Chronik.Ereignis1033 Feldzug Selaque 14: Unterschied zwischen den Versionen

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(noch mal umsortiert, um der Logik genüge zu tun ;-))
(Ancuiras' Beitrag)
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Praiodor betrachtete Gendahar ernst. Endlich hellte sich sein bekümmertes Gesicht ein wenig auf. "Seid Ihr Gendahar von Streitzig?", fragte er. "''Der'' Gendahar von Streitzig?"
Praiodor betrachtete Gendahar ernst. Endlich hellte sich sein bekümmertes Gesicht ein wenig auf. "Seid Ihr Gendahar von Streitzig?", fragte er. "''Der'' Gendahar von Streitzig?"
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'''Autor:''' [[Benutzer:Ancuiras|Ancuiras]]
"Äh, ja, gewiss", antwortete der Thangolforster. "Es gibt niemand anderen dieses Namens."
Gendahar nickte Praiodor noch einmal aufmunternd zu und erhob sich wieder. Dann nahm er Dom Hernán beiseite und sprach leise zu ihm: "Eure Sorge um meine Sicherheit in Ehren, aber Ihr habt meine Frage noch nicht beantwortet. Wo ist Domna Richeza und wieso habe ich sie vorhin schreien gehört, ohne dass wir in einer unmittelbaren Gefahr wären?" Er schaute sich um. "Und wo sind all die anderen: Romina, Dom Rondrigo und Domna Morena?"


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======Morena, Romina, Zaida======
======Morena, Romina, Zaida======



Version vom 11. April 2012, 18:31 Uhr

In der Baronie Selaque, 2. Rondra 1033 BF

In Grezzano


2. Rondra, morgens

Autor: von Scheffelstein

Praiodor

Stumm betrachtete Richeza Morena Solivai von Harmamund, die Tochter der Soberana des verfeindeten Hauses und Nichte des Marschalls von Almada. Noch schien die Frau nicht zu ahnen, dass mit Moritatio und ihr gleich zwei Mitglieder der befehdeten Familia in Grezzano waren. Sie schien sie ob ihrer einfachen Kleidung für Söldner aus Dom Hernáns Gefolge zu halten, und bislang hatte Richeza sich nicht die Mühe gemacht, Domna Morena eines Besseren zu belehren. Im Gegenteil: Solange die Harmamund nicht wusste, dass der Feind mithörte, sprach sie ganz siegesgewiss davon, dass Domna Praiosmin von Elenta ihrer Familia das Castillo da Vanya vermacht habe und sie es in Kürze in Besitz nehmen werde.

'Das werden wir noch sehen!', dachte Richeza und sah sich nach Dom Hernán um, der etwas abseits mit einigen seiner Söldner sprach. Letztlich, das schien er ebenfalls zu spüren, würde er das Zünglein an der Waage sein. Wie würde er sich entscheiden? Für die Elenta und die Harmamunds? Oder die da Vanyas? Ob sie ihn geradeheraus fragen sollte? Aber was sollte er darauf schon antworten?

Richeza kratzte den Rest mit Honig gesüßten Haferbrei aus ihrer Schale und bemerkte, wie einer der jungen Gefolgsmänner ihrer Tante, Landolo hieß er wohl, seinen Kumpan Zicardo in die Seite stieß. Der dritte im Bunde, Gilano, wies mit dem Daumen die Straße zum Steinbruch hinauf, und auch einige der Söldner drehten die Köpfe dorthin. Richeza folgte ihrem Blick - und der Kiefer klappte ihr herunter:

Der Junge, der sich dem Dorf näherte, war niemand anderes als ihr Vetter Praiodor. Der Knabe war barfuß und unter seiner zerschlissenen Hose schaute der Verband hervor. Sein Wams, das sah man nun deutlich, war ihm an den Armen bereits zu kurz, und sein langes Haar stand ihm verfilzt vom Kopf ab. Doch er ging, auf seinen eigenen Beinen; sicher und ohne zu zögern kam er näher. Niemand hielt ihn auf. Erst als er den Dorfplatz erreichte, wurde er langsamer, blieb schließlich stehen, blickte in die fremden Gesichter, die ihn teils anstarrten oder sich gleichgültig abwandten. "Wo ist meine Mama?"

Richeza stand langsam auf, konnte noch immer nicht glauben, was sie da sah. Praiodor, auf seinen eigenen Füßen! Er war mager, die Wangen eingefallen und doch lag eine ungekannte Röte auf seinen Lippen, der Stirn, den Wangen. Er sah so lebendig aus, wie sie ihn schon lange nicht mehr gesehen hatte.

"Praiodor!", rief sie erfreut. "Praiodor, wie geht es dir?" Sie lief auf ihn zu. Der Söldnerbaron, die Harmamund, die Gräflichen, alle waren sie vergessen. Sie kniete vor ihm nieder. - Er wich vor ihr zurück. "Wo ist meine Mama?"

"Sie ist ..." Sie schluckte. Es ging ihm besser, eindeutig - wie sollte sie ihm da die schlimme Nachricht überbringen. "Praiodor, deine Mutter ist ... Sie war sehr krank, weißt du? Aber sie hat alles getan, damit es dir wieder besser geht ..." Er runzelte die Stirn. "Sie ..." Richeza holte tief Luft. "Sie ist ... gestorben, damit du leben kannst. Sie ist jetzt ..."

Er starrte sie an, machte einen Schritt zurück, blickte an ihr vorbei zu den Söldnern und Soldaten. "Habt Ihr meine Mama umgebracht?"

"Was? Ich? Praiodor, warum sollte ich? Nein, ich ..."

"Ihr lügt!" Er begann zu weinen, lautlos, versuchte sichtlich, gegen die Tränen anzukämpfen, wischte sie fort. Sie erhob sich, streckte die Hand nach ihm aus, um ihn zu trösten, aber er stolperte rückwärts aus ihrer Reichweite. "Warum habt Ihr das gemacht? Was habt Ihr mit mir vor? Ich will nach Hause!"

"Praiodor", sagte sie leise, "wie kannst du so etwas glauben? Nach all dem, was ich für sie und für dich getan habe?"

Einen Augenblick lang schien Praiodor verunsichert. "Meine Mama kann Euch nicht leiden!" Richeza starrte ihn an. "Sie sagt, Ihr seid das schwarze Schaf der Familie!"

"Was? Was ... redest du da?" Sie fühlte sich, als hätte er sie geschlagen. Es stimmte, Fenia hatte einmal so von ihr gedacht, vor langer Zeit, als Ramiro noch gelebt hatte, lange bevor der Junge krank und Fenia schwermütig geworden war, bevor sie am Grab ihres Onkels geschworen hatte, um Praiodors Leben zu kämpfen, weil seine Mutter es nicht vermochte.

"Ich will nach Hause!", sagte Praiodor. "Wer sind die alle?" Er wischte sich über das Gesicht. "Mein Vater ist ein Held und meine Mama ist Baronin. Ihr könnt mich nicht einfach entführen!"

"Praiodor", sagte Richeza, mit einem Anflug von Verzweiflung, "dein Vater ... ist ... auch tot", fügte sie tonlos hinzu.

"Ich weiß!" Er sah sie an. "Er ist für das Reich gefallen!" Es klang stolz. Er sah wieder zu den Soldaten, neugierig jetzt, mit den leuchtenden Augen eines Jungen, für den Krieg noch ein Spiel war oder eine Heldengeschichte. "Ist der echt?", fragte er Servando Cronbiegler, der neben Dom Gendahar und Domnatella Romina auf einem gefällten und halbierten Baumstamm saß, und deutete auf einen violetten Edelstein am Knauf des Langschwerts, das der junge Caballero mit einem Schleifstein bearbeitete.

Richezas Blick wanderte über den Knaben hinweg zu dem Mann, der soeben auf den Dorfplatz trat: Tsacharias Krähenfreund. Ihre Augen verengten sich zu Schlitzen.


Autor: Romina Alba

Die Comtessa hatte gut und lange geschlafen. Jetzt saß sie neben ihrem Onkel und Dom Servando auf einem Baumstumpf und frühstückte. Inzwischen waren fast alle hier im Lager bei ihr gewesen und hatten ihre Freude darüber zum Ausdruck gebracht, dass sie unversehrt aus den Bergen zurück sei. Einigen Söldner schien es herzlich egal und auch Dom Hernán hatte sich ihr noch nicht genähert, sie beobachtete ihn und fragte sich, was wohl in ihm vorging.

Der Castellan hatte ihr erzählt, dass der Baron unter anderem wegen ihr hier wäre, stockte aber dann und wollte nicht damit rausrücken, was er mit "unter anderem" meinte. Sie hasste es, wenn man sie nicht aufklärte, doch sie beließ es dabei und beschloss, den Baron bei Gelegenheit selbst zu fragen.

Domna von Harmamund hatte auch einige oberflächliche Worte mit ihr gewechselt, jetzt saß sie da und sang ein Loblied auf die unmögliche Praiosmin, die hier mitten in einem Ferkinasturm eine Fehde vom Zaun brach. Keiner hier machte die Frau darauf aufmerksam, dass zwei Mitglieder der verfeindeten Familia da Vanya nah neben ihr am Feuer saßen und mithörten. Romina sah zu Richeza. Deren Disziplin war bewundernswert. Es gab bestimmt Gründe, eine Fehde gegen Rifada da Vanya vom Zaun zu brechen, warum nur störte es sie selbst so sehr, dass diese Harmamund so eine große Klappe hatte.

Plötzlich wurden die beiden Männer neben ihr still und schauten staunend auf den Knaben Praiodor, der auf seinen eigenen Füßen mitten auf dem Platz stand. Richeza kam sofort zu ihm und sprach mit ihm, der Knabe fragte nach seiner Mutter und schien der Scheffelsteinerin gegenüber eher scheu und unfreundlich. Ja, er wich sogar vor ihr zurück, kam stattdessen zu ihrer Gruppe und fragte nach einem Edelstein am Knauf des Schwertes von Dom Servando. Dieser bestätigte lächelnd die Echtheit des Amethysts. Der Knabe berührte den Stein und lachte begeistert, es war unglaublich, hatte er nicht eben erst vom Tod der Mutter erfahren? Vielleicht war sein Geist getrübt.

"Praiodor", versuchte sie die Aufmerksamkeit des Knaben zu erlangen. "Praiodor, du warst lange krank, und deine Base", sie deutete auf Richeza, "hat dich gesucht und unter Lebensgefahr aus den Ferkinabergen gebracht. Es ist nicht recht, dass du so mit ihr sprichst. Du musst erst zuhören, was passiert ist, hörst du? Es ist nicht recht, einfach so ein Urteil zu sprechen, weil man etwas gehört hat." Sie sah den Jungen streng an. "Gerade, weil deine Mutter Baronin und dein Vater ein Held war, gerade deswegen musst du dich benehmen und die Cortezia ehren, junger Mann."


Autor: von Scheffelstein

Praiodor wandte den Blick von dem Schwert ab und der Comtessa zu. Sein Lächeln schwand, verunsichert sah er von Romina zu Richeza und wieder zurück, schaute zu Gendahar auf, zu Servando Cronbiegler, der stolz irgendetwas Belangloses über das Schwert erzählte und wieder zur Comtessa.

"Meine Mama mag sie nicht", sagte er leise und blickte zu Boden, spielte mit den Zehen im rötlichen Staub, sah wieder zu Romina auf, unsicher. "Warum ist sie tot? Warum sind die Soldaten hier?" Er schaute zu den Bergen hinauf, deren Gipfel von der noch jungen Morgensonne erleuchtet wurden. "Ich kenne die Berge nicht", sagte er. "Warum habt ihr mich hierher gebracht?" Er warf einen sehnsüchtigen Blick auf den Topf mit Haferbrei und senkte den Blick dann auf seine Füße. Seine Lippen zuckten leicht, als suche er nach Worten, dann suchten seine Augen erneut die der Comtessa, sein Gesicht eine einzige unausgesprochene Frage.


Autor: Romina Alba

Romina seufzte, schaute kurz zu Richeza, öffnete dann einladend die Hände und sah dem Knaben ernst in die Augen.

"Willst du tapfer sein, kleiner Praiodor?" Sie wartete, bis er zögerlich nickte. "Nicht wir, sondern deine Mutter hat dich hierher in diese Berge gebracht. Sie tat es, weil hier der Heiler wohnt, der dich jetzt geheilt hat. Sie hat alles gegeben, damit du gesund wirst. Sie hat dich wohl sehr geliebt. Doch auch deine Base liebt dich sehr. Sie ist manchmal etwas ruppig zu Erwachsenen, vielleicht mochte deine Mutter sie deswegen nicht. Aber mit dir war sie immer sehr lieb und sanft, als du krank warst, ich habe es selbst gesehen. Sie hat dich den ganzen Weg hierher getragen." Sie sah wieder zu Richeza, kurz unsicher. "Die Soldaten sind hier, um uns sicher zurückzugeleiten, ich war auch in den Bergen verloren gegangen, so wie du." Sie lächelte warm. "Aber du hast bestimmt Hunger, Domnito."

Sie schaute zu Servando, der nickte, aufstand und sich anschickte, eine Schüssel mit Haferbrei zu füllen. Romina schaute ihm verwundert nach, sie hatte bisher nicht bemerkt, wie aufmerksam er sein konnte, kein Wunder, dass Rahjada ihn um sich duldete. Obwohl sie ihn genauso hinhielt, wie alle anderen. Sie schnaufte. Männer.



Moritatio und Zaida

Autor: SteveT

Alle Glieder taten ihm weg, als sich Moritatio am nächsten Morgen wie zerschlagen von seinem steinigen Lager zwischen den zwei Steinbrecherhütten erhob. Sicher, er hätte im Schutze der Dunkelheit in eine der beiden Hütten schleichen können - aber darin hatten - dem Schnarchen und auch anderen Körpergeräuschen nach - mindestens vier oder fünf Söldner genächtigt. Vielleicht waren es sogar Waffenknechte des falschen Grafen gewesen - so oder so hatte er keine Lust gehabt, des Nachts dumme Fragen zu beantworten, warum er sich hier herumdrückte und nicht bei seinen anderen Gefährten schlief. Seinen Gefährten ...?

Im Grunde war er nur noch wegen Richeza hier, und die hatte ihm mehr als deutlich zu verstehen gegeben, dass es für ihn keinen Platz in ihrem Leben gab. Nach der tiefen Leere, die er gestern Abend direkt nach dieser Eröffnung verspürt hatte, war er heute nur noch traurig. Was blieb ihm jetzt noch? Gewiss, Punin war eine wunderschöne Stadt - aber ihn erwartete dort nur großer Ärger und danach wochenlanger Drill und Schikane. Mit etwas Hoffnung im Herzen, hätte er das alles schon durchgestanden - aber jetzt dachte er ernsthaft daran, ganz woanders hin zu reisen. Irgendwohin weit fort, wo ihn kein Mensch kannte ...

Sein Magen machte sich knurrend bemerkbar - ihm fiel erst jetzt auf, dass er seit gestern Nachmittag nichts mehr gegessen hatte. Er spähte um die Ecke und blickte die Dorfstraße hinab. War das nicht eben der magere kleine Praiodor gewesen, der auf seinen eigenen zwei Füßen an ihm vorbeimarschiert war? Unsinn! Schließlich hatte der Junge gestern noch blass wie ein Toter auf der Tragbahre gelegen. Er sah, wie sich Richeza aus dem Grüppchen der anderen löste und vor dem Jungen auf die Knie ging. Es musste tatsächlich Praiodor sein! Zu gerne hätte er sich dieses medicinische Wunder aus der Nähe angesehen - aber die vermaledeite Harmamund hockte in Richezas Rücken, zusammen mit den Leuten, mit denen er bis gestern noch gereist war, und redete auf sie ein, als wären sie die allerbesten Freunde. Es juckte ihn in den Fingern, einfach mir nichts, dir nichts hinüber zu gehen und dem unausstehlichen Weibsbild links und rechts klatschend eine runterzuhauen.

"Eine für dich, eine für die Frau Mama!", würde er ihr dann sagen. Aber es stand zu befürchten, dass sie eine weitaus bessere Fechterin als er selbst war. Er hatte ja noch nicht einmal ein intaktes Rapier ...


Autor: Simanca

Mit lustig schlackernden Hosen stiefelte Zaida heran und linste dann um die Biegung der Steinbrecherhütte. Ha! Hatte sie doch richtig gesehen. Wie ein Schäferhund einem fehlenden Schäfchen nachstellt, so hatte sie sich gleich nach dem hinuntergeschlungenen Frühstück auf die Suche nach ihrem verlorenen Schäf ... also Griesgram gemacht. "Also da steckst du. Und ich hatte mir schon Sorgen gemacht, du hättest dich heute Nacht klammheimlich verdrückt wie ein Zahori, der einem das Lieblingshuhn kurz vor dem Suppentopf gestohlen hat. Na also, ohne dich von uns zu verabschieden!"

Eine Hand in die Hüfte gestemmt, legte Zaida den Kopf schief und musterte Moritatio von unten bis oben. Irgendwie erschien er ihr heute morgen etwas ... niedergeschlagen? Also frisch ans Werk! Der Trick war einfach, so schnell zu reden, dass das Gegenüber nicht einmal die Chance hatte, zu einer Gegenantwort oder sonstiger Gegenwehr anzusetzen. Hatte sie von ihrem Zahorifreund so gelernt, und es hatte ihr bisher gute Dienste getan. Mit kritischem Blick sah sie sich um.

"Du hast doch hoffentlich nicht die ganze Nacht hier geschlafen? Ich mein', im Gebirge war's schon steinig genug, da kann man es sich doch wenigstens jetzt etwas bequemer machen, wobei ich mir unter bequemer natürlich auch etwas anderes vorstelle als das hier!"

Munter drauflosplaudernd wedelte Zaida mit dem viel zu langen Hemdsärmel vor Moritatios Nase herum, der sich schon wieder gelöst hatte und jetzt sicher einen Spann breit über ihre Hand hing.

"Ach verdammt, ich wollte doch höflich sein", brummte sie, mehr zu sich selbst. "Na also: Dom Moritatio, wenn's genehm ist, möchtet Ihr was zum Frühstücken? Ich hab da noch was aufgehoben, weil ich Euch nicht beim Essen gesehen habe."

Ohne auf die Antwort zu warten, beförderte sie aus ihrem viel zu weiten Hemd ein kleines Stoffbündel und öffnete es, ehe sie es ihm entgegen hielt. Hamsternderweise hatte Zaida ein gutes Stück Brot, einen Streifen Dörrfleisch, dazu ein Eckchen Käse und einige Datteln eingepackt. "Aber wenn du zu uns rüber kommst, dann kannst du dich auch bequem hinsetzen. Und süßen Haferschleim gibt es da auch, und ich glaube, ich habe einige Äpfel gesehen. Außerdem scheint es Praiodor besser zu gehen, wie ich grade sehe, sicher hat Tsacharias gute Arbeit geleistet. Ich frage mich nur, wo Raffzahn abgeblieben ist."

Sie versuchte, Moritatio das Frühstück in die Hand zu drücken und sich dann bei ihm einzuhängen, um ihn unschuldig mit sich auf den Dorfplatz zu ziehen.



Richeza, Tsacharias, Hernán, Romina, Gendahar

Autor: von Scheffelstein

Richeza machte einige lange Schritte auf Tsacharias Krähenfreund zu und packte den alten Mann am Kragen, ungeachtet des Umstands, dass er größer war als sie und sie gewiss nicht sehr viel kräftiger als er.

"Was habt Ihr mit ihm gemacht?", zischte sie.

Er legte seine Hände auf die ihren, und sein sanftes Lächeln machte sie wütend. "Es geht ihm besser", sagte er, "so wie Ihr es Euch gewünscht habt."

Richeza ließ ihn los, um seinen Händen zu entkommen. "Er ... er ist ..." Zitternd holte sie Luft. "Er kennt mich nicht mehr!"

