Chronik.Ereignis1045 Die einsame Rose von Culming 19: Unterschied zwischen den Versionen

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„Nein nein, Domna [[Usanza da Selaque von Culming|Usanza]], es ist ganz sicher nur die Erschöpfung durch die Reise und all die neuen Eindrücke. Ihr braucht meinetwegen nicht auf den Ausflug verzichten, es ist doch alles vorbereitet. Ich werde ein wenig ruhen, das ist bestimmt alles, was ich brauche. Soll ich jemanden aus dem Gefolge bitten, Euch und meinen [[Tariano Al'Morsqueta|Bruder]] zu begleiten? Oder haltet Ihr das bei solch einem kurzen Ausritt für nicht notwendig?“ Innerlich betete Domnatella [[Sarkyoza Al'Morsqueta|Sarkyoza]] inständig darum, dass sie mit ihrer vorgetäuschten Schwäche nicht übertrieben hatte.  
„Nein nein, Domna [[Usanza da Selaque von Culming|Usanza]], es ist ganz sicher nur die Erschöpfung durch die Reise und all die neuen Eindrücke. Ihr braucht meinetwegen nicht auf den Ausflug verzichten, es ist doch alles vorbereitet. Ich werde ein wenig ruhen, das ist bestimmt alles, was ich brauche. Soll ich jemanden aus dem Gefolge bitten, Euch und meinen [[Tariano Al'Morsqueta|Bruder]] zu begleiten? Oder haltet Ihr das bei solch einem kurzen Ausritt für nicht notwendig?“ Innerlich betete Domnatella [[Sarkyoza Al'Morsqueta|Sarkyoza]] inständig darum, dass sie mit ihrer vorgetäuschten Schwäche nicht übertrieben hatte.  

Version vom 19. November 2024, 07:25 Uhr

Autoren: BBB, Eliane

Seebad Sewamund, in einer Suite des Seehotels, im Travia 1045 BF

„Nein nein, Domna Usanza, es ist ganz sicher nur die Erschöpfung durch die Reise und all die neuen Eindrücke. Ihr braucht meinetwegen nicht auf den Ausflug verzichten, es ist doch alles vorbereitet. Ich werde ein wenig ruhen, das ist bestimmt alles, was ich brauche. Soll ich jemanden aus dem Gefolge bitten, Euch und meinen Bruder zu begleiten? Oder haltet Ihr das bei solch einem kurzen Ausritt für nicht notwendig?“ Innerlich betete Domnatella Sarkyoza inständig darum, dass sie mit ihrer vorgetäuschten Schwäche nicht übertrieben hatte.

Ehrlich besorgt strich Usanza ihr mit der flachen Hand über Stirn und Wange, zum Teil aus Fürsorge und Warmherzigkeit, zum Teil um sich nochmals zu vergewissern, dass ihrem Schützling auch wirklich nichts fehlte. “Seid Ihr ganz sicher? Ich könnte es mir nie verzeihen, Euch allein zurückgelassen zu haben, wenn es Euch nicht gut geht.”

„Ja, ich bin sicher, ein wenig Ruhe wird Wunder wirken. Und sonst ist ja auch Personal da, das sich bis zu Eurer Rückkehr kümmern kann. Wenn es Euch lieber ist, kann ich zur Sicherheit noch die Expertise meines Bruders einholen.“

Man sah Usanza an, dass sie hin- und hergerissen war. Einerseits freute sie sich sehr auf die gemeinsame Zeit, auf den Ausritt mit Dom Tariano. Ihr Herz machte einen kleinen Freudensprung, allein bei dem Gedanken daran. Andererseits wollte sie ihre Freundin auf keinen Fall allein lassen und würde sich nie verzeihen, sollte es ihr schlechter gehen.

Einen Moment lang rang sie sichtlich mit sich, setzte mehrfach an, etwas zu sagen, ehe sich schließlich die Vorfreude durchsetzte. “Also gut, wenn Dom Tariano noch einmal einen Blick auf Euch wirft und Ihr ganz sicher seid, dass es Euch nur an etwas Ruhe mangelt… dann will ich Euch diese selbstverständlich nicht vorenthalten. Aber ich werde gleich nach Euch sehen, sobald wir zurück sind, in Ordnung?”

