln, als er den Unterarm seines Teniente ergriff, sichtlich erleichtert, diesen wohlauf zu sehen. Zahlreiche Jahre und noch mehr Schlachten trennten die beiden, sodass sich beim einen Erschöpfung statt Begeisterung zeigte, die schwer lastende Verantwortung des Kommandos statt dem Wunsch nach Vermehrung des persönlichen Ruhmes. Ein kurzer Blick zeigte dem erfahrenen Soldaten, dass die Mitte noch immer gut hielt, und so durfte sich Gualterio Colonna eines anerkennenden Nickens erfreuen. | |||
Diesem schien das freilich nicht genug zu sein. Stattdessen deutete er mit dem Schwert auf den Baum rechts der Lücke, während in einigen Schritten Entfernung noch immer der Kampf tobte. „Onkel, erlaubt mir, mich mit ein paar Leuten dort hindurch zu schlagen. Dann nehmen wir die Wilden in der Flanke, und werfen sie endgültig aus der Bresche.“ | |||
Einen Moment lang erwägte der Baron und Junker wohl den Vorschlag, dann wischte er sich eine Locke aus der schweißnassen Stirn, und schüttelte das Haupt. „Einige suchen bereits nach anderen Stellen. Um ein Haar hätten soeben sie unsere Rechte aufgerollt…“ | |||
Weiter kam er nicht, denn in dem Augenblick stürzte Gualterio plötzlich nach vorne auf ihn zu. Im ersten Moment dachte er, sein Neffe wäre von einem Geschoss getroffen worden, und fing seinen Körper mit einem Scheppern aneinander schlagender Rüstungen auf. Dann hörte er hinter sich ein gurgelndes Stöhnen, und als er über die Schulter sah, blickte er in die vor Überraschung weit aufgerissenen Augen eines Ferkinas. | |||
‚Endlich!‘, frohlockte Ardavan. Da war der Haran der Blasshäute wieder, nachdem sich vorhin eine Flachländerin eingemischt hatte, und der Eisenmann somit entkommen konnte. Sein Zorn war übermächtig gewesen, sodass er gar nicht daran dachte, sie womöglich nur zu überwältigen, um sie hernach als Sklavin fort zu schleppen. Stattdessen hatte er ihr schließlich den Schädel eingeschlagen, doch war es zu spät, der herum brüllende Haran hatte schon das Weite gesucht. Dieses Mal aber würde sich der Feigling nicht davon machen können, und so stürzte der junge Krieger aus der Dunkelheit, und schwang seine Waffe gegen den ungeschützten Hinterkopf seines nichtsahnenden Feindes. Doch mitten in der Bewegung musste er innehalten, denn ein heller Blitz war am Haran vorbei auf ihn zugefahren, und als er hinab auf seine Brust starrte, sah er, dass sich ein Schwert mehrere Spann weit in seinen Körper gebohrt hatte. ‚Welch ein dummer Tod‘, war sein letzter Gedanke, als er wieder aufsah, nun in das Gesicht des halb herum gedrehten Harans. Seine Finger verließen die Kraft, und seine Steinaxt glitt zu Boden. Dann brachen seine Augen und Ardavan iban Arthabas war tot. | |||
Gualterio Colonna indes hielt sich gar nicht lange mit der Sache auf, sondern riss sein Schwert aus dem toten Körper. „Gebt mir die Leute, Onkel, und ich mache dem ein Ende!“, forderte er erneut, und wiederum schien es, als überlegte der Condottiere. Die Ferkinas würden gewiss nicht weichen, nur weil sie plötzlich Feinde in der Flanke hatten und weitere im Rücken fürchten mussten, doch mochte es dem Schlachten ein schnelleres Ende bereiten. Und somit eigenes Blut sparen. | |||
„Die Brustwehr!“, ertönte in diesem Moment von irgendwoher der Warnruf. Es war Dunkel, und im spärlichen Schein von Fackeln, Feuern und Laternen war dort nicht viel mehr zu sehen, als schattenhafte Bewegungen. Diese freilich waren nicht mehr schon nur auf der Brustwehr, sondern bereits dahinter, und das Triumphgeheul der Ferkinas ließ nichts Gutes erahnen. | |||
„Soll der Pfeffersack doch bluten!“, zischte Gualterio, und hielt seinen Onkel an der Schulter fest. „Seine Bauern halten uns ohnehin nur auf und schwingen freche Reden, genau wie ihr Herr. Lasst die Ferkinas über die Brustwehr, Onkel, und sobald sie mit unseren ungebetenen Begleitern fertig sind, soll der trottelige Ritter über sie herfallen.“ | |||
Der Gedanke schien in der Tat verlockend. Die eigenen Leute schonen, derweil die Ferkinas ihm die Arbeit abnehmen, und mit den wenig kampferprobten Bauern aus Simancas kurzen Prozess machten. Die schweren gräflichen Reiter indes würden sie dann zwischen ihren Rössern und der Brustwehr zerquetschen. Und dabei zweifellos ebenfalls Verluste erleiden. | |||
„Nimm Dir ein Dutzend Leute…“, ein zufriedenes Lächeln breitete sich auf dem Antlitz Gualterios aus „…und bring sie zur Brustwehr. Ich habe keine Lust, dass man mir nachsagt, unter meinem Kommando wären die Linien zerbrochen!“ Das Lächeln des jungen Offiziers war verschwunden, und es dauerte einige Momente, ehe er die gepanzerte Faust an die Herzgegend legte, und sich davon machte, einige Schwertkämpfer zu sammeln, um der bedrängten Landwehr zu Hilfe zu eilen. | |||
„Dom Servando“, wandte sich der Baron und Junker dann lautstark an den nur wenig älteren Caballero, der mit seinen Leuten zwanzig Schritt weiter hinten wiederum das Geschehen verfolgte. „Reitet mit Euren Leuten im Süden um die Bäume herum, und fallt den Wilden in der Bresche von hinten in den Rücken.“ Er machte wie zur Erklärung mit dem freien Arm eine ausholende Bewegung, den Schwenk demonstrierend. Die Gräflichen durften ruhig auch noch ein wenig bluten. | |||
Yistarrech iban Akbar fluchte. Die Flachländer hatten sie offenbar erwartet und ihnen eine Falle gestellt, in die die meisten seiner jungen Krieger dumm hineingetappt waren. Jetzt kämpften sie wie ein Rudel in die Enge getriebener Schakale gegen die schwer gepanzerten Krieger der Blasshäute um ihr Leben. | Yistarrech iban Akbar fluchte. Die Flachländer hatten sie offenbar erwartet und ihnen eine Falle gestellt, in die die meisten seiner jungen Krieger dumm hineingetappt waren. Jetzt kämpften sie wie ein Rudel in die Enge getriebener Schakale gegen die schwer gepanzerten Krieger der Blasshäute um ihr Leben. | ||
Von den Bani Khadr und dem Hund Nasfagul Pascha war weit und breit nichts zu sehen. Aber wer hatte dann das große Steinhaus angezündet? Führten die einzelnen Stämme der Blutlosen etwa auch Krieg gegeneinander, wie die Ban Gassarah und die Bani Khadr? Zu fliehen kam nicht in Frage, ein Gassarah floh nicht - schon gar nicht vor Blasshäuten. Aber um das Blatt noch zu wenden und die Gunst Ras'Raghs zurückzugewinnen, blieb ihm nur ein Weg - er musste den Haran der Blutlosen im Zweikampf töten. | Von den Bani Khadr und dem Hund Nasfagul Pascha war weit und breit nichts zu sehen. Aber wer hatte dann das große Steinhaus angezündet? Führten die einzelnen Stämme der Blutlosen etwa auch Krieg gegeneinander, wie die Ban Gassarah und die Bani Khadr? Zu fliehen kam nicht in Frage, ein Gassarah floh nicht - schon gar nicht vor Blasshäuten. Aber um das Blatt noch zu wenden und die Gunst Ras'Raghs zurückzugewinnen, blieb ihm nur ein Weg - er musste den Haran der Blutlosen im Zweikampf töten. | ||
Wenn er ihnen den abgeschlagenen Kopf ihres Anführers präsentierte, dann verließ die Blasshäute für gewöhnlich schnell der Mut und sie würden rasch aufgeben. | Wenn er ihnen den abgeschlagenen Kopf ihres Anführers präsentierte, dann verließ die Blasshäute für gewöhnlich schnell der Mut und sie würden rasch aufgeben. Da! Im Feuerschein hatte er die Eisenhaut eines einzelnen Anführers aufblitzen sehen, deutlich hinter dem eigentlichen Geschehen. Und einen Augenblick später rückten schattenhafte Reiter ab. Zweifellos hatte der Mann ihnen den Befehl gegeben, dort musste er nach dem Haran suchen. | ||
Mit einem gewaltigen Satz sprang der Shâr vom Wagen herab, mitten unter die schwächlichen Blasshäute, und hieb sich den Weg durch die teilweise mit skurrilen Werkzeugen oder dergleichen bewaffneten Flachländer, als er plötzlich vor einem bulligen Kerl stand, der zwei blutige Schwerter in den Fäusten hielt. Im Gegensatz zu den anderen Flachländern sah er in dessen kantigem Gesicht keine Angst, sondern im Gegenteil, die Narbe hätte sogar einem Ferkina zur Ehre gereicht. Keinem Ban Gassarah natürlich, aber vielleicht immerhin einem Bani Khadr. Offenbar wollte Ras’Raghs ihn prüfen, ehe er sich das Haupt des Harans holen konnte. | |||
Version vom 22. Juni 2011, 23:38 Uhr
Kaiserlich Selaque, 26. Praios 1033 BF
Im Lager der Bân Gassârah am Krötensee
Spätabends
Autor: SteveT
"Weg da! Platz! Schnell! Lasst mich durch!" brüllte der bartlose Krieger Ardavan iban Arthabas den Frauen, Wachen und grasenden Schafen und Ziegen zu, die ihm in die Quere kamen und im Weg standen, als er in halsbrecherischem Galopp mitten ins Zeltlager der Bân Gassârah hineingeritten kam. Mit schlitternden Hufen brachte er sein Roß vor dem großen Hauptfeuer zum Stehen, über dem sich eine ganze gehäutete Kuh auf einem Spieß drehte. Roß und Reiter waren klatschnass vor Schweiß. Aus einiger Entfernung waren auch die Rufe und der Hufschlag der Rösser von Faruch und Ussâm zu hören, die mittags mit ihm gemeinsam auf Beutezug ausgeritten waren.