Tsacharias schaute zu dem Jungen hinüber, der kurz zu ihnen hersah, als die Comtessa auf ihn einredete. Doch in seinem Blick lagen weder Freude noch Dankbarkeit, er wirkte unsicher, verwirrt. Richeza bemerkte, dass Morena von Harmamund sich zu Caballera Lilithrud Ernathesa von Silvansbühler hinüber beugte. Offenbar war sie auf die Szene aufmerksam geworden und wollte wissen, was vor sich ging. Zwar zuckte die Caballera mit den Achseln, doch Richeza zweifelte nicht daran, dass die Harmamund schon bald wissen würde, mit wem sie es zu tun hatte.

"Ich habe Tsa gebeten, ihn von aller Last zu befreien, die seinen Leib und seine Seele schwächen", erklärte Tsacharias freundlich. "Es mag sein, dass er sich für eine Weile oder auch länger nicht an das erinnert, was ihn bekümmerte. Auch dies ist ein Schritt zur Heilung, denn nur, wo der Weg frei ist von alten Lasten, kann er unbeschwert voranschreiten."

"Wollt Ihr damit sagen, ich sei ihm eine Last gewesen?"

Tsacharias Krähenfreund ließ sich Zeit mit einer Antwort. "Vielleicht ist das, was Ihr für ihn wart, so untrennbar mit seinem Schmerz verbunden, dass er Zeit braucht, es ohne Furcht und Kummer anzusehen."

Richeza blickte zu Praiodor. "Ich bin nicht krank", sagte der soeben zu der Comtessa. "Mein Vater hat immer gesagt, dass er stolz ist, einen gesunden Sohn zu haben wie mich."

Das Gespräch der Domnatella und ihres Vetters wurde unterbrochen, als Dom Hernán an die Comtessa herantrat. Doch Praiodor stand weiter etwas verloren neben der jungen Frau und dem Streitzig und machte keine Anstalten, zu Richeza herüberzukommen.

Die Edle ließ den alten Heiler einfach stehen, trat an ihm vorbei zwischen die Häuser. Am Rand des Dorfes blieb sie stehen und sah zu den Bergen auf, dann ging sie langsam, Schritt für Schritt, die Straße hinauf auf den Marmorbruch zu.


Autor: Der Sinnreiche Junker

„Verzeiht, Euer Hochgeboren …“, räusperte sich plötzlich Hernán von Aranjuez ganz in Domna Rominas Nähe. Eigentlich hätte sie ihn wohl bemerken müssen, klapperte die recht mitgenommen wirkende Rüstung doch bei jedem Schritt, doch hatte der kleine Praiodor scheinbar ihre ganze Aufmerksamkeit beansprucht, und ohnehin war das gesamte Lager von reger Betriebsamkeit erfüllt, sodass eigentlich ständig überall irgendetwas klapperte und schepperte.

In der Rüstung wirkte der Kratzfuß freilich reichlich unelegant, doch waren solcherlei Fragen der Etikette hier oben wohl eher nachrangig. „Verzeiht, dass ich noch keine Gelegenheit hatte, Euch angemessen zu begrüßen, Euer Hochgeboren. Ich bin Hernán von Aranjuez. Als ich gestern endlich Zeit fand, Euch aufzusuchen, sagte man mir, Ihr wäret bereits zu Bett gegangen. Oder womit wir hier oben so an Schlafgelegenheiten dienen können“, lächelte er entschuldigend. Tatsächlich hatte man der Grafentochter eine Hängematte überlassen, was für jemanden, der nicht daran gewöhnt ist, alles andere als bequem war, wenn auch mutmaßlich bequemer als die von den ehemaligen Bewohnern zurück gelassenen, strohgefüllten Säcke mit denen die meisten anderen im Lager Vorlieb nehmen mussten.

Tatsächlich war bereits während dem Essen eine Gruppe Mercenarios aufgebrochen, und kurz bevor sie sich zur Ruhe begeben hatten eine weitere. Wer lange genug wach gewesen war, oder nur einen leichten Schlaf hatte, der hatte bemerkt, dass das Lager die ganze Nacht nicht zur Ruhe gekommen war, sondern mehrfach Gruppen waffenklirrend gekommen und gegangen waren. Offenbar war der Ausflug in den Raschtulswall auch nach der glücklichen Rückkehr der Vermissten noch nicht für alle beendet.

Der Baron und Junker, das wusste Romina Alba, genoss in Ragath und darüber hinaus einen eher zweifelhaften Ruf. Einen Tag nach ihrer Geburt endete vor Punin die Usurpation Answin von Rabenmunds in Almada, und es war ihr Vater gewesen, der ihn dreizehn Jahre später begnadigt hatte, sodass er aus dem Exil auf die heimatlichen Güter in der Mark zurückkehren konnte. Gedankt hatte er es Dom Brandil, indem er während des Jahres des Feuers abermals unter dem Rabenbanner stritt. Nachdem er so auch die letzten fünf Jahre ihres Lebens fernab der Heimat verbracht hatte, hatte sie ihn wohl erst auf der jüngsten Landständeversammlung wahrgenommen, wo mit seinem verspäteten Auftritt nicht nur die Eroberung von Oberfels verkündet worden war, sondern auch sehr zum Verdruss ihres gräflichen Vaters die Erhebung des ungeliebten Junkers zum Baron von Dubios durch den Kaiser – mehr oder weniger über den Kopf des Grafen hinweg.


Autor: Romina Alba

Die Angesprochene erhob sich höflich, strich dem kleinen Praiodor kurz beruhigend übers Haar und wandte sich Hernán zu. "Es gibt nichts zu verzeihen, Baron, ich habe mich gestern recht früh zurückgezogen. Ich war ein wenig erschöpft." Sie strich sich eine Strähne des momentan glanzlosen und störrischen Haars hinter das Ohr. Wer sie kannte, sah deutlich ihren Gewichtsverlust und konnte ermessen, wie sehr sie gerade untertrieb. Nur ihre eisblauen Augen, den Augen ihrer Mutter so ähnlich, strahlten unverändert.

"Lasst mich Euch danken, Dom Hernán, danke, dass ihr hierher zurückgeritten seid, um mich zu suchen, obwohl es bestimmt aussichtslos erschien. Ich werde es Euch niemals vergessen." Sie lächelte verlegen und strich die widerspenstige Strähne abermals zurück. "Ich hab übrigens vorzüglich geschlafen, nur dieses Netz, ich glaube es heißt Hängematte, könnt ihr gern zurücknehmen. Lieber schlafe ich auf dem Boden, in dem Dinge bricht man sich ja das Kreuz."

Wärenddessen hat Dom Servando den Knaben Praiodor kurzerhand auf den Baumstumpf gesetzt und ihm die Schüssel Haferbrei in die Hand gedrückt. Sofort begann der Kleine mit guten Appetit zu essen. Servando setzte sich neben ihn und sah ihm schmunzelnd zu.


Autor: Der Sinnreiche Junker

„Es war Euer Hoher Vater, der mich Dom Rondrigo zur Seite gestellt hat. Ich hatte Eurem Onkel, Domna Richeza und Dom Moritatio ohnehin versprochen, mit Verstärkung hierher zurück zu kehren.“ Damit beließ er es dann auch mit weiteren Erläuterungen, denn immerhin war fraglich, ob der alte Castellan hinsichtlich der zahlreichen Meinungsverschiedenheiten bis hierhin wirklich das Gefühl hatte, der Condottiere wäre ihm zur Seite gestellt gewesen. Womöglich würde er auch später in Ragath ein ganz anderes Lied singen.

Stattdessen lächelte er sachte über ihre Worte hinsichtlich der Hängematte. „Es ist in der Tat eine gewöhnungsbedürftige Schlafstatt, doch auf Dauer dem Boden vorzuziehen. Einerlei, ich gehe davon aus, dass Dom Rondrigo Euer Hochgeboren zunächst ins nahe Selaque nach Castillo Albacim bringen wird. Dort wird man gewiss mit etwas angemessenerem denn einer Hängematte aufwarten können, und dann sind es über Schrotenstein nur noch zwei, höchstens drei Tagesritte bis nach Ragath.“

Sein Blick schweifte über die Anwesenden, und blieb kurz an der Scheffelsteinerin hängen, die gerade in Richtung Dorfrand verschwunden war. Dann aber nickte er in Richtung Golshans: „Gedenkt Ihr die Ferkina mitzunehmen? Offen gestanden kann ich sie hier nicht brauchen …“


Autor: Romina Alba

Romina wischte ungeduldig mit der Hand durch die Luft.

"Es macht mir nichts aus, auf dem Boden oder einem Strohsack zu schlafen. Ich habe das in meiner Knappenschaft unzählige Male getan, also macht Euch um meine Bequemlichkeit keine Sorgen." Dachte der Mann, sie wäre eine ihrer verzärtelten Schwestern?

"Wieso wird Dom Rondrigo mich nach Selaque bringen?" Sie schaute kurz in die Richtung, in der der Castellan vorher noch stand, konzentrierte sich aber gleich wieder auf Dom Hernan. "Was genau geht hier vor? Ihr wollt doch nicht hierbleiben und mit den paar Bewaffneten gegen die Ferkinas ziehen? So wie ich den Castellan kenne, wird er zu meinem Schutz alle Gräflichen mitnehmen. Ich kenne Euren Ruf, daher weiß ich, dass Ihr in Kriegsdingen erfahren seid, doch dort draußen sind so viele Ferkinas wie noch nie unterwegs. Die kennen und nutzen die Unwegsamkeit der Berge, wie sie es vorher nie taten. Es wird ein Heer brauchen, um dener Herr zu werden. Was wollt Ihr ausrichten?"

Sie hatte sich in Rage geredet. Gendahar warf ihr von der Seite einen überraschten Blick zu. So kannte er sie nicht. Sonst war sie immer zurückhaltend, hörte zu und ließ sich gut führen. Das war die Streitzig in ihr. Er musste grinsen und betrachtete interessiert den Condottiere.

Doch Romina hatte noch ein weiteres Ziel im Auge. Ihr Blick wanderte flammend zu Domna Morena.

"Mit allem Respekt vor Euch und Eurer Familia, Domna von Harmamund, muss ich Euch sagen, daß ich es 'unverständlichst finde, dass Ihr das verantwortungslose Verhalten der Praiosmin von Elenta unterstützt. Wir könnt Ihr, als Nichte des Marschalls von Almada, nicht sehen, dass diese unselige Fehde die Lage noch viel schlimmer macht? Abgesehen davon, dass Ihr keine Ahnung habt, mit wem sich diese von Praios verlassene Frau alles angelegt hat."

Das brachte sie gedanklich zu Dom Hernán zurück. "Was Euch und Eure Truppen betrifft, Dom Hernán, ich möchte, dass Ihr mich und meine Begleiter, und dazu zählt auch meine neue wilde Freundin, mindestens nach Castillo Albacim bringt. Noch lieber wäre es mir, wenn Ihr uns bis Ragath begleitet. Und was Golshan betrifft, solltet Ihr Euren Männer sagen, dass alle hier ihr viel verdanken, denn wäre sie nicht gewesen, hättet Ihr mich mitten aus einem Ferkinalager aus dem Zelt des Schamanen herausholen dürfen und höchstwahrscheinlich unter ... ," sie brach ab, ihre Lider flatterten, als die Erinnerung sie überkam. Sie riss sich zusammen, hatte aber deutlich den Faden verloren.


Autor: Ancuiras

"... unter noch schwierigen Umständen aus den Bergen heraus holen müssen", griff ihr Onkel den Faden auf und legte Romina seinen Arm um die Schulter. "Seid also noch einmal des Danks der Ehrensteins und Streitzigs versichert." Bisher hatte er sich erstaunt und erheitert zurückgelehnt angesichts des kleinen Wutausbruchs seiner Nichte, der ihm nicht ungelegen kam, da ihn Morena von Harmamund den Großteil des Frühstücks mit ihren Erzählungen und Fragen in Beschlag genommen hatte. Rominas Worte der streitlustigen Domna gegenüber hatten ihm selbst ein ums andere Mal auf der Zunge gelegen, nur die Cortezia hatte ihn daran gehindert, sie gegenüber Domna Morena auszusprechen. Nun aber endlich wandte auch er sich an sie.

"Man hat vermutlich vergessen, Euch zu unterrichten, dass Praiosmin im Castillo da Vanya auch uns festnehmen lassen wollte, die wir mit den Streitereien in dieser Vogtei nicht das Geringste zu tun haben. Die Taten und Motive der Vogtin erscheinen in der Tat äußerst fragwürdig!"

Scheinbar erschrocken fuhr Domna Morena in die Höhe. "Gütige Travia, was sagt Ihr da? Nein, in der Tat, davon hatte ich keine Kenntnis!" Sie blickte bestürzt von einem zum anderen. "Sie berichtete nur von den Umsturzplänen der Junkerin da Vanya, die ihre Leute auf die Losung eingeschworen habe: Nieder mit Praiosmin!" Sie schüttelte den Kopf. "Aber dass Ihr Zorn auch vor Unbeteiligten keinen Halt machte, habe ich nicht geahnt ... obwohl, wenn ich es mir recht überlege, kam sie mir stets sehr unbeherrscht und geradezu maßlos in ihrem Eifer vor. Darum bin ich mit der Botschaft meines Onkels auch nicht zu ihr gegangen, sondern habe ihre Burg heimlich verlassen und bin schnurstracks zu Seiner Wohlgeboren de Aranjuez geritten!" Sie führte eine knappe Verbeugung vor dem Erwähnten aus. "Dies alles heißt allerdings nicht, dass Domna Praiosmins Anschuldigungen gegenüber der Vanyadalerin haltlos sind, da diese sicherlich auch nicht die Ausgeburt eine treuen Vasallen ist! Nun, die Vorwürfe werden zu klären sein, wenn der rechte Zeitpunkt gekommen ist, aber bis dahin sollten die Fehden und Streitigkeiten zwischen Almadanern beigelegt werden. Dies hat mein Onkel ja zum Glück klargestellt, sodass den beiden die Streitlust hoffentlich alsbald vergeht. Domna Romina, in diesem Punkt seht Ihr mich also völlig an Eurer Seite!"


Autor: Der Sinnreiche Junker

Hernán von Aranjuez hob sachte die dunklen Brauen, offensichtlich überrascht ob des plötzlichen Ausbruches der jungen Grafentochter. Entschuldigend neigte er sein Haupt, doch kam er gar nicht dazu, sein Bedauern über diese Fehleinschätzung zu formulieren, da Domna Romina sogleich fortfuhr, zunächst an ihn, dann an Domna Morena und dann wieder an ihn gewandt. Schließlich griff auch noch Dom Gendahar in das Gespräch ein, an durchaus pikanter Stelle, wie dem Baron und Junker nicht entgangen war, wenn auch die Höflichkeit gebot, nicht weiter nachzuhaken.

Die Einlassungen der Harmamunderin beachtete er indes nicht weiter, schließlich blieb ihm mutmaßlich noch ausreichend Gelegenheit, sich damit auseinander zu setzen. Stattdessen neigte abermals das Haupt vor Domna Romina: „Ich bitte um Verzeihung, falls ich Eure Hochgeboren falsch eingeschätzt haben sollte. Es lag mir gewiss fern, Euch zu nahe zu treten. Was freilich alles weitere betrifft …“, sah er sich kurz um „… so kann ich Euren Wünschen bedauerlicherweise nicht nachkommen. Dom Rondrigos Auftrag lautet, Euch wohlbehalten nach Ragath zu bringen. Er und die verbliebenen … sieben … Bewaffneten Eures Hohen Vaters sind beritten, wohingegen der Großteil meiner Leute zu Fuß unterwegs ist. Folglich würden wir Euch nur aufhalten, dort wo Schnelligkeit am sichersten ist. Ihr werdet also von uns an Rössern nehmen, was nötig ist, sodass Ihr tagsüber gut voran kommt, um jeweils vor Einbruch der Dunkelheit die Castillos Albacim und Schrotenstein zu erreichen. Habt Ihr erst einmal Schrotenstein erreicht, seid Ihr in Sicherheit. Mir hingegen hat Seine Exzellenz Dom Gwain befohlen, hier zu bleiben.“

Er zuckte mit den Schultern. Zweifellos wäre er auch lieber gen Ragath gezogen, um sodann der Kaiserlichen Hochzeit in Punin beizuwohnen, denn mit vielleicht dreißig Mercenarios noch länger hier zu verharren, aber Befehl war nun einmal Befehl. „Außerdem …“, fügte er sodann mit einem nachdenklichen Blick in Richtung des Djer Kalkarif hinzu, „… habe ich noch Leute dort draußen. Ich kann sie nicht einfach zurück lassen.“


Autor: Romina Alba, Der Sinnreiche Junker

Romina war froh um den stützenden Arm des Onkels, unmerklich lehnte sie sich ein wenig an. Sie hatte noch nie Schwierigkeiten gehabt, Hilfe anzunehmen, doch es riss an ihrem Stolz, wenn jemand sie für verweichlicht hielt. Sie seufzte leise und nickte der Harmamunderin etwas fahrig zu, um dann wieder Dom Hernán ihre volle Aufmerksamkeit zu widmen. Man sah, wie es hinter ihrer Stirn arbeitete. Sie atmete tief durch, ihr Blick war entschlossen.

"Natürlich könnt ihr Eure Männer nicht zurücklassen, ich wäre die Letzte, die soetwas verlangen würde und natürlich habt ihr Recht, was die Schnelligkeit betrifft. Glaubt mir, ich bin froh, wenn ich diese Berge hinter mir lassen kann. Doch es gibt etwas, was mir wichtig erscheint, aber nicht für jedermanns Ohren bestimmt ist. Dürften mein Onkel und ich euch kurz alleine sprechen?"

Sie schaute zu Gendahar und wieder zurück zum Baron.

„Gewiss“, nickte dieser, und sah sich nach einem geeigneten Ort um. Sein eigenes Quartier hatte er immerhin an Morena von Harmamund abgetreten – die freilich nicht auf die Idee gekommen war, es ihrerseits der eigentlich höher gestellte Grafentochter anzubieten – doch war hier oben ohnehin Mangelware an repräsentativen Örtlichkeiten. Entsprechend wies er dann auch nur in Richtung des erstbesten für Lagerzwecke genutzten Zeltes. „Wenn Ihr mir bitte folgen wollt“, blickte er zwischen Domna Romina und Dom Gendahar hin und her.

"Mir ist nicht gut", hielt sich Romina an ihrem Onkel fest. "Ich muss mich kurz hinsetzen." Was sie auch tat. "Verzeiht, Dom Hernán. Ich glaube, wir müssen das Gespräch verschieben, so wichtig war es ja auch nicht." Sie sah zu Dom Servando hoch und reichte ihm die Hand. "Bringt mich in mein Zelt, Dom Servando, ich werde mich hinlegen, bis wir aufbrechen."

Eilfertig machte sich der Caballero daran, der Comtessa hochzuhelfen und sie zu ihrem Zelt zu bringen.


Autor: Der Sinnreiche Junker

„Ganz wie Euer Hochgeboren beliebt“, verneigte sich der Baron und Junker knapp, als Romina Alba ihr Unwohlsein verkündete. „Ich hoffe, es ist nicht allzu schlimm, und Ihr seid bald wieder wohlauf“, erlaubte er sich noch anzumerken, ehe er sich höflich entfernte, und die Grafentochter Dom Gendahar und Dom Servando überließ. Es galt immerhin noch einiges zu organisieren. Da fiel sein Blick auf Moritatio und die kleine Waldwachterin – die er gar nicht wirklich einordnen konnte, wie er gestehen musste – doch fehlte ganz offensichtlich Richeza. Ach ja, er hatte sie ja vor kurzem am Ortsausgang gesehen, doch war sie bislang noch nicht zurück gekehrt. Und die Örtlichkeiten für gewisse menschliche Bedürfnisse waren an anderer Stelle. Das fehlte noch, dass er noch mehr Leute im Gebirge suchen musste! Der Scheffelsteinerin und ihrem Dickkopf war schließlich so einiges zuzutrauen.

