Chronik.Ereignis1033 Feldzug Alina 01: Unterschied zwischen den Versionen
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'''Autor:''' [[Benutzer:Dom Thallian|Dom Thallian]] | |||
Der Magus Rondago Aranjuez hatte den Wortwechsel seines Verwandten mit diesem erbärmlichen Jammerlappen von Verwalter mit locker übereinandergelegten Händen auf dem Sattel ohne Worte verfolgt, doch sprach aus seinen Augen offenkundige Verachtung für diesen heuchlerischen, verlogenen Wurm von einem Mann. Den Befehl des Baron das Gut zu plündern hatte er nur mit einer hochgezogenen Augenbraue quittiert und erst als es um sie etwas ruhiger geworden war, richtete er das Wort an Hernan. „Die hat es sich wohl mit Dir reichlich verscherzt, hmm?“ fragte er ,mehr rhetorisch als ernsthaft eine Antwort benötigend in dessen Richtung. | |||
Sein Blick ruhte dabei kurz dem Condottiere bei dem ein feines Lächeln seine Lippen umspielte, aber viel interessanter schienen die Gräflichen für ihn zu sein, denn deren Reaktion auf das Geschehen beobachtete er aufmerksam. Dem Simancaner, seinem Schlagetot und seinem Bauerngesindel schenkte er indes keine nennenswerte Aufmerksamkeit, ihr Einfluss auf den weiteren Verlauf der Reise, so schätzte er, würde ohnehin eher bescheiden sein. | |||
Dom Thallian hatte einen Augenblick gebraucht um zu realisieren, was hier so eben sich zugetragen hatte. Für einen Augenblick war aus seinem Gesicht, wie auch bei einigen anderen umstehenden, jede Farbe gewichen. Unter seinen Leute begann alsbald aufgeregtes Getuschel, während der Caballero seinen Protest am liebsten herausgebrüllt hätte nachdem das Blut zornig rot in seinen Kopf zurückgeschossen war. Der ruhende Pol in der kleinen Gruppe war indes Ferox, dessen kantiges, hartes und vernarbtes Gesicht keine Gefühlsregung jedweder Art zeigte. Als sein Caballero nach den Zügel griff um wohl im nächsten Augenblick voranzustürmen, streckte er seine Rechte aus und hielt diesen zurück. “Nicht…” begleitete er wortkarg seine Reaktion. Seine Hand fasste den Zügel des anderen Pferdes. “Lass…” presste der Thallian zornig aus den verbissenen aufeinander gepressten Kiefern hervor. “Nein.” Wiederholte der Söldner an seiner Seite erneut mit ruhigem aber bestimmten Ton. “Nicht jetzt und hier.” Er wandete seinen Blick vom Dom ab und visierte die Gruppe um Dom Hernan an um zu beobachten was dort vor sich ging. | |||
Es kostete Thallian einiges an Selbstbeherrschung um seinen Zorn wieder zu bändigen und nicht wie vor wenigen Augenblicken noch beabsichtigt loszustürmen. Wieder einmal hatten ihn brodelnde Gefühle übermannt – eine Sache die ihn etwas was mit Sorge erfüllte, denn früher hatte er hiermit nicht zu kämpfen gehabt. Almada, seine neue Heimat, war das Land der Heißsporne und wie es ihm schien, schlug das Land in mehr und mehr in seinen Bann. Er holte tief Luft und atmete beherrscht aus. “Ist gut Ferox.” Wandete er sich an seine Begleiter, doch der hatte sich bereits von ihm abgewandt und verfolgte das Geschehen einige Schritt weiter bei den Aranjuezern. So schaute auch er herüber während er sich zugleich im Geiste zusammentrug was er alles über dieses Gut wusste. Sein Gedächtnis hatte ihn noch nie im Stich gelassen und so hatte er sich bald im Geiste zusammengetragen was ihm zu der Dominie zu Ohren gekommen war. | |||
Seine Leute indes wurden aber unruhiger mit jedem Moment der verstrich. “Dom?!” wandete sich einer von ihnen an den Caballero. “Was sollen wir tun?” Thallian wandete sich ihm zu. “Nichts.” Erwiderte er und holte nochmal Luft. “Die Ferkinas sind unsere Feinde, nicht das eigene Land.” Er suchte den Blick zu seinem Dutzend Leute. “Wir sind keine Plünderer und Mordbrenner. Wir warten die Rückkehr des Castellans ab, dann sehen wir weiter.” | |||
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'''Autor:''' [[Benutzer:SteveT|SteveT]] | |||
'''Im Lager der Bân Gassârah am Krötensee (spätabends)''' | |||
"Weg da! Platz! Schnell! Lasst mich durch!" brüllte der bartlose Krieger Ardavan iban Arthabas den Frauen, Wachen und grasenden Schafen und Ziegen zu, die ihm in die Quere kamen und im Weg standen, als er in halsbrecherischem Galopp mitten ins Zeltlager der Bân Gassârah hineingeritten kam. Mit schlitternden Hufen brachte er sein Roß vor dem großen Hauptfeuer zum Stehen, über dem sich eine ganze gehäutete Kuh auf einem Spieß drehte. Roß und Reiter waren klatschnass vor Schweiß. Aus einiger Entfernung waren auch die Rufe und der Hufschlag der Rösser von Faruch und Ussâm zu hören, die mittags mit ihm gemeinsam auf Beutezug ausgeritten waren. | |||