"Was ist los, Sohn von Arthabas?" verstellte ihm der alte Stammeskrieger Zebuquad den Weg, der geradewegs auf das Zelt des Häuptlings zuzuführen schien. "Lass mich! Ich muss zum Shâr! Ich habe ihm wichtiges zu sagen!" wollte ihn der junge Krieger einfach achtlos beiseite schieben, aber Zebuquad hielt ihn an der Schulter fest - er meinte es nur gut mit dem Sohn seines Blutsbruders. "Du kannst jetzt nicht zum Shâr, junger Ardavan! Er ist mit seinen Weibern dort drin und isst und raucht - nur ein Lebensmüder würde es wagen, ihn zu stören!" "Glaube mir, weiser Zebuquad: Ich habe guten Grund ihn zu stören!" ließ sich der junge Krieger nicht beirren und lief einfach an der angepflockten Khoramsbestie am Zelteingang vorbei, die nach seinem Bein zu schnappen versuchte und schlug den ledernen Vorhang zurück, der den Eingang zur Jurte des Shârs verschloß.
Im Inneren des Zeltes brannte ein weiteres, kleineres Lagerfeuer, es roch nach verbranntem Ziegendung und auch nach gebratenem Fleisch - am meisten aber roch es Cherrizzka, dem Rauschkraut, das die Frauen des Shârs in einer langen beinernen Pfeife rauchten. Einen kurzen ungebührlichen Moment lang glotzte Ardavan mit großen Augen auf die nackten Brüste der vier Weiber des Shârs, die ihm auf ausgelegten Fellen rund um das Feuer herum quasi zu Füßen lagen. Während drei von ihnen rauchten und ihn mit einer Mischung aus Neugier und Feindseligkeit betrachteten, kniete die vierte von ihnen - die Schönste nach Ardavans Geschmack - neben dem Felllager des Häuptlings und schob ihrem Gebieter kleine Bissen gebratenen Hühnerfleischs in den Mund, der sich von ihr genießerisch füttern ließ. Der Shâr selbst war - auch nackt bis auf einen Lendenschurz - immer wieder eine beeindruckende Erscheinung. Unzählige Ritalnarben und die Wunden vieler Kämpfe zierten seinen glänzenden, eingeölten Körper - kein anderer Krieger im ganzen Stamm war so groß und hatte solche Muskeln wie Yistarrech iban Akbar - der vom Nuranshâr Mharbal erwählte Kriegshäuptling der Bân Gassârah. Seine Stimme erinnerte Ardavan immer an grollenden Donner oder an das Schnaufen eines gereizten Kampfstieres und so stellten sich seine Nackenhaare auf, als ihn der Shâr mit finsterer Miene anblickte und donnerte: "Was willst Du Wurm?"
Ardavan ließ sich auf die Knie niederfallen und verbeugte sich mit abgespreizten Armen bis zum Boden, dasselbe tat auch Zebuquad, der tapfere alte Zebuquad, der mit ihm ins Zelt des Häuptlings eingetreten war. "Vergebung, großmächtiger Shâr! Ich bitte um Vergebung für den jungen Ardavan iban Arthabas, dem einzig die Unbeherrschtheit der Jugend törichte Gedanken schenkt und die seine Füße manchmal in die falsche Richtung laufen lässt." flehte der alte Gefährte seines Vaters für ihn. "Ardavan iban Arthabas?" widerholte der Shâr mißtrauisch. "Bist Du ein Sohn von Arthabas dem Bärentöter?" "Ja, großmächtiger Shâr!" nickte Ardavan stolz. "Und ich bringe wichtige Kunde aus dem steinernen Lager der Blasshäute." Der Shâr zog zweifelnd eine Augenbraue in die Höhe und ließ sich von seiner Frau einen weiteren Bissen in den Mund schieben, ehe er herablassend mit vollem Mund antwortete: "Dein Vater war ein großer Krieger, der die Köpfe vieler Bâni Khadr und unzähliger Blasshäute heimbrachte. Also sprich, Sohn von Arthabas dem Bärentöter - aber wage es nicht, mich zu langweiligen oder ich zerquetsche Dich wie eine Laus!" Demonstrativ pickte er einen der Blutsauger aus dem Fell, auf dem er saß und schnippte ihn halbzerquetscht gegen Ardavans Brust, der ihn einfach an sich abprallen und zu Boden fallen ließ, ohne dabei mit der Wimper zu zucken.
Ardavan räusperte sich, während sich Zebuquad unter einer weiteren Verbeugung wieder aus der Jurte zurückzog. Den vier Frauen des Shârs war anzusehen, daß sie auf Ardavans Anwesenheit im Zelt nicht sonderlich viel Wert legten. Aber er ließ sich davon nicht beirren und begann zu erzählen: "Als die Sonnenscheibe hoch wie ein fliegender Falke über der Ebene stand, da bestiegen Faruch, der Sohn von Jellal dem Geistertänzer, Ussâm der Sohn von Narrzul dem Schakaljäger, und ich unsere Rösser, die so schnell laufen können wie der Wind, der durch die Schluchten heult, mit Hufen so heiß wie das Feuergestein des Djer Ragaz. Auch hatten wir Waffen dabei - Bögen und Pfeile, so tödlich wie das Gift der Klapperschlange, und Messer, so scharf, daß sich selbst der Regen daran verletzte, der bald nach unserem Aufbruch niederzuprasseln zu begann. Wir aber ritten durch die Steppe, gierig wie ausgehungerte Löwen, gierig nach dem Blut unserer Feinde..."
"GENUG!" schnitt ihm der Shâr das Wort ab und erhob sich von seinem Lager. "Jetzt langweilst Du mich ja doch, Du Wurm! Wenn ich Heldengeschichten hören will, so frage ich den Nuranshâr, denn er erfährt sie von unseren Ahnen, die sie selbst erlebten! Du aber, sag mir nur kurz, was Du zu sagen hast, sonst ist die Nacht vorbei, bis Du mir auch noch die Fellfarbe eurer Rösser beschrieben hast!" Ardavan begann zu zittern: "Äh, Feuer - großmächtiger Shâr! Wir sahen Feuer!" "Feuer?" widerholte der Häuptling unwirsch. "Was für Feuer?" "Das Steinlager der Blasshäute im Westen von hier - es brennt, großmächtiger Shâr!" Die Augen von Yistarrech iban Akbar verengten sich zu Schlitzen: "Die Bâni Khadr? Diese Kinder von Feigheit und Schande, die keine Ehre haben und nichts als Tod und Qual verdient haben?" Der Sohn des Bärentöters nickte verächtlich und zuckte dabei mit den Achseln: "Die Blasshäute werden ihr Lager nicht selbst angesteckt haben..." "Das weiß ich selbst, Du Hund!" beschimpfte ihn der Häuptling und kam drohend einen Schritt auf Ardavan zu, der sofort selbst einen Schritt zurücktrat, "Damals bei der Turmstadt der Flachländer im Norden sind sie uns zuvorgekommen und haben reiche Beute gemacht. Aber diesmal sind wir ihnen um das Dreifache überlegen! Selbst wenn die Khadr schon Beute gemacht haben, werden wir sie ihnen wieder abnehmen!" "Aber das Land, großmächtiger Shâr" schüttelte Ardavan den Kopf, "es ist flach wie ein Fladenbrot und viel zu offen! Sie können uns schon sehen, wenn wir noch klein wie Ameisen sind am Horizont. Sie werden fliehen, wenn sie unsere Übermacht kommen sehen!" "Sie werden uns nicht kommen sehen!" schüttelte nun der Shâr seinerseits den Kopf. "Denn wir reiten jetzt gleich und kommen in der Nacht! Sie werden denken, Geister fallen über sie her - so schnell und leise werden wir sie aus der Dunkelheit angreifen! Wieviel Feinden hast Du bereits den Kopf genommen, Sohn von Arthabas dem Bärentöter?" Ardavan errötete. "Hm, ja - da muß ich erst einmal überlegen....." "Also noch keinem!" schlußfolgerte der Shâr messerscharf. "Aber Deine Zeit und die der anderen jungen Krieger ist gekommen - heute Nacht! Für jeden Kopf eines Feindes, den Du aus der Schlacht mitbringst, schenke ich Dir ein Weib! Keiner soll sagen, daß Yistarrech der Große nicht großzügig ist! Und jetzt lauf zu Kirad, er soll die Trommel schlagen! Alle Krieger sollen aufsitzen! Wir greifen an!"
Im Lager der Ragathsqueller
Nachts
Autor: Der Sinnreiche Junker
Der Instinkt des Soldaten, geschärft durch die Gefechte und Campanyas zweier Jahrzehnte, ließ Hernán von Aranjuez weit vor der eigentlichen Zeit, doch nur Augenblicke vor dem warnenden Hornsignal aus dem Schlafe auffahren. Lang und tief hallte das Horn von den Aliner Kuppen herab, zweimal in kurzem Abstand. Dann eine Pause, und erneut zweimal in kurzem Abstand. Der Condottiere runzelte die Stirn, denn eigentlich war lediglich ein einzelner Hornstoß vereinbart gewesen. Den gleichen Gedanken hatte wohl Anzures Ballan gehabt, der im gleichen Moment vor das Zelt trat. „Ferkinas?“, fragte er mit dem Blick gen dunklen Osten gerichtet.
„Das, oder etwas anderes Unerwartetes“, biss sich der Baron und Junker auf die Unterlippe.
„Vielleicht kommt der Aliner mit mehr Leuten als gedacht?“, mutmaßte Anzures weiter.
„Möglich, aber selbst wenn er das ganze Selaquer Aufgebot mitbrächte, würde er uns an Zahl nicht übertreffen“, schüttelte Hernán von Aranjuez das Haupt, derweil nach und nach rege Betriebsamkeit im Lager ausbrach. Fackeln wurden entzündet, Rufe und Kommandos gellten durch die Nacht. Die erfahrenen Weibel zogen bereits die überflüssigen Vorposten ein, derweil die restlichen Mercenarios begannen, ihre scheinbar wahllos zusammen gewürfelten Ausrüstungen aus Leder, Kette und Harnischen anzulegen, auf den Häuptern alte Lederkappen, verbeulte Sturmhauben, Morions und schiefe Topfhelme. Glücklicherweise war auf Campanyas wenig Raum für die Errungenschaften und Bequemlichkeiten der Zivilisation, sodass die meisten ohnehin im Untergewand schliefen, die Waffen immer griffbereit.
„Also Ferkinas?“
„Womöglich, doch ist’s einerlei. Für einen Rückzug ist, wer immer da kommt, schon viel zu nahe heran. Ein Kampf ist unausweichlich.“
„Vielleicht sind es auch Freunde, und die Posten wollen uns vor falschen Schlüssen und Reaktionen warnen?“ Doch daran glaubte der aranjuezer Waffenmeister wohl selbst nicht.