„In Ordnung.“, nickte Domnatella Sarkyoza erleichtert.


Derweil versicherte sich seine Gnaden Dom Tariano, dass alles bereit für den abendlichen Ausflug war. Sein eigene Rappe begrüßte ihn freudig. Ein zahmer, blendendweißer Wallach für Domnatella Usanza stand herausgeputzt bereit.


Schon zu Beginn der Reise hatte er mit leichtem Bedauern festgestellt, dass seine entzückende Begleitung keine besonders leidenschaftliche Reiterin war. Die daher notwendige Kutsche hatte die Reise zwar erfreulich verlangsamt, und sich als recht praktisch für die Unterbringung des Gepäcks zweier Damen erwiesen. Allerdings musste er zugeben, dass Domnatella Usanzas Gesellschaft das Einzige war, was ihn im Innern der Gefährts hielt. So das Wetter Reisen mit offenem Verdeck erlaubte, hatte er bevorzugt vom Rücken seines Rappens Gesellschaft geleistet. Selbst seine Schwester Sarkyoza schien Mühe gehabt zu haben, längere Zeit still in der Kutsche sitzend zu verbringen. Es musste mit der im Blut der Al'Morsqueta liegenden Begeisterung für das Reiten und Pferde im Allgemeinen zu tun haben. Hin und hergerissen zwischen ihrer Verehrung Domnatella Usanzas und dem Drang zu Reiten hatte Sarkyoza die Reisetage sicherlich weniger genossen als er. Dafür war sie in Vinsalt voll auf ihre Kosten gekommen, während er mit mühsam arrangierten dienstlichen Verpflichtungen immerhin einigen der kulturellen Soirées und ausufernden Ausflüge zum Einkaufen entkommen war, welche die beiden Domnatellas mit geradezu magischen Fähigkeiten innerhalb kürzester Zeit arrangiert hatten.

Der Besuch der Oper zu Vinsalt war, wie von Dom Tariano erhofft, in jeder Hinsicht ein voller Erfolg gewesen. In Bezug auf seine Schwester Sarkyoza, der er als Trost, unerwartet in der Erbfolge zurückgefallen zu sein, etwas besonderes zum Tsatag hatte schenken wollen. In Bezug auf Domnatella Usanza, der er eine Freude hatte machen, etwas Unvergessliches hatte zeigen wollen. Und in Bezug auf sich selbst, hatte er sich doch über seine Absichten gegenüber der Domnatella klar werden wollen, deren Liebreiz und stürmische Unbedarftheit ihn seit ihrem ersten Treffen in ihren Bann gezogen hatten.

Noch am Abend der Vorstellung hatte er seinen Entschluss gefasst, seine Soberana von seinen Absichten unterrichtet und überlegt, welcher Rahmen geeignet sein mochte, sich der Domnatella zu erklären. Die Erinnerung an die Schwärmereien seines alten Freundes Dom Travinus hatte ihn darauf gebracht, seiner Begleiterin das Meer zu zeigen. Und das mondäne Seebad zu Sewamundhatte sich als gute Entscheidung erwiesen. Näher als Belhanka, weniger verfänglich, sollte die Domnatella ihn auslachen. Gleichzeitig intimer, mit geschmackvollem Luxus, und weniger weit von Vinsalt entfernt.

Dank Dom Travinus Verbindungen war es leicht gewesen, die notwendigen Arrangements zu treffen. Die beste Suite des Hauses, mit Blick auf das Meer der Sieben Winde. Die Ankunft am gestrigen Abend, nach Einbruch der Dunkelheit, so dass das Seehotel als leuchtendes, strahlend weißes, etwas geheimnisvolles Ziel ihrer Reise vor ihnen in den sanften Dünen gelegen hatte. Die Zimmer waren alles, was Dom Travinus versprochen hatte, das Dinée war erlesen gewesen, das Personal erstklassig ausgebildet.