"Was ist los, Sohn von Arthabas?" verstellte ihm der alte Stammeskrieger Zebuquad den Weg, der geradewegs auf das Zelt des Häuptlings zuzuführen schien. "Lass mich! Ich muss zum Shâr! Ich habe ihm wichtiges zu sagen!" wollte ihn der junge Krieger einfach achtlos beiseite schieben, aber Zebuquad hielt ihn an der Schulter fest - er meinte es nur gut mit dem Sohn seines Blutsbruders. "Du kannst jetzt nicht zum Shâr, junger Ardavan! Er ist mit seinen Weibern dort drin und isst und raucht - nur ein Lebensmüder würde es wagen, ihn zu stören!" | |||
"Glaube mir, weiser Zebuquad: Ich habe guten Grund ihn zu stören!" ließ sich der junge Krieger nicht beirren und lief einfach an der angepflockten Khoramsbestie am Zelteingang vorbei, die nach seinem Bein zu schnappen versuchte und schlug den ledernen Vorhang zurück, der den Eingang zur Jurte des Shârs verschloß. | |||
Im Inneren des Zeltes brannte ein weiteres, kleineres Lagerfeuer, es roch nach verbranntem Ziegendung und auch nach gebratenem Fleisch - am meisten aber roch es Cherrizzka, dem Rauschkraut, das die Frauen des Shârs in einer langen beinernen Pfeife rauchten. Einen kurzen ungebührlichen Moment lang glotzte Ardavan mit großen Augen auf die nackten Brüste der vier Weiber des Shârs, die ihm auf ausgelegten Fellen rund um das Feuer herum quasi zu Füßen lagen. Während drei von ihnen rauchten und ihn mit einer Mischung aus Neugier und Feindseligkeit betrachteten, kniete die vierte von ihnen - die Schönste nach Ardavans Geschmack - neben dem Felllager des Häuptlings und schob ihrem Gebieter kleine Bissen gebratenen Hühnerfleischs in den Mund, der sich von ihr genießerisch füttern ließ. Der Shâr selbst war - auch nackt bis auf einen Lendenschurz - immer wieder eine beeindruckende Erscheinung. Unzählige Ritalnarben und die Wunden vieler Kämpfe zierten seinen glänzenden, eingeölten Körper - kein anderer Krieger im ganzen Stamm war so groß und hatte solche Muskeln wie Yistarrech iban Akbar - der vom Nuranshâr Mharbal erwählte Kriegshäuptling der Bân Gassârah. Seine Stimme erinnerte Ardavan immer an grollenden Donner oder an das Schnaufen eines gereizten Kampfstieres und so stellten sich seine Nackenhaare auf, als ihn der Shâr mit finsterer Miene anblickte und donnerte: "Was willst Du Wurm?" | |||
Ardavan ließ sich auf die Knie niederfallen und verbeugte sich mit abgespreizten Armen bis zum Boden, dasselbe tat auch Zebuquad, der tapfere alte Zebuquad, der mit ihm ins Zelt des Häuptlings eingetreten war. | |||
"Vergebung, großmächtiger Shâr! Ich bitte um Vergebung für den jungen Ardavan iban Arthabas, dem einzig die Unbeherrschtheit der Jugend törichte Gedanken schenkt und die seine Füße manchmal in die falsche Richtung laufen lässt." flehte der alte Gefährte seines Vaters für ihn. | |||
"Ardavan iban Arthabas?" widerholte der Shâr mißtrauisch. "Bist Du ein Sohn von Arthabas dem Bärentöter?" | |||
"Ja, großmächtiger Shâr!" nickte Ardavan stolz. "Und ich bringe wichtige Kunde aus dem steinernen Lager der Blasshäute." | |||
Der Shâr zog zweifelnd eine Augenbraue in die Höhe und ließ sich von seiner Frau einen weiteren Bissen in den Mund schieben, ehe er herablassend mit vollem Mund antwortete: "Dein Vater war ein großer Krieger, der die Köpfe vieler Bâni Khadr und unzähliger Blasshäute heimbrachte. Also sprich, Sohn von Arthabas dem Bärentöter - aber wage es nicht, mich zu langweiligen oder ich zerquetsche Dich wie eine Laus!" Demonstrativ pickte er einen der Blutsauger aus dem Fell, auf dem er saß und schnippte ihn halbzerquetscht gegen Ardavans Brust, der ihn einfach an sich abprallen und zu Boden fallen ließ, ohne dabei mit der Wimper zu zucken. | |||
Ardavan räusperte sich, während sich Zebuquad unter einer weiteren Verbeugung wieder aus der Jurte zurückzog. Den vier Frauen des Shârs war anzusehen, daß sie auf Ardavans Anwesenheit im Zelt nicht sonderlich viel Wert legten. Aber er ließ sich davon nicht beirren und begann zu erzählen: "Als die Sonnenscheibe hoch wie ein fliegender Falke über der Ebene stand, da bestiegen Faruch, der Sohn von Jellal dem Geistertänzer, Ussâm der Sohn von Narrzul dem Schakaljäger, und ich unsere Rösser, die so schnell laufen können wie der Wind, der durch die Schluchten heult, mit Hufen so heiß wie das Feuergestein des Djer Ragaz. Auch hatten wir Waffen dabei - Bögen und Pfeile, so tödlich wie das Gift der Klapperschlange, und Messer, so scharf, daß sich selbst der Regen daran verletzte, der bald nach unserem Aufbruch niederzuprasseln zu begann. Wir aber ritten durch die Steppe, gierig wie ausgehungerte Löwen, gierig nach dem Blut unserer Feinde..." | |||