„Vielleicht. Lass unsere lieben Freunde zusammen rufen, und dann her mit Rüstung und Schwert.“
Im Gegensatz zu Servando Cronbiegler und seinen schwergerüsteten Reitern, konnten die beiden Aranjuezer wenigstens mit gegenseiter Hilfe noch ihre ungleich leichteren Platten anlegen, während die meisten Gräflichen sich lediglich mit Brustpanzer und Helm behelfen mussten, sodass der kurze Zeit später einbestellte Kriegsrat eine recht bunte Schar ergab. „Ich erwarte nicht, dass Ihr Euch einmengt, sollten uns Dom Ordonyo oder Domna Praiosmin einen Besuch abstatten, doch könnten es genauso gut Ferkinas sein“, wandte sich der Condottiere an Thallian Damotil und den jungen Caballero. „Deswegen werden Eure Leute, Dom Thallian, die nördliche Brustwehr besetzen. Dort haben sie gute Deckung, und die Wilden müssen erst einmal herüber klettern. Ich erwarte von euren Leuten, dass sie das verhindern.“ Und sollten es doch Gardisten der ersten beiden Genannten sein, dürfte fraglich sein, ob diese zuerst fragen würden, ob die Simancaner sich vielleicht nicht einmischen wollten, sodass der Baron und Junker zweifellos annahm, dass sie so oder so würden kämpfen müssen. „Ihr, Dom Servando, seid mit Euren Leuten unsere berittene Reserve. Haltet Euch im Hintergrund bereit, und greift dort ein, wo der Feind durchbricht. Ansonsten deckt Ihr unsere offene Rechte. Für einen Lanzenstoß fehlt leider der Raum, doch hätte ich ohnehin bessere Verwendung für sie. Wenn Ihr also…“
„Warum sollte ich Euch unsere Lanzen geben? Falls es Dom Ordonyo ist…“, unterbrach der Caballero ihn, nur um seinerseits unterbrochen zu werden. „Und falls es Ferkinas sind, Dom Servando?“, fragte der Condottiere scharf. „Wenn uns womöglich nur ein paar Lanzen gefehlt haben, wollt Ihr die Niederlage dann auf Eure Kappe nehmen?“
Der junge Ragather schwieg, sodass Hernán von Aranjuez seinem Vetter zunicken konnte. „Du, Rondago, bleibst ebenfalls bei der Reserve. Verschwende Deine Kräfte nicht, verstanden?“ Sein abermaliges Nicken war freilich arg in Richtung Dom Servandos geraten, sodass wohl nicht nur sein Vetter verstanden hatte, dass er nicht nur deswegen nur im Notfall eingreifen sollte, um seine Kräfte zu schonen, sondern auch der Wachhund für den Caballero war, falls diesem irgendwelche Dummheiten einfielen.
Nachts, in der Elentinischen Ebene, kurz vor Alina
Autor: SteveT
"Wohin reiten sie? Was führen diese Bestien im Schilde?" rief Jelissa Al'Abastra ihrer jungen Begleiterin durch die boronsrabenschwarze Nacht hindurch zu.
Die beiden Amazonen hatten sich dem Wildenstamm mit nur wenigen 100 Schritt Abstand auf die Fersen geheftet, dessen Lager sie ursprünglich nur hatten auskundschaften wollen. Aber urplötzlich war mit Einbruch der Dunkelheit Bewegung in die ganze blutsaufende Bande gekommen und alle Krieger der Wilden waren im Feuerschein zu ihren struppigen Ponys geeilt und westwärts in Richtung des Briesacher Waldes losgeritten. Nur einen kurzen Moment hatte Gujadanya da Vanya mit dem Gedanken gespielt, die Gelegenheit zu nutzen und kurzen Proceß mit ihren im Lager zurückgebliebenen Weibern und Kindern zu machen - aber ein solches Handeln hätte kaum das Wohlgefallen der Himmelsleuin gefunden und außerdem war ihre Sorge größer, was die über 100 Ferkina-Krieger in ihrer Heimat anzurichten planten.
"Im Westen der Elentinischen Ebene liegt besiedeltes Land!" zischte sie zu ihrer Schwertschwester und Mentorin hinüber. "Ich befürchte sie reiten entweder nach Schrotenstein oder nach Alina - beides sollten wir verhindern! Der Junker von Alina ist zwar ein mieser Hundskerl, aber trotzdem sind er und seine Leute Docenyos - wir müssen sie zumindest vor diesen Tieren warnen..."
"Das wird schwer möglich sein!" entgegnete Jelissa. "Es ist so dunkel, daß man nicht einmal die Hand vor Augen sieht und diese Gegend ist so uneben, voller Kaninchenbauten und Brackwassertümpeln, wie wir vorhin auf dem Hinweg gesehen haben, daß ich mich nicht einmal getraue, schneller als Schritttempo zu reiten. Wie könnten wir sie da überholen - die Barbaren scheinen sich um die Unversehrtheit ihrer Pferde weitaus weniger zu sorgen als wir!"
"Leider wahr!" knurrte Gujadanya, die froh war, daß die Wilden wenigstens von ihren Bluthunden oder domestizierten Schakalen, Khoramsbestien oder was auch immer begleitet wurden, deren aufgeregtes Geheule, Gekläff und Gewinsel es ihnen recht leicht machte, den Ferkinas trotz der nahezu vollkommenen Finsternis zu folgen. Sie mussten lediglich aufpassen, sich ihnen nicht so sehr anzunähern, daß die Bestien noch ihre Witterung aufnahmen. Mit einem Male erstarrte Gujadanya im Sattel, als keine zwei Meilen entfernt plötzlich ein großer, glutroter Feuerschein in der Nacht zu sehen war, der wohl vorher von einem Hain oder einer Gebüschgruppe verdeckt gewesen war.
"Ich will verdammt sein!" fluchte Jelissa. "Sie haben schon etwas angesteckt!"
Guyadanya schüttelte ungläubig den Kopf. Wie konnte das angehen? Zumindest der Großteil der Wilden konnte doch noch überhaupt nicht dort angekommen sein! "Das ist Alina! Die Schweine brennen Alina nieder! Ich hoffe nur, das Volk konnte sich im Wehrtempel verschanzen! Los! Wenn wir ihnen nicht beistehen, dann hilft ihnen keiner!"
Sie spornte ihre Stute mit den Stiefeln und wildem Zügelknallen zu vollem Tempo an und betete insgeheim, daß das Tier nicht stürzte. Jelissa hatte Recht - normalerweise wagte es selbst bei Tageslicht niemand, in der Elentinischen Ebene abseits der befestigten Wege Galopp zu reiten. Sie hörte, daß ihre Schwertschwester ihr fluchend folgte und ein metallisches Sirren verriet ihr, daß Jelissa dabei den geschwungenen Amazonensäbel aus der Scheide zog. Gujadanya selbst griff über ihre linke Schulter und zog im vollen Galopp einen Pfeil aus dem Köcher. Das hier war nach ihrem Geschmack eher erst einmal eine Gelegenheit, den Kompositbogen singen zu lassen.
Ardavan iban Arthabas lachte glücklich. Da war das brennende Steinlager der Flachländer... er hatte es selbst in der Dunkelheit wiedergefunden - er hatte schon fast den Orientierungssinn eines ausgewachsenen Kriegers! "Die erste Blasshaut, die wir sehen, ist mir!" brüllte er zu Faruch, Ussâm und einigen anderen jungen Heißspornen hinüber, die mit der flachen Hand auf die Flanken ihrer Ponys einschlugen, um als erster am Ziel zu sein.
"Nicht, wenn ich sie vor Dir sehe!" schrie Ussâm mit gebleckten Zähnen zurück. "Der alte Zebuquad hat mir geweissagt, daß ich heute nicht zwei, nicht drei, sondern zweimal drei Köpfe abschneiden und heimbringen werde!"
"Hahaha! Von Flachländern vielleicht, das ist einfach. Aber warte ab, ob wir auch die verfluchten Bâni Khadr erwischen. Ihre Köpfe werden schwerer zu ernten sein!" bemühte sich Ardavan, den Überschwang seines Raufkumpans zu bändigen.
Plötzlich war ein merkwürdiger Ton von den Rossweidehügeln im Norden her zu vernehmen. Wie das heisere Brüllen eines Steinbocks zur Brunftzeit - zweimal Zwei mal.
Die Khoramsbestien antworteten mit wildem Geheule, aber dennoch war für sie alle kurz darauf die Donnerstimme des Shârs zu vernehmen, der mit den erfahrenen Kriegern in der Mitte des Stammes ritt. "Ein Warnsignal! Sie wissen, das wir kommen! Hazargul - Du und zwölf Krieger greifen von Süden her an! Zebuquad, Sorush, Sharkhan, Zuleyad, Jafar, Kirad - ihr folgt mir und wir greifen von Norden an! Ihr Halbwüchsigen, die Hunde und der Rest greift dort durch die Lücke an, durch die man den Feuerschein leuchten sieht! Los! Verteilt Euch!" gellten die Befehle von Yistarrech iban Akbar über ihre Köpfe hinweg und sämtliche Ferkinas gehorchten sofort. Yistarrech war ein großer Shâr - nur ein Lebensmüder würde es wagen, sich seinen Befehlen zu widersetzen.
"Yallah!" brüllten Ardavan, Faruch und Ussâm wie aus einem Munde, als der Boden unter den Hufen ihrer Rösser glatter wurden und sie auf bewirtschaftetes Land der Blasshäute vorstießen. Sie alle hielten ihre Bögen mit dem ersten Pfeil gespannt - bereit, den Erstbesten, den sie sahen, auf ewig in die Steppe der Geister zu schicken.
Autor: Dom Thallian, Der Sinnreiche Junker
Dom Thallian, Sohn aus einem angesehenen garethischen Patriziergeschlecht das sein jähes Ende in den Wirren der Schlacht um die Capitale gefunden hatte und erst vor wenigen Götterläufen durch die Gunst des Grafen von Ehrenstein zum Caballero von Simancas geworden, hatte den Abend noch dazu genutzt um die nicht erwartete Entwicklung der Lage mit seinem Begleiter Ferox zu diskutieren. Mit etwas Sorge hatte der alte Kämpe dabei registriert, dass der einige Götterläufe jüngere Caballero sich über die Jahre doch verändert zu haben schien. Er hatte eher erwartet, dass dieser nun einen koordinierten Rückzug antreten würde und die nächsten Schritte hierauf taktisch ausrichten würde. Schon oft genug hatte er erlebt wie seine Zunge ihn aus so mancher Bredouille herausgeredet hatte. Aber davon war nicht viel zu spüren. Er schien vielmehr so zu sein, dass dieser zwischen beherrschtem Kalkül und unerwartet grossem Zorn über die Lage hin und schwer schwankte, was die Unterredung keineswegs einfacher machte – nicht zuletzt auch deswegen weil Ferox sich auf alles mögliche verstand, nur Wortwechsel waren noch nie seine größte Stärke gewesen.
Aber schliesslich hatte man sich darauf geeignet, dass es am sinnvollsten wäre erst einmal weiter mit dem Condottiere und den Gräflichen zu reisen. Gleichzeitig galt es aber herauszufinden, welche politischen Ränkespiele hier im Hintergrund abliefen. Thallian hatte mehr als deutlich gemacht, dass er keinesfall bereit wäre umzudrehen und die frisch Bewaffneten aus der Dominie fühlten sich ohnehin noch unbesiegbar – eine Sache die alt gewordenen Krieger jetzt schon bedauerte.