„Korporalin!“, sah er zu einer der Mercenarias, und deutete in die Richtung, in die Richeza verschwunden war. „Seht doch einmal nach, ob … ah … Kommando zurück, ich werde selbst gehen. Weitermachen.“ Sprach‘s, und beschleunigte seinen Schritt in besagte Richtung, durch die letzten Hütten hindurch die Straße hinauf, welche nach einer Biegung in den Marmorbruch führte, der die Existenzgrundlage der Bewohner bildete.


Autor: Ancuiras

Der Streitziger beugte sich zu Romina hinab und fragte, so dass niemand sonst ihn hören konnte: "Geht es dir wieder besser? Was ist es, das du mit Dom Hernán besprechen wolltest - und nun doch wieder nicht? Vielleicht kann ich es mit ihm unter vier Augen klären, während du dich ein wenig ausruhst ..."

Er blickte zu Dom Rondrigo und seinen Leuten. "Ich frage mich, ob es wirklich eine so gute Idee ist, mit so wenigen Reitern übers Land und dann auch noch geradewegs zur Elenterin zu reiten. Wer weiß, was sie im Schilde führt - und welcher Methoden sie sich bedient, um sich in dieser Fehde durchzusetzen. Jedenfalls möchte ich nicht in Dom Hernáns Haut stecken - zwei solche Furien zu bändigen!" Er verzog das Gesicht. "Einerseits möchte ich diesen Landstrich so schnell als möglich hinter mir alssen. Andererseits widerstrebt es mir, mich nach allem, was passiert ist, einfach aus dem Staub zu machen und den anderen den Kampf gegen die Ferkinas zu überlassen. Aber es ist sicher besser, zunächst nach Ragath zu reiten und Verstärkung zu holen."


Autor: Romina Alba

Romina sah zu ihrem Onkel und antwortete ebenso leise. "Können wir Dom Hernán trauen? Wenn ja, dann sprecht mit ihm, erzählt ihm von dem jungen Magier, Onkel, von dem Sohn der Elenterin. Er hat sich frei im Ferkinalager bewegt und sprach deren Zunge." Sie schluckte schwer. "Ich glaube, ich habe zuviel gegessen. Mir ist schlecht." Sie schloss die Augen. "Vielleicht weiß die Elenterin von dem Treiben ihres Sohnes. Das würde erklären, warum sie gerade jetzt diese Fehde vom Zaun bricht. Vielleicht spricht jemand Ferkina, dann könnten wir Golshan fragen, was der blonde Magier bei der Ferkinas wollte."


Autor: Romina Alba

Gendahar schaute gerade nachdenklich Dom Hernán nach, der in Richtung Marmorbruch verschwand, als Rominas Knie abermals weich wurden und sie zu würgen begann. Dom Servando reagierte geistesgegenwärtig, nahm die Comtessa hoch und trug sie zum Zelt. Dort bettete er sie auf eines der Lager. Romina hielt die Augen geschlossen und atmete schwer. "Holt mir bitte Dom Rondrigo", bat sie leise, "und vielleicht einen Eimer." Sie würgte wieder. Dom Servando bejahte unsicher, holte erst den Eimer und eilte dann, den Castellan zu suchen.

Romina öffnete ein Auge, richtete sich auf und griff sich den Eimer. Sie fluchte halblaut. Sie hasste es, und es war schade um das gute Frühstück, doch sie sah keine andere Möglichkeit. Sie steckte sich den Finger in den Hals und begann in den Eimer zu brechen. Golshan, die im Zelt geblieben war, sah sie verwirrt an, kam aber mit einem nassen Tuch zu ihr und half ihr, sich zu säubern, als auch schon der Castellan besorgt ins Zelt rauschte. Romina ließ sich erschöpft zurücksinken, sah zu dem Kämpfer hoch und versuchte ein Lächeln. Ihre Hände ruhten auf ihrem Bauch.

"Es geht schon wieder, ich habe nur zu viel gegessen, ich war so hungrig." Sie schloss die Augen, unfähig, dem Schmerz der Befürchtung im Blick des älteren Mannes standzuhalten. Es musste sein.

Der Castellan wischte sich über die Augen und wandte sich ab. "Ich schickte Euch den heilkundigen Alten, Euer Hochgeboren. Er hat dem Knaben geholfen, er wird auch Euch ...", er brach ab - bei sowas konnte keiner wirklich helfen, aber vielleicht war es wirklich nur ein empfindlicher Magen. Er stürmte aus dem Zelt. Romina hatte nie einen empfindlichen Magen gehabt. Sie war immer die Kriegerin der drei Schwestern gewesen, stolz und stark, Rondra zugetan. Und natürlich war sie verrückt genug gewesen, gegen die Ferkinas zu reiten. Nur wegen dieser vermaledeiten Hochzeit. Aber es war müßig, mit der Vergangenheit zu hadern. Er fluchte leise und ging Tsacharias suchen.

Romina fing an zu beten. "Vergib mir, Rondra ... hilf mir, Phex ..." Leise ging sie alle Zwölfe durch, wie sie es seit dem Ferkinalager immer wieder getan hatte, und bat jeden um Nachsicht oder Unterstützung. Sie endete mit Praios, musste an Aureolus denken, biss sich entschlossen innen auf die Wange und spuckte das Blut in den Eimer.



Moritatio und Zaida

Autor: SteveT

Moritatio nahm mit gequältem Gesichtsausdruck das Frühmahl entgegen, das der kleine Waldwachter Plagegeist für ihn zusammengeklaubt hatte, und biss gierig einen Happen von dem Brot ab. Er betrachtete Zaida einen Moment lang forschend, während er kaute, da er hoffte, dass diese das Interesse verlieren und wieder von dannen ziehen würde, wenn er ihr nicht umgehend antwortete. Aber seine Hoffnung wurde enttäuscht - sie starrte ihn auffordernd und neugierig an.

"Also gut, kleiner Naseweis!", antwortete er ihr und verdrehte die Augen. "Ich werde dir nun etwas sagen, was zwischen uns beiden bleibt und niemanden sonst etwas angeht, ja?" Er hielt ihr mahnend den Zeigefinger vors Gesicht, um zu unterstreichen, dass er das mit der Geheimhaltung wirklich ernst meinte.

"Ich kann nicht mit dir zu den anderen hinüber gehen, aus zweierlei Gründen. Der erste Grund ist Richeza. Sie und ich hatten gestern abend eine ... äh, Unterredung, nach der ich ihr besser nicht mehr unter die Augen treten möchte. Bohr deshalb nicht weiter - solche Dinge geschehen nunmal zwischen Männern und Frauen. Wenn du noch ein paar Jahre älter bist, wirst du verstehen, was ich meine. Und der zweite - noch schwerer wiegende - Grund ist die fremde Domna, die dort mit euch zusammen sitzt und isst. Sie ist eine alte Feindin unserer Familia und du kannst deine vorwitzige Nase darauf verwetten, daß sie nicht so nett ist, wie sie dir gegenüber vielleicht tut. Ganz im Gegenteil - sie und ihresgleichen führen fast immer Schlechtes im Schilde, was allein ihrem eigenen Vorteil und anderer Leute Schaden dient! Dass sie sich hier - auf unserem Grund und Boden - herumtreibt, wird seine Gründe haben und zwar gewiß keine angenehmen. Sie kennt mich, seit ich etwa so alt war wie du, und da ich sie sofort wiedererkannt habe, muss ich befürchten, dass sie mich umgekehrt ebenso erkennen würde. Deshalb - aber auch wegen Richeza - ist es besser, wenn ich jetzt so schnell wie möglich abreise. Ob ich euch noch bis Ragathsquell begleite oder nicht, macht keinen Unterschied - ihr habt jetzt ja genug Bedeckung um euch herum. Entbiete Dom Gendahar und auch Dom Hernan, dem Anführer dieses Lagers hier, einen Gruß von mir - aber erst wenn ich fort bin und vor allem, wenn die fremde Domna außer Hörweite ist. Auf die Comtessa wirst du ja ohnehin wie auf deinen Augapfel achtgeben - ich hoffe, sie irgendwann einmal wiederzusehen ... denn ich meine, sie ist ja wirklich eine sehr sehr ... äh, nette Frau."

Er hatte gerade noch die Kurve gekriegt, da Zaida, wie er sie einschätzte, seine Worte sicher buchstabengetreu vor der Comtessa wiederholen würde - da wollte er sich besser nicht allzu weit aus dem Fenster lehnen. "Richeza werde ich sowieso früher oder später wiedersehen - aber es ist besser, bis dahin etwas Zeit ins Land gehen zu lassen", vollendete er betont lässig seine Verabschiedungsfloskeln.

'Hoffentlich tut es bis dahin nicht mehr so elend weh ...', dachte er in Wahrheit stumm bei sich.


Autor: Simanca

Ob Dom Moritatios Ausführungen wurde Zaidas Gesicht länger und länger. Doch aller Enttäuschung zum Trotz vernahm sie sehr wohl, was der mittlerweile gut gelittene Griesgram von sich gab, und so blitzte es aufgeweckt in Zaidas Augen auf. "Gut, ich werde dich sicher nicht vor deine Oponentin schieben. Und ich mag auch meiner Comtessa getreulich jedes einzelne deiner Worte ausrichten." Nur kurz hielt sie inne, ehe sie fortfuhr und ihn dabei am Hemdsärmel zupfte.

"Du hattet also eine 'Äh-Unterredung' mit Domna Richeza, ja?", blinzelte sie und neigte den Kopf zur Seite. "Weißt du, Dom Moritatio, ich bin vielleicht grad groß genug, dass ich dir bis zum Brustknopfloch reiche, aber ich weiß schon, was im Busch ist, wenn unser Stallbursche der Magd mit treu...lichem Blick nachäugt." Gerade nochmal gerettet, treudoof wäre jetzt sicher nicht so gut gekommen, wo sie doch gerade versuchte, Moritatio zu helfen. "Wenn ich so drüber nachdenke, dann hatte einer meiner Begleiter in der letzten Zeit auch so einen Blick ...", brummelte sie.

Nur um dann ernst zu werden. "Du lässt uns doch jetzt nicht einfach hängen, oder? Ich meine, ich geb' zu, ich bin dir sicher noch mehr auf die Nerven gegangen, als deine Griesgrämigkeit mir. Aber wir haben doch Einiges zusammen durchgestanden und ... naja ...", verlegen rieb sie sich durch die wirren Locken, "mir ist irgendwie gar nicht wohl dabei, wenn du jetzt allein losreitest ... ich meine, wo sich die Ferkinas hier noch herumtreiben?"

Sie biss sich auf die Unterlippe, aber es gelang einfach nicht, sich zu bezähmen. "Und wenn dir was an Richeza liegt, dann solltest du nicht gleich die Ballestrina ins Korn werfen ... ich meine, du bist doch nicht irgendwer!"

Vor allem sollte er sich nicht einfach als Prügelknabe so einer bösartigen Mutter hergeben, die ihn behandelte, als wenn er nichts taugen würde ...


Autor: SteveT

Moritatio verdrehte die Augen. "Ach, Kleine - was verstehst du schon von der Liebe?" Er überlegte kurz und wank dann ab. "Verschwende deine Sehnsucht nicht an das Unerreichbare - das waren Richezas Worte gestern Abend. Verstehst Du? Sie ist die Unerreichbare! Unerreichbar für fast jeden Kerl - aber vor allem für mich! Ich bin Deine Base, Mo!" rezitierte er aus dem Gedächtis, Richezas Tonfall dabei so täuschend echt nachahmend, das Zaidas Mundwinkel nach oben zuckten und sie sich beherrschen musste, nicht loszuprusten. "Pah! Und wenn schon? Bei Euch in der Waldwacht treiben ... äh, also ich meine ... heiraten die Vettern und Basen doch auch alle untereinander, nicht wahr? Bei euch ist es sogar unüblich, jemand fremden zu heiraten, mit dem man nicht irgendwie weitläufig verwandt ist."

Er schüttelte den Kopf. "Gujadanya, meine Schwester bei den Achmad'sunni, wird all das Land hier einmal erben - und das, obwohl ich der Erstgeborene bin! Mit Richeza als Gemahlin an meiner Seite, würde Mutter das vielleicht noch einmal überdenken - die beiden stehen eng miteinander, wahrscheinlich wegen meiner toten Tante - Richezas Mutter, der meine Mutter offenbar glaubt, noch irgendetwas schuldig zu sein."

Er wank abermals ab und schluckte die letzten Trockenfrüchte hinunter, die Zaida ihm gebracht hatte. "Gleichwohl - ich schweife ab. In erster Linie bin ich Soldat, Zaida - ein Soldat des Kaisers. Ich hätte schon vor fast zwei Wochen in Punin sein sollen. Mit jedem Tag, den ich mich weiter verspäte, bereite ich meiner Einheit, dem höchst ehrenhaften und ruhmreichen Banner der Junker Seiner Kaiserlichen Majestät, große Schande und bringe den Namen meines Hauses am kaiserlichen Hof in Misskredit.

Deshalb muss ich so schnell wie möglich nach Punin, Zaida - aber ich habe kein Pferd! Ich muss zu Fuß bis nach Schrotenstein und mir dort ein Pferd meines barönlichen Großcousins borgen. Ich habe hier ja keinen einzigen Kreuzer, um mir schon früher irgendwo eines zu kaufen. Dom Hernán will ich nicht um eines seiner wenigen Rösser schmälern, nach allem was er für uns getan hat. So bleiben mir also nur die eigenen Füße ... wobei ..." Ein schelmisches Glitzern trat in seine Augen. "Die Harmamund hat doch ein sehr schönes Tier. Dieser kräftige Fuchs dort drüben vor der Hütte. Hehehe - ja, das ist mal eine gute Idee! So bin ich schneller und sie richtig langsam - beides ist für uns nur von Vorteil!"

Er piekste Zaida kurz mit dem Zeigefinger in die Seite. "Was meinst du, freche kleine Domnatella? Fällt dir wohl ein Grund ein, Morena von Harmamund abzulenken und sie unter irgendeinem Vorwand hier hinten ans Ende des Dorfes zu locken? Ich schleiche mich derweil hier hinten im Schutze der Hütten nach vorne, und wenn sie sich umdreht, sieht sie ihr stolzes Ross nur noch unter mir in Richtung Elentinischer Ebene in rasendem Galopp davonfliegen. Was hältst du davon?"


Autor: Simanca

Durch Moritatios Monolog hinweg hatte Zaidas Mimik emotionale Wechsel durchlaufen, und so richtig zufrieden, wirkte sie in der Tat nicht.

"Der frechen Waldwachter Domnatella fällt sicher ein Grund ein, um die Elentinerin abzulenken", gab sie mit schmalen Augen zurück. "Aber he, schallawalla oder wie die Ferkinas da sagen würden, was soll das heißen, bei uns heiratet eh immer die Base den Vetter? Bei euch vielleicht nicht, he? Und dann wundern, wenn einem ständig die Garethlinge vor die Beine hoppeln, wenn man nicht genug Cojones in den Hosen hat, um sich an die almadanischen Frauen ranzutrauen!" Energisch blies Zaida die Backen auf.

"Und deine Mutter ... behandelt dich, wie ein Ferkina nicht mal seinen Hund behandeln würde, und du lässt es dir gefallen? Und von Domna Richeza lässt du dich auch einfach ins Bockshorn jagen! Stell dir mal vor, jeder Hengst würde gleich reißaus nehmen, nur weil eine Stute mal die Zähne zeigt - die almadanische Pferdezucht läge jammervoll danieder, und wir würden nur noch auf Schusters Rappen reisen." Vorwurfsvoll stupste sie ihn mit den Fingern in die Rippen, stur ignorierend, dass sie womöglich gerade eine Tracht Prügel von Moritatio riskierte.

"Du bist doch ein Dom und von hoher Cortezia, und vor dir wusste ich nicht mal, was das so wirklich ist ... Dann benimm dich doch auch so und nicht wie jemand, der auf Brosamen angewiesen ist. Nur wenn man Respekt vor sich selbst hat, dann kann man sich auch Respekt von den anderen abtrotzen."

Temperamentvoll warf sie die wilden Locken in den Nacken und stampfte mit dem Fuß auf den Boden, als das Erbe ihrer Mutter sich unvermutet Bahn brach. "Und wenn irgendwer in Punin es wagt, dich anzugehen, wieso du zu spät bist, dann setz ihm zu, bis er freiwillig hier in die Berge kommt und sich an den Ferkinas probiert, ehe er noch mal wagt, etwas gegen dich zu sagen, ha!"

Zaida schnaufte tief durch und spürte, wie ein wenig des las Dardas'schen Temperaments verrauchte. Energisch schob sie die Ärmel nach oben, die wieder bis über die Hände herabgerutscht waren. "So ... und jetzt geh ich da rüber und lenke die Elentinerin ab, dass du dir das Ross leihen kannst ... und wehe du lässt dich erwischen, ohne dir Respekt zu verschaffen, dann red ich nie wieder mit dir ..." Vielleicht sollte sie nicht damit drohen, erfahrungsgemäß verspürten manche das wohl nicht unbedingt als Strafe ...


Autor: SteveT

Moritatio blickte der kleinen Waldwachterin mit gekräuselter Stirne nach. Das fehlte gerade noch, dass er sich jetzt auch noch Vorhaltungen von einer unreifen Göre machen lassen musste, die den Schmerz unerwiderter Liebe bis jetzt vielleicht allenfalls aus den schwülstigen Canzones der Troubadours kannte. Hoffentlich hatte die kleine Nervensäge ihn überhaupt richtig verstanden? Sie hatte ständig von der Elenterin gebrabbelt - dabei war es doch die Harmamund, die sie ablenken sollte! Hoffentlich wartete sie jetzt nicht tatsächlich ab, bis sie und die anderen am Hof der Elenterin eintrafen, wie es Rominas Gefolgsleute offenbar planten, denn dorthin konnte er sie natürlich unmöglich begleiten - da wäre es ja noch besser, geradewegs vor die Burg der Harmanunds zu reiten, als sich in Selaque auf dem Albamonte sehen zu lassen!

Immerhin ging Zaida zu den anderen zurück und steuerte damit auch auf die vermaledeite Harmamund zu. Er würgte den letzten Rest des Frühmahls herunter, den sie ihm gebracht hatte, und begann dann entlang der Rückwände der Steinbrecher-Hütten nach vorne in die Nähe des Dorfplatzes zu schleichen.



Richeza und Hernán

Autor: von Scheffelstein

Richeza ließ die Hacken ihrer Stiefel gegen die Mauer baumeln und blickte hinab über den steil abfallenden Hang, über die Wälder zu den Bergen im Süden, dem Djer Kalkarif, dem glühenden Krater des Djer Ragaz und den anderen Gipfeln, deren Namen sie nicht kannte. Vor der Majestät der Berge war sie ein Nichts, und ihre Sorgen erschienen ihr nichtig. Und doch vermochte die Schönheit des Morgens die Leere in ihrem Innern nicht zu füllen.

Irgendwo da draußen waren ihre Tante und ihre Base, auf der Suche nach Verbündeten, in einem Kampf, der Richeza ebenso sinn- wie aussichtslos erschien. Irgendwo dort unten schmiedete die Elenterin ihre Vergeltungspläne, und die Ferkinas verheerten weitere Dörfer.

Richeza wusste, was ihre Pflicht war. Aber sie würde sie nicht erfüllen. Sie wusste, was sie zu tun hatte. Aber auch das bereitete ihr keine Freude. Die Edle setzte sich auf ihre Hände und starrte auf ihre Knie. Sie war schon wieder dabei, davonzulaufen! Wie lange sollte das noch so weitergehen?