"GENUG!" schnitt ihm der Shâr das Wort ab und erhob sich von seinem Lager. "Jetzt langweilst Du mich ja doch, Du Wurm! Wenn ich Heldengeschichten hören will, so frage ich den Nuranshâr, denn er erfährt sie von unseren Ahnen, die sie selbst erlebten! Du aber, sag mir nur kurz, was Du zu sagen hast, sonst ist die Nacht vorbei, bis Du mir auch noch die Fellfarbe eurer Rösser beschrieben hast!" | |||
Ardavan begann zu zittern: "Äh, Feuer - großmächtiger Shâr! Wir sahen Feuer!" | |||
"Feuer?" widerholte der Häuptling unwirsch. "Was für Feuer?" | |||
"Das Steinlager der Blasshäute im Westen von hier - es brennt, großmächtiger Shâr!" | |||
Die Augen von Yistarrech iban Akbar verengten sich zu Schlitzen: "Die Bâni Khadr? Diese Kinder von Feigheit und Schande, die keine Ehre haben und nichts als Tod und Qual verdient haben?" | |||
Der Sohn des Bärentöters nickte verächtlich und zuckte dabei mit den Achseln: "Die Blasshäute werden ihr Lager nicht selbst angesteckt haben..." | |||
"Das weiß ich selbst, Du Hund!" beschimpfte ihn der Häuptling und kam drohend einen Schritt auf Ardavan zu, der sofort selbst einen Schritt zurücktrat, "Damals bei der Turmstadt der Flachländer im Norden sind sie uns zuvorgekommen und haben reiche Beute gemacht. Aber diesmal sind wir ihnen um das Dreifache überlegen! Selbst wenn die Khadr schon Beute gemacht haben, werden wir sie ihnen wieder abnehmen!" | |||
"Aber das Land, großmächtiger Shâr" schüttelte Ardavan den Kopf, "es ist flach wie ein Fladenbrot und viel zu offen! Sie können uns schon sehen, wenn wir noch klein wie Ameisen sind am Horizont. Sie werden fliehen, wenn sie unsere Übermacht kommen sehen!" | |||
"Sie werden uns nicht kommen sehen!" schüttelte nun der Shâr seinerseits den Kopf. "Denn wir reiten jetzt gleich und kommen in der Nacht! Sie werden denken, Geister fallen über sie her - so schnell und leise werden wir sie aus der Dunkelheit angreifen! Wieviel Feinden hast Du bereits den Kopf genommen, Sohn von Arthabas dem Bärentöter?" | |||
Ardavan errötete. "Hm, ja - da muß ich erst einmal überlegen....." | |||
"Also noch keinem!" schlußfolgerte der Shâr messerscharf. "Aber Deine Zeit und die der anderen jungen Krieger ist gekommen - heute Nacht! Für jeden Kopf eines Feindes, den Du aus der Schlacht mitbringst, schenke ich Dir ein Weib! Keiner soll sagen, daß Yistarrech der Große nicht großzügig ist! Und jetzt lauf zu Kirad, er soll die Trommel schlagen! Alle Krieger sollen aufsitzen! Wir greifen an!" | |||
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Version vom 27. Mai 2011, 20:49 Uhr
Baronie Schrotenstein, 26. Praios 1033 BF
Einige Meilen nördlich von Schrotenstein
Früher Abend
„Reiter!“, entfuhr es dem Caballero Servando Cronbiegler, der im gleichen Alter wie Domna Lilithrud war, jedoch im Gegensatz zu ihr nicht die Knappschaft beim alten Castellan durchlaufen hatte. So hatte Dom Rondrigo, immerhin noch ein Ritter von echtem Schrot und Korn, eigentlich nicht vorgehabt, den aus der ragathischer Bürgerschaft Aufgestiegenen mit zu nehmen, doch hatte dieser darauf bestanden – wohl um die Schwester der vermissten Domna Romina, Domna Rahjada Mera von Ehrenstein-Streitzig ä. H. zu beeindrucken, zu deren zahlreichen Verehrern er zählte.
Der Trupp war bis hart vor den Ort und das gleichnamige Castillo Schrotenstein gelangt, als südlich von ihnen eine Staubwolke eine sich offensichtlich schnell bewegende Kavalkade verriet. Zweifelnd wurden einige Blicke getauscht, mochte die Richtung doch im Hinblick auf Dom Rondrigos erwartete Rückkehr nicht recht Sinn ergeben. „Sie führen ein schwarzes Banner. Mit etwas Silbernem.“, fuhr Dom Servando fort, nachdem er sich in den Steigbügeln aufgerichtet hatte, und die Augen mit der Hand beschattete. „Sieht wie ein Hammer aus. Oder eine Streitaxt.“
„Es ist ein Rabenschnabel“, erklärte Dom Thallian dem jungen Caballero, der wohl die besten Augen haben mochte, aber offensichtlich nicht den schnellsten Verstand. Die Blicke der Gräflichen wandten sich zu Hernán von Aranjuez, dessen schwarzer Umhang eben jenen silbernen Rabenschnabel zeigte. Dieser erwiderte die Blicke nur ausdruckslos, wiewohl er sich tief in seinem Inneren mutmaßlich eines gewissen Triumphgefühls wohl kaum erwehren konnte. Die alte numerische Überlegenheit seiner Leute war wieder hergestellt.