Als in der Nacht das Horn erschallte, gefolgt von geschäftigen Treiben, war es dann auch Ferox der als erstes die Simancaner anbellte sich vorzubereiten. Dom Thallian und sein Begleiter erschienen rasch und bereit wirkend zum dem vom Condottiere einberufenen Kriegsrat. Auf die Anweisung des Aranjuezer hin dass seine Leute die Brustwehr besetzen sollten nickte er knapp um sich dann kurz seinem Begleiter zuzuwenden und mit diesem leise ein paar Worte zu wechseln. Die ‚Auseinandersetzung‘ mit den Gräflichen beobachtete der Caballero dabei aus den Augenwinkel und ihm entging auch nicht der abschliessende Wink an Weißmagus aus dem Haus Aranjuez.
Dann wandte er sich an den Condottiere: „Meine Leute werden die Brustwehr besetzen und sie werden sie zu halten suchen.“ Er fügte eine kurze Pause in ein dem ein entschlossenes „Gleich wer es sei...“ nachfolgte. „Wenn es recht ist, werde ich mich an die Seite des gelehrten Herrn begeben. Vielleicht mag der Austausch von Kenntnisse über die Ferkinas noch nützlich sein.“ Er deutete eine kurze Verbeugung an. „Solltet ihr jemand brauchen der die Sprache der Barbaren spricht, so stehe ich zu Eurer Verfügung, Baron.“ An Ferox gewandt, der wenig begeistert dreinblickte, fuhr er fort. „Du hast deine Befehle. Bring unsere Leute in Position. Halte die Stellung!“ Der Angesprochene kniff ein wenig die Augen zusammen und kurz wirkte es als wolle er vor der versammelten Runde offen Widerspruch leisten, dann aber presste er ein „Wie Du wünschst.“ zwischen den zusammengepressten Zähnen hervor und machte auf dem Absatz kehrt.
Rondago hatte den Kriegsrat seines Vetters bisher wortlos mit hinter dem Rücken zusammengelegten Händen verfolgt. Die Worte des simancaner Caballeros hatte er mit allerdings mit hochgezogener Augenbraue quittiert und einen kurzen fragenden Blick zu Dom Hernán geworfen. „Wenn der Dom nichts dagegen einzuwenden hat, könnt ihr Euch gern an meine Seite begeben Caballero. Aber ich glaube es gibt wenig nützliches über die Blutsäufer zu erfahren. Ich für meinen Teil will mich nicht mit denen unterhalten, sondern sehen dass diese mit reichlich Schwerthieben eingedeckt werden.“ Anzures grinste bei seinen Worten. „Notfalls bekommen sie noch etwas auf ihren Pelz gebrannt. Aber...“ und damit sah er dann zum Caballero. „Feinde soll man nicht unterschätzen und Wissen kann auch ein scharfes Schwert sein.“
„Tatsächlich, euch ist die Zunge dieser Bergbarbaren geläufig?“, runzelte Hernán von Aranjuez durchaus überrascht die Stirn. Wohl entzog es sich seinem Verständnis, weshalb ein Kaufmann aus dem Garetischen die Ferkinasprache erlernen sollte, doch könnte sich der Umstand zweifellos als nützlich erweisen. So nickte er dem Caballero von Simancas zu: „Wie Ihr wünscht. Doch habt dennoch ein Auge auf Eure Leute. Wenn der einfache Soldat wankt, so ist es oftmals das Beispiel des Offiziers, das über Standhalten oder Flucht, über Sieg oder Niederlage entscheidet.“
Damit gingen alle ihrer Wege, um ihre jeweiligen Untergebenen einzuweisen und zu formieren. Im Falle des Condottieres war es beinahe eine halbe Hundertschaft Mercenarios, die die Mitte, die Lücke zwischen den Bäumen würden halten müssen. Etwa die Hälfte bildete einen leidlichen Pikenwall – wobei man sich mit einer Mischung aus zweckentfremdeten Reiterlanzen, Spießen und Speeren behelfen musste – der Rest wiederum teilte sich in Schützen und Schwertkämpfer, und gruppierte sich jeweils zu beiden Seiten der Formation. Bogensehnen wurden gespannt und wer eine Armbrust hatte, machte diese mit Hilfe von Spannhaken oder –winde bereit. Mehr als einen Schuss würden Letztere ohnehin nicht abgeben können.
„Haltet auf jeden Fall die Formation“, rief der Baron und Junker, der sich zusammen mit seinem Neffen Gualterio Colonna bei der rechten Gruppe von Schwertkämpfern und Schützen befand, dort wo die Formation im Nichts endete. „Wen die Ruhmsucht packt und der ohne meinen Befehl angreift, dem versohl‘ ich hernach persönlich den Hintern!“
„Leere Versprechungen!“, lachte Anzures schallend aus der anderen Gruppe, wo er das Kommando führte. Zaghaftes Gelächter brandete auf, denn die erfahrenen Mercenarios wussten, dass die Gefahr weniger darin bestand, dass Einzelne nach vorne stürmen würden, sondern vielmehr darin, dass sie kehrt machten, und die Formation in wilder Flucht zerbrach. Es bedurfte einiges an Disziplin und Todesverachtung, um mit der Pike in der Hand eine Reiterhorde auf sich zustürmen zu sehen, ohne dem Impuls nachzugeben, die Beine in die Hand zu nehmen. Selbst wenn man wusste, dass die einzige Überlebenschance im Halten der Formation lag. Hier nun sahen die Mercenarios nicht einmal was auf sie zu kam, sondern das Hufgetrappel schwoll nur mehr und mehr an. Spätestens als das Bellen der Hunde, oder eher wohl Khoramsbestien, hinzu kam, war allen klar, dass es sich um Ferkinas handeln musste. Ordonyo di Alina und Praiosmin von Elenta würden wohl kaum solche mit sich führen, zumal mittlerweile auch das Klappern und Klirren von Rüstungen hätte zu hören sein müssen. Entsprechend angespannt war die Stimmung. Knöchel traten weiß hervor, als sich schwielige Hände fester um Lederschäfte und Schwertgriffe klammerten, immer wieder war metallisches Klappern zu hören, wenn sich die Anspannung in nervösem Wechseln des Standbeines oder gar in Anfällen von leichtem Zittern zeigte.
„Halten!“, tönte die laute Stimme des Condottiere langgezogen durch die Reihen. „Haaalten!...Haaaaalten!“ Dann war plötzlich durch die Lücke die schwelende Glut des niedergebrannten Gutes nicht mehr zu sehen, sondern stattdessen eine Flut schattenhafter Gestalten die auf die Lücke zu preschten.
Ardavan war überrascht gewesen, dass sich keine Báni Khadr zeigten. Waren sie etwa schon weiter gezogen? Das was vom Steinlager der Flachländer noch übrig war, schien verlassen zu sein, doch weiter hinten hörte er Rufe, und durch irgendwelches Blattwerk war schwacher Feuerschein zu erkennen. Der Ton in seinen Ohren klang wie das Gewinsel der Flachländer und so führte er seine jungen Krieger in diese Richtung. Merkwürdigerweise hatte hier irgendwer Bäume gefällt und sie mit den Baumkronen nach außen nebeneinander gelegt. Glaubten diese Narren, damit würden sie die tapferen Krieger der Bân Gassârah aufhalten können? Zumal sie eine etwa zehn Schritt breite Lücke gelassen hatten, durch die nun die Krieger mit kehligem Lachen und lautem Geheul brachen.
Hätte es sich Ardavan, der Sohn des ruhmreichen Bärentöters Arthabas anders überlegen wollen, so war es zu spät, als er einige Schritte hinter der Lücke Metall blitzen sah. Zu beiden Seiten und hinter ihm hatten seine Brüder ihre kleinen Rösser in die Lücke preschen lassen, sodass, wäre ihm ein solch abwegiger Gedanke gekommen, an eine Umkehr nicht zu denken war. Wild stieß er den gefürchteten Kriegsruf der Bân Gassârah aus, und spannte wieder den krummen Bogen.
„Haaaaaaaaalten!“, rief der Condottiere nun, als die erste Reihe Ferkinas in die Lücke brach, durch die Stämme und Äste direkt mit halsbrecherischer Geschwindigkeit auf sie zu gelenkt. Die Rösser der ersten Reihe würden vor dem unerwarteten Hindernis scheuen, doch würde die zweite und dritte Reihe sie unvermeidlich in sie hinein werfen, selbst wenn es den zotteligen kleinen Tieren noch gelang zu bremsen. „Haaaaaaaaaalten!“ Ein junger Krieger schien bemerkt zu haben, worauf sie da zusteuerten, und legte auf sie an. „JETZT!“
„HUAH!“, erklang es aus Dutzenden Kehlen, als die Mercenarios in der Mitte ihre Stangenwaffen in den Boden stemmten, und mit dem linken Bein einen kleinen Schritt nach vorne machten, um mit leicht gebeugtem Knie einen sicheren Stand zu haben. Dazu ließen die Schützen auf beiden Seiten ein Dutzend Pfeile und Bolzen los, sodass sich die erste Reihe der Ferkinas in ein blutiges Knäul aus in die Knie brechenden, schrill wiehernden Rössern und schreienden, übereinander stürzenden Männern verwandelte.
Was war geschehen? Gerade hatte der junge Krieger Ardavan seinen Pfeil auf die Blasshäute loslassen wollen, als sein Pferd unter ihm zu Boden ging, und er über dessen Hals hinweg flog und hart aufschlug. Rechts und links erging es seinen Brüdern nicht anders, und obwohl die wenigsten von ihnen von Pfeilen getroffen worden waren, war ihr Schicksal besiegelt, als die nachfolgenden Krieger über sie hinweg wogten. Weitere Pferde strauchelten, Männer schrien vor Überraschung und Wut, denn ein Bân Gassârah schreit nicht vor Schmerz. Er selbst hatte Glück gehabt, dass die ihm nachfolgenden Krieger wohl irgendwie vor dem plötzlichen Hindernis hatten ausweichen können, sodass er sich, immer noch etwas benommen, aufrappeln konnte. Zahlreiche Prellungen und Schürfwunden zeugten von seiner unsanften Landung, doch spürte er sie kaum, als der Zorn in ihm aufwallte, als er sah, wie die wenigen Reiter, die durchgekommen waren von den Flachländern niedergemacht wurden. Zuerst stachen diese feigen Hunde mit ihren langen Speeren auf die scheuenden Pferde ein, dann auf die sich von ihren sterbenden oder toten Pferden aufrappelnden Krieger. Er sah einen der Flachländer in seinem glitzernden Gewand, der ständig irgendetwas schrie. Er war nicht so blass wie viele andere der Flachländer, und die krumme Nase war beinahe der eines Bân Gassârah würdig. Nun ja, vielleicht eher nur eines Báni Khadr, doch immerhin. Womöglich war vor vielen Jahren ein großer Krieger hinab in die flachen Lande gestiegen, und hatte nicht nur getötet und geplündert, sondern auch eines der Weiber der Blasshäute mit einem starken Sohn beglückt. Hoch erhob Ardavan iban Arthabas seine Steinaxt, und stürzte sich auf den Flachländer.