Heute hatten er die Domnatella zum Strand geführt, war Zeuge ihres Staunens und ihrer Begeisterung. Und jetzt, kurz vor Sonnenuntergang, stand er so nah vor dem Ziel dieses Ausfluges.

Hinter Dom Tariano erklangen Schritte. Er drehte sich um. Domnatella Usanza schwebte in seinem heutigen Geschenk auf ihn zu. Er ermahnte sich, nicht zu starren, sondern verbeugte sich dabei formvollendet. „Domnatella, Ihr findet mich sprachlos.“


Als Usanza die Stufen vom Seehotel herunter schritt, erwartete sie seine Gnaden Tariano bereits. Er trug kein Ornat, nur eine Brosche mit den Ähren der Herrin Peraine aus Gold und Smaragd zierte sein Wams nach neuster Mode. Mit der für ihn so typischen eleganten Lässigkeit verbeugte er sich, zog den Caldabreser, begrüßte sie.


Usanza, ein leicht schüchternes, aber deutlich erkennbares und freudiges Lächeln auf den Lippen, senkte kurz den Blick, knickste, sah sich dann verstohlen nach allen Richtungen um. Einen kurzen Moment lang biss sie zögerlich auf ihre Unterlippe, dann hauchte sie leise: “Dom Tariano, Ihr beschämt mich. Nie zuvor habe ich ein so wundervolles Geschenk bekommen. Wie kann ich das je vergelten? Ich danke Euch!”

„Euer Lächeln und Eure Gesellschaft sind mir Vergeltung genug, Domnatella. Ich freue mich, wenn ich Euch eine kleine Freude gemacht habe. Ihr erlaubt?“ Galant machte er Anstalten, ihr auf den Schimmel zu helfen und sie in den Damensattel zu heben. Usanzas Herz machte einen Freudensprung, sie sagte jedoch nichts und ließ sich bereitwillig helfen.


Als sie im Sattel Platz genommen hatte, schaute sie auf Dom Tariano herunter. “Habt Dank”, sagte sie leise, ergriff dann die Zügel. “Ich bin so gespannt auf unseren Ausflug. Auf das mysteriöse Ziel, das Ihr angedeutet habt. Wird es ein weiter Ritt?” „Nein, nur ein kleiner Spazierritt, Domnatella. ein Stückchen die Küste entlang. Ich möchte Euch etwas zeigen.“, lächelte Dom Tariano zu ihr hoch, dann schwang er sich mühelos auf sein eigenes Pferd.


Er lenkte seinen Rappen die Zufahrt des Seehotels entlang, bog dann aber auf einen schmalen Pfad zwischen die Dünen ab. Wenig später öffnete sich der Pfad etwas und er ließ sich zurück neben Domnatella Usanza fallen. „Es ist Euer erster Besuch am Meer, nicht wahr, Domnatella?“ “So ist es”, bestätigte Usanza, selbst schon ganz aufgeregt. „Dann hoffe ich sehr, Euch wird gefallen, was Ihr gleich seht.“


Keine zwei Atemzüge später folgten sie einem letzten Bogen des Pfades. Dann erstreckte sich vor ihnen ein weiter, heller, feiner Sandstrand. Dort, wo die sich mit einem leisen Rauschen brechenden Wellen das Ufer erreichten, war der Sand etwas dunkler, makellos glatt, gesäumt von einem Band kleiner Muscheln. Die Meeresoberfläche schimmerte und blitzte im Licht des Praiosmales, immer in sanfter, beruhigender Bewegung. Usanza wären beinahe die Zügel aus den Fingern gefallen, so sehr überraschte sie der Anblick. Den Göttern sei Dank hatte Tariano ihr ein sehr folgsames und ruhiges Pferd organisiert - ein ungestümeres Biest hätte wahrscheinlich die Gelegenheit genutzt, ein paar Sätze nach vorn zu machen. So blieb das Pferd schlicht stehen und gewährte Usanza einen guten Blick auf die Weiten des Meeres.

Für einen Augenblick oder zwei saß sie dort, die Augen auf die weite, blau und grün schimmernde Fläche fixiert, ehe sie ihre Sprache wiederfand. “Das… das ist atemberaubend, Dom Tariano. Wahrhaft atemberaubend!”


Dom Tariano hatte seine Begleiterin beobachtet. Ihre Reaktion ließ ihn zufriedene lächeln. „Es freut mich sehr, dass Euch dieser Anblick gefällt, Domnatella Usanza. Das lässt mich weniger bangen, dass Euch auch unser eigentliches Ziel zusagt.“ “Oh”, entfuhr es Usanza unverhofft. “Da ist noch… mehr?” In ihrer Stimme schwang klar hörbar ungläubige Vorfreude mit. Nicht zum ersten Mal übten ihre Offenheit, reizende Naivität und Natürlichkeit in Kombination mit ihrer Eleganz und vollendeten Beherrschung der Cortezza unwiderstehliche Anziehung auf den Geweihten aus.


Er ließ Domnatella Usanza noch einige Augenblicke, dann lenkte er sein Pferd gen Firun, den Strand entlang. „Es ist nicht weit. Am bequemsten ist es, wenn Ihr Euch auf dem dunklen Sand oder den Muscheln haltet. Doch sollte Euch nach etwas Verwegenheit sein, so rate ich zum Ritt im flachen Wasser, zumindest in den auslaufenden Wellen. Es mag sein, dass der Saum Eures Kleides etwas feucht wird, aber das Gefühl durch die Brandung zu preschen ist unbeschreiblich.“ Nur zu gut erinnerte er sich noch an einen aufregenden Ausritt durch deutlich stärkere, vom Sturm gepeitschte Brandung. Gut, dass sich das Reich des Herrn Efferd heute so sanft und freundlich zeigte.

Usanzas schaute noch immer zwischen dem Strand, dem Wasser, dem Horizont und ihrem Begleiter hin und her. Mit der ehrlichen Neugier eines Kleinkindes sog sie all die neuen Eindrücke auf, das Gesicht strahlend vor Freude. Schließlich fasste sie etwas Mut.

Erst zögerlich, dann immer bestimmter, lenkte sie ihr Pferd über den Strand hin zur Brandung und schließlich ins flache Wasser. Ihr Pferd beschleunigte etwas. Nach einem weiteren Augenblick des Zögerns schloss sie die Augen, legte ihren Kopf in den Nacken, streckte einen Arm weit von sich, als wollte sie ganz Dere umarmen. Drei, vier Sätze des Pferdes verharrte sie so, um schließlich einen lauten Freudenschrei von sich zu geben.

Dom Tariano folgte ihr, betrachtete sie entzückt. Ein kurzen Moment kam er sich albern vor, er war schließlich ein erwachsener Mann, ein Diener Peraines. Andererseits hatte er die Lehren Ihrer Schönen Schwester nicht vergessen. Und Domnatella Usanza weckte noch andere, neue Gefühle und Gedanken in ihm. Nicht nur die unverfälschte Begeisterung seines Gastes war herzerfrischend und mitreißend.


Da richtete sie sich wieder auf, vor Glück strahlend, und rief über das Rauschen der Brandung und das Platschen der Hufe hinweg: “Das ist ja Wahnsinn! Wieso haben wir das nicht schon viel früher gemacht?” Lächelnd trieb er sein Pferd an, ließ sich neben sie fallen. „Weil Euer Reittier erst am Nachmittag zur Verfügung stand, und das Licht um diese Zeit schöner ist. Wir können so lange bleiben, so weit reiten, wie Ihr wünscht.“ Und danach würde er den Rückweg mit ihr genießen dürfen. Vorfreude stieg in Dom Tariano auf.

Etwas außer Atem, aber noch immer vollkommen euphorisch entgegnete Usanza: “Das war mehr eine rhetorische Frage… Ich bin nur überrascht, dass ich das noch nie zuvor getan habe.” Sie schaute Dom Tariano neben sich tief in die Augen. “Danke!” Dann beschleunigte sie ihr Pferd, kichernd wie ein junges Mädchen. “So langsam fange ich an, Eure Liebe für Pferde zu verstehen!”

„Ah, es freut mich sehr, dass Ihr Vergnügen an diesem Ausflug findet, Domnatella. Und es würde mich sehr freuen, meine Leidenschaft mit Euch zu teilen. Man sagt, ich sei ein guter Reiter.” Er biss sich auf die Zunge, als ihm bewusst wurde, dass seine Worte missverstanden werden konnten. Ein Grinsen huschte über Usanzas Gesicht, sie sagte aber nichts. „Die Liebe zu Geschöpfen der Schönen Göttin… also… zu rassigen Pferden, liegt meiner Familia im Blut.” Ihr Grinsen wurde breiter. Dom Tariano stellte fest, dass es nicht besser wurde. Mühsam versuchte er, dezent das Thema zu wechseln, bevor er in einem Fettnäpfchen ausrutschte. Er wollte auf keinen Fall den Ausflug vorzeitig beenden, weil er seine so wohlerzogene Begleiterin mit einem unangemessenen Kommentar vor den Kopf stieß.

Er beschleunigte noch ein wenig, achtete aber darauf, seinem Rappen nicht völlig freie Hand zu lassen, da er Domnatella Usanzas Reitkünste noch nicht sicher einschätzen konnte, und Damensättel allgemein nicht den Halt boten, den ein ausuferndes Wettrennen erfordern mochte. Seite an Seite jagten sie eine Zeit durch das spritzende Wasser den Strand entlang, bis die Pferde von ganz allein langsamer wurden.


Wenig später waren die beiden Almadaner, in eine sehr angeregte Konversation vertieft, der Küste ein Stück gefolgt und schließlich auf Dom Tarianos Intervention hin umgekehrt. Der Nachmittag war zum frühen Abend geworden und das Licht des Praiosmal überzog Meer und Strand inzwischen mit einem goldenen Schimmer. „Wir sind beinahe zurück am Ziel, Domnatella Usanza. Bringt Ihr mir genug Vertrauen entgegen, um Euch der Überraschung mit verbundenen Augen zu stellen? Ihr habt mein Wort, dass ich es nicht ausnutzen werde.“ Für einen kurzen Augenblick huschte ein schelmisches Grinsen über ihre Züge, dann schloss sie die Augen, machte sich groß und hob leicht das Kinn… ohne etwas zu sagen.

Dom Tariano verfluchte sich innerlich für sein voreiliges Versprechen. Denn der Wunsch, Domna Usanza mit seiner Hand sanft über die zarte Wange zu streichen, ihren perfekten Mund zu küssen, war beinahe übermächtig. Mit einem kaum hörbaren, sehnsüchtigen Seufzer nahm er sein Seidentaschentuch, verband ihr vorsichtig die Augen. Erlaubte sich, ihr Haar einen winzigen Moment länger als unbedingt notwendig an seinen Fingern zu spüren. Für einen kurzen Moment glaubte er tatsächlich, auch auf Usanzas Gesicht etwas Enttäuschung zu sehen - aber vielleicht bildete er sich diese nur ein, denn sie war schnell verschwunden. “Ich bin sehr gespannt”, flüsterte Usanza erwartungsvoll.


Dom Tariano nahm ihr vorsichtig die Zügel aus der Hand, lenkte die beiden Tiere in die Einbuchtung zwischen den Dünen, die den Blick gen Efferd auf das Meer erlaubte. Dort hielt er an, stieg ab. Er trat zu seiner Begleiterin. Sein Herz schlug ihm bis zum Hals. „Erlaubt, dass ich Euch vom Pferd helfe.“ Sanft legte er ihre Hände auf seine Schultern. Dann griff er ihre Taille und hob sie aus dem Sattel. Mühsam unterdrückte er den angenehmen Schauer, der ihn bei der Berührung durchfuhr. Er spürte, wie sie für einen Augenblick am ganzen Körper zitterte - vor Aufregung oder wegen fehlender Körperspannung war nicht sicher auszumachen. Dom Tariano ließ Domna Usanza sanft vor sich zu Boden, vielleicht ein wenig näher an sich, als er es in Gesellschaft getan hätte. Er löste das Tuch vor ihren Augen, genoss die Seidigkeit ihres goldblonden Haares. Sie ließ ihre Hände von seinen Schultern auf seine Brust gleiten, verharrte kurz.

“Domnatella Usanza, würdet Ihr mir die Ehre und das Vergnügen Eurer Gesellschaft bei einem privaten Dinnée erweisen?“ Dom Tarianos Stimme war ein wenig rauer als vorher, Domnatella konnte spüren, dass sein Atem sich beschleunigt hatte. “Das Vergnügen wäre ganz meines”, lächelte sie.

Als sie ihre Augen öffnete, fand sie sich in einer kleinen Ausbuchtung zwischen den grasbewachsenen Dünen wieder. Vor ihr stand ein mit luftigen Stoffbahnen und üppigen, von Rosen durchsetzten Blumenarrangements dekorierter Pavillon aus filigranen, schmiedeeisernen Ornamenten. Darin warteten zwei zierliche Stühle an einem elegant eingedeckten Tisch. Usanza staunte unverhohlen ob des Aufwands, den Tariano auf sich genommen hatte.

Dieser bot ihr den Arm. „Wenn Ihr erlaubt?“

Galant führte er sie zum Tisch, rückte ihr den Stuhl zurecht. Anschließend setzte er sich selbst, reichte ihr einen langstieligen Pokal aus feinem Glas, in feine Luftperlen in hellem Bosparanjer aufstiegen. „Auf einen einen unvergesslichen Anblick, einen wundervollen Abend am Meer.“


Als sie anstießen, erklangen irgendwo hinter ihnen leise Klänge eines Streichers. Vor ihnen senkte sich die riesige Scheibe des Praiosmals dem Horizont zu. Tauchte das Meer ins Rot- und Goldtöne, bis Wasser und Himmel förmlich zu brennen schienen. „Das ist es, was ich Euch zeigen wollte.“, erklärte Dom Tariano leise, das Profil seiner Begleiterin versonnen musternd, sehr nah bei ihr sitzend. Seine Hand ruhte so dicht neben ihrem Arm, dass er die Wärme spüren konnte, die sie ausstrahlte.

Es dauerte eine Weile, bis sie ihre Sprache wiederfand. “Ihr… Ihr habt Euch selbst übertroffen, Dom Tariano. Es ist wundervoll, einfach wundervoll. Das Meer, der Ausritt, die Aussicht, die Musik, die Dämmerung… es ist so wunderschön. Ihr seid… einfach wundervoll!” Überwältigt von ihren Emotionen, von der Freude, die sie empfand, fiel es ihr sichtbar und zunehmend schwerer, sich zu beherrschen. Eine kleine Träne der Rührung und Freude schimmerte in ihren Augen, doch mit einem schnellen Augenaufschlag vertrieb sie sie. “Noch nie hat jemand etwas so Schönes für mich getan”, flüsterte sie leise.


„Wie dumm von allen anderen. Was könnte schöner sein, als Euch vor Glück und Freude strahlen zu sehen. Der beste Grund, ein wenig Mühe in eine Überraschung für Euch zu stecken.“ Er streckte seine Hand nach ihrer aus, zögerte aber im letzten Moment doch, so dass es bei einer federleichten Berührung blieb. „Was wünscht Ihr Euch für Eure Zukunft? Wie sehen Eure Pläne aus?”

Ein sanftes Kribbeln durchzog Usanzas Hand, als sie die leichte Berührung spürte - nicht störend, sondern angenehm und… verlockend. Unwillkürlich zog Usanza scharf Luft ein. In ihrem Kopf drehte sich alles, es fiel ihr schwer, einen klaren Gedanken zu fassen. Und doch war da etwas, sehr deutlich und bewusst, wenn auch kein klarer Gedanke, mehr ein Gefühl, ein Verlangen gar. Das Verlangen nach mehr.

Ihr Blick wanderte über die freundlichen und sanften Züge ihres Gegenübers, während sie versuchte, eine Antwort zu finden, die akzeptabel erschien. Nicht langweilig oder dröge, aber auch nicht zu direkt, nicht abschreckend. Gedankenverloren spielte sie mit einer Strähne ihres Haares, senkte dann etwas beschämt den Blick. “Ich weiß es nicht so genau”, sagte sie schließlich. “Ich habe keine konkreten Pläne oder Vorstellungen. Ich wünsche mir nur, was sich jeder wünscht, glaube ich. Ein Heim. Eine Familie. Ein glückliches, friedliches Leben im Kreise meiner Liebsten.” Sie sah auf, Tariano in die Augen. “Ihr müsst mich für schrecklich langweilig halten”, seufzte sie enttäuscht.


Dom Tariano erwiderte ihren Blick. „Ich halte Euch für vieles, aber auf keinen Fall für langweilig. Ihr seid voller Leben, schaut voller Begeisterung und Erstaunen auf Dinge. Seid warmherzig, großzügig. Euer Liebreiz, Eure Eleganz sind betörend. Eure Gesellschaft ist kurzweilig, jedes Wort einer Konversation mit Euch ist ein Vergnügen. Gesellschaften, die Feinheiten der Cortezza sind Euer Element, und doch habt Ihr Euch eine unglaubliche Wärme und Natürlichkeit bewahrt. Nein, Ihr seid nicht langweilig, ebenso wenig wie Euer Wunsch.” Er lächelte sie mit einer Mischung aus jungenhaftem Charme und einem Hauch Verlegenheit ob seines Gefühlsausbruchs an. „Verzeiht, wenn es klingt, als wolle ich Euch mit Übertreibungen schmeicheln. Es ist schlicht die Wahrheit.”


Einen Moment schien er etwas sagen zu wollen, zögerte jedoch. Dann traf er seine Entscheidung. Er griff nach ihrer Hand, nahm sie vorsichtig in seine. „Domnatella Usanza, Ihr habt mich in Euren Bann geschlagen. Dieser Abend, die Oper, die Verlängerung der Reise - all das hatte nur ein Ziel: Zeuge Eures Staunens zu werden, Eurer Begeisterung, Euch eine Freude zu machen. Obwohl, nein, das ist nicht die ganze Wahrheit. Heute Abend hatte auch zum Ziel, dass ich mir sicher sein wollte, das größte Wagnis meines Lebens eingehen zu wollen. Und ich bin mir sicher, dass ich mir nie verzeihen würde, täte ich es nicht.”


Er erhob sich, so dass Domnatella Usanza sich ein wenig drehen musste, um ihn anzusehen. Noch immer ihre Hand in der seinen, sank er auf ein Knie. Sah ihr tief in die Augen. „Domnatella. Usanza. Ich bin mir bewusst, dass ich zweifellos nur einer unter vielen bin, Ihr sicher zahllose Verehrer habt, die Euch mehr bieten können. Ich weiß, dass ich zu alt für so ein lebensfrohes, liebreizendes, jugendliches Geschöpf wie Euch bin. Ich kann nicht leugnen, dass ich wenig zu offerieren habe. Ich habe kein Land, ich werde keinen Titel erben, ich habe keine üppigen Einkünfte. Dies hier,”, er machte eine Geste in die Umgebung, gen Seebad. „ist nichts, was ich mir täglich leisten kann. Dazu habe ich Verpflichtungen durch meine Berufung, die mich binden. Und trotzdem werde ich es wagen, denn es nicht zu tun, würde ich bis ans Ende meiner Tage bereuen.”

„Usanza, könntet Ihr Euch vorstellen, mir Eure Gunst zu schenken? Die Meine zu werden? Ich würde Euch das wenige, was ich zu bieten habe, zu Füßen legen: mein Herz, meine Ehre, meine Liebe, meinen Namen, ein Heim, eine Familie, ein einfaches, gemeinsames, glückliches Leben.” Er schluckte, sichtlich um ihre Antwort bangend. Dann ergänzte er mit seinem ein wenig schiefen, charmanten Lächeln, das ihn immer so jugendlich wirken ließ: „Und Reisen, wenn es Euch danach verlangt. Neue Orte, neue Eindrücke, neue Erlebnisse, die bekanntesten Bühnen Aventuriens. Denn ich bin in der glücklichen Lage, dass meine Berufung mich an viele Orte verschlägt, und es wäre mir ein Vergnügen, diese mit Euch zu erkunden. Schließlich ist der ursprüngliche Anlass für diese Reise auch dienstlicher Natur gewesen. Es wäre mir eine Freude, Verpflichtung und Vergnügen auch in der Zukunft auf so angenehme Weise zu verbinden.”

“Oh Tariano!”, entfuhr es Usanza. Sie sank zu ihm auf die Knie, fiel ihm ungestüm um den Hals und die Arme hinter seinem Kopf verschränkt, küsste sie ihn auf den Mund, wieder und wieder und wieder, so schwungvoll, dass beide lachend zu Boden sanken.

“Natürlich will ich!”, entfuhr es ihr laut und überschwänglich, nachdem sie auf ihm zu liegen gekommen war, “ich will, ich will, ich will und ich hatte schon befürchtet, du würdest niemals fragen!” Wieder küsste sie ihn, doch diesmal nicht überschwänglich und in kindlicher Freude, sondern mit aller Leidenschaft, zu der sie fähig war, zärtlich und lustvoll zugleich. Als der Kuss endete, nahm sie ihren Kopf nur einen halben Finger breit hoch, gerade genug, um Tariano in die Augen sehen zu können. “Ich will auf ewig die Deine sein und dich als den Meinen haben. Bei den Göttern, es gibt nichts, was ich mir sehnlicher wünschte.”

Dom Tariano zog sie zurück zu sich in einen langen, leidenschaftlichen Kuss. Als er sich schließlich löste, lächelte er sie glücklich, ein wenig verschmitzt an. „Du hast diesen Abend perfekt gemacht. Und dafür habe ich nicht mal den Ring gebraucht.“ Er befreite eine Hand, nestelte in seiner Tasche, zog einen schmalen Goldreif mit einer kleinen Blüte aus grünen Edelsteinen hervor. „Die letzte Reserve, der Ring, mit dem mein Vater um meine Mutter gefreit hat. Auch wenn er nicht nötig war, ich möchte, dass du ihn trägst.“ Er passte wie angegossen. Tariano zog seine Braut zurück im eine weitere, leidenschaftliche Umarmung.


Seehotel Sewamund, weit nach Mitternacht

Irgendetwas ließ Domnatella Sarkyoza aus ihrem Schlaf aufschrecken. Der Raum um sie herum war dunkel. Es musste sehr spät sein, wenn die Lampe neben ihr erloschen war. Dabei hatte sie doch unbedingt wach bleiben wollen! Um als Erste zu erfahren, ob ihr Bruder Erfolg gehabt hatte. Um sich von Domna Usanza jedes kleine Detail des Abends berichten zu lassen. Auch wenn sie sich natürlich längst alle möglichen Varianten des Verlaufs in den lebendigsten Farben ausgemalt hatte. Mehrfach.

Nach dem Aufbruch der beiden hatte sie geduldig gewartet. Doch dann war es später und später geworden. Irgendwann hatte sie sich nur kurz auf das Kanapee gesetzt. Und musste eingeschlafen sein. Durch die Tür hörte sie Schritte. Leise Stimmen. Lachen. „Usanza, du…“ „Doch, Tariano… sehen… besser geht…“ „…schläft… nicht wecken..” Das Mädchen lächelte ob der neuen Vertraulichkeit. Leise erhob sie sich, huschte zu ihrem Bett. Gerade als sie unter die Decke geglitten war, öffnete sich die Tür einen kleinen Spalt. Einer Eingebung folgend schloss Sarkyoza hastig die Augen, versuchte tief und gleichmäßig zu atmen. Ein schmaler Lichtstrahl fiel herein, auf ihre Züge. „Siehst du, sie schläft. Überraschen wir sie morgen. Wir könnten fortsetzen, was wir vorhin begonnen haben.” „Oh ja.” Die Tür wurde leise zugezogen.