Wenig später ergriff er den Unterarm eines gutaussehenden, jungen Mannes, für den das Wort ‚Schnösel‘ wie gemacht schien. Das Schicksal schien den schlanken Jüngling mit zahlreichen Vorzügen gesegnet zu haben, sah man einmal von der Gnade einer standesgemäßen Geburt ab; zwei Umstände derer sich Gualterio Colonna zum Leidwesen seiner Mitmenschen nur allzu sehr bewusst war. So musterte er unverhohlen mit scheinbar gelangweiltem Blick die übrigen Reiter der Spitzengruppe – und schien nicht sonderlich beeindruckt zu sein. „Am Abend des 26. vor Schrotenstein. Ganz wie Ihr befohlen habt, Onkel.“, wandte er sich statt eines Grußes wieder an den Baron und Junker.
Hinter ihm warteten, jeweils zu Pferd, zehn Mercenarios, die jenen nicht unähnlich schienen, die sich bereits in ihren Reihen befanden. Wettergegerbte, narbige Gesichter, sofern sie Männer waren häufig mit Bart oder zumindest unrasiert. Von der Sonne gebleichte Caldabreser oder visierlose Helme und Sturmhauben auf den struppigen Häuptern, und die Leiber in Kette und Leder gehüllt. Manch einer trug eine Armbrust auf dem Rücken, alle aber ein wildes Sammelsurium aus allerlei längeren oder kürzeren Klingen, und ein jeder mit einer zumindest einstmals (gold)gelben Schärpe, die sie als Angehörige des Unterfelser Terzios Dom Hernáns auswiesen. Einzig Gualterio trug eine geschwärzte Rüstung, und darüber die purpurne Offiziersschärpe.
Kurz wurden die wesentlichen Protagonisten einander vorgestellt, wobei der Neuankömmling wiederum keinen Hehl daraus machte, dass er dabei allenfalls der Höflichkeit genüge tat. Nicht einmal Anzures Ballan, immerhin seit vielen Jahren Freund und Vertrauter seines Onkels, und gleich ihm selbst Offizier in dessen Terzio, widmete er besondere Freundlichkeit.
Etwas überraschend lenkte Hernán von Aranjuez dann aber sein Ross von der Straße. „Wir werden Dom Rondrigos Rückkehr in Alina erwarten, wo wir auch das Nachtlager aufschlagen werden. Dort steht der Gutshof eines alten Bekannten“, verkündete er, ohne irgendjemandes Einverständis zu erfragen. Eine Kreisbewegung der über das Haupt erhobenen rechten Hand, und wortlos folgten ihm seine Leute, Reiter wie Fußsoldaten samt den Karren. Die Übrigen blieben zunächst etwas ratlos zurück.
„Aber was ist, wenn Dom Rondrigo uns nicht findet? Was ist, wenn er annimmt, wir seien in Richtung Selaque gezogen?“, rief der junge Caballero hinterher.
„Keine Sorge“, antwortete Dom Hernán, ohne sich umzuwenden. „Dom Rondrigo wird uns finden. Es ist nicht weit.“
So blieb dem Caballero wenig anderes übrig, als seinen Leuten das Zeichen zu geben, den Mercenarios zu folgen, die scheinbar ohne Eile zwischen Trauerklippen und Briesacher Wald vorbei zogen. Als sie wenig später aus dessen Schatten heraus ritten, lag vor ihnen, am Rand der Elentinischen Ebene und die Aliner Kuppen im Hintergrund, das Dörfchen Alina, an das sich Rigoroso, das Gut Dom Ordonyo di Alinas anschloss.
Autor: SteveT
Auf dem Jungergut Rigoroso nahe Alina, etwa zur selben Zeit
"He Pepote! Sieh zu, daß das Pack nicht bei der Arbeit einschläft! Nur weil mein Vater nicht da ist, heißt das noch lange nicht, daß hier deshalb der Müßiggang Einzug hält!"
Der dicke, wie immer stark schwitzende Administrador des säulengeschmückten Landgutes Rigoroso nickte untertänig und hob einen Stock vom Boden auf, mit dem er den keuchenden eigenhörigen Maiden und Knaben, die Mehlsäcke aus dem Inneren der sich langsam drehenden Windmühle zu einem Karren schleppten, ein paar kräftige Schläge auf den Rücken oder den Hosenboden verpasste, damit sie beim Aufladen einen Schritt zulegten.
Mißmutig nahm Dulcinea Rigorosa di Alina, die großgewachsene und gertenschlanke Tochter des Hausherrn Ordonyo di Alina noch einen Schluck aus dem Weinschlauch und ließ sich dann mit hochgelegten Stiefeln gemütlich auf der Veranda des Herrenhauses nieder. Sie rülpste herzhaft - schließlich war sie hier zu Hause und nicht am Hof von Punin - was ging es sie an, was die dummen Eigenleute über sie dachten.
"Domnatella! Domnatella Dulcinea!" kam aufgeregt der junge Albico oder Alrico oder wie auch immer, jedenfalls einer ihrer Pferde-Hirten, die Pinienallee heruntergerannt, die vom Dorfe Alina her schnurstracks auf auf ihren Gutshof zuführte.