„Haltet die Formation! Haltet die Formation!“, brüllte Hernán von Aranjuez ein ums andere Mal. Der erste Anprall war für sie günstig verlaufen, denn durch den Zusammenbruch der ersten Reihe war den nachfolgenden der Schwung genommen worden, und die einzelnen Reiter, die es bis zu ihnen geschafft hatten, wurden schnell Opfer der stählernen Spitzen, die zahlreich nach ihnen stachen. Die Armbrustschützen hatten nach der ersten Salve ihre Waffen fallen gelassen, und munter nach den Klingen gegriffen, derweil die Bogenschützen weiterhin schossen. Noch immer drängten Ferkinas durch die Lücke nach, die wegen der umgelegten Bäume nicht nach links oder rechts ausweichen konnten, und durch die zahlreichen Leichen und Kadaver vor ihnen trotz aller ungestümen Rücksichtslosigkeit nur umständlich voran kamen, doch weit mehr Sorgen machten dem Condottiere die Khoramsbestien, die mit Pfeilen und Lanzenspitzen nicht aufzuhalten waren, und geifernd über seine Reihen hergefielen. Mehr als ein halbes Dutzend seiner Leute war bereits schreiend zu Boden gegangen, und die umstehenden Kameraden mussten die wild um sich beißenden Biester buchstäblich in Stücke hacken. Doch ehe er sich darüber weitere Gedanken machen konnte, wuchs plötzlich ein junger Krieger vor ihm aus dem Boden, bedrohlich seine Steinaxt schwingend…
Autor: SteveT
Wütend riss Pepote Trapalero, der Adminstrador des einstmals stolzen Junkergutes Rigoroso, die Tür seiner unversehrt gebliebenen Hütte auf, als ihn lautes Hufgetrappel und Kriegsgeschrei aus dem ohnehin unruhigen Schlaf gerissen hatten. Er hatte sich mit einem Schürhaken bewaffnet und baute sich mit seinen ganzen, wohlbeleibten 1,70 Schritt drohend in der Tür auf. "Seid ihr schon wieder da, ihr feigen Hunde? Habt ihr nicht genug geplündert und uns alles gestohlen, was wir hatten? Euer verdammter Condottiere soll herkommen, wenn er sich traut - ich schlag' ihm ohne mit der Wimper zu zucken den Schädel ein!" brüllte er den schattenhaften Angreifern vor der glimmenden Ruine des Herrenhauses zu. Mit einem Male konnte er einige Gesichter der Reiter erkennen, die in großer Zahl an seiner Hütte vorbeigeprescht waren. Sie sahen nicht sonderlich vertrauenserweckend aus - und vor allem nicht sonderlich mittelländisch! Shâr Yistarrech iban Akbar hatte sein Pony gezügelt, als der Verwalter seine Verwünschungen durch die Nacht geschrien hatte und ebenso einige seiner Krieger. Keiner von ihnen hatte irgendein Wort des Geheules des dicken Flachländers verstanden. Yistarrech winkte kurz und deutete mit dem ausgestreckten Finger der linken Hand auf den Administrador, sofort ließen Faruch, Kirad und Jikhab ihre Pfeile von der Sehne schnellen - alle drei trafen Pepote Trapalero frontal, der von ihnen an der Tür seines eigenen Hauses genagelt wurde. "Asmodena, renn!" keuchte er sterbend mit letzter Kraft zu seiner Frau im Inneren der Hütte, die vor Entsetzen laut aufschrie. "Bring dich in Sicherheit!" Dann sandte er seine Seele zu Boron an diesem schwärzesten aller Tage. Zu Asmodenas Glück im Unglück schenkten die Ferkinas ihrer Hütte keine weitere Beachtung, sondern sie ritten die einstige Pinienallee in Richtung des Dorfes hinab, wo die Plünderer und Brandschatzer von heute Mittag ihr Lager aufgeschlagen hatten.
Ungestüm rannte der Großteil der über einhundert Krieger mitten in die Lücke zwischen den gefällten Bäumen hindurch ins Lager der Almadanis hinein, die ihnen diese auch als Einfallspforte zugedacht hatten und wo sie sie mit einem Spießwall erwarteten. Nur Hazargul und seine erfahrenen Krieger waren nicht auf dieses Hasardspiel hereingefallen. Sie umrundeten das befestigte Lager über die dunklen Viehweiden im Süden und griffen das Lager schließlich von Westen, aus Richtung des Dorfes her an, ohne Alina selbst zunächst viel Beachtung zu schenken - das musste bis später warten.
Ardavan iban Arthabas dankte Raschtula und dem Himmelsstier, daß er unbeschadet an dem Spießwall der Blasshäute vorbeigekommen war. Die Blasshaut in schimmernder Rüstung die vor ihm stand - obwohl man diesen Krieger kaum als "Blasshaut" bezeichnen konnte - schien der Anführer der Blutlosen zu sein, da er am meisten in herrischem Ton herumschrie und alle anderen scheinbar das taten, was er ihnen befahl. Wenn er diesem Haran den Kopf nahm, würde sein Ruhm beträchtlich sein und jeder im gesamten Stamm würde ihm fortan mit höchstem Respekt begegnen. "Es ist aus mit Dir, Haran!" brüllte ihn Ardavan im Idiom der Ban Gassarah an, obwohl er wusste, daß sein Antagonist ihn nicht verstand. "Dein Kopf, deine Rüstung, deine Waffe werden meine Andenken an diese Nacht sein!" Wuchtig ließ er sein Steinbeil in Richtung des Halses und des Gesichts von Hernan von Aranjuez sausen.
Autor: Dom Thallian
Er hatte im Namen seines Vaters und seiner Familia auf seinen Reisen schwierige Situation überstanden, harte Verhandlungen über zum Teil etliche Tausend Dukaten mit einem undurchschaubarem Boltanspielergesicht durchgestanden, aber das was er nun sah, liess ihn bis ins Mark erschauern. Auf den Reisen war es immer wieder zu Scharmützeln gekommen und so manches Mal hatte er aus purer Not auch sich selbst mit der Waffe in der Hand in Armeslänge vor einem Feinde wiedergefunden, aber der Anblick der sich ihm im Halbdunkel der Nacht nun bot, forderte all seine Selbstbeherrschung die er heraufbeschworen konnte um nicht schreiend das Weite zu suchen. Das Rapier in seiner Hand zitterte und die polierte Klinge schimmerte in der Nacht. Wäre es Tag hätte der neben ihm stehende Rondago sehen können, dass sich seine Rechte um den Griff so hart geschlossen hatte, dass die Knöchel weiß hervortraten und die Muskeln unter der Haut des Armes sich zum Bersten spannten. Der Weissmagus neben ihm indes hatte die Augen zu schmalen Schlitzen verengt und beobachtete aufmerksam dass Geschehen. Sein Augenmerk galt dabei insbesondere Dom Hernán der natürlich sich wieder mitten im größten Getümmel befand, dass dieses Gemetzel da unten aufzubieten vermochte.
Ronago indes hatte genug Kämpfe, Scharmützel, Überfälle, Hinterhalte und Schlachten gesehen, um sich rasch einen taktischen Überblick über die Lage verschaffen zu können. Die List seines Vetters mit den Baumstämmen war aufgegangen und die Ferkinas rieben sich an dem Engpass auf. Allerdings waren sie in der Überzahl und Rückzug schien bei ihnen nicht zum Repertoire zu gehören. Bei den Mercenarios des Condottiere war sich er allerdings nicht ganz so sicher, wie weit deren Loyalität wohl gehen würde. Aber die grösste Bedrohung stellten wohl derzeit diese Khorambestien da, die wie wild gewordene Furien ohne Rücksicht auf Verluste durch die Reihen wüteten, bissen, kläfften, jaulten und zuschnappten. Ein einzelner Biss war fr sich allein genommen nicht bedrohlich, aber ihre schiere Anzahl und Herumwüten brach die Linien auf und das würde letztendlich nur den Butsäufern zugute kommen. Die Männer und Frauen dort vor ihnen schienen noch kein Rezept gefunden zu haben sich dieser Kreaturen zu erwehren und gleichzeitig die Schlachtreihen aufrecht zu erhalten. Mehr aus den Augenwinkel nahm er den schemenhaften Umriss wahr, der sich urplötzlich wie aus dem Nichts neben Hernán erhoben hatte. Geistesgegenwärtig riss er die ausgestreckte Hand mit dem ebenfalls ausgestreckten Zeigefinger herum und im Geist fixierte er den Kopf des Axtschwingers, während seine Lippen die Worte des Archofaxius herauspressten. Er spürte wie die Kraft, formte und lenkte die arkanen Strömen bis sie sich in einer erzernen Lanze manifestierten die mit einer Geschwindigkeit der die Augen kaum zu folgen mochten in Richtung es jungen Kriegers schoss. Dem „Pflooonng“ – dem Geräausch eines Armbrustbolzen beim Aufschlag nicht unähnlich – folgte das verdutzte Gesicht des Bân Gassârah dessen Kopf ein wenig nach vorn gerissen worden war. Als er den Aranjuezer wieder anblickte ragte ein metallen wirkende blutbesudelte Stange aus seinem rechten Auge, deren andere Ende auf der anderen Seite des Schädels herausragte. Noch immer hilt der Ferkina die Axt um Angriffschlage erhoben, glotzte dämlich Hernan an und der brüllende Schmerz in seinem Kopf explodierte, liess er zuckend die Waffe fallen und brüllte schreiend auf. Die erzene Lanze indes hatte sich in >Nichts< augelöst noch bevor die Axt des Kriegers den Deregrund erreichte. Mit Schaum vor dem Mund und zuckend wie ein Besessener sank der Blutsäufer zu Boden und gesellte sich zu seine Waffe und der sich rasch ausbreitenden Lache seines eigenen Blutes.