Schritte ließen sie aufblicken. Jemand kam aus Richtung des Dorfes. Stiefel knirschten auf dem Boden, Rüstungsteile klapperten. Wahrscheinlich hatte man irgendeine Söldnerin geschickt, sie zu suchen.

Richeza wandte sich wieder den Bergen zu, den Sonnenstrahlen, die fächerförmig zwischen den Gipfeln hindurch fielen, den langen Schatten der Bäume unter ihr. Am Fuß der Mauer blühten Disteln. Himmelsfalter flatterten von Blüte zu Blüte, und im Gras zwischen den taunassen Steinen verschwand eine Blindschleiche.

Die Schritte kamen näher. Richeza hob den Kopf. Es war Dom Hernán. Zwei Armlängen entfernt blieb er stehen. Sie sah ihn an.


Autor: Der Sinnreiche Junker

Der Blick des Condottiere wanderte über das eindrucksvolle Panorama, ehe seine Augen kurz die Richezas trafen. Dann ging er die wenigen Schritte zu einem umgestürzten Baumstamm, den wohl der Blitzschlag eines der hier recht häufigen Gewitter gefällt hatte. Erneut klapperte die reichlich mitgenommene Rüstung, als er sich dort niederließ, und abermals den Blick in die Weite schweifen ließ.

Ein schönes Fleckchen hatte sich Richeza von Scheffelstein da ausgesucht. Alles wirkte so friedlich, keine umkämpften Castillos, keine rauchenden Dörfer, keine plündernden Ferkinas. Doch natürlich wusste er es besser, der Krieg – sofern man die in dieser Ecke Almadas tobende Fehde und die Ferkinaüberfälle als solchen bezeichnen mochte – hielt nur kurz den Atem an. Schon bald würde es weitergehen wie zuvor. Nicht dass Hernán von Aranjuez plötzlich unter die Rohalsjünger gegangen wäre, doch gab es solche und solche Konflikte, und dieser hier war gewiss nicht nach seinem Geschmack, weder was die Wilden betraf, noch die Fehde hier draußen, hart an der Grenze hin zum Ende der zivilisierten Welt.

„Dom Rondrigo und seine Leute werden mit Domna Romina und Dom Gendahar bald aufbrechen“, brach er schließlich das einige Momente währende Schweigen. „Sich ihnen anzuschließen wäre gewiss der sicherste Weg, um aus diesem Schlamassel herauszukommen. Sie müssen vor Einbruch der Dunkelheit Castillo Albacim erreicht haben“, sinnierte er beinahe mehr selbst vor sich hin, denn dass er Richeza ansprach. Das immerhin könnte für sie zu einem Problem werden, falls Praiosmin von Elenta mittlerweile wieder dort weilte. Oder sonst wer den Befehl hatte, der in ihre Pläne eingeweiht war.

„Vielleicht solltet Ihr Euch unter die Reisigen Dom Brandils mischen. Wenn Praiosmin von Elenta die Möglichkeit sieht, Eurer habhaft zu werden, würde ich mich nicht auf den Befehl des Kaisers alleine verlassen. Doch was immer sie im Schilde führt, sie wird es gewisslich nicht wagen, Hand an des Grafen Tochter zu legen. Der Gemeinen wird sie freilich kaum achten, sofern Ihr Euch also bedeckt haltet …“


Autor: von Scheffelstein

Richeza drehte den Kopf ein wenig, um über die Schulter den Worten des Barons zu lauschen. Dann seufzte sie und schwang die Beine auf die andere Seite der Mauer, wandte sich ihm zu. Einen Moment lang sah sie durch ihn hindurch, wartete, dass er weiterredete, die Worte an ihr vorbeiziehen würden wie der Nebel über den Wiesen im Tal. Doch er schwieg.

Sie riss sich zusammen. "Ich werde nicht zum Castillo Albacim gehen. Es ist meine Schuldigkeit, den Jungen in Sicherheit zu bringen." Gerade noch hatte sie sich davor drücken wollen. Aber hätte sie das gekonnt? Hatte sie je einen Schwur gebrochen, noch dazu einen, den sie bei ihrem Blut geleistet hatte? Oder durfte sie ihn bereits als erfüllt betrachten?

Richeza zupfte ein Stück Haut von ihrem Fingernagel und rieb sich müde die Augen. "Ich kann nicht vor Domna Praiosmin treten, und ich bin es leid, wie eine Bettlerin durchs Land zu ziehen." Ach, wirklich, Richeza? Seit wann machte sie sich etwas daraus, was man von ihr dachte? "Wenn sie durch irgendeinen unglücklichen Zufall davon erfährt, wer ich bin ... Nein, versteht Ihr nicht? Meine Tante liegt in Fehde mit ihr. Inzwischen ist genug Blut geflossen, dass sie offenbar vergessen hat, wem sie ihr Leben und ihre Freiheit schuldet und die ihres vermaledeiten Sohnes. Und der ist noch ein weiteres Problem. Ich weiß nicht, was die anderen Euch bislang berichtet haben ..."

Ärgerlich schüttelte sie den Kopf. "Nein, Dom Hernán. Es geht nicht. Nicht einmal in Begleitung eines gräflichen Banners würde ich mich in die Höhle der Lö ... dieser treulosen Vettel wagen. Auch wenn ich nur zu gerne mein Ross und meinen Degen zurückforderte und ihr damit den fetten Wanst ausschlitzte! Gleichwohl, so, wie's aussieht, stellt Ihr hier die Bewaffneten und nicht der Graf. Ob dessen paar Leute überhaupt lebend durch die Ferkinahorden gelangen, steht auf einem anderen Blatt."

Sie stieß sich von der Mauer ab, legte eine Hand auf die Steine und blickte hinunter ins Tal. "Nein", sagte sie abermals. "Ich kann nicht mit den anderen gehen, wenn sie den Weg über Albacim wählen. Ich werde allein mit dem Jungen reiten, vielleicht noch meinen Vetter ... ähm ... Dom Moritatio mitnehmen, denn auch der ist hier nicht sicher. Gebt uns schnelle Pferde, und ich werde versuchen, im Dunkel der nächsten Nacht weit voranzukommen. Richtung Valenca vielleicht, das scheint mir noch der sicherste Weg zu sein."

Richeza drehte sich wieder zu dem Baron um. "Und noch etwas, Dom Hernán ..." Sie ging zu ihm hinüber und setzte sich neben ihn auf den Baumstamm, kaum eine Armeslänge entfernt. "Ihr mögt die Frage ungebührlich, ja lächerlich finden, und ich weiß, dass ich kaum eine ehrliche Antwort erwarten darf. Dennoch frage ich Euch: Auf wessen Seite steht Ihr?"

Eindringlich sah sie ihn an. "Ihr seid ein Freund des Harmamund und ein Heerführer, ein Baron des Reiches und Vasall des Kaisers und werdet dem Wort des Marschalls sicher aus mehreren Gründen Folge leisten wollen. Gleichwohl wisst Ihr, dass meine Tante niemals aufgeben wird, ehe sie nicht zumindest Ihr Castillo zurückgewonnen und Ihren Besitz von der Elenterin eingefordert hat. Mit Blutzoll, wenn ich sie recht einschätze, denn Domna Praiosmin hat's nun wahrlich zu weit getrieben. Das habt Ihr selbst erlebt, und ich möchte wetten, dass Ihr der alten Vettel nur zu gern einen Denkzettel verpasstet. Einige Eurer Getreuen werden, sagtet Ihr, noch im Gebirge vermisst", überlegte sie weiter. "Wenn Ihr sie suchen lasst, gefährdet Ihr mit jedem Mann und jeder Frau, die Ihr da rausschickt, die Streitkraft Eurer Truppe. Eine unschöne Situation für Euch, wenn ich mir die Bemerkung erlauben darf."

Sie seufzte und senkte den Blick, schnippte einen Holzbock von ihrem Hosenbein und sah dem Baron erneut in die Augen. "Was werdet Ihr tun, Dom Hernán?"


Autor: Der Sinnreiche Junker

Scheinbar verständig nickte der Baron und Junker, als Richeza von Scheffelstein ihm eröffnete, dass sie nicht vorhatte, auf Castillo Albacim Zuflucht zu suchen. Das Risiko war gewiss nicht gering. Doch ob es höher war, als mehr oder weniger allein durch von den Ferkinas heimgesuchte Landstriche zu reiten? Wahrscheinlich war er ganz froh, diese Entscheidung nicht treffen zu müssen.

„Es ging mir auch nicht nur um Euch allein.“, räumte er dann auch ein. „Domna Romina, Dom Gendahar und Dom Rondrigos Leute sind zu elft, die kleine Waldwachterin mit eingerechnet. Mir wäre auch um ihretwillen wohler, wenn Dom Moritatio und Ihr Euch ihnen anschlösset. Vierzehn sind besser als elf.“ Eigentlich zählten ja nur dreizehn, denn der kleine Praiodor konnte wohl kaum als Kämpfer zählen, wenn es hart auf hart käme, doch wollte der Condottiere zweifellos die unheilige Zahl vermeiden. „Mit den Ferkinas jedenfalls sollte sich die Gruppe so oder so nicht einlassen. Sie müssen sich auf die Schnelligkeit ihrer Rösser verlassen, und ansonsten zusehen, dass sie es jeweils bis zum Einbruch der Dunkelheit nach Castillo Albacim und Castillo Schrotenstein schaffen. Hernach sind sie in Sicherheit. Nein, am meisten Sorgen mache ich mir tatsächlich um die Vogtin. Weder wird sie vergessen haben, dass Dom Gendahar um ihr Treiben hier draußen weiß, noch dass er im Burghof die Klinge für Eure Tante gezogen hat.“ Einen Augenblick pausierte er, schien jener Tag doch schon deutlich länger als zwei Wochen zurück zu liegen. Dann zuckte er mit metallischem Klappern mit den Schultern. „Je größer freilich seine Bedeckung ist, desto...zuvorkommender wird sie sein müssen.“

Als sie zu ihm herüber kam, streifte sie sein Blick kurz, ehe er wieder hinaus in die Weite der Berge sah. Einige Momente nahm er sich offenbar Zeit, seine Worte abzuwägen, ehe er langsam antwortete: „Eure Frage ist weder ungebührlich noch lächerlich, Domna Richeza, und ich wüsste nicht, warum ich sie nicht ehrlich beantworten können sollte: ich bin auf meiner Seite.“

Hernán von Aranjuez gestattete sich den kurzen Anflug eines Lächelns, ehe er fortfuhr: „Lasst mich erklären. Die Götter wissen, wie gern ich der Bosquirischen Jungfer jenen Tag im Burghof heute noch vergelten würde, doch würde ich mich damit gegen den Willen Seiner Majestät und Seinen direkten Befehl stellen. Also werde ich meinen Zorn herunter schlucken, und es mit jenem Mawdli halten, der einmal sagte, dass wenn man nur lange genug am Fluss säße, irgendwann die Leichen der eigenen Feinde vorbei treiben würden. Praiosmin von Elentas Leben ist verwirkt, das ist gewiss. Allein die Briefe, die Eure Tante fand, reichen aus sie zu verderben. Zwar lasse ich dies Werk ungern von anderen besorgen, wo ich sie doch nur zu gerne selbst zur Rechenschaft ziehen würde; aber allein deshalb den Zorn des Kaisers riskieren? Nein, sicherlich nicht.“

Damit erhob er sich, und drehte sich halb in Richezas Richtung. „Wenn Eure Tante schlau ist, dann hält sie es ganz genauso. In vielleicht…drei Wochen, wird Entsatz hier sein, dann ist’s vorbei mit dem Spuk. Mit dem einen wie mit dem anderen. Sie muss nur so lange die Füße still halten, dann wird sie von ganz alleine ihr Castillo und ihren Besitz zurück erhalten.“

Natürlich wussten sie beide, dass Domna Rifada da Vanya aus einem anderem Holz geschnitzt war. Beim Gedanken an die Vermissten wanderte sein Blick in Richtung des Djer Kalkarif. Viel weiter als einen Tagesmarsch konnten sie nicht gekommen sein. Mehr als genug Zeit freilich um angegriffen zu werden. Die Vermissten, aber auch, wenn er sich dann auf die Suche machen würde. „Mein Vetter und mein Neffe sind dort draußen, und Anzures ist mein Freund von Kindesbeinen an“, erklärte er schlicht, und presste die Lippen zu einem dünnen Schlitz zusammen. Den offensichtlichen Schluss aus dieser Information überließ er der Landedlen.


Autoren: von Scheffelstein, Der Sinnreiche Junker

Richeza schwieg und folgte dem Blick des Barons hinauf zu den Bergen. "Das tut mir leid", sagte sie und schlug die Augen nieder. "Wirklich." Wie hatte sie nur glauben können, sie sei die Einzige, die Schmerz erlitte? "Ihr habt viel riskiert. Und ich wünsche Euch, dass Ihr nicht mehr verliert, als Ihr bereits verloren habt. Ich meine – ich wünsche Euch, dass Ihr die Vermissten wiederfindet."

Götter, wenn es zu einer Ausweitung der Fehde käme, solange der Baron und Junker noch die Weisung hatte, eben eine solche zu verhindern, so wären es seine Leute, vor allen anderen, die unverdient den Tod fänden! Söldner hin oder her, bislang war Richeza nicht bewusst gewesen, dass diese Kämpfer dem Condottiere mehr bedeuteten als Männer und Frauen, die er fürs Kämpfen bezahlte. Dass es gar Verwandte oder Freunde waren, die er verlöre! Mit einem Mal schämte sie sich.

"Wo habt Ihr die Briefe hingebracht?", fragte sie. "Nach Punin? So schnell? Wir können nur hoffen, dass Domna Praiosmin nicht von ihrer Existenz ... oder ... nun ja: ihrem Verbleib ... erfährt, ehe es für sie zu spät ist. Andernfalls wird es richtig hässlich! – Ihr habt wohl recht: Diese Briefe werden der Elenterin das Genick brechen. Ich werde ... versuchen, meine Tante zur Geduld zu ..." Sie brach ab und seufzte. Feige und ehrlos würde der Vorschlag in Domna Rifadas Augen wirken, zu warten, bis jemand anderes das Castillo und allen Besitz zurück eroberte. Das Schlimmste aber war: Niemand anderes als ausgerechnet Gwain von Harmamund würde das Heer führen, das wider die Ferkinas zöge und mutmaßlich auch Domna Praiosmin gefangen nähme. Niemals, niemals!, würde ihre Tante die Hilfe eines Harmamund annehmen, niemals sich in die Schuld der verhassten Familia stellen! Eher schiene die Sonne in der Nacht, als dass sie dies zuließe!

„Ja, wir werden sehen“, nickte Hernán von Aranjuez nur knapp. „Wisst Ihr … im Krieg ist es einfacher nicht zu viel nach zu grübeln.“ Damit schien er die Sache mit den Vermissten auf sich bewenden lassen zu wollen, denn es war wahrscheinlich einfacher schlicht davon auszugehen, dass sie schon wohlauf sein würden. Je mehr man dagegen darüber nachdachte, desto eher schwand die Hoffnung. Zum Nachgrübeln oder um sich selbst – oder anderen – Vorwürfe zu machen, war jedenfalls noch immer hinterher mehr als genug Zeit gewesen. So war ihm dann auch die Erleichterung anzumerken, als die Scheffelsteinerin nach dem Verbleib der Briefe fragte. „Ich habe sie auf Aranjuez meinem Vetter … also meinem anderen Vetter, Rafik, übergeben. Mittlerweile dürfte er jedenfalls in Punin sein, ja, wahrscheinlich paradiert er just in diesem Momente über den weißen Marmor der Theaterplaza, und unterhält die Dämchen mit Geschichten von damals, als er beinahe alleine den Schergen des Usurpators Answin Einhalt gebot …“, grinste Hernán von Aranjuez beim Gedanken an den humpelnden Vetter schief, der gerne und oft betonte, dass immerhin er damals auf der richtigen Seite gestanden hatte – auch wenn es ihm nicht viel mehr eingebracht hatte, als ein lahmes Bein. „Aber keine Sorge, er ist ein gewiefter Advocatus, und mit allen Wassern gewaschen. Er wird wissen, wie die Briefe am besten zu verwenden sind.“

"Ich muss den Jungen in Sicherheit bringen", murmelte Richeza. Selbst wenn er ihr nie wieder ein Lächeln schenken, ihr nie dankbar sein sollte – all das Leid, das so vielen Menschen während der letzten Wochen widerfahren war, wäre umsonst gewesen, wenn ihm etwas zustieße.

"Eines aber verstehe ich nach wie vor nicht", sagte Richeza nach einem Moment bedrückten Schweigens. "Als ich Burg Scheffelstein verließ, entgegen dem Wunsch meines Großvaters, ja entgegen seiner ausdrücklichen Weisung: Wieso habt Ihr und Eure Leute uns begleitet? Wieso, Dom Hernán, sagt es mir?" Wieder suchte sie seine Augen.

Freilich, es gab ernstere Dinge zu besprechen, dachte Dom Hernán, denn die potentiellen morgendlichen Aktivitäten puniner Winkeladvocaten, sodass das Grinsen alsbald wieder aus seinen unrasierten Zügen verschwunden war, ja, bei ihrer letzten Frage runzelte er sogar anscheinend überrascht die Stirn: „Ah, habe ich Euch das nicht gesagt? Dom Ramiro war ein alter Weggefährte aus besseren Ratskellertagen. Keine Frage, dass ich seine Nichte bei der Suche nach seinem Sohne unterstütze. Zumal auch seine Mutter schließlich eine Culming ist … nun ja, war, der Herr Boron hab' sie selig. Jedenfalls hat mir Dom Stordan im Yaquirbruch manche Gefälligkeit erwiesen, sodass ich es auch ihm schuldig war.“

Richeza musterte den Baron bei seinen Worten. "Ja", sagte, "mein Onkel war ein Mann, der es Wert ist, ihm noch nach dem Tod die Treue zu halten. Dennoch: Ich danke Euch, Dom Hernán, nicht nur in seinem Namen. Nicht jeder hätte sich der Ehrenschuld gegenüber einem Toten erinnert.

Wiederum zuckte er mit den Schultern, wie als wollte er Richeza bedeuten, dass das nun wirklich nichts war, worüber sie sich den Kopf zerbrechen musste. „Wenn Ihr Euch schon nicht den Gräflichen anschließen wollt, warum gebt Ihr dann nicht wenigstens den Jungen einstweilen in deren Obhut? Nach all den Fährnissen wird sich gewiss weder Domna Romina noch Dom Gendahar der Bi ... dem Wunsche verweigern, ihn sicher nach Ragath zu bringen.“


Autor: von Scheffelstein

Die Edle scharrte mit dem Fuß über den staubigen Boden und zupfte an ihrer Lippe. Schließlich seufzte sie und stand auf. "Dom Hernán, ich bin kein Mensch, der leicht Vertrauen fasst. Ich würde es mir nie verzeihen, gäbe ich den Jungen in fremde Hände und es stieße ihm dann etwas zu. Aber wahrscheinlich habt Ihr recht: Wir haben nicht auf alles einen Einfluss, und möglicherweise ist er sicherer in Begleitung der Gräflichen als in der meinen." Ein Schatten huschte über ihr Gesicht. "Kommt, gehen wir, ich werde mit Dom Gendahar reden."




Tsacharias, Romina und Zaida

Autor: von Scheffelstein

Der alte Heiler betrat das Zelt, ohne anzuklopfen oder um Einlass zu bitten. Am Eingang blieb er stehen und blinzelte in das Zwielicht.

"Ihr fühlt Euch unwohl, hat man mir gesagt."

Er trat näher an das Lager der Comtessa heran und kniete sich neben sie, warf einen kurzen Blick in den spärlich gefüllten Eimer und einen langen in ihre Augen.

"Wie kann ich Euch helfen, mein Kind?", fragte er leise.