"Für Dich immer noch »Euer Wohlgeboren«!" schnautzte ihn Dulcinea an. "Was krakeelst Du so herum, als wärst Du noch dümmer, als Du in Wirklichkeit schon bist?"
"Reiter, Herrin! Sehr viele Reiter und Soldaten, Herrin! Ich...ich glaube das sind Söldner! Die führen gewiss nichts Gutes im Schilde! Sie kommen vom Dorf her - ich glaube, sie ziehen direkt hierher!"
Dulcinea ließ überrascht den Weinschlauch sinken. Damit hatte sie nun wirklich nicht gerechnet! Sie hatte zwar die Klingen aus der Waffenkammer an ihren Adminstrador und die Pferde-Hirten ausgegeben - aber eher, weil sie einen möglichen Angriff aus dem Osten, einen Überfall durch die Ferkinas erwartet hatte. Wieso hatte niemand in Schrotenstein oder in der burgenreichen Mark Ragathsquell ein Söldnerheer aufgehalten? Ihr Vater war nicht da, noch immer auf dem Castillo der hundsföttischen da Vanyas, die er wie Ratten aus dem eigenen Nest gejagt hatte. Jetzt in seiner Absentia war sie hier die Herrin - also was tun?
"Pepote! Du reitest ihnen entgegen - ich bin nicht da! Ich werde mich in dem Wäldchen östlich der Aliner Kuppen verbergen! Du, Alrico, rennst zu den anderen Hirten und ihr treibt die Pferde von der Weide!
Ausnahmsweise dürft ihr sie heute auch einmal reiten. Versteckt sie in dem kleinen Tal in den Aliner Kuppen!"
"Ja Herrin!" nickte der Junge. "Aber ich heiße Cahusac - nicht Alrico!"
"Dann war das halt ein anderer, Du Schmutzfink - ist mir doch egal! Los, nimm die Beine in die Hand!" kreischte die Domnatella cholerisch und suchte hektisch nach ihrem Caldabreser, ohne ihn zu finden. Sie war schon halb auf dem Sprung zum Pferdestall und ihrem eigenen Reitpferd, als sie sah, daß Pepote immer noch unschlüssig herumstand. "Na was ist denn? Nimm Dein Maultier und reite ihnen entgegen,
wie ich es Dir befohlen habe!"
"Sehr wohl, Herrin!" verbeugte sich der dicke, schnauzbärtige Administrador, dem anzusehen war, daß er sich absolut nicht wohl in seiner Haut fühlte. "Aber was soll ich ihnen denn sagen, wenn sie den Junker oder
Euch zu sprechen wünschen oder gar Gastung und Quartier verlangen?"
"Lehne höflich bedauernd ab - Du sagst, das Gut sei zu klein und die Ernte zu schlecht gewesen, um derart viele Leute zu versorgen. Drohe ihnen notfalls mit Bestrafung durch die Reichsvogtin - was weiß ich... jedenfalls seien die Herrschaften im Krieg gegen die Wilden und Du weißt nicht, wann sie zurückkommen!" Ohne ein weiteres Wort der Erklärung holte die Junkerstochter ihre schwarz-weiß gescheckte Stute aus dem Stall und sprengte auf ihrem Rücken gen Norden davon.
"Wenn das mal gut geht!" zuckte Pepote resignierend die Achseln und warf mit reichlich mulmigem Gefühl die Satteldecke über sein Maultier.
„Da kommt wer!“ Wieder war es der Caballero Servando Cronbiegler, der als Erster den rasch näherkommenden Reiter auf der piniengesäumten Allee ausmachte. Dieser entpuppte sich alsbald als der korpulente Administrator des Gutes..
„Ich bedaure den edlen Doms mitteilen zu müssen…“, begann Pepote nach den üblichen Begrüßungsfloskeln eilfertig – und hielt inne, da einige der Neuankömmlinge ihre Rösser mitnichten gezügelt hatten, sondern unbeirrt weiter in gemächlichem Tempo die Straße hinab ritten.
„Aber Dom Hernán…“, rief der Caballero, der innegehalten hatte, dem Condottiere, der dies, gefolgt von Gualterio Colonna und Anzures Ballan nicht getan hatte, hinterher. So blieb ihm und Pepote nichts anderes übrig, als sich gleichfalls wieder in Bewegung zu setzen.
„Edle Doms, leider sind sowohl mein Herr, Dom Ordonyo di Alina, als auch seine Tochter, Domnatella Dulcinea, nicht zugegen, sondern streiten tapfer wider den Wilden“, verkündete er, nachdem er wieder halbwegs aufgeschlossen hatte. „Oh, und…“, fügte er hastig hinzu, nachdem er sich den Schweiß von Stirn und Schläfen gewischt hatte „…bedauerlicherweise können wir Euch kein Quartier anbieten. Wie die guten Doms erkennen können, ist Rigoroso nicht groß.“
„Wir sind nicht hier um Quartier zu nehmen“, erklärte ihm Hernán von Aranjuez ohne auch nur einen Seitenblick. „Wiewohl wir tatsächlich gehofft hatten, Dom Ordonyo hier womöglich anzutreffen. Sag, ist er allzu fern? Wann wird er zurück erwartet?“
„Ich bedaure, ich bedaure…“, neigte Pepote mehrfach das bloße Haupt „…doch haben die Herrschaften mir keinen Termin für ihre Rückkehr genannt, und ich weiß auch nicht, wohin sie geritten sind. Nun, gen Osten, aber weit, ja, gewiss, weit weg.“
„Wie…bedauerlich“, nickte der Condottiere, und ließ den Blick über das einige Hundert Schritt entfernte Junkergut schweifen, um dann scheinbar laut zu überlegen: „Vielleicht sollten wir doch die Gastfreundschaft Dom Ordonyos in Anspruch nehmen, und hier seiner Rückkehr harren...“
Die Augen des Verwalters weiteten sich voller Schrecken. „Aber…die Ernte, die Ernte war wirklich schlecht, Euer Wohl…hoch…geboren! Wir könnten eine solch große Zahl an Gästen keinesfalls adäquat versorgen!“
„Haben wir denn überhaupt die Zeit dafür, Dom Hernán?“, gab schließlich auch der junge Caballero vorsichtig zu bedenken.