Ein zufriedenes Lächeln umspielte für einen kurzen Moment die Züge des Magus als er das Ergebnis seines Cantus erspähte und ihm entwich ein leises „Treffer“. Aber Zeit für Selbstzufriedenheit war noch nicht gegeben, noch galt es den vierbeinigen Bestien zu Leibe zu rücken. Kurz erwägte er weitere Erzlanzen in die Bestien zu bohren, aber die Gefahr die eigenen Leute zu treffen war zu hoch. Viel zu hoch. Vielleicht würden sich die Ferkinas durch ein wenig magisches Feuer vertreiben lassen, vielleicht fürchteten diese ja Magie mehr als den aktuellen Feind. Aus seinen Überlegungen riess ihn aber der unerwartete Aufschrei Dom Thallians heraus. Kurz wanderte sein Blick zur Seite. Im ersten Momente dachte er ‚Bei Hesinde, der Krämer ist zu Sinnen gekommen!‘ der Zweite Gedanke indes war weniger erfreulich, als der Caballero mit der Waffen in der Hand davonstürmte. ‚Scheisskerl. Feigling!‘ Der überraschende dritte Gedanke war dann aber ‚Wo will der denn hin?‘ In der Tat steuerte der Simancaner keineswegs die Flucht an, sondern eilte mit einer etwas irritierenden Zielstrebigkeit inmitten des Geschehens an der Brustwehr. Hier schlugen sich die wackeren, aber ungeübten simancanischen Fellachen und Bauern, die allerdings ihre nackte Angst ums Leben anfeuerte, mit den harten kampferprobten Bergbarbaren die derzeit noch unterzählig waren. Und in genau jenes tödliche Getümmel stürzte sich nun der Caballero, dabei wild Hiebe mit seiner scharfen Klinge austeilend. ‚Bei allen guten Göttern...‘ rätselte Rondago noch einen kurzen Augenblick, dann wandte er sich wieder dem Problem der vierbeinigen Plage zu. Den Plan mit dem Ignisfaxius verwarf er fürs erste als er seinen Blick wieder auf das Kampfgeschehen vor ihm gerichtet hatte. Dafür aber entschloss er sich dazu wenigstens eine Reihe dieser Bestien für eine Weile zur Ruhe zu bringen. Sein Blick blieb auf dem Schlachtgetümmel ruhen, während er in Geiste die komplexen Matrices zu weben begann, die alsbald den Khoramsbestien granitharte Fesseln anlegen sollen. ‚Durchhalten!‘ forderte er in Gedanken die Streiter auf, während er sich bewusst viel Zeit liess um den Zauber zu weben. Sein Geist hämmerte die magischen Webmuster in Form, zurrte sie so fest es nur ging und die empfindlichen Stelle des Zaubergeflechts reicherte er mit zusäzlicher Kraft an. In seinem Blick hatte er immerhin eine Handvoll bisswütigen Angreifer und diese band in die den Cantus nun ein, als er die dazugehörige Geste vollführte und mit lauter dröhnender Stimme in die Nacht den „PARALYS!“ brüllte und im Geiste sogleich ein ‚Hesinde sei mir gnädig!‘ anfügte. Vielleicht war ihm die Göttin wahrlich wohlgesonnen gewesen oder das Schicksal hatte es gut mit ihm gemeint, denn der Zauber entfaltete augenblicklich seine Wirkung und die fünf Khoramsbestien erstarrten nach kurzer Verzögerung inmitten ihrer Bewegungen. Aber da waren noch weitere... noch war ihm Kraft gegeben und noch war die Gefahr nicht gebannt...
Auf der Brustwehr indes gewannen durch die Verstärkung nun die Almadanis wieder leicht die Oberhand. Ferox warf einen überraschten Blick auf Thallian, als dieser mit einem wütenden Schrei – dem der Ferkinas gar nicht so unähnlich – auf den ersten eindrosch und sein Hieb mit dem Rapier diesen tief in den Waffenarm schnitt. Ein wuchtigen Schlag hatte der Caballero geführt und seine Werk wurde durch die folgenden Hiebe der neben ihm stehenden Bauern zu Ende gebracht. Mit einem Schrei ging der Barbar zu Boden wo er röchelnd liegend blieb. Ferox, der einige Schritte weiter kämpfte konnte das folgende nur aus den Augenwinkeln beobachten und er war ich nicht ganz sicher ob er wirklich gesehen hatte was er gesehen zu haben glaubte. Sein sonst eher kampfscheuer Freund hatte dem am Boden liegenden Ferkina das Rapier tief in die Brust gerammt, um es dann mit einem fast schon zufriedenen Lächeln wieder herauszuziehen. Dann zog der die Klinge durch seine eigene Hand – einen Augenblick befürchtete Ferox dass der Narr sich selbst verletzen würde – aber als er nach einer Parade wieder herübersah, schien er mit der nun blutbesudelten Hand jenes sillbernen Stieramulett mit den rubinroten Augen zu umklammern, dass er auch schon in Simancas getragen hatte. Wieder musste er sich einer Attacke erwehren. So langsam nervte ihn dieser Wildling vor ihm und so fokussierte er sich auf die folgende Schläge und trieb mit wuchtigen Schlägen seiner beiden Klingen den Ferkina in einem Ausfall vor sich her. An der Brustwehr wieder angelangt, verpasste er dem angeschlagenen Gegner noch einen wütenden Tritt so dass dieser im hohen Bogen die Brustwehr hinabstürzte um mit einem dumpfen Schlag unten anzukommen. Sein Blick kehrte zu Thallian zuück, aber der stand mittlerweile wieder an der Seite zweier seiner Gefolgsleute und hieb auf einen der Blutsäufer ein. Dabei brüllte er aber dem Ferkina wohl etwas in deren eigener Sprache zu. „IHR RÄUDIGEN SÖHNE KRÄTZIGEN KÖTER! ZURÜCK! WIE WAGT IHR ES DEM HERRN DER STIERE EUCH ZU KAMPF ZU STELLEN? BLUT UND TOD WIRD EUER LOHN...“ den Satz in der kehligen Sprache der Wilden beendet der Caballero indes nicht mehr, sondern ging in einem gellenden Schrei über als der Wilde ihm seine Klinge durch die Schulter bohrte. Für einen Augenblick brüllten sich die beide Feinde an. Der eine vor Angriffslust, der andere vor Schmerz. Dann aber zog der Caballero ruckartig die linke Schulter zurück um den ein wenig überrumpelt drein blickenden Ferkina dann mit unerwarteter Wucht das Rapier in den Bauch zu rammen um die Klinge dann auch noch emporzureissen. „BLUT UND TOD!“ fauchte er dem Ferkina erneut in den kehligen Lauten des Ferkinisch entgegen, der wie ein nasser Sack gurgelnd in sich zusammensackte. Aber wie Ferox feststellen musste, begann nun der überraschende Kampfesgeist seines Freundes diesen wohl zu verlassen. Sichtbar langsamer wurden seine Bewegungen. Noch konnte er sich den Attacken erwehren... aber wie lange noch, dessen war Ferox sich nicht mehr so sicher.
Autor: Der Sinnreiche Junker
Ardavan iban Arthabas und Hernán von Aranjuez blickten gleichermaßen verdutzt drein, als der junge Ferkinakrieger plötzlich mit einer Art Lanzenstück im Schädel zusammen brach. Eben noch hatte Letzterer Kommandos gebrüllt, das Schwert gefährlich weit gesenkt, während der andere so plötzlich vor ihm aufgetaucht war, dass ihm dessen Schwinger mit der Steinaxt zweifellos den Kopf von den gepanzerten Schultern gehauen hätte. Doch schien der Sohn des Bärentöters nicht der Einzige gewesen zu sein, der auf den Flachländer im schimmernden Eisengewand aufmerksam geworden war, und im letzten Moment rempelte ein weiterer junger Krieger Ardavan beiseite, sich selbst den Ruhm zu holen. Nur um einen Augenblick später jämmerlich mit einem Loch im Schädel zu beider Füßen zu krepieren. Beide Kontrahenten sahen sich einen Moment lang in die dunklen Augen, dann schien sich sie Szene zu wiederholen, nur mit vertauschten Rollen: eine bullige Mercenaria drängte an ihrem Condottiere vorbei und Ardavan zurück. Dieser, gleichermaßen überrascht und zunächst gegen den Schwung der Frau in der Defensive, musste einige Schritte zurück weichen, und sich der ungeschlachten Hiebe erwehren. „Du entkommst mir nicht, Haran!“, schrie er wütend, nachdem er den Ausfall seiner Gegnerin abgewehrt hatte, und sie nun gleichermaßen Hiebe austauschten, wenngleich dies den jungen Krieger weiter und weiter von seinem eigentlichen Ziel weg brachte.
Hernán von Aranjuez indes beachtete das entfernte Geschrei der ihm unverständlichen Sprache nicht, sondern nutzte den Augenblick einige Schritte hinter dem Kampfgeschehen, um sich einen Überblick zu verschaffen. Die Leute aus Simancas schienen für den Moment die Brustwehr halten zu können, und hier in der Mitte ließ der Druck etwas nach. Der Zauber seines Vetters Rondago – denn dass plötzlich ein halbes Dutzend der Khoramsbestien einfach in der Bewegung erstarrt waren, konnte wohl nur ein Zauber sein – hatte den Mercenarios Gelegenheit gegeben, wieder Ordnung in die Reihen zu bringen, wiewohl noch immer laute Schreie von Tier und Mensch davon zeugten, dass noch mehrere der wilden Bestien auf den Beinen waren. Dazu schienen nun einige der Ferkinas weiter hinten eingesehen zu haben, dass hier nur schwer ein Durchkommen zu erzwingen war, wenn man denn überhaupt erst einmal über die zahlreichen Leiber gefallener und elend verwundeter Menschen und Pferde und über vom Blut rutschigen Untergrund nach vorne gelangt war. Dies konnte freilich nur bedeuten, dass sie es an anderer Stelle versuchen würden, und somit allenfalls etwas Zeit gewonnen worden war, bis sie dann ob der Verstärkung beispielsweise die Brustwehr genommen hätten, oder aber…
„Nach rechts! Nach rechts ausrichten!“, brüllte er, und riss einen, zwei, drei Mercenarios herum, wo eben im Süden ein Dutzend Reiter aus der Dunkelheit heran geprescht kamen. „Spieße, Spieße!“, rief der Condottiere, doch mehr als ein halbes Dutzend war in der Kürze der Zeit nicht zu sammeln, sodass die eilig nach Süden ausgerichtete Formation eher einem Keil aus etwa gleich vielen Mercenarios glich, die sich hinter die Lanzenträger drängelten. Einer schoss einen Pfeil ab, und grunzte zufrieden, als drüben einer der Wilden vom Rücken seines Reittieres geschleudert wurde, dann griff er nach seinem Raufdegen. Ein Boltanspieler würde mit diesem Blatt wohl aufstehen und gehen, doch war dies kein Kartenspiel, aus dem man einfach aussteigen konnte, sondern blutiger Ernst. Die einzige Hoffnung war somit die Reserve aus Dom Servando und seinen Leuten, doch wagte niemand den Blick von den heranbrausenden Reitern zu nehmen. „Jetzt“, murmelte der Condottiere leise, die freie Hand auf der Schulter des ‚Hakenspießes‘ vor sich. Jetzt musste Dom Servando eingreifen, oder die Ferkinas würden diese Karikatur einer rechten Flanke über den Haufen reiten. „Jetzt.“, doch keine Spur von den Gräflichen. Die Reiter wurden größer und größer und die Atmung des kleinen Häufleins ging schneller und schneller, bis die Mercenarios genauso laut schnaubten wie die Rösser ihrer Gegner. „Jetzt!“, murmelte der Baron und Junker beinahe flehentlich.