Autor: Simanca

Entschlossen ihrer Ankündigung Dom Moritatio gegenüber auch Taten folgen zu lassen, hielt Zaida auf den Dorfplatz zu, um die "Elenterin" - für welche sie die Harmamund hielt - abzulenken, auf dass ihr der Griesgram ganz elanvoll das Pferd entwenden könne. Eben jenen Kurs hielt sie auch bei - zumindest bis sie sah, wie man Domna Romina - ihre Comtessa! - in ein Zelt trug.

Mit erschrockenem Blick eilte sie hinterher, die falsche Elenterin, Dom Moritatio und die wilden Gedankengänge um diesen und Richeza wie mit einem Schwamm von der Tafel ihrer Gedanken gewischt. Ehe sie jemand aufhalten konnte, schlängelte sie sich hinter dem alten Heiler in das Zelt, in das man die Unpässliche gebracht hatte.

"Domna Romina, was fehlt Euch denn?", quietschte sie leise und schielte besorgt um Tsacharias herum zu der jungen Ragatherin.


Autor: Romina Alba

Romina erwiderte den Blick des Heilers, sah kurz zu Zaida und schickte das Mädchen mit leidendem Blick frisches Wasser holen. Dann sah sie wieder zu Tsacharias auf und nahm seine Hand.

"Ja, Ihr könnt mir helfen, Meister Krähenfreund, ich muss erreichen, dass alle hier zurück nach Ragath reisen. Da dem doch anscheinend ein Befehl des Kaisers entgegen steht, muss ich Phex bemühen und so tun, als könne ich nicht reiten. Sonst schicken sie mich und die Gräflichen zu Pferd weg, und es wird noch mehr Tote geben. Man nimmt mich, wie so oft, nicht ernst, doch ich weiß sehr gut, dass meine Sicherheit über allem steht. Wenn ich zu schwach zum Reiten bin, werden alle zu meinem Schutz mitgehen müssen. Ebenso werdet Ihr und damit auch der Knabe und Richeza sowie Moritatio bei mir bleiben müssen. Ich bitte Euch nicht, zu lügen, sagt einfach, es sei mir nicht möglich zu reiten. Wenn ich es recht bedenke, ist es das auch nicht, auch wenn der Grund die Sturheit mancher hier und nicht meine Übelkeit ist." Ihre blauen Augen leuchteten bittend. "Bitte helft mir, alle Menschen von hier wegzubringen."


Autor: von Scheffelstein

Tsacharias Krähenfreund schwieg und betrachtete Romina mitleidig. Schließlich seufzte er. "Der Hass der Welt lässt sich mit Befehlen nicht mindern, er ist wie die Wurzeln eines alten Baumes, die mit Macht durch das Pflaster brechen, und alle Pflastersteine der Welt können sie nicht aufhalten. Wenn Ihr den Durchbruch an einer Stelle verhindert, so suchen die Wurzeln sich einen neuen Weg. Und wenn Ihr den Stamm fällt, so kriegt er neue Triebe, und die Saat geht auf an einem neuen Ort.

Allein die Liebe vermag den Hass zu zähmen, denn die Liebe ist wie die Blüten der Blumen, die am Fuße des Baumes wachsen, die werden und vergehen; und wer sie erblickt, dem ist der Baum nur eines unter vielen Geschöpfen Tsas, und er fürchtet die Wurzeln nicht, sondern erfreut sich an den Farben der Blüten, deren Wurzeln die Wurzeln des Baumes umgeben: Die Liebe nährt den Hass und der Hass nährt die Liebe. Der Gleichmütige aber weiß um die Gesamtheit und fürchtet nicht das Einzelne."

Tsacharias Krähenfreund umschloss Rominas Hand mit seinen Händen. "Euer Ansinnen ist löblich, doch es ist erfolglos. Wenn Euch unwohl ist und Ihr nicht reiten könnt, so wird man am ehesten einige Tage hierbleiben, bis es Euch besser geht. Vielleicht werden alle hierbleiben, vielleicht auch nicht. Eurem Wort steht der Befehl des Kaisers entgegen, Eurem Wunsch der Wille all jener Menschen dort draußen, jener zumindest, die Euch nicht in Liebe zugetan sind, der Sorge um Euer Wohlergehen die Sorgen und Ängste Eurer Begleiter."

Seine Augen wanderten über ihr Gesicht, ihren Körper, zum Eimer und wieder zu ihren Augen. "Tut das nicht, mein Kind! Euer Opfer wäre vergebens und würde Euch verbittern! Wie wollt Ihr den Hass in diesen Landen heilen, wenn Ihr Euch selbst und Eurem Körper nicht mit Respekt und Liebe begegnet?" Er legte ihre Hand sanft auf der Decke ab.


Autor: Romina Alba

Die Comtessa richtete sich auf. Ihr war deutlich anzusehen, daß sie den verschlungenen Gedankengängen des Heilers nicht folgen konnte.

"Bei allen Zwölfen, Meister, was hat Liebe und Hass damit zu tun, dass es dumm wäre, unsere Kräfte aufzuspalten? Bei allem Respekt für Euch und Euer Können ..." Sie brach ab und seufzte. "Ihr seid ein Tsadiener und ohne Zweifel ein sehr gelehrter Mann, doch hier könnt Ihr mir wohl nicht helfen." Sie ließ sich wieder zurücksinken und schloss die Augen.

"Ich werde verbittern, wenn ich alles tue, was in meiner Macht steht." Leise sprach sie, eher zu sich selbst, als zu ihm, und spürte den Worten nach. Warum nur kam sie sich klein und unbedeutend vor? Sie war eine Grafentochter, Spross zweier mächtiger Familien. Wie eine Welle traf sie wieder die Erinnerung an die Gefangenschaft, sie spürte die Fesseln, spürte den Mann auf sich. Tränen stiegen auf. Sie biss die Zähne zusammen und zwickte sich selbst. Der Schmerz half. Sie war nicht mehr bei den Ferkinas. Sie öffnete die tränennassen Augen, wischte darüber und kam langsam hoch.

"Habt Dank, Euer Gnaden." Sie sah den Geweihten ernst und entschlossen an. "Ich weiß zwar immer noch nicht, ob ich Euch je verstehen werde, doch ich werde über Eure Worte nachdenken. Und für diese Sache hier einen anderen Weg wählen."

Sie lächelte, als eine besorgte Zaida mit dem Krug frischen Wassers ins Zelt stürmte.

"Es geht mir schon besser", antwortete sie auf die unausgesprochenen Frage in den Augen des Mädchens. "Ein Becher Wasser ist jetzt genau das Richtige." Sie mochte das Mädchen. So voller Schwung und Hilfsbereitschaft. Eine Wohltat unter all den egoistischen Menschen hier.


Autor: von Scheffelstein

"Wenn Ihr die Menschen führen wollt, meine Liebe, so müsst Ihr sie verstehen", sagte Tsacharias Krähenfreund zu der Comtessa, nahm dem Mädchen lächelnd den Krug ab, goss einen Becher Wasser ein und reichte ihn Romina.

"Blickt hinter die Masken aus Zorn und Bitterkeit. Lasst Euch nicht täuschen von unfreundlichen Worten und heißem Stolz: In unserem Innern sind wir Kinder Tsas ein Leben lang - verletzlich und oft verunsichert. Gleich welchen Standes wir sind, unser Wunsch nach Liebe und Glück verbindet uns. Doch allzu oft versagen wir uns, was andere uns verwehren: Verständnis und Respekt, Freundlichkeit und Güte. Wir fegen die bunten Blüten hinweg und legen die Wurzeln unseres Hasses frei, weil wir glauben, in unserem Schmerz kein Anrecht auf Liebe zu haben, weil wir es als Zeichen der Schwäche ansehen, uns selbst das Mitgefühl entgegenzubringen, das andere uns verweigern."

Er berührte ihre Stirn ganz sacht mit den Fingerspitzen. "Verwehrt Euch den Kummer nicht, mein Kind. Eure Tränen sind wie der Regen, den die Blüten der Liebe zum Wachsen brauchen. Betrachtet sie mit Gleichmut. Das Wasser lässt sich nicht aufhalten. Haltet es zurück, und irgendwann werdet Ihr Euch einer Flut erwehren müssen."

Er stand auf. "Achtet auf Euch, seid wahrhaftig in Euren Gefühlen, und Ihr werdet ein Quell der Liebe sein, der nimmer versiegt und dessen Licht die Düsternis der Welt zurückdrängt. Man wird Euch ernst nehmen, wenn Ihr aufgehört habt, Euch als Opfer zu sehen", er hob den Eimer auf, "oder Euch als Opfer darzustellen. Die Stärke eines Menschen liegt in seiner Wahrhaftigkeit." Er legte Zaida die Hand auf die Schulter, blickte aber weiter Romina an. "Ein Kind ist wahrhaftig in seinen Gefühlen. Es wird nicht immer ernst genommen. Aber es erreicht doch meist, was es möchte. Früher oder später."

Er nickte ihr zu und verließ mit dem Eimer das Zelt.


Autor: Romina Alba

Verblüfft sah Romina ihm nach, wurde sich des Bechers in ihrer Hand bewusst und trank ihn aus. Dann drückte sie ihn Zaida in die Hand und strich ihr sanft übers Haar. "Wir werden bald in Ragath sein, Zaida, jetzt müssen wir nur alle zusammen dort hin bekommen." Sie bedeutete Golshan, hier im Zelt zu bleiben und ging nach draussen. Dom Servando, der sich um Praiodor gekümmert hatte, stand auf. "Habt Dank, Dom", kam Romina seiner Frage zuvor, "aber es geht mir viel besser, behaltet ruhig Platz." Sie achtete nicht mehr auf ihn, sonders sah sich suchend um. Da sie spontan nicht fand, was sie suchte, machte sie sich auf durchs Lager zu spazieren. Irgendwo würde sie Dom Hernán schon finden. Oder Richeza, oder Moritatio.



Romina und Hernán

Autor: Der Sinnreiche Junker

Mit klingelnden Sporen und klappernder Rüstung kündigte Hernán von Aranjuez seine Rückkehr an der Seite Domna Richezas ins Lager an. Wer sich freilich erhoffte, anhand seiner Miene ablesen zu können, welcher Natur ihr kleiner Ausflug gewesen war, wurde ob seines ausdruckslosen Antlitzes enttäuscht. Schließlich trennte er sich von der Landedlen mit einem knappen Nicken, und winkte die Korporalin von vorhin heran.

„Korporalin, ich möchte dass Ihr eine Liste unserer Vorräte erstellt. In einem Wassermaß will ich über jeden Brotleib, jeden Schinken bis hin zur letzten Haselnuss Bescheid wissen. Verstanden? Bien, wegtreten.“ Offenbar war ihm selbst erst jetzt klar geworden, wie lange er noch hinsichtlich des Entsatzes würde ausharren müssen. Und dass sie garantiert nicht genügend Vorräte für die von ihm gemutmaßten drei Wochen hatten.


Autor: Romina Alba

Romina hörte und sah den Condottiere. Entschlossen ging sie auf Abfangkurs und traf just auf ihn, als die Korporalin salutierte und sich entfernte. Sie sah ihr nach, es herrschte angenehme Zucht und Ordnung unter diesen Söldlingen.

"Auf ein Worte, Baron", bat sie freundlich, "gibt es schon Nachricht von der Vorhut, die Ihr vermisst?"

Als der Angesprochene verneinte, nickte Romina, ohne ihn direkt anzusehen.

"Sie zu finden hat absolute Priorität, da bin ich ganz Eurer Meinung. Danach wäre es mir aber bedeutend lieber, wenn wir alle zum Castillo Albacim aufbrächen. Ich habe keine Ahnung, welche Befehle Ihr aus Punin habt, doch mein Onkel erwähnte, es ginge um zwei Vetteln. Ich schätze, eine davon reitet gerade irgendwo durch diese unwegsamen Berge und die zweite sitzt auf Albacim. Die erste werdet Ihr kaum finden, daher ist es nur logisch, dass Ihr Euch der zweiten zuwendet. Ich bin wahrlich keine Freundin von Rifada da Vanya, doch mich schaudert viel mehr, wenn ich an die Elenterin denke. Der Sohn dieses Weibes treibt sich frei bei den Ferkinas herum und spricht deren Zunge. Schon dort versuchte er mich für sich zu gewinnen, indem er versprach, mich aus dem Lager zu holen. Ich wusste nicht, wer er war, bis er es in einer Höhle, in der wir uns nach der Flucht versteckten, noch einmal versuchte. Zu diesem Zeitpunkt waren wir, den Götter sie Dank, schon alle beisammen. Er heilte meine Beinwunde und wollte mich magisch zu meinem Vater bringen, nur mich, sonst keinen anderen. Er wollte auch keine Hilfe holen. Natürlich ließ ich mich nicht darauf ein, und als alle wegen unserem Disput wach wurden, richtete er magisch ein Chaos an und entkam. Erst danach erfuhr ich, wer er war." Sie brach kurz ab, als müsste sie ihre Gedanken ordnen.

"Die Einzelheiten sind momentan nicht so wichtig, aber wichtig ist, dass wir Praiosmin von Elenta fragen, ob sie von den Umtrieben ihres Sohnes weiß. Ich finde es ausgesprochen eigenartig, daß die Vogtin in solchen Zeiten eine Fehde vom Zaun bricht. Vielleicht hat sie ja keinen Grund, Angst von der Ferkinas zu haben. Ich möchte diese dunklen Gedanken erst gar nicht zu Ende spinnen ..." Wieder brach sie ab, hob aber den Blick ihrer glänzend blauen Augen zu seinen. Ihr Blick war entschlossen.

"Dom Hernán, ich bitte Euch, lasst unsere Kräfte beisammen und bringt mich nach Punin, nachdem Ihr Eure Vorhut zurück habt. Ich werde jegliche Verzögerung und auch alle Verantwortung für die Folgen auf mich nehmen. Die Gräflichen samt mir mit den Pferden vorzuschicken, ist auch nicht sicher. Die Ferkinas sind ebenso beritten, und wer weiß, wie viele sich draußen in der Ebene herumtreiben. Schon ein Trupp mit zehn von denen könnte uns gefährlich werden. Deren Pferde sind zäher als unsere, ich habe diese Biester gesehen. Und sie haben kein Problem, ihre Tiere zu Tode zu reiten, um mein goldenes Haar samt mir wieder zurückzubekommen."

Sie zog ein vergilbtes Tuch aus ihrer Bluse und drückte es dem Condottiere in die Hand. "Bei der Leuin, Baron, macht, was richtig ist, nicht, was man im fernen Punin für richtig hält."

Das Stück Stoff war noch warm von ihrem Körper.


Autor: Der Sinnreiche Junker

Aufmerksam lauschte der Baron und Junker den Ausführungen der Grafentochter, und mehr und mehr furchte sich seine Stirn. Das waren in der Tat bedenkliche Entwicklungen, dass der Spross der Elenterin so ungezwungen mit den Wilden verkehrte, und was mochte das hinsichtlich der Pläne der Vogtin bedeuten?

Immerhin umspielte schließlich ein sachtes Lächeln seine Lippen, und der Blick aus seinen dunklen Augen war beinahe warm zu nennen, als Romina zu ihm aufsah. Womöglich rührte ihn ihre Fürsorge, womöglich aber auch ihre Unbedarftheit, denn wenn die Sache schief ging, würde es weder in Ragath, noch in Punin interessieren, dass sie die Verantwortung auf sich nehmen wollte. Erst recht, wenn sie selbst womöglich gar nicht zurück kehrte.

„Euer Hochgeboren haben ein gutes Herz …“, sprach er schließlich „…und so muss ich Euch bitten, auch an die Menschen von Selaque zu denken. Auch und vor allem um ihretwillen soll ich versuchen hier Frieden zu halten, denn wer wird sie vor den Wilden schützen, wenn nicht ihre Domnas? Vielleicht vermag ich dies nicht, denn ich zweifle nicht, dass Domna Rifada in jenem Augenblicke unterwegs ist, um die Reisigen ihrer Familia, Verbündete und Fehdehelfer zu sammeln, etwas, das sie, wie ich mit Bedauern feststellen muss, schon längst hätte tun sollen, doch nicht weil es nun gilt, ihr Castillo zurück zu erobern, sondern um sich gegen die Ferkinas zu stellen. Einerlei, mein Befehl lautet gleichermaßen die beiden Domnas im Zaume zu halten, wie auch den Menschen von Selaque zu helfen. Das kann ich nicht von Ragath oder Punin aus.“

Beinahe war es ihm ein wenig peinlich, sich solchermaßen als Menschenfreund zu gerieren. Tatsächlich wäre er wohl ohne den kaiserlichen Befehl ohne schlechtes Gewissen abgerückt, und hätte Selaque sich selbst überlassen. Und er gab sich auch nicht der Illusion hin, dass die Selaquer es ihm sonderlich danken würden, wenn er erst einmal damit anfangen musste, seine Truppe in ihren Dörfern zu verproviantieren. Doch galt es die Bedenken Domna Rominas zu zerstreuen.

Ob das Rossbanner etwas an seiner Meinung änderte? Er musste gar nicht viel mehr entfalten denn eine Ecke, um zu wissen, worum es sich bei dem blutigen Tuch handelte. Vorsichtig legte er das heilige Banner wieder zusammen. „Freilich, ein Risiko ist immer dabei“, zuckte er mit den gepanzerten Schultern. „Ihr könnt morgen Nacht in Sicherheit sein, oder die Wilden könnten Euch schon am Fuße der Berge in großer Zahl auflauern. Vielleicht umzingeln sie uns gerade jetzt hier in Grezzano, vielleicht sterben meine Leute alle bei der Suche nach den Vermissten. Es gibt keine Variante die ohne Gefahr ist, Domna Romina. Wenn Ihr und Eure Leute hierbleiben wollt, so steht Euch dies selbstverständlich frei. Es ist nicht an mir, dahingehend das eine oder das andere zu befehlen. Dom Rondrigos muss sich dahingehend vor Eurem Hohen Vater verantworten.“

Damit gab er ihr das Banner zurück. Vielleicht wollte er sich nicht mit fremden Federn schmücken, vielleicht ging er auch einfach nur davon aus, dass es bei ihr sicherer zurück nach Ragath gelangen würde. „Gebt es Dom Rondrigo. Ich habe ihm auf dem Anmarsch genug Kopfzerbrechen bereitet, das wissen die Götter“, gestand er schmunzelnd, wenn auch natürlich ohne Reue. „Er hat es verdient, es zurück nach Ragath zu bringen.“


Autor: Romina Alba

"Niemand hat es verdient, es nach Ragath zu bringen und Ihr wisst genau, dass ich nicht hierbleiben kann, ohne noch mehr Schuld auf mich zu laden." Romina nahm das Banner zurück. "Ich hätte wissen müssen, dass Ihr so verstockt und eigensinnig seid, wie Vater Euch immer sah. Natürlich wissen wir nie, ob wir das Richtige tun, doch wir können erwägen, welche Variante die Bessere ist, und in Eurem Falle ist das bestimmt nicht das Aufhalten von Domna Rifada. Sie wird sich nicht aufhalten lassen. Nur wenn sie kein Ziel mehr hat, wird sie sich wieder dem eigentlichen Feind zuwenden."

Sie funkelte Hernán wütend an, drängte die Wut aber zurück und wurde ruhig. Ihre Augen wurden kühl, und sie trat einen Schritt zurück. "Ich danke Euch, dass Ihr mich angehört habt, Baron", ein leichtes Zittern in ihrer Stimme verriet ihre Enttäuschung, "ich wünsche Euch Rondras Segen, Ihr könnt ihn brauchen. Das Heer wird noch gut einen Mond auf sich warten lassen, denn unser Kaiser muss erst eine Ungläubige heiraten und kann sich dann um die Rechtgläubigen kümmern!" Sie wandte sich um und ließ ihn stehen.

Nach einigen Schritten drehte sie sich wieder um, die Wut hatte doch Oberhand gewonnen. "Ich werde den schwarzen Rabendorn mit der Gauklerblume kreuzen lassen und nach Euch benennen, damit die Nachwelt weiß, für welchen nichtigen Grund der schwarze Junker letztendlich gestorben ist. Es ist lächerlich, mit dreißig Mann ganz Selaque beschützen zu wollen." Sie drehte sich wieder um und ging.


Autor: Der Sinnreiche Junker

Zunächst hatte der Condottiere mit einem überraschten Blinzeln auf den Ausbruch Romina von Ehrenstein-Streitzigs reagiert, dann hoben sich mehr und mehr seine Augenbrauen. Einmal, zweimal versuchte er eine Replik anzubringen, sich zu rechtfertigen, doch ließ ihn die junge Grafentochter gar nicht zu Wort kommen. Schließlich wandte sie sich ab, und ließ ihn stehen, sodass Hernán von Aranjuez nicht viel mehr blieb, als sich pflichtschuldig zu verneigen, und ein „Ganz wie Euer Hochgeboren meinen.“ zu murmeln.

Die Verneigung war dann auch vonnöten, und fiel daher wohl auch etwas länger aus als sonst, konnte er sich ein schiefes Grinsen doch nicht verkneifen. Mimulus aranjuez…alis, das klang doch amüsant. Freilich schien er nicht der Einzige, dem die Schlagfertigkeit der Comtessa die Mundwinkel nach oben gezogen hatte, standen doch einige Schritt weiter einige Mercenarios, die wohl den einen oder anderen Gesprächsfetzen mitbekommen hatten. „Was gibt’s da zu Grinsen, eh?“, fuhr er sie entsprechend an, das eigene Grinsen wie weg gewischt. „Gewiss habt ihr Taugenichtse irgendeine Arbeit zu tun, oder soll ich euch welche suchen?“



Richeza und Romina

Autor: von Scheffelstein

Wo steckte der Streitzig nur? Richeza verließ das Lagerhaus und verfolgte verwundert den letzten Schlagabtausch der Comtessa und des Barons. Sie trat näher – im ersten Moment versucht, Dom Hernán nach dem Verbleib Dom Gendahars zu fragen. Doch wie sollte er mehr wissen als sie selbst, waren sie doch gemeinsam ins Dorf zurückgekehrt. Ihren zweiten Impuls, die Domnatella nach ihrem Oheim zu fragen, unterdrückte sie und sprach sie – nach einem kurzen Zögern – direkt an.

"Domnatella!" Richeza sah sich um. Dom Hernán schimpfte mit seinen Untergebenen, die Harmamund stand gut sichtbar in gehöriger Entfernung bei den Gräflichen und redete mit Dom Rondrigo.

Richeza betrachtete das wütende Gesicht der Comtessa einen Moment lang und gab sich einen Ruck. "Domnatella Romina, wenn Ihr mir ein kurzes Wort gestattet?" Die junge Frau nickte knapp. Richeza fragte sich, was sie so verärgert hatte. "Dom Hernán berichtete, Ihr würdet zusammen mit Eurem Oheim und den Soldaten Eures Vaters nach Ragath zurückkehren. Der einfachste und sicherste Weg für eine solch große Gruppe – sofern es einen sicheren Weg gibt – ist wohl der über Albacim nach Schrotenstein. Wie Ihr Euch in Anbetracht der Umstände gewiss vorstellen könnt, werde ich Euch nicht dorthin begleiten können." Sie zögerte und fragte sich, ob sie nicht in mehrerlei Hinsicht einen Fehler beging. "Mein Vetter, Praiodor", sagte sie dann, "er ist hier nicht sicher. Er ist ein unschuldiger Knabe, der mit all dem Streit hier nichts zu tun hat. Er ist ...", sie überlegte kurz, "der Großneffe Eures Großvaters und somit Eures Onkels Neffe und damit auch – entfernt – mit Euch verwandt. Und es scheint", sagte sie und presste kurz die Lippen aufeinander, "als ... würde er Euch derzeit nicht weniger ... vertrauen als mir."

Die Edle holte tief Luft, atmete langsamer wieder aus und biss sich auf die Lippen. Dann sah sie der jungen Frau fest in die Augen. "Domnatella, es war eine harte Zeit für uns in den letzten Wochen, für Euch mehr als für jede sonst und Ihr habt es gewiss nicht leicht gehabt mit ... mit mir. Und Domna Rifada. Dennoch bitte ich Euch: Nehmt den Jungen mit Euch und sorgt dafür, dass er sicher nach Ragath gelangt! Sendet Dom Stordan von Culming Nachricht über das Schicksal seiner Schwester und das seines Neffen. Gebt ihn zurück in die Hände der Therbûniten, damit er Euch nicht zur Last fällt, oder in die meines Großonkels: Dom Federigo von Kornhammer-Scheffelstein, er ist Kammerherr in Ragath, wie Euch gewiss bekannt ist. Und lasst Domna Praiosmin nicht erfahren, wie teuer er mir ist", fügte sie bitter hinzu, "denn die Alte scheint kein Ehrgefühl zu besitzen und jedes Mittel scheint ihr gerade recht, um meiner Familia zu schaden."

Sie seufzte grimmig. "Domnatella, was auch immer in der Vergangenheit gewesen, was auch immer die Zukunft bringt: Nehmt Euch des Jungen an um seinetwillen. Denn wäre Almada das Land, das es sein sollte, würden wir das Blut, das uns in ihm verbindet, höher schätzen als jenes, das uns trennt. Er ist nur ein Kind. Nehmt ihn mit Euch! Bitte!"



Moritatio, Morena, Hernán, Romina und Zaida

Autor: SteveT

Moritatio lugte hinter einer der halb zerstörten Steinbrecherhütten am zentralen Dorfplatz von Grezzano hervor. Worauf wartete sie nur? Diese dumme, pflichtvergessene Göre, der ein Versprechen offenbar nicht viel mehr als eine nichtssagende Floskel bedeutete. Konnte man so töricht sein und ein gerade noch angekündigtes Vorhaben während der vielleicht siebzig oder achtzig Schritt Fußweg zurück zum Dorfplatz wieder vergessen? Weit und breit war von der kleinen Waldwachterin nichts zu sehen!

Sie war erst mit der Comtessa statt der Harmamund in einem Zelt verschwunden - dann mit einem Krug wieder herausgekommen und dann kurz danach - mit dem offenbar von ihr gefüllten Krug - wieder in das Zelt hineingegangen. Die Harmamund, die sie eigentlich hätte fortlocken sollen, plauderte derweil völlig unbehelligt mit dem alten Castellan des Tobriers, gegen den seine Mutter so einen großen Groll hegte.

Zu Moritatios Glück stand sie mit diesem und ein paar anderen Lakaien des falschen Grafens aber doch recht weit die Dorfstraße hinab - zumindest halbwegs in der Richtung also, in die der Unglücksrabe Zaida sie eigentlich hätte locken sollen.

Natürlich hätte er noch den Einbruch der Dunkelheit abwarten können - aber bis dahin hätte ihn die Harmamund vielleicht ihrerseits entdeckt, oder aber einer der Landsknechte Dom Hernáns stellte ihn laut zur Rede, wieso er sich die ganze Zeit hinter den Hütten herumdrückte. Diese kannten ihn zwar teilweise, und es war prinzipiell sein gutes Recht, sich aufzuhalten, wo immer es ihm beliebte - schließlich war das hier immer noch ihr eigener Grund und Boden - aber besser wäre es doch, so schnell wie möglich von hier fort und nach Punin zu gelangen. Er hatte eh schon viel zu viel Zeit verplempert.

Er richtete sich auf und ging schnurstracks, die Hände in den Hosentaschen, quer über die Dorfstraße zu der Hütte hinüber, vor der einige Rösser angebunden waren - vor allem das der Harmamund und ihres bärtigen Begleiters. Er achtete darauf so zu gehen, dass die Harmamund nur seinen Rücken sehen konnte, wenn sie denn in ihrer Unterhaltung überhaupt zu ihm herüberschauen sollte.

Eine Mercenaria, die schon beim Hinterhalt im Castillo seiner Mutter zugegen gewesen war, lief an ihm vorbei und tippte sich zur Begrüßung kurz an den Caldabreser. Moritatio nickte zurück und zog dann, bei den Rössern angekommen, unauffällig seinen Rapierstumpf. Ein schnelles Ritsche-Ratsche, und der Sattelgurt beim Pferd des Begleiters der Harmamund war durchtrennt. Moritatio überlegte kurz, dasselbe bei den zwei anderen Rössern ebenfalls vorzunehmen, die daneben standen. Aber damit würde er nur Dom Hernán schaden, der dies als Allerletzter verdient hatte. Ohne sich nach der Harmamund umzusehen, band er die Zügel von deren Ross, einem herrlichen schwarz-weißen Wallach, los und schwang sich auf dessen Rücken in den Sattel.

"He, he Freundchen! Was wird das, wenn's fertig ist?", kam plötzlich der bärtige Begleiter der Harmamund von der anderen Seite aus herangestürmt. Aus zu Schlitzen verengten Augen sah Moritatio, wie dessen Hand zum Säbelknauf zuckte, sein Gesicht war zornverzerrt.

"Arriiiba!", klatschte der junge da Vanya dem Wallach aufs Hinterteil und ließ ihn direkt auf den Mann zustürmen. Hinter sich hörte er die Harmamund brüllen: "He! Das ist ja mein Pferd! Der Scheißkerl klaut einfach mein Pferd!"

Berengar brachte sich im letzten Moment mit einem Sprung zur Seite in Sicherheit und schlug dabei mit dem Säbel nach dem Pferdedieb. Moritatio aber hatte es kommen sehen und parierte den Schlag klirrend mit den Überresten seines Rapiers. Dann aber war der Weg frei, und mit donnernden Hufen jagte er aus Grezzano hinaus - den steilen Serpentinenpfad in Richtung der Elenentinischen Ebene hinab.

Berengar wollte ihn sofort verfolgen - aber schon beim Versuch des hastigen Aufsteigens kam ihm sein eigener Sattel entgegen. Im selbem Augenblick kam auch seine Soldherrin angespurtet, auch sie mit dem Rapier in der Hand. "Nimm einen anderen Gaul, du Vollidiot! Den Galgenstrick kriegen wir! Ich will verflucht sein, ich glaube das war der Sohn der da Vanya! Aus dem machen wir Hackfleisch!"

Teils unter Anfeuerungsrufen, teils unter Gelächter oder Empörungsrufen, schnitt sie die Zügel der zwei anderen angeleinten Rösser los, die wohl dem Söldnerhauptmann oder den Gräflichen gehören mussten und schwang sich in den Sattel eines der Pferde.

"Los, los - ihm nach!"


Autor: Der Sinnreiche Junker

Obgleich überall um ihn herum Bewegung war, war dem Condottiere nicht entgangen, wie der Mietling Domna Morenas in seinem Augenwinkel losgestürmt war. Mit einer Drehung des Kopfes verfolgte er dessen Weg, bis sein Blick bei Moritatio ankam, der sich gerade auf das Ross der Harmamund geschwungen hatte. Das roch nach Ärger. Und nicht nur das…

„Anzures?“

Nichts geschah. Normalerweise musste der Baron und Junker seinen Waffenmeister nur auf eine Situation aufmerksam machen, und dieser wusste zumeist, was sein Herr von ihm erwartete. Ob er nun Befehl geben wollte, dem jungen da Vanya einen Bolzen hinterher zu jagen, musste vorerst ungeklärt bleiben, da Anzures Ballan nicht hier war. Einen Moment schien des Hernán von Aranjuez entfallen zu sein, sodass er den gewohnten Befehl gegeben hatte. Viel Zeit blieb für diese schmerzliche Erkenntnis freilich nicht, da sich nun auch Domna Morena und ihr Begleiter an Rössern zu schaffen machten.

„Halt!“, schallte es über den Platz, derweil der Condottiere einigen seiner Mercenarios winkte. Den Weg würden sie zwar nicht mehr versperren können, doch hatten zumindest die zur Wache eingeteilten Söldner teilweise Bogen und Armbrust in Händen.

„Domna Morena…“, war ihr entfernter Verwandter einige Schritte auf die Harmamund zugegangen – und doch noch weit von ihr entfernt, sodass er noch immer rufen musste „…lasst den Jungen ziehen, das ist ein Befehl!“


Autor: Ancuiras

"Den Kerl lass ich ziehen - wenn er noch laufen kann, wenn ich mit ihm fertig bin. Aber mein Ross bleibt hier!", rief Domna Morena dem Baron von Dubios über die Schulter zu, bevor sie dem Pferd die Sporen gab und sich an die Verfolgung machte.

Berengar hingegen blieb, wo er war und warf fluchend seinen Sattel zu Boden.


Autor: Romina Alba

Romina hatte Richeza mit gerunzelter Stirn zugehört und wollte gerade zu einer Erwiderung ansetzen, als der Tumult losging. Verwundert sah sie wie Moritatio augenscheinlich das Pferd der Harmamunderin klaute. Sie schmunzelte, als Berengar zu Boden ging, wurde aber schnell wieder ernst. Als Domna Morena auf ein anderes Pferd stieg, lief sie los. Sie spürte deutlich den Blick Dom Rondrigos auf sich, er rief nach ihr, sie hörte es trotz des bellenden Befehls des Condottieres.

Doch auch die Comtessa hatte beschlossen, nicht zu hören, geschmeidig umlief sie den fluchenden Berengar, setzte über den Sattel hinweg, ein federnder Sprung und sie saß auf dem ungesattelten Pferd. Blitzschnell trieb sie das erschrockene Tier hinter Domna Morena her und sprengte kurz darauf ebenfalls im gestreckten Gallop die Dorfstraße hinunter.


Autor: Simanca

Gerade hatte sie dazu ansetzen wollen, der Comtessa etwas zu bedenken zu geben, als der Tumult auch schon losbrach. Verdammt, sie wusste doch, dass sie über ihre Sorge um Domna Romina und diese interessanten Ereignisse um Selaque oder nicht Selaque irgend etwas entscheidendes vergessen hatte! Und zweimal verdammt, konnte er nicht warten, bis sie ihre gewichtigen Worte an die Ehrensteinerin gebracht hatte, ehe er so etwas abzog?

Mit großen Augen sah sie der Comtessa nach, wie diese stolz und wild auf dem ungesattelten Pferd die Dorfstraße hinter Moritatio hergaloppierte. 'Ich auch!', dachte sie bei sich und wieselte klein und unbeachtet in Richtung der Rösser. Klar wie Praiostempelscheiben, dass sie da sein wollte, wo ihre Comtessa hinritt!

Blitzschnell hüpfte sie auf einen Holzstoß und sah sogleich ihre Chance gekommen, als einer der Mercenarios auf einen Braunen aufsteigen wollte. Beherzt hüpfte sie vom Holzstoß auf den Pferderücken und entwand dem völlig entgeisterten Mann zahorigleich die Zügel. "Danke und vergelt's dir Rahja!", quietschte sie, als sie dem Pferd auch schon die Hacken in die Flanken trieb und im gestreckten Galopp hinter Romina hersetzte.


Autor: SteveT

Moritatio grinste und gab seinem Pferd die Zügel frei, ja er peitschte es noch zusätzlich durch leichte Klapse auf die Flanke an. Das war ein mal Renner! Der schwarz-weiße Wallach aus der landesweit berühmten Zucht der Harmamunds machte seinem edlen Gestüt alle Ehre und donnerte über den Waldboden dahin wie ein Drache im Tiefflug. Mit wehenden Haaren wandte sich Moritatio ein letztes Mal gen Grezzano um, das hinter ihm im Grün des Waldes verschwand.

Sofort verging ihm sein Grinsen. Diese Verrückte hatte tatsächlich die Nerven und verfolgte ihn - hier auf seinem eigenen Grund und Boden, auf einem Ross, dass sie entweder Dom Hernán oder aber den Rittern aus dem Gefolge der Comtessa gestohlen hatte.

Aber nun gut - er selbst war ja auch nicht besser. Aber was - bei allen Göttern - war das? Die Harmamund wurde scheinbar ihrerseits von der Comtessa und auch noch von dem Unglücksraben Zaida verfolgt, deretwegen er ja dieses Weib hier überhaupt hinter sich hatte.

Er überlegte und spornte sein Pferd dabei weiter an. Schneller war sein Ross auf jeden Fall, ob es auch ausdauernder war, als das der Harmamund, wollte er lieber nicht auf die Probe stellen. Er kannte die Gegend hier seit seinen Kindertagen - sie war wahrscheinlich zum allerersten Mal da - ein Vorteil, den es auszunutzen galt! Nur, was passierte dann mit Zaida und vor allem der wunderschönen Comtessa, wenn er sie ganz allein und ungeschützt dem rauchenden Zorn der Harmamund überließ?

Deren niederträchtige Rasse war zu allem fähig, seine Mutter hatte ihm so viele Geschichten über die alte Aldea von Harmamund - also über Morenas Mutter - erzählt, daß er sich diese wie eine Mischung aus Domna Praiosmin, Borbarad und Colonello Filippo vorstellte, nur noch gepaart mit der Grausamkeit eines Ferkina-Kriegshäuptlings. Wie die Mutter so die Tochter, sagte ja schon eine alte bosquirische Weisheit!

Nein, er konnte die zwei törichten Domnatellas, die sich seinetwegen in Gefahr brachten, nicht einfach sehenden Auges ihrem Schicksal überlassen und den Trumpf seines pfeilschnellen Rosses ausspielen - er musste raffiniert vorgehen und die Harmamund in eine Falle locken. Normalerweise wäre er einfach mit ihr im Schlepptau vor das Castillo seiner Mutter geritten und hätte sie dort von den Armbrustschützen erledigen lassen. Aber er wusste nicht, wer dort derzeit das Sagen hatte. Auch zu Udinias Hütte zu reiten, wo sein Vater und der Rest des Burggesindes offenbar lagerten, war nicht sicher, da die kräftigsten jungen Männer ja in Grezzano weilten, um den kleinen Praiodor zu tragen. Also doch lieber ins heimatliche Vanyadâl, das er wie seine Westentasche kannte!

"Arriba, ándale!", feuerte er sein Pferd weiter an und ritt weiter bergab, bis der Wald sich lichtete und schließlich dem kargen Gestrüppland der Elentinischen Ebene wich. Die Harmamund verfolgte ihn noch immer, aber sie war auf ihrem Klepper gut und gerne 150 Schritt zurückgefallen und die Comtessa und vor allem Zaida, die offenbar etwas bessere Pferde erwischt hatten, schickten sich an, die Schurkin sogar gleich zu überholen ...



Rondrigo, Hernán, Richeza, Praiodor und Gendahar

Autor: Der Sinnreiche Junker

Gefährlich knirschten die Zähne des Condottiere, als sich nicht nur Domna Morena seinem Befehl widersetzte, sondern sich auch noch Domna Romina und Domnita Zaida einfach so Rösser krallten. Als er noch jung gewesen war, hatte man in Almada Pferdediebe ohne viel Federlesens zu Tode geschleift, gleich welchen Standes sie waren. Und niemand hatte hinterher gefragt, ob man denn auch über das ius gladii, das Recht der Halsgerichtsbarkeit verfügte.

Wahrscheinlich war es aber weniger der mögliche Verlust einiger Rösser – er hatte ja ohnehin geplant, die gräfliche Entourage dahingehend auszustatten, auf dass sie rasch dies gefährliche Terrain verlassen konnten – als dass nichts voran ging, nichts so lief wie geplant. Eigentlich hätte die Gruppe längst unterwegs sein sollen, sodass er sich der Suche nach seinen eigenen Leuten und hernach der Ausführung des kaiserlichen Befehls widmen könnte. Aber offenbar tat hier ja jeder was er wollte.

„Dom Rondrigo!?“, bellte der Baron und Junker quer über den Platz. Er machte sich gar nicht erst die Mühe hinüber zu gehen, sondern schimpfte weiter hinüber: „Ihr und Eure Leute hätten längst unterwegs sein können. Ich erwarte, dass Ihr Euch verdammt noch mal endlich auf den Weg macht! Seht zu, dass ihr umgehend abmarschbereit seid, sobald sich dieser…dieser…Zwischenfall…geklärt hat.“

Das Gesicht des alten Castellans hatte sich derweil verfinstert. Zweifellos war er ebenso wenig glücklich über diese abermalige Verzögerung, doch in diesem Tonfall? Er verschränkte die Arme vor der noch immer breiten Brust, und machte keinerlei Anstalten sich zu rühren. „Ihr habt mir gar nichts…“

„PACKT EUCH, BEVOR ICH EUCH HINAUS WERFEN LASSE!!!“


Autor: Romina Alba

Dom Rondrigo erbleichte und wurde anschliesend puderrot, er schob von Silvansbühler beiseite, die seufzte und sich Servando Cronbiegler zuwandte, der schon zu Pferd saß. Schnell stieg die Caballera auf, um der Comtessa zu folgen. Der Castellan seinerseits kam über den Platz, direkt auf Don Hernán zu und blieb knapp vor Diesem stehen.

"Macht das, Baron", giftig betonte er das letzte Wort. "Es wird mir ein Vergnügen sein, zu sehen, wie ihr auch diese Gelegenheit verstreichen lasst und euch schlussendlich ruiniert. Wenn ihr denn so lange lebt." Der Veteran betrachtete den Condottiere verächtlich von oben bis unten. "Und jetzt entschuldigt mich, ich muss die Tochter meines Grafen beschützen." Er wandte sich ab und ging zu seinem Pferd, dass Caballera Silvansbühler stehengelassen hatte. Er stieg auf und folgte seinen Leuten.


Autor: von Scheffelstein

Es dauerte einen Moment, bis Richeza die Situation erfasste: Ihr Vetter war offenbar im Begriff, das Pferd der Harmamund zu stehlen. Er hatte sich dabei denkbar auffällig verhalten, sodass die Harmamund nun ihrerseits die Verfolgung aufgenommen hatte. Und aus einem unerfindlichen Grund hatten sich auch die Comtessa und ihr kleiner Schatten entschlossen, sich an der Jagd zu beteiligen.

Ehe Richeza reagieren konnte, galoppierten vier Pferde auf der Straße ins Tal hinunter, und sie konnte nichts tun, als den Staubwolken hinterher zu blicken.

Als die Verblüffung nachließ, wusste Richeza kurz nicht, ob sie lachen oder weinen sollte: Das lief alles so gar nicht nach Plan! Dann brach sich ihr Zorn Bahn, und sie gab einen infernalischen Schrei von sich, dass die Krähen von den Bäumen am Dorfrand aufstoben.

"VERDAMMT!", brüllte sie, "VERDAMMTVERFLUCHTZUMNAMENLOSENNOCHMAL!"

Sie fuhr sich mit allen Fingern über die Stirn, drängte knurrend die Wut zurück und ließ die Schultern hängen. "Haben wir nicht schon genug Probleme?", fragte sie, an niemanden bestimmten gewandt.

Ihr Blick fiel auf Praiodor, der ebenso erschrocken wie befremdet zu ihr herüber sah. Eines war sicher: Wenn die Harmamund zurückkehrte, musste sie weg sein. Sie konnte also nicht warten, bis die Comtessa zurückkehrte, um ihre Bitte zu wiederholen. Und wer mochte sagen, auf welche Seite sich die junge Frau stellte, wenn sie es so eilig gehabt hatte, die Harmamund einzuholen? Vielleicht schlug sie ihr eben vor, sie selbst – Richeza – oder den Jungen als Geisel zu nehmen, im Tausch gegen das Pferd oder Moritatio oder wasauchimmer. Die Harmamund durfte auch nicht erfahren, wie teuer Praiodor Richeza war.

Einen Augenblick spielte Richeza mit dem Gedanken, sich Praiodor unter den Arm zu klemmen, selbst auf ein Pferd zu springen und Selaque auf dem schnellsten Wege zu verlassen. Doch die Wahrscheinlichkeit, zu entkommen, war gering. Dom Hernán tobte und würde sich kein weiteres Ross mehr entwenden lassen. Dom Rondrigo setzte den Flüchtenden nach. Und es stand zu befürchten, dass die Reiter hinreichend Lärm verursachten, um die Ferkinas auf sich aufmerksam zu machen. Wäre sie allein gewesen, wäre sie einfach gegangen. Zu Fuß, irgendwohin, nur fort von hier. Aber sie war nicht allein, und sie konnte den Jungen nicht zu Fuß in Sicherheit bringen. Nicht jedenfalls, solange er ihr nicht vertraute und sie befürchten musste, dass er sich wehrte, schrie oder davonlief.

Verzweifelt blickte sich die Edle um, ob sie nicht doch irgendwo den Streitzig erblickte. Ob wenigstens er vernünftiger war? Aber warum sollte er sich auf ihre Seite stellen, falls seine Nichte sich entscheiden sollte, die der Harmamunds einzunehmen? Wem, verdammt noch mal, konnte sie in dieser verfahrenen Situation überhaupt noch trauen? Sie bemerkte Tsacharias Krähenfreund, der an einem Brunnen stand und einen Eimer ausspülte. Vielleicht …?

Um Fassung bemüht, trat sie an den Aranjuezer heran, dessen fest zusammengebissene Kiefer nichts Gutes verhießen. "Dom Hernán", sagte sie, "das läuft hier alles anders als es sollte. Ihr solltet Euch zunächst um Eure Leute kümmern, denn die sind es, die Eure Hilfe wohl am dringendsten benötigen und sie am ehesten verdienen." Angespannt saugte sie an ihrer Unterlippe "Hört zu, Dom Hernán: Ich werde den Jungen für einige Tage in Sicherheit bringen. Weder die Harmamund noch die Elenterin sollen ihn in die Finger bekommen. Er hat nichts mit all diesem Irrsinn zu tun. Ich bitte Euch darum: Lasst mich gehen! Mich und den Jungen und den alten Heiler, bevor die Gräflichen oder die Harmamund zurück sind. Wenn es mir möglich ist, kehre ich zurück, sobald die anderen fort sind und helfe Euch bei der Suche nach Euren Leuten."

Sie seufzte schwer und schüttelte den Kopf, Ärger und Erschöpfung flackerten über ihr Gesicht. "Verflucht, ich wünschte, wir könnten einfach gegen die dreckigen Bergwilden ziehen, stattdessen wird hier Almadaner Blut vergossen."

Richeza fasste Hernán am Arm, sah ihn an, als wollte sie noch etwas sagen, dann schlug sie die Augen nieder und wandte sich mit einem Kopfschütteln ab.


Autor: SteveT

"Ähem, Herrin?", trat von hinten Landolo an Richeza heran und räusperte sich extra geräuschvoll. Gilano und Zicardo folgten dem ältesten mit einigen Schritt Abstand, ihre Kappen in den Händen drehend.

"Wir haben den ausdrücklichen Befehl von Domna Rifada, Euch zu begleiten - oder genauer gesagt: Euch und den kranken Jungen nach Castillo Quazzano zu geleiten und Euch dort vor dem Burgsass Compano als Nichte der Herrin auszuweisen. Wir - also das heißt Gilano, Zicardo und ich - fragen uns aber, ob wir nicht auch die anderen mit dorthin nehmen sollten, solange wir nicht alle ins Vanyadâl zurückkehren können? Unser Herr, Dom Berengar, und 13 weitere Angehörige des Gesindes warten ja bei der Kate der alten Hexe Udinia auf neue Anweisungen und ... äh ... also im Moment seid allem Anschein nach Ihr unsere Herrin, deren Wort wir befolgen müssen ..."


Autor: von Scheffelstein

Richeza betrachtete Landolo mit einem Stirnrunzeln. Was dachte ihre Tante, was sie mit diesen Gemeinen anfangen sollte? Das Sicherste wäre gewesen, allein mit Praiodor zurückzureisen. Je mehr Menschen sie waren, desto größer war die Wahrscheinlichkeit, von den Ferkinas entdeckt zu werden. Allerdings war Praiodor nun selbst zu einem Problem geworden, einem, das über das einen kränklichen Jungen hinausging. Sie konnte ihren Vetter nicht gegen seinen Willen entführen.

Allerdings: Der Vorschlag dieses jungen Burschen war irrsinnig. Die Wahrscheinlichkeit, das Gesinde ihrer Tante in den Tod zu führen, wenn sie es durch das verwüstete Selaque führte, war hoch. Das kam nicht infrage! Doch hier in Grezzano lassen konnte sie die drei jungen Männer auch nicht. Sie würde sie also mitnehmen und zur Kate bringen.

Sie warf einen Blick über die Schulter zu Dom Hernán und wandte sich kurz angebunden an Landolo. "Ich hole den Jungen. Sammelt Eure Habe ein und bittet den alten Heiler, mich am Ortsausgang zu treffen. Jetzt. Beeilt Euch!"

Sie wandte sich dem Zentrum des Dorfplatzes zu, auf dem Praiodor verlassen vor den Resten des Lagerfeuers saß, das die Gräflichen so eilig verlassen hatten.


Autor: Der Sinnreiche Junker

Das Haupt des Condottieres ruckte zur Seite, als es tatsächlich jemand wagte, ihn in seiner augenblicklichen Gemütslage anzusprechen. Gemeinhin galt er nicht als jemand, der in der Hitze des Gefechtes die Nerven verlor, doch war das Maß an Unvernunft und Narretei, welches in den letzten Momenten an den Tag gelegt wurde, scheinbar auch für ihn zu viel. Geräuschvoll holte er Luft, offensichtlich um auch der Landedlen von Scheffelstein den Marsch zu blasen.

Freilich drängte sich dann der Rustikal Domna Rifadas dazwischen, und aus unerfindlichen Gründen lederte er nicht einfach los, sondern ließ diesen ausreden. Sein Gesichtsausdruck jedenfalls machte nicht den Anschein, als würde ihm irgendeiner dieser Pläne zusagen. Udinias Kate? Dieser Vorschlag war mit drei Knechten, einem Rohalsjünger und einem kleinen Jungen im Schlepptau gewiss kein Kandidat für das Hesindestück des Jahres, wenn der Weg wahlweise durch die Ausläufer des Raschtulswalles führte, oder aber einen erklecklichen Umweg hinab ins Vanyadâl und dann am Rande des Gebirges an Selaque vorbei bedeutete. Ganz zu schweigen von der Variante, zu Fuß Castillo Quazzano erreichen zu wollen.

Zu allem Überfluss hatte sich Domna Richeza alsdann einfach abgewandt, doch unerbittlich erhob sich der gepanzerte Zeigefinger des Condottieres in Richtung des Rückens der Scheffelsteinerin. Doch wo dieser in seiner Reichweite begrenzt war, war es seine schneidende Stimme nicht: „Mercenarios, nehmt Domna Richeza und die Ihren fest.“

Rund um den Dorfplatz wurden Klingen gezogen, die eisernen Spitzen von Hellebarden, Lanzen und Spießen ausgerichtet und Bogen und Armbrust gehoben.


Autor: Ancuiras

Gendahar öffnete die Augen. Draußen war Lärm zu vernehmen, aber er hört es nur wie durch einen Schleier. Ihm war heiß und er hatte Durst. Die alte Wunde in seiner Schulter hatte vor Tagen wieder zu schmerzen begonnnen und schien sich entzündet zu haben. Er hatte sich nur kurz in einem der Zelte ausruhen wollen, doch dann hatte er gespürt, wie die Anspannung der letzten Tage von ihm gefallen war und ihn eine lähmende Müdigkeit überkam. Als er wieder aufwachte, fieberte er. Er konnte sich kaum bewegen und hatte absolut keinen Drang aufzustehen. Verdammt, so würde er kaum bald wieder reisen können! Langsam glitt sein Geist wieder in einen unruhigen Schlaf.


Autor: von Scheffelstein

Richeza erstarrte mitten in der Bewegung, dann drehte sie sich zu dem Baron und Junker um, langsam, fassungslos.

„Das ... wagt Ihr nicht“, stieß sie hervor. „DAS WAGT IHR NICHT!“, brüllte sie, als einige der Söldner sich zögernd näherten. Keinen Augenblick später hatte sie den Säbel in den Hand. Drohend hielt sie die Waffe vor sich, schätzte aus den Augenwinkeln die Entfernung der Gegner ab.

„Was soll das, Aranjuez, verdammt? Lasst mich gehen! Glaubt Ihr, auf diese Weise den Frieden in Selaque zu wahren? - Zurück!“, hieb sie nach einem der Mercenarios, der sein Schwert erhob. „Was ist? Wollt Ihr mich auf dem Land meiner Tante erschlagen, wenn ich mich wehre?“ Wütend funkelte sie den Söldnerführer an, die Mercenarios mit dem Säbel auf Abstand haltend.


Autor: Der Sinnreiche Junker

„Ihr irrt Euch, Domna Richeza“, entgegnete der Condottiere nun wieder ruhig. „Und Ihr werdet es nicht wagen, Euch gegen einen Befehl des Kaisers zu stellen.“

Eisen klapperte und Kies knirschte unter Stiefeln, als ein halbes Dutzend Mercenarios von allen Seiten drohend näher rückte, derweil sich insbesondere die Schützen wachsam im Hintergrund hielten. Zweifellos war der ausgezeichnete Ruf bekannt, den die Scheffelsteinerin als Fechterin genoss, sodass niemand unbedingt den Anfang machen wollte. Außerdem sollte man die Domna ja ‚nur‘ gefangen nehmen, und da war ein Speerschaft im Rücken geeigneter denn wohlfeiles Klingenspiel.

Der Baron und Junker indes schien gar nicht daran zu denken, höchstselbst einzugreifen, sondern blieb in sicherem Abstand stehen. „Ich würde es zu schätzen wissen, wenn Ihr Eure Klinge fallen ließet. Zwingt mich nicht Gewalt anwenden zu lassen.“


Autor: von Scheffelstein

"Gewalt? Ihr habt kein Recht, mich meiner Freiheit zu berauben! Ich habe nichts ... aaooorgh!" Wütend schnellte sie vor und schlug einem der Mercenarios, der sich ihr näherte, mit einem schnellen Ausfall den Säbel auf die behandschuhte Rechte. Der Mann schrie auf und ließ die Waffe fallen.

"ZURÜCK!", brüllte die Edle, während sie zusehen musste, wie mehrere Söldner, die Getreuen ihrer Tante einkreisten, die sich um sie scharten. "Verdammt noch mal, lasst mich gehen!"

Doch der Condottiere machte keine Anstalten, seinen Befehl zu widerrufen. Aus den Augenwinkeln bemerkte Richeza eine Bewegung in ihrem Rücken. Herumwirbelnd griff sie hinter sich und zog sich am Speerschaft des Angreifers an diesen heran. Ihr Stiefel traf ihn zwischen den Beinen, dann erst bemerkte Richeza, dass es eine Frau war, die mehr vor Überraschung denn Schmerz aufschrie und ihre Waffe so rasch zurückriss, dass die Speerklinge Richezas Handschuh aufriss. "Lasst mich in Ruhe! Zum Namenlosen! Ich will doch nur raus aus Selaque!", rief sie und wehrte mühsam den Schwertstreich des ersten Angreifers ab.

"Capitan! Was sollen wir mit dem Jungen machen?", rief die krummnasige Söldnerin von rechts, die ihnen am Vorabend bei der Ankunft in Grezzano in den Weg getreten war. Sie hatte ihre Linke auf Praiodors Schulter gelegt und hielt ihm den Säbel an die Kehle.

"Lasst den Jungen in Frieden, ihr Bastarde!", schrie Richeza. Praiodor starrte mit weit aufgerissenen Augen zu ihr herüber.

"Waffe weg!", befahl der Söldner mit dem Schwert. In dem kurzen Augenblick, den sie abgelenkt gewesen war, hatte er einen Schritt vor gemacht und drückte ihr nun die Schwertspitze unter das Kinn. In ihrem Rücken spürte Richeza den Speer der Frau. Zwei weitere Mercenarias mit gespannten Armbrüsten zielten auf die Edle und Praiodor.

Richeza presste ihre vor Wut zitternden Lippen zusammen, senkte langsam den Säbel und schleuderte ihn dann zornig zu Boden. "Das wird Euch noch Leid tun, Aranjuez!", zischte sie.


Autor: SteveT

Landolo, Zicardo und Gilano hatten kurze Blicke untereinander getauscht, als der Streit der beiden Magnaten losbrach. Ermutigt durch das Vorbild Domna Richezas, der Nichte ihrer Herrin, hatten auch die drei jungen Burgknechte drohend ihre Hämmer erhoben und sich um Domna Richeza gruppiert, so daß jeder der Vier der Feinden aus einer anderen Himmelsrichtung Paroli bieten konnte.

"Was ist das für eine Verräterei, Herrin?", stammelte Gilano leise, dem sichtlich unbehaglich wurde, als die Mercenarios von allen Seiten näherrückten.

"Der verräterische Dom ist in Wahrheit ein Harmamund-Knecht, du Strohkopf!", zischte Landolo zurück. "Das siehst du doch!" Dann wandte er sich leise an Richeza: "Seid ohne Furcht, Herrin - Ihr streitet nicht alleine, wir stehen an Eurer Seite! Der junge Herr - ich meine Dom Moritatio - und auch Domna Rifada und Domnatella Gujadanya sind dem Verräterschwein entkommen. Sie werden es dem Dom mit gleicher Münze zurückzahlen, wenn sie herausfinden, was hier und heute geschehen ist, dessen seid gewiss!"

"Ich befürchte nur, dass uns das nichts mehr nützen wird!", unkte der junge Zicardo, dem die Angst in der Stimme auch deutlich anzuhören war.

Nichtsdestotrotz ließen die drei Knechte ihren Worten Taten folgen und gingen hammerschwingend gegen die Mercenarios vor, sobald diese die Scheffelsteinerin attackierten. Landolo als der Älteste erwehrte sich seiner Haut teuer und schlug gar eine Mercenaria zu Boden, bevor ihn eine andere an der Hand verletzte, sodass er aufstöhnend seine Waffen fallen lassen musste. Zicardo erging es noch ärger, ihn traf ein Stich in die Flanke, sodass er mit einem gurgelnden Schmerzensschrei zu Boden stürzte, die Hände auf das Loch zwischen seinen Rippen gepresst, aus dem dunkles Blut strömte. Gilano dagegen ließ seinen Hammer fallen und hob die Hände zum Zeichen seiner Aufgabe hoch in die Luft, als auch Domna Richeza ihre Waffe fortwarf und er seine beiden Cumpanen blessiert und blutend am Boden sah.


Autor: Der Sinnreiche Junker

„Sehr bedauerlich“, kommentierte Hernán von Aranjuez mit nach unten gezogenen Mundwinkeln die gewaltsame Überwältigung der Knechte. Das Blutvergießen war unnötig gewesen, doch blieb durch die Unvernunft der Scheffelsteinerin nichts anderes übrig. Und es war damit zu rechnen gewesen, dass die Mercenarios bei den Knechten weit weniger zimperlich zu Werke gehen würden; im Gegensatz zu ihrer Herrin waren sie kein Risiko wert.

„Versorgt den Mann“, deutete er auf den Verwundeten, sofern dieser überhaupt noch zu retten war. Lanzen- und Schwertspitzen schoben Landolo, Gilano und die Scheffelsteinerin von Zicardo fort, derweil einige der Mercenarios die Hämmer und den Säbel aufsammelten. „Ich kümmere mich um den Jungen, sucht Dom Gendahar“, wies der Condottiere die Söldnerin an. „Danach bereitet alles für den Aufbruch vor, nur leichtes Gepäck. Heute Nacht sind wir wieder zurück.“

Sodann wandte er sich an die noch immer vor Zorn bebende Richeza von Scheffelstein. „Ich nehme nicht an, dass Ihr mir Euer Ehrenwort geben wollt, keinen Fluchtversuch zu wagen, Wohlgeboren?“ Seine dunklen Augen verengten sich leicht, fürchtete er doch wohl ihre Antwort bereits zu kennen.