„Ach ja, die Zeit“, lächelte der Baron und Junker schmal. „Dom Servando hat Recht, daran mangelt es uns. Würdest Du Deinem Herrn eine Nachricht übermitteln, sobald er zurück kehrt?“
„Aber gewiss, gewiss, Dom…Hernán.“
„Sag Deinem Herrn, dass Hernán von Aranjuez ihn sucht.“
Der Verwalter furchte die Stirn, und wischte sich einige weitere Schweißtropfen fort. „Mehr nicht, Herr?“
„Mehr nicht“, nickte der Condottiere. „Alles weitere werden wir selbst besorgen.“ Damit wendete er sein Ross halb, sodass er den nachfolgenden Zug überblicken konnte, und richtete sich in den Steigbügeln auf. „Plündert das Gutshaus, hernach brennt es zusammen mit der Mühle nieder! Legt Feuer in den Feldern und stecht das Vieh ab! Haut nieder, wer sich euch in den Weg stellt, aber schont die Fellachen! Ihre Behausungen und die Stallungen lasst unberührt, ebenso wie die Rösser. Man soll von einem Aranjuez nicht sprechen wie von einem gemeinen Pferdedieb“, kommandierte er ruhig. „Gualterio, Du nimmst Dir sechs unserer Leute, schwärmt gen Osten aus. Ich wünsche keine unliebsamen Überraschungen. Anzures, Du deckst uns mit dem Rest.“
Zwei Kreisbewegungen des erhobenen rechten Arms, und Augenblicke später zerstob die Kolonne, und zurück blieben vorerst nur der japsende Verwalter Pepote, der kreidebleiche Caballero Cronbiegler mit den Gräflichen, sowie Dom Thallian Damotil mit seinen Leuten.
Autor: Dom Thallian
Der Magus Rondago Aranjuez hatte den Wortwechsel seines Verwandten mit diesem erbärmlichen Jammerlappen von Verwalter mit locker übereinandergelegten Händen auf dem Sattel ohne Worte verfolgt, doch sprach aus seinen Augen offenkundige Verachtung für diesen heuchlerischen, verlogenen Wurm von einem Mann. Den Befehl des Baron das Gut zu plündern hatte er nur mit einer hochgezogenen Augenbraue quittiert und erst als es um sie etwas ruhiger geworden war, richtete er das Wort an Hernan. „Die hat es sich wohl mit Dir reichlich verscherzt, hmm?“ fragte er ,mehr rhetorisch als ernsthaft eine Antwort benötigend in dessen Richtung.
Sein Blick ruhte dabei kurz dem Condottiere bei dem ein feines Lächeln seine Lippen umspielte, aber viel interessanter schienen die Gräflichen für ihn zu sein, denn deren Reaktion auf das Geschehen beobachtete er aufmerksam. Dem Simancaner, seinem Schlagetot und seinem Bauerngesindel schenkte er indes keine nennenswerte Aufmerksamkeit, ihr Einfluss auf den weiteren Verlauf der Reise, so schätzte er, würde ohnehin eher bescheiden sein.
Dom Thallian hatte einen Augenblick gebraucht um zu realisieren, was hier so eben sich zugetragen hatte. Für einen Augenblick war aus seinem Gesicht, wie auch bei einigen anderen umstehenden, jede Farbe gewichen. Unter seinen Leute begann alsbald aufgeregtes Getuschel, während der Caballero seinen Protest am liebsten herausgebrüllt hätte nachdem das Blut zornig rot in seinen Kopf zurückgeschossen war. Der ruhende Pol in der kleinen Gruppe war indes Ferox, dessen kantiges, hartes und vernarbtes Gesicht keine Gefühlsregung jedweder Art zeigte. Als sein Caballero nach den Zügel griff um wohl im nächsten Augenblick voranzustürmen, streckte er seine Rechte aus und hielt diesen zurück. “Nicht…” begleitete er wortkarg seine Reaktion. Seine Hand fasste den Zügel des anderen Pferdes. “Lass…” presste der Thallian zornig aus den verbissenen aufeinander gepressten Kiefern hervor. “Nein.” Wiederholte der Söldner an seiner Seite erneut mit ruhigem aber bestimmten Ton. “Nicht jetzt und hier.” Er wandete seinen Blick vom Dom ab und visierte die Gruppe um Dom Hernan an um zu beobachten was dort vor sich ging.