Die wild brüllenden Ferkinas um Hazargul schwenkten siegessicher ihre Keulen, Steinäxte und Beutewaffen. Ein erbärmliches Häuflein Blasshäute hatte sich ihnen entgegen gestellt, doch drängten sie sich furchtsam zusammen wie Lämmer im Angesichte einer Horde von Khoramsbestien. Die Krieger würden sie hinweg fegen, wie der Sturmwind allzu vorwitzige Pflänzchen von den nackten Flanken der Berge fegte. Noch zehn Schritte, acht, sechs…
Noch zehn Schritte. „Jetzt!“ Acht Schritte. ‚Jetzt!‘, schrie es im Kopf des Condottieres. Sechs. Er hatte den stummen Schrei schon auf den Lippen, als plötzlich die Ferkinareiter ihrerseits durcheinander gewirbelt wurden, durcheinander gewirbelt von der stählernen Faust der von rechts heran donnernden Gräflichen. „Haha, verflucht seist Du, Cronbiegler!“, brüllte Hernán von Aranjuez begeistert, und die Mercenarios fielen erleichtert ein, als sich der tödliche Reiterangriff in einem blutigen Knäul aus umeinander schlagenden Berittenen auflöste. Der junge Caballero hatte im buchstäblich allerletzten Moment eingegriffen.
Überrascht und den schweren Reitern an Rüstung und Waffen deutlich unterlegen, waren es nun die Ferkinas, die hinfort gefegt wurden. Der Sturmwind, der Hazargul gerade noch in den Sinn gekommen war, war nun mit eiserner Macht durch seine eigenen Leute gefahren, die nur nach vorne gesehen hatten und in vollem Galopp den von der Seite kommenden Eisenreitern nicht mehr ausweichen konnten. Beinahe die Hälfte fiel sogleich im ersten Anprall Schwertern, Rabenschäbeln und Streitkolben zum Opfer und der Rest würde alsbald folgen. „Ha!“, lachte Hazargul mit geradezu irrem Gesichtsausdruck seinen Gegnern und dem Tod ins Gesicht, hob den schartigen Amazonensäbel hoch über den Kopf, und stürzte sich auf die Fußsoldaten vor ihm.
Ein einziger Krieger war durch gekommen, und hatte berserkergleich auf die sich ihm entgegen streckenden Stahlspitzen eingehauen, und obgleich sie sein Bergpony unter ihm abgestochen hatten, und er selbst bereits aus einem Dutzend Wunden blutete, war es ihm tatsächlich gelungen noch einen der Mercenarios nieder zu hauen, und zwei weitere zu verwunden, ehe ein halbes Dutzend Klingen auf und nieder fuhren. „Behaltet die Flanke im Auge. Womöglich werden es einige von ihnen noch einmal probieren. Ich schicke euch, was ich an Spießen und Lanzen auftreiben kann“, erklärte der Condottiere seinen Leuten. Kurz noch grüßte Hernán von Aranjuez die Gräflichen mit erhobenem Schwert, die sich, mit nur geringen Verlusten, wieder in ihre Reserveposition zurück zogen, dann hastete er wieder er wieder mit klirrender Rüstung nach Norden.
Autor: SteveT
Gujadanya zügelte hart ihr Roß, als sie die Kampf- und Schmerzensschreie aus der Dunkelheit vernahm, die durch die finstere Nacht zu ihnen hinüber schallten. Metall traf auf Metall oder Holz, vor der rotglimmenden Silhouette der niedergebrannten Ruine des Junkergutes konnte man hin und wieder die schattenhaften Umrisse von Roß und Reiter erkennen.
"Ein Kampf?" frug sie in die Richtung, in der sie ihre Mentorin Jelissa Al'Abastra vermutete. "Was geht da vor sich? Das muss Junker Ordonyo mit seinen Leuten sein - mich wundert sehr, daß die Aliner so großen Widerstand leisten können. Jemand muss sie vorgewarnt haben und ihnen mit zusätzlichen Truppen zur Hilfe gekommen sein. So ein Scharmützel liefern keine Bauern!"
Die ältere Amazone hielt ihren Kompositbogen gespannt und zielte vom Pferderücken aus in die dunkle Nacht. Als das nächste Mal ein wahrscheinlich zu einem Wilden gehöriger Schatten vor der Feuersglut zu sehen war, ließ sie den Pfeil von der Sehne schnellen. Aber die Entfernung war zu groß und die Sicht zu schlecht - er ritt weiter, ohne den Schuß überhaupt bemerkt zu haben. "Wir müssen näher heran!" befahl sie. "Lange werden die Bewohner dieses Dorfes ohne unsere Hilfe nicht durchhalten!"
Gujadanya war bereits losgeritten und hörte am Hufschlag, daß Jelissa ihr folgte. Sie hatte sich einen Pfeil zwischen die Zähne geklemmt und hielt in der Rechten neben dem Zügel nach wie vor ebenfalls ihren Bogen, um im Zweifelsfall sofort schießen zu können. Sie näherten sich Alina von Süden, von dort, wo bei ihrem letzten Besuch in Alina vor fünf oder sechs Jahren große, eingezäunte Pferdeweiden lagen. Im letzten Moment erkannte ihr Pferd eine der Koppeln und sprang in hohem Bogen über den Zaun. "Pass auf!" brüllte sie über die Schulter nach hinten. Aber ein dumpfer Aufprall, gefolgt von einem derben Fluch, verrieten ihr, daß ihre Schwertschwester und ihr Roß in der Dunkelheit voll in das Hindernis hineingelaufen waren.
Gujadanya fluchte ebenfalls, aber ritt weiter. Im Flackerlicht einiger halb niedergebrannter Lagerfeuer tauchte etwas vor ihr auf, was wie ein provisorisches Zeltlager entlang der Pinienallee aussah, die früher von Gut Rigoroso nach Alina geführt hatte. Von den Bäumen war in der Finsternis nichts zu sehen - aber wer waren die ganzen Schergen, die da mit dem Ferkinastamm rangen? Von dem Hundsfott Ordonyo di Alina war nichts zu sehen - das mussten fremdländische Eindringlinge auf ihr Land sein! Sie nahm den Pfeil aus dem Mund und schoß ihn mitten hinein ins Getümmel.
Aus den Augenwinkeln erblickte sie einen halbnackten, mit dem Fell eines Berglöwen bekleideten Ferkina mit verschleiertem Gesicht, der mit hoch erhobenem Krummschwert auf sie zuritt. Die Waffe hatte er wahrscheinlich irgendeinem getöteten Mittelländer oder Novadi geraubt.
"RONDRA!" brüllte die junge Da Vanya und ritt ihm entgegen, den Amazonensäbel ziehend.
Autor: Dom Thallian
Laut und gellend pochte der Stich in seiner Schulter, der sich damit sogar noch über die Kakophonie der Schmerzes legte den jede Fasers seines Körpers auszusenden schien. Das Klirren von Waffen, Schreie, donnernder Hufschlag, gebellte Befehle und das Kläffen und Heulen von Khoramsbestien – kurzum das ohrenbetäubende Gebrüll einer Schlacht – drang an seine Ohren und liess seinen Kopf förmlich explodieren. Wie Stakkato der Hiebe eines Schmiedes auf dem Amboss, hämmerte es in seinem Geist und irgendwie wirkte das Dunkel der Nacht so verschwommen. Schemenhaft nahm Thallian Bewegungen um ihn herum wahr und es dauerte einige Herzschläge bis er realisierte, dass er inmitten des Schlachtgetümmels sich bewand. ‚Oh Götter... wir sind überrant worden...‘ Noch immer etwas benommen sah er sich um, betrachtete abwesend wirkend das verzweifelte Ringen seiner Bauern und Fellachen mit den gnadenlosen Ferkinas die die Brustwehr hinaufkletterten. Dann fühlte er auch den Stahl in seiner Hand, schmeckte das Blut auf seinen Lippen und mit einem peinigenden Schlag verflog die Benommenheit... Aus den Augenwinkeln sah er noch wie eine Klinge in der Nacht aufblitzte und instinktiv riss er die Waffenhand nach oben. Mit grellem Kreischen glitten die beiden Klingen einen Moment übereinander... Mit einem leichten Anflug von Panik blickte der Caballero dem wie aus dem Nichts aufgetauchten Bergkrieger in die Augen und das was er sah liess ihn bis in Mark erschaudern. Sein Gegner indes bei bester Laune – mehrere Blasshäute hatte er heute schon bluten lassen – und dieser hier würde der nächste sein, auch wenn er den Hieb mit dem vor Jahren geraubten Säbel gerade noch hatte abwehren können. Aber seine Flanke war ungeschützt und so riss er seinen Arm empor und liess mit gnadenloser Wucht die bullige Faust in das Gesicht des Simancaner schnellen. Der Kopf von Thallian flog herum und sein Kiefer explodierte in einem wilden Reigen aus Schmerz. Dann wurde es dunkel... Fast schon etwas enttäuscht war die Miene des Ferkina als der Fausthieb die Blasshaut direkt gegen Boden stürzen ließ. Gerade wollte er sich bücken um dieser erbärmlichen Kreatur endgültig das Leben zu rauben, als zwei seiner abgemagerten Kameraden ihn unbeholfen mit ihren albernen Waffen attackierten. Er knurrte sie an als er ihrer Offensive auswich und liess den Säbel ein wenig kreisen, bevor er mit einem wilden Ausfall versuchte sich etwas mehr Raum zu verschaffen. Es war Carlitos, jener vielleicht sechzehn Götterläufe zählende Bursche m,it dem pechschwarzen Haar und der in Simancas meist als persönlicher Gehilfe des Caballero fungierte, welcher dem sich verzweifelt gegen die Hiebe des Kriegers zur Hilfe kam. Wie aus dem Nichts tauchte er auf, unterlief die Waffenarme der beiden Kontrahenten und mit verstörend kaltem Blick hob er seinen schlanken Dolch, der dann emporschoss und dem Ferkina gurgelnd die Kehle öffnete, woraufhin dieser, mit den Händen nach dem Hals greifend, röchelnd zu Boden stürzte. Der andere Bauer, der dem was sich direkt vor seinen Augen abspielte mit Anflug von Panik zugesehen hatte, reagierte zu spät, als der nächste Feind auftauchte. Während Dom Thallian die ausgestreckte Hand von Carlitos ergriff und sich mühsam aufrichtete, grub sich tief in den Arm des simancanischen Bauerns die Waffe seines Feindes. Gefolgt von einem brutalen Faustschlag der auf den ungeschützten Hals zielte und ihm den Kehlkopf zertrümmerte. Röchelnd ging er zu Boden und der Lebensatem verliess ihn alsbald... Gerade noch hatte er mit einem Gegner gerungen und diesen mit einem abschliessenden Angriff seinen Stahl schmecken lassen, als ein kalter Windhauch Ferox streifte und seine Nackenhaare zu Berge stehen liess. Rasch blickte er sich um und konnte so eben noch beobachten wie der Bursche, den er meist dienstbeflissen an der Seite seines Freundes in Simancas gesehen hatte, diesem aufhalf und dabei einem der Bergkrieger den Rücken zuwandte. Er wollte grad zu einem Warnschrei ansetzen, als Carlitos seltsam gelassen den Kopf wandte, den Ferkina für einen Bruchteil eines Herzschlags einfach anblickte, lächelte und dann in er raschen Bewegung, der Ferox Augen kaum zu folgen vermochten, diesem den Dolch zielsicher in die Brust bohrte und ebenso schnell ihn wieder herauszog. Für einen Moment glotze der muskelbepackte und narbenverzierte Krieger die bohnestangenhafte Blasshaut an, dann gaben seine Knie nach und er sank zu Boden. Ungläubig und im Innersten zutiefst alarmiert verfolgte Ferox das Geschehen und als der Bursche sich wieder Thallian zuwandte meinte er gar ein schwaches rotes Glimmen unter dessen Hemd gesehen zu haben. Aber darüber nachzusinnen bliebt gerade keine Zeit. Weitere Ferkinas erklommen die Wehr und die Reihen der Simancaner waren bereits deutlich gelichtet, so tapfer sie sich auch wehrten...