Autor: von Scheffelstein

"Mein Ehrenwort?" Richezas Stimme zitterte vor Wut. "Ihr nehmt mir meine Freiheit, ohne jeden Grund, und wollt mein Ehrenwort? Was habt Ihr vor? Wollt Ihr nun vor der Harmamund glänzen, indem Ihr mich ihrem Zorn ausliefert? Oder wollt Ihr Euch bei ihrem Onkel lieb Kind machen, indem Ihr mich als Geisel nehmt, um meine Tante zum Frieden zu zwingen?"

Sie hatte ihm vertraut. Für eine kurze Weile hatte sie geglaubt, ihm vertrauen zu können. Aber vielleicht hatte ihre Tante doch recht gehabt: 'Er ist nicht wegen deines gefallenen Onkels hier, sondern weil er selbst Beute und Belohnung wittert - seien es Titel, Ländereien oder Auszeichnungen vom Kaiser, vom Grafen oder der Reichsvogtin, oder vielleicht hat er sogar insgeheim ein Auge auf dich geworfen und verlangt dann irgendwann einmal ekelerregende Gefälligkeiten von dir als Gegenleistung?' Die Enttäuschung brandete gegen den Zorn an wie eine Flutwelle gegen hell lodernde Flammen, ließ nichts zurück als ein verwüstetes Schlachtfeld, Trümmer, Bitterkeit.

"Macht, was Ihr wollt, mit mir, Aranjuez, aber eines schwöre ich Euch: Wird dem Jungen durch Euer Handeln nur ein einziges Haar gekrümmt, seid Ihr ein toter Mann, und mein eigener Tod wird Euch nicht vor Vergeltung schützen!"


Autoren: Der Sinnreiche Junker, Ancuiras

Das war zu erwarten gewesen. Sich zu erklären, schien er freilich nicht vor zu haben, sondern der Baron und Junker zuckte lediglich mit den Schultern, und wandte sich von ihr ab. „Fesselt Domna Richeza und die beiden Knechte“, befahl er seinen Leuten, und blickte dann zu Berengar, dem Condottiere Domna Morenas: „Legt Euren Sattel auf einen unserer Gäule, Ihr werdet uns begleiten.“ Ein Befehl, keine Frage oder ein Angebot.

"Zu Befehl", nickte Berengar dem Baron von Dubios zu. Es wurde auch Zeit, dass jemand in diesem Sauhaufen den Befehl erhielt, das hatte der Marschall offenbar sogar von Punin aus erkannt. Dom Hernán war da sicher nicht die schlechteste Wahl. Berengar hatte ganz und gar nichts dagegen, den schwächsten Gaul zu reiten, denn dann konnte ihn niemand schelten, sich nicht als Erster in die Reihen des Feindes zu werfen. Wenn es hart auf hart kam - und dafür war er eigentlich schon zu alt - bevorzugte er ohnehin den Kampf zu Fuß. Für einen Almadaner ungewöhnlich, aber den beflissenen, meist adligen Reitern den Vorzug zu lassen, hatte ihn schon ein ums andere Mal die Haut gerettet.


Autor: von Scheffelstein

"Lasst mich los!", rief Richeza, während zwei der Söldnerinnen ihr grob die Hände auf den Rücken banden. "Nehmt Eure Finger weg!", rief sie erneut, als ein dritter Mercenario sie, nicht weniger derb, auf eines der kleinen Steinbrecherhäuser zustieß. Sie sah noch, wie die Söldnerinnen Landolo und Gilano in ein anderes Gebäude führten, dann gab der Mercenario ihr einen Stoß, und sie fiel über die Schwelle des Hauses und prellte sich hart die Schulter am Boden. Der Mann schloss die Tür und verriegelte sie von außen.

"Ihr feigen Schweine! Das wird euch noch leid tun!", rief Richeza. Im Liegen trat sie gegen die Tür, wieder und wieder. Hass loderte in ihrem Innern, drängte die Bitterkeit zurück. Mühselig richtete die Edle sich auf die Knie auf, doch es gelang ihr nicht, aufzustehen. Sie sah sich nach etwas um, mit dem sie ihre Fesseln durchtrennen oder an dem sie sich hochziehen könnte, doch das Haus war spärlich eingerichtet mit einem Tisch, zwei Hockern, einer Leiter und einigen Eimern.

"AUFMACHEN! LASST MICH FREI!", brüllte Richeza, und das Wissen um die Sinnlosigkeit ihres Schreiens machte sie nur umso wütender. Eine leise Stimme mahnte sie zur Besonnenheit, doch der Zorn fraß sich wie Feuer durch ihr Inneres und verzehrte jede Vernunft. Hasserfüllt warf sie sich gegen die Tür, mit der Schulter, fiel um, trat erneut gegen das Holz, ja, schlug gar mit dem Kopf gegen die Tür, ohne dass die ohnmächtige Wut sich lindern ließ.

Wieder war sie gefangen, eingesperrt! Das wievielte Mal in ihrem Leben? Und warum? Warum? Was hatte sie denn getan? Alles, was sie wollte, war, Praiodor aus diesem ganzen Streit herauszuhalten, ihn von hier fortzubringen, in Sicherheit! Aber Praiodor kannte sie nicht mehr, und dem Streit schien sie auch nicht entkommen zu können, ihr Name, ihr Blut beschworen ihn herauf, ob sie wollte oder nicht. Was ihre Tante nur denken würde, dass sie sich abermals hatte gefangen nehmen lassen?

Richezas wegen würde die Junkerin nun möglicherweise ihr Castillo nicht zurückbekommen! Der Aranjuez und die Harmamund würden triumphieren, und Rifada würde sich entscheiden müssen zwischen ihrem Besitz und ihrer Nichte. Wie würde sie sich entscheiden? Richeza wusste nicht, was sie sich wünschen sollte. Ein trotziger, noch immer von Hass erfüllter Teil von ihr sagte ihr, es wäre für alle das Beste, wenn ihre Tante auf ihr Castillo setzte, egal, was mit Richeza geschähe. Ein anderer Teil von ihr erinnerte sich der Worte ihrer Tante in der Waffenkammer des Bergfrieds, und dieser Teil wurde von Selbstmitleid und dem schlechten Gewissen geplagt, ihrer Familia eine Last zu sein.

'Reiß dich zusammen, Richeza!', flüsterte die Stimme der Vernunft, doch gegen die tiefe Enttäuschung vermochte sie sich nicht durchzusetzen. Richeza kroch von der Tür fort und rollte sich unter dem Tisch zusammen. Sie musste an Moritatio denken - für einen kurzen Moment bereute sie seine Flucht, zu der, da war sie sich sicher, ihr abendliches Gespräch nicht unmaßgeblich beigetragen hatte. Sie musste an ihre Tante denken, die Moritatios Vater zwar nicht liebte, doch wenigstens selbst von Dom Berengar geliebt wurde und deren Liebe zumindest von einer Frau erwidert wurde. Selbst ihre harte, unerschütterliche Tante hatte also jemanden, der ihr beistand, obwohl sie nie den Anschein erweckt hatte, dass sie irgendjemandes Beistand oder Liebe im Mindesten benötigte. Aber sie, Richeza, hatte niemanden.

Vergeblich kämpfte die Edle gegen die Tränen an, die ihr in die Augen traten und über die Wangen rollten. Sie biss sich auf die Lippen, um nicht laut zu schluchzen. So einsam wie in diesem Augenblick hatte sie sich seit sehr langer Zeit nicht mehr gefühlt.


Autor: Der Sinnreiche Junker

Derweil erreichte Hernán die Söldnerin, welche er auf die Suche nach Gendahar von Streitzig geschickt hatte, einige Worte wurden gewechselt, woraufhin der Condottiere die Augenbrauen nachdenklich zusammen schob. Abermals einige Worte, dann war die Frau schon wieder unterwegs, irgendeinen Befehl auszuführen – beispielsweise den Krähenfreund aufzutreiben.

Schließlich wandte sich Hernán von Aranjuez dem kleinen Praiodor zu, der mit schreckensweiten Augen das Geschehen verfolgt hatte, und ganz offensichtlich nicht verstand, was hier vor sich ging. Langsam trat er einen Schritt zurück, als der Mann in der Rüstung auf ich zu kam, dann noch einen, dann noch einen, bis der Condottiere schließlich in einigen Schritten Entfernung stehen blieb. Kinder. Zuletzt hatte er sich mehr oder weniger mit Kindern beschäftigt, als Gualterio, der Spross seines Bastardbruders, ein kleiner Junge gewesen war. Dieser war allerdings ein wilder Raufbold gewesen, aufgewachsen in den Feldlagern und Festungen und Garnisonsstädten des Horasreiches. Mit einem kränklichen Jungen, der bis vor kurzem an den Rockzipfeln seiner Mutter hing, hatte er hingegen keine Erfahrung.

Geräuschvoll ob der Rüstung beugte er ein Knie, und verschränkte die Hände auf dem anderen. Ein Lächeln wäre womöglich hilfreich gewesen, doch irgendwie war ihm nicht nach Lächeln zumute. „Ich bin Hernán, ich war ein Freund Deines Vaters“, sprach er behutsam, ehe er die rechte Hand ausstreckte: „Er war ein tapferer Mann, einer der tapfersten, den ich je getroffen habe. Nun frage ich mich, ob sein Sohn genauso tapfer ist?“


Autor: von Scheffelstein

Praiodor sah Hernán mit leicht geschürzten Lippen und gerunzelter Stirne an. Der Junge kratzte sich am Hals. "Hat ... Domna ... Richeza mich entführt?", fragte er dann unsicher. "Warum? Meine Mama mag sie nicht, aber mein Vater schon. Ich verstehe das nicht. Wo sind wir hier? Wenn Ihr ein Freund von meinem Vater seid: Wer seid Ihr? Ernaan ... wie? Ich kenne Euch nicht. Ich will nach Hause! Könnt Ihr mich nach Hause bringen? Bitte, ich will nach Hause!"


Autor: Ancuiras

Gendahar wachte jäh aus einem Fiebertraum auf. Er fühlte sich noch immer benommen. Waren von draußen nicht soeben Kampfeslärm zu hören gewesen oder hatte er das nur geträumt?

Er lauschte. Doch, jemand kämpfte dort draußen. Vielleicht würde die Söldnerin noch einmal kommen, die Dom Hernán nach ihm geschickt hatte, und konnte ihm erklären, was vor sich ging.

Dann auf einmal die Stimme Richezas. Konnte es sein? Es gab keinen Irrtum, zu oft hatte er dieses, nun ja, lauthalse Argumentieren gehört. Mühsam setzte er sich auf. Ihm war noch schwindlig, aber nicht mehr so heiß wie zuvor. Vielleicht war es ja nur ein kurzer Schwächeanfall gewesen durch die Strapazen der letzten Tage... er wurde leider auch nicht jünger.

Erst stemmte er sich in die Knie, dann stand er langsam auf. Er wankte, hielt sich an einem Zeltpfosten fest, aber fiel nicht. Doch erst musste sich sein Körper an die aufrechte Haltung gewöhnen. Ein gefühlte Ewigkeit später tastete er sich zum Ausgang, schlug die Plane beiseite. Er lugte hinaus, um zu sehen, was geschehen war, doch er sah nur Hernán de Aranjuez, der versuchte, ein Wort mit dem jungen Praiodor zu wechseln. Der Junge schaute den erfahrenen Kämpen mit großen Augen an. Neugierig verfolgt der Streitziger das ungleiche Gespräch.


Autoren: Der Sinnreiche Junker, von Scheffelstein

Der Baron und Junker hielt die offene Rechte erhoben, derweil er dem Trommelfeuer an Fragen des Jungen lauschte. Eigentlich hatte er für derlei gewiss keine Zeit, und so langsam mochte er wohl eine Ahnung davon erhaschen, weshalb Richeza von Scheffelstein der Verzweiflung nahe schien. „Dein Vater und ich, wir waren zusammen im Krieg.“ Eine äußerst grobe Verkürzung, aber was sollte er dem Sohn des Alcortas schon anderes sagen.

So etwas wie ein sachtes Lächeln stahl sich dann doch auf sein unrasiertes Antlitz. „Nein, im Gegenteil, Praiodor, Domna Richeza hat dich gerettet. Deine Mutter hat dich hierher zu einem Heiler gebracht, aber es gibt hier viele böse Menschen, deshalb müssen wir uns erst einmal in Sicherheit bringen.“ Zweifellos hatte bereits jemand versucht ihm das zu erklären, wahrscheinlich auch in besseren Worten, aber er musste es zumindest versuchen, denn einen herum krakelenden kleinen Jungen konnte er nun wirklich inmitten all der Ferkinas und bosquirischen Jungfern nicht brauchen.

„Wenn du schön brav bist, erzähle ich dir eine Geschichte von deinem Vater. Willst du eine Geschichte von deinem Vater hören? Vielleicht wie er damals Omlad für Almada eingenommen hat, hm? Würdest du die gerne hören?“ Ein wenig winkte er mit der Rechten, dem Jungen zu bedeuten, ob er nicht herkommen wollte.“

Zögernd kam Praiodor näher und blieb vor dem Condottiere stehen, betrachtete ihn eingehend und nickte dann leicht auf Dom Hernáns Frage nach der Geschichte. Dann plötzlich schien ihm etwas einzufallen und er wirkte angespannt. "Wenn ... Domna Richeza mich ... gerettet hat - warum sperrt Ihr sie dann ein?"

„Was für ein schlauer Bursche du doch bist …“, grinste der Condottiere verschwörerisch, und lehnte sich leicht nach vorne, ganz so, als wolle er dem Jungen ein Geheimnis anvertrauen. Entsprechend versicherte er sich erst einmal durch einen knappen Seitenblick nach rechts und links, dass die Luft rein war, dann raunte er: „Das ist ein Spiel, Praiodor. Wir verstecken Domna Richeza vor den bösen Menschen. Aber pschhhhhhhhhhhht!“ Mit vielsagendem Lächeln legte er den Zeigefinger an die Lippen.


Autor: Der Sinnreiche Junker

„Dom Gendahar?“, trat derweil die Söldnerin ins Blickfeld des Streitzigers. „Der Condottiere hat den Aufbruch befohlen, umgehend. Könnt Ihr laufen?“


Autor: Ancuiras

Der Streitziger versuchte zu verstehen, was Dom Hernán mit dem Jungen sprach, aber sie waren zu weit weg und sprachen zu leise.

In dem Moment trat die Söldnerin in sein Blickfeld und sprach ihn an, als sei er einer ihrer Spießgesellen. Er zog eine Augenbraue hoch und fixierte die Söldnerin von oben herab. "Ich kann mich nicht daran erinnern, Vertraulichkeiten mit dir ausgetauscht zu haben."

Dann hörte er wieder Schreie, vom anderen Ende des Dorfes, aber unverkennbar Schreie. "Was geht dort vor? Ich habe einen Kampf gehört, und Richeza von Scheffelstein hat geschrieen. Gerade eben, das war doch auch ihre Stimme! Sind die Ferkinas eingefallen? Ist ihr die Harmamund an die Gurgel gegangen ... oder etwa umgekehrt?" Bei den letzten Worten hob er die Stimme, so dass auch Dom Hernán ihn hören musste.


Autoren: Der Sinnreiche Junker, von Scheffelstein

Hernán von Aranjuez wandte kurz das Haupt, als von der Seite des Platzes des Streitzigers Stimme erklang. Kurz nickte er dem Thangolsforster zu, ihm zu verstehen zu geben, dass er sein Begehren nach Aufklärung vernommen hatte und sich baldigst darum kümmern würde. Dann sah er wieder Praiodor an, und nickte kurz abermals in Richtung Gendahars, und zwinkerte dem Jungen zu: „Siehst du, den ersten haben wir schon hereingelegt. Und Dom Gendahar ist noch nicht mal einer von den bösen Menschen.“

Praiodors grüne Augen blickten Dom Hernán von unten herauf zweifelnd an. Schließlich furchte er die Stirn. "Ihr lügt!", sagte er geradeheraus und machte einen Schritt rückwärts. Er wirkte alarmiert und blickte zu beiden Seiten, fast als suche er zwischen den Bewaffneten nach einem Fluchtweg.

„Das ist aber nicht nett“, klang hörbar die Enttäuschung in der Stimme des Condottiere. Wahrscheinlich war er selbst überrascht, wie gut ihm dies gelungen war, wo doch langsam der Zorn in ihm aufwallte, dass hier schon wieder jemand seine kostbare Zeit stahl. Und das aus schlichter Unvernunft und Sturheit.

„Ich sagte doch: es ist ein Spiel. Aber wenn du lieber bei den bösen Menschen bleiben willst …“ Damit erhob er sich unter geräuschvollem Klappern seiner Rüstung, und seine ausgestreckte Rechte sank ein wenig herab, wiewohl sie noch immer offen und leicht nach vorne geschoben verharrte …

Praiodors Blick wanderte zu den beiden Söldnerinnen, die die Getreuen Domna Rifadas in eine der Hütten gesperrt hatten und weiter zu dem alten Krähenfreund, der über den dritten Burschen gebeugt war, der leichenblass vor einem der Zelte in der Nähe lag. Deutlich waren die tadelnden Worte des Alten zu hören, der einen der Söldner ermahnte, das Leben eines Menschen höher zu schätzen als einen Befehl wider Tsas Gebote.

Praiodor sah zu dem Zelt hinüber, aus dem der Streitzig getreten war, ehe seine Augen zu Hernán zurückkehrten. "Ich verstehe das Spiel nicht", sagte er vorsichtig. "Wer sind denn die bösen Menschen?" Er zeigte zu dem verletzten Zicardo hinüber. "War er böse? Tötet Ihr die, die böse sind?"

Kurz folgte des Condottieres Blick dem des Jungen, wo gerade ein Söldner auf die Belehrung des Alten hin mit gleichgültigem Gesichtsausdruck ausspie, offensichtlich nicht sonderlich beeindruckt. „Ein bisschen“, nickte Hernán von Aranjuez.

„Aber es war eher ein Versehen. Ein wenig gefährlich ist es schon, wenn man unvorsichtig ist. Deswegen spielen es eigentlich auch nur Erwachsene.“, zwinkerte er dem kleinen Culming-Alcorta zu. Dann deutete er auf die Berggipfel ringsherum: „Die bösen Menschen leben hier überall, deswegen müssen wir uns auch beeilen. Nicht weit von hier gibt es eine grooooooooooooße Burg, wo uns die bösen Menschen nichts tun können. Da müssen wir erst einmal hin, bevor es dunkel wird. Willst Du dahin mitkommen?“

Praiodor schien von den Ausführungen des Condottieres nicht ganz überzeugt, noch immer lag Misstrauen in seinem Blick. "Sind die bösen Menschen echt?", fragte er. "Oder sind sie ... so wie im Spiel?" Er zog die Schultern hoch und sah den Söldnerführer aus großen Augen an. "Wenn Ihr ein Freund von meinem Vater seid, dann werdet Ihr mir nichts tun, oder? Auch nicht im Spiel, oder?"

„Wir spielen ein Spiel mit echten bösen Menschen. Und am Ende werden die sich ärgern“, nickte der Baron und Junker. Kurz runzelte er die Stirn, dann lächelte er wieder. Ließ man die entschuldbare Naivität seines Alters beiseite, war der Junge nicht auf den Kopf gefallen, sondern lediglich äußerst misstrauisch. „Hm…“, dachte der Condottiere gespielt angestrengt nach, und strich sich mit der Linken übers bärtige Kinn. „Meinst du nicht, dass, wenn ich dir etwas tun wollte, ich es nicht schon längst