Es kostete Thallian einiges an Selbstbeherrschung um seinen Zorn wieder zu bändigen und nicht wie vor wenigen Augenblicken noch beabsichtigt loszustürmen. Wieder einmal hatten ihn brodelnde Gefühle übermannt – eine Sache die ihn etwas was mit Sorge erfüllte, denn früher hatte er hiermit nicht zu kämpfen gehabt. Almada, seine neue Heimat, war das Land der Heißsporne und wie es ihm schien, schlug das Land in mehr und mehr in seinen Bann. Er holte tief Luft und atmete beherrscht aus. “Ist gut Ferox.” Wandete er sich an seine Begleiter, doch der hatte sich bereits von ihm abgewandt und verfolgte das Geschehen einige Schritt weiter bei den Aranjuezern. So schaute auch er herüber während er sich zugleich im Geiste zusammentrug was er alles über dieses Gut wusste. Sein Gedächtnis hatte ihn noch nie im Stich gelassen und so hatte er sich bald im Geiste zusammengetragen was ihm zu der Dominie zu Ohren gekommen war.
Seine Leute indes wurden aber unruhiger mit jedem Moment der verstrich. “Dom?!” wandete sich einer von ihnen an den Caballero. “Was sollen wir tun?” Thallian wandete sich ihm zu. “Nichts.” Erwiderte er und holte nochmal Luft. “Die Ferkinas sind unsere Feinde, nicht das eigene Land.” Er suchte den Blick zu seinem Dutzend Leute. “Wir sind keine Plünderer und Mordbrenner. Wir warten die Rückkehr des Castellans ab, dann sehen wir weiter.”
Autor: SteveT
Im Lager der Bân Gassârah am Krötensee (spätabends)
"Weg da! Platz! Schnell! Lasst mich durch!" brüllte der bartlose Krieger Ardavan iban Arthabas den Frauen, Wachen und grasenden Schafen und Ziegen zu, die ihm in die Quere kamen und im Weg standen, als er in halsbrecherischem Galopp mitten ins Zeltlager der Bân Gassârah hineingeritten kam. Mit schlitternden Hufen brachte er sein Roß vor dem großen Hauptfeuer zum Stehen, über dem sich eine ganze gehäutete Kuh auf einem Spieß drehte. Roß und Reiter waren klatschnass vor Schweiß. Aus einiger Entfernung waren auch die Rufe und der Hufschlag der Rösser von Faruch und Ussâm zu hören, die mittags mit ihm gemeinsam auf Beutezug ausgeritten waren.
"Was ist los, Sohn von Arthabas?" verstellte ihm der alte Stammeskrieger Zebuquad den Weg, der geradewegs auf das Zelt des Häuptlings zuzuführen schien. "Lass mich! Ich muss zum Shâr! Ich habe ihm wichtiges zu sagen!" wollte ihn der junge Krieger einfach achtlos beiseite schieben, aber Zebuquad hielt ihn an der Schulter fest - er meinte es nur gut mit dem Sohn seines Blutsbruders. "Du kannst jetzt nicht zum Shâr, junger Ardavan! Er ist mit seinen Weibern dort drin und isst und raucht - nur ein Lebensmüder würde es wagen, ihn zu stören!" "Glaube mir, weiser Zebuquad: Ich habe guten Grund ihn zu stören!" ließ sich der junge Krieger nicht beirren und lief einfach an der angepflockten Khoramsbestie am Zelteingang vorbei, die nach seinem Bein zu schnappen versuchte und schlug den ledernen Vorhang zurück, der den Eingang zur Jurte des Shârs verschloß.
Im Inneren des Zeltes brannte ein weiteres, kleineres Lagerfeuer, es roch nach verbranntem Ziegendung und auch nach gebratenem Fleisch - am meisten aber roch es Cherrizzka, dem Rauschkraut, das die Frauen des Shârs in einer langen beinernen Pfeife rauchten. Einen kurzen ungebührlichen Moment lang glotzte Ardavan mit großen Augen auf die nackten Brüste der vier Weiber des Shârs, die ihm auf ausgelegten Fellen rund um das Feuer herum quasi zu Füßen lagen. Während drei von ihnen rauchten und ihn mit einer Mischung aus Neugier und Feindseligkeit betrachteten, kniete die vierte von ihnen - die Schönste nach Ardavans Geschmack - neben dem Felllager des Häuptlings und schob ihrem Gebieter kleine Bissen gebratenen Hühnerfleischs in den Mund, der sich von ihr genießerisch füttern ließ. Der Shâr selbst war - auch nackt bis auf einen Lendenschurz - immer wieder eine beeindruckende Erscheinung. Unzählige Ritalnarben und die Wunden vieler Kämpfe zierten seinen glänzenden, eingeölten Körper - kein anderer Krieger im ganzen Stamm war so groß und hatte solche Muskeln wie Yistarrech iban Akbar - der vom Nuranshâr Mharbal erwählte Kriegshäuptling der Bân Gassârah. Seine Stimme erinnerte Ardavan immer an grollenden Donner oder an das Schnaufen eines gereizten Kampfstieres und so stellten sich seine Nackenhaare auf, als ihn der Shâr mit finsterer Miene anblickte und donnerte: "Was willst Du Wurm?"