Von seiner Warte aus beobachtete Rondago zufrieden das Ergebnis seines Paralys – zahlreiche Khoramsbestien erstarrten in ihrer Bewegung. Struktur kehrte zurück in die Reihen der Kämpfenden und das Blatt wendete sich leicht wieder zu ihrem Gunsten. Er holte tief luft und massierte sich mit der Linken sanft die Schläfe, um das Pochen zu vertreiben, dass ihn daran gemahnte dass der Einsatz grösserer Mengen arkaner Kraft nicht ungestraft an ihm vorbeigehen würde. Er wollte gerade ansetzen erneut den Cantus des Paralys zu weben, um weitere dieser verfluchten Bestien zur Ruhe zu bringen, als der berittene Angriff auf die rechte Flanke seine Aufmerksamkeit auf sich zog. Im letzten Moment hatten die Gräflichen eingegriffen und die Attacke auf die Flanke verhindert. ‚Bei den Göttern... wieviele von denen sind denn da draussen noch?‘ fuhr er ihm durch den Kopf. ‚Schone Deine Kraft!‘ rief er sich selbst im Geiste zu während er weiter aufmerksam das Geschehen rund um ihn herum verfolgte, in der Hoffnung eine etwaige weitere böse Überraschung so früh wie möglich zu bemerken...
Autor: SteveT, Der Sinnreiche Junker
Anstrengung und Aufregung, kurz: die Hitze des Gefechts hatte einen Hauch von Röte in sein blasses Antlitz gezaubert, und die edlen Züge nur verschönert, als Hernán von Aranjuez auf seinen Neffen Gualterio traf. „Onkel“, lachte dieser, ganz offensichtlich zufrieden mit dem bisherigen Verlauf der Schlacht. Und zweifellos auch mit seinem eigenen Beitrag. Obgleich mit Blut besudelt, und auch mit der einen oder anderen Delle in seiner geschwärzten Rüstung, bewegte sich der schlanke Jüngling elegant mit scheinbar traumwandlerischer Sicherheit über den aufgewühlten Boden.
„Neffe“, atmete hingegen der Condottiere schwer und nur mit sachtem, Lächeln, als er den Unterarm seines Teniente ergriff, sichtlich erleichtert, diesen wohlauf zu sehen. Zahlreiche Jahre und noch mehr Schlachten trennten die beiden, sodass sich beim einen Erschöpfung statt Begeisterung zeigte, die schwer lastende Verantwortung des Kommandos statt dem Wunsch nach Vermehrung des persönlichen Ruhmes. Ein kurzer Blick zeigte dem erfahrenen Soldaten, dass die Mitte noch immer gut hielt, und so durfte sich Gualterio Colonna eines anerkennenden Nickens erfreuen.
Diesem schien das freilich nicht genug zu sein. Stattdessen deutete er mit dem Schwert auf den Baum rechts der Lücke, während in einigen Schritten Entfernung noch immer der Kampf tobte. „Onkel, erlaubt mir, mich mit ein paar Leuten dort hindurch zu schlagen. Dann nehmen wir die Wilden in der Flanke, und werfen sie endgültig aus der Bresche.“
Einen Moment lang erwägte der Baron und Junker wohl den Vorschlag, dann wischte er sich eine Locke aus der schweißnassen Stirn, und schüttelte das Haupt. „Einige suchen bereits nach anderen Stellen. Um ein Haar hätten soeben sie unsere Rechte aufgerollt…“
Weiter kam er nicht, denn in dem Augenblick stürzte Gualterio plötzlich nach vorne auf ihn zu. Im ersten Moment dachte er, sein Neffe wäre von einem Geschoss getroffen worden, und fing seinen Körper mit einem Scheppern aneinander schlagender Rüstungen auf. Dann hörte er hinter sich ein gurgelndes Stöhnen, und als er über die Schulter sah, blickte er in die vor Überraschung weit aufgerissenen Augen eines Ferkinas.
‚Endlich!‘, frohlockte Ardavan. Da war der Haran der Blasshäute wieder, nachdem sich vorhin eine Flachländerin eingemischt hatte, und der Eisenmann somit entkommen konnte. Sein Zorn war übermächtig gewesen, sodass er gar nicht daran dachte, sie womöglich nur zu überwältigen, um sie hernach als Sklavin fort zu schleppen. Stattdessen hatte er ihr schließlich den Schädel eingeschlagen, doch war es zu spät, der herum brüllende Haran hatte schon das Weite gesucht. Dieses Mal aber würde sich der Feigling nicht davon machen können, und so stürzte der junge Krieger aus der Dunkelheit, und schwang seine Waffe gegen den ungeschützten Hinterkopf seines nichtsahnenden Feindes. Doch mitten in der Bewegung musste er innehalten, denn ein heller Blitz war am Haran vorbei auf ihn zugefahren, und als er hinab auf seine Brust starrte, sah er, dass sich ein Schwert mehrere Spann weit in seinen Körper gebohrt hatte. ‚Welch ein dummer Tod‘, war sein letzter Gedanke, als er wieder aufsah, nun in das Gesicht des halb herum gedrehten Harans. Seine Finger verließen die Kraft, und seine Steinaxt glitt zu Boden. Dann brachen seine Augen und Ardavan iban Arthabas war tot.
Gualterio Colonna indes hielt sich gar nicht lange mit der Sache auf, sondern riss sein Schwert aus dem toten Körper. „Gebt mir die Leute, Onkel, und ich mache dem ein Ende!“, forderte er erneut, und wiederum schien es, als überlegte der Condottiere. Die Ferkinas würden gewiss nicht weichen, nur weil sie plötzlich Feinde in der Flanke hatten und weitere im Rücken fürchten mussten, doch mochte es dem Schlachten ein schnelleres Ende bereiten. Und somit eigenes Blut sparen.
„Die Brustwehr!“, ertönte in diesem Moment von irgendwoher der Warnruf. Es war Dunkel, und im spärlichen Schein von Fackeln, Feuern und Laternen war dort nicht viel mehr zu sehen, als schattenhafte Bewegungen. Diese freilich waren nicht mehr schon nur auf der Brustwehr, sondern bereits dahinter, und das Triumphgeheul der Ferkinas ließ nichts Gutes erahnen.
„Soll der Pfeffersack doch bluten!“, zischte Gualterio, und hielt seinen Onkel an der Schulter fest. „Seine Bauern halten uns ohnehin nur auf und schwingen freche Reden, genau wie ihr Herr. Lasst die Ferkinas über die Brustwehr, Onkel, und sobald sie mit unseren ungebetenen Begleitern fertig sind, soll der trottelige Ritter über sie herfallen.“
Der Gedanke schien in der Tat verlockend. Die eigenen Leute schonen, derweil die Ferkinas ihm die Arbeit abnehmen, und mit den wenig kampferprobten Bauern aus Simancas kurzen Prozess machten. Die schweren gräflichen Reiter indes würden sie dann zwischen ihren Rössern und der Brustwehr zerquetschen. Und dabei zweifellos ebenfalls Verluste erleiden.
„Nimm Dir ein Dutzend Leute…“, ein zufriedenes Lächeln breitete sich auf dem Antlitz Gualterios aus „…und bring sie zur Brustwehr. Ich habe keine Lust, dass man mir nachsagt, unter meinem Kommando wären die Linien zerbrochen!“ Das Lächeln des jungen Offiziers war verschwunden, und es dauerte einige Momente, ehe er die gepanzerte Faust an die Herzgegend legte, und sich davon machte, einige Schwertkämpfer zu sammeln, um der bedrängten Landwehr zu Hilfe zu eilen.
„Dom Servando“, wandte sich der Baron und Junker dann lautstark an den nur wenig älteren Caballero, der mit seinen Leuten zwanzig Schritt weiter hinten wiederum das Geschehen verfolgte. „Reitet mit Euren Leuten im Süden um die Bäume herum, und fallt den Wilden in der Bresche von hinten in den Rücken.“ Er machte wie zur Erklärung mit dem freien Arm eine ausholende Bewegung, den Schwenk demonstrierend. Die Gräflichen durften ruhig auch noch ein wenig bluten.
Yistarrech iban Akbar fluchte. Die Flachländer hatten sie offenbar erwartet und ihnen eine Falle gestellt, in die die meisten seiner jungen Krieger dumm hineingetappt waren. Jetzt kämpften sie wie ein Rudel in die Enge getriebener Schakale gegen die schwer gepanzerten Krieger der Blasshäute um ihr Leben.
Von den Bani Khadr und dem Hund Nasfagul Pascha war weit und breit nichts zu sehen. Aber wer hatte dann das große Steinhaus angezündet? Führten die einzelnen Stämme der Blutlosen etwa auch Krieg gegeneinander, wie die Ban Gassarah und die Bani Khadr? Zu fliehen kam nicht in Frage, ein Gassarah floh nicht - schon gar nicht vor Blasshäuten. Aber um das Blatt noch zu wenden und die Gunst Ras'Raghs zurückzugewinnen, blieb ihm nur ein Weg - er musste den Haran der Blutlosen im Zweikampf töten.
Wenn er ihnen den abgeschlagenen Kopf ihres Anführers präsentierte, dann verließ die Blasshäute für gewöhnlich schnell der Mut und sie würden rasch aufgeben. Da! Im Feuerschein hatte er die Eisenhaut eines einzelnen Anführers aufblitzen sehen, deutlich hinter dem eigentlichen Geschehen. Und einen Augenblick später rückten schattenhafte Reiter ab. Zweifellos hatte der Mann ihnen den Befehl gegeben, dort musste er nach dem Haran suchen.
Mit einem gewaltigen Satz sprang der Shâr vom Wagen herab, mitten unter die schwächlichen Blasshäute, und hieb sich den Weg durch die teilweise mit skurrilen Werkzeugen oder dergleichen bewaffneten Flachländer, als er plötzlich vor einem bulligen Kerl stand, der zwei blutige Schwerter in den Fäusten hielt. Im Gegensatz zu den anderen Flachländern sah er in dessen kantigem Gesicht keine Angst, sondern im Gegenteil, die Narbe hätte sogar einem Ferkina zur Ehre gereicht. Keinem Ban Gassarah natürlich, aber vielleicht immerhin einem Bani Khadr. Offenbar wollte Ras’Raghs ihn prüfen, ehe er sich das Haupt des Harans holen konnte.
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