Ardavan ließ sich auf die Knie niederfallen und verbeugte sich mit abgespreizten Armen bis zum Boden, dasselbe tat auch Zebuquad, der tapfere alte Zebuquad, der mit ihm ins Zelt des Häuptlings eingetreten war. "Vergebung, großmächtiger Shâr! Ich bitte um Vergebung für den jungen Ardavan iban Arthabas, dem einzig die Unbeherrschtheit der Jugend törichte Gedanken schenkt und die seine Füße manchmal in die falsche Richtung laufen lässt." flehte der alte Gefährte seines Vaters für ihn. "Ardavan iban Arthabas?" widerholte der Shâr mißtrauisch. "Bist Du ein Sohn von Arthabas dem Bärentöter?" "Ja, großmächtiger Shâr!" nickte Ardavan stolz. "Und ich bringe wichtige Kunde aus dem steinernen Lager der Blasshäute." Der Shâr zog zweifelnd eine Augenbraue in die Höhe und ließ sich von seiner Frau einen weiteren Bissen in den Mund schieben, ehe er herablassend mit vollem Mund antwortete: "Dein Vater war ein großer Krieger, der die Köpfe vieler Bâni Khadr und unzähliger Blasshäute heimbrachte. Also sprich, Sohn von Arthabas dem Bärentöter - aber wage es nicht, mich zu langweiligen oder ich zerquetsche Dich wie eine Laus!" Demonstrativ pickte er einen der Blutsauger aus dem Fell, auf dem er saß und schnippte ihn halbzerquetscht gegen Ardavans Brust, der ihn einfach an sich abprallen und zu Boden fallen ließ, ohne dabei mit der Wimper zu zucken.
Ardavan räusperte sich, während sich Zebuquad unter einer weiteren Verbeugung wieder aus der Jurte zurückzog. Den vier Frauen des Shârs war anzusehen, daß sie auf Ardavans Anwesenheit im Zelt nicht sonderlich viel Wert legten. Aber er ließ sich davon nicht beirren und begann zu erzählen: "Als die Sonnenscheibe hoch wie ein fliegender Falke über der Ebene stand, da bestiegen Faruch, der Sohn von Jellal dem Geistertänzer, Ussâm der Sohn von Narrzul dem Schakaljäger, und ich unsere Rösser, die so schnell laufen können wie der Wind, der durch die Schluchten heult, mit Hufen so heiß wie das Feuergestein des Djer Ragaz. Auch hatten wir Waffen dabei - Bögen und Pfeile, so tödlich wie das Gift der Klapperschlange, und Messer, so scharf, daß sich selbst der Regen daran verletzte, der bald nach unserem Aufbruch niederzuprasseln zu begann. Wir aber ritten durch die Steppe, gierig wie ausgehungerte Löwen, gierig nach dem Blut unserer Feinde..."
"GENUG!" schnitt ihm der Shâr das Wort ab und erhob sich von seinem Lager. "Jetzt langweilst Du mich ja doch, Du Wurm! Wenn ich Heldengeschichten hören will, so frage ich den Nuranshâr, denn er erfährt sie von unseren Ahnen, die sie selbst erlebten! Du aber, sag mir nur kurz, was Du zu sagen hast, sonst ist die Nacht vorbei, bis Du mir auch noch die Fellfarbe eurer Rösser beschrieben hast!" Ardavan begann zu zittern: "Äh, Feuer - großmächtiger Shâr! Wir sahen Feuer!" "Feuer?" widerholte der Häuptling unwirsch. "Was für Feuer?" "Das Steinlager der Blasshäute im Westen von hier - es brennt, großmächtiger Shâr!" Die Augen von Yistarrech iban Akbar verengten sich zu Schlitzen: "Die Bâni Khadr? Diese Kinder von Feigheit und Schande, die keine Ehre haben und nichts als Tod und Qual verdient haben?" Der Sohn des Bärentöters nickte verächtlich und zuckte dabei mit den Achseln: "Die Blasshäute werden ihr Lager nicht selbst angesteckt haben..." "Das weiß ich selbst, Du Hund!" beschimpfte ihn der Häuptling und kam drohend einen Schritt auf Ardavan zu, der sofort selbst einen Schritt zurücktrat, "Damals bei der Turmstadt der Flachländer im Norden sind sie uns zuvorgekommen und haben reiche Beute gemacht. Aber diesmal sind wir ihnen um das Dreifache überlegen! Selbst wenn die Khadr schon Beute gemacht haben, werden wir sie ihnen wieder abnehmen!" "Aber das Land, großmächtiger Shâr" schüttelte Ardavan den Kopf, "es ist flach wie ein Fladenbrot und viel zu offen! Sie können uns schon sehen, wenn wir noch klein wie Ameisen sind am Horizont. Sie werden fliehen, wenn sie unsere Übermacht kommen sehen!" "Sie werden uns nicht kommen sehen!" schüttelte nun der Shâr seinerseits den Kopf. "Denn wir reiten jetzt gleich und kommen in der Nacht! Sie werden denken, Geister fallen über sie her - so schnell und leise werden wir sie aus der Dunkelheit angreifen! Wieviel Feinden hast Du bereits den Kopf genommen, Sohn von Arthabas dem Bärentöter?" Ardavan errötete. "Hm, ja - da muß ich erst einmal überlegen....." "Also noch keinem!" schlußfolgerte der Shâr messerscharf. "Aber Deine Zeit und die der anderen jungen Krieger ist gekommen - heute Nacht! Für jeden Kopf eines Feindes, den Du aus der Schlacht mitbringst, schenke ich Dir ein Weib! Keiner soll sagen, daß Yistarrech der Große nicht großzügig ist! Und jetzt lauf zu Kirad, er soll die Trommel schlagen! Alle Krieger sollen aufsitzen! Wir greifen an!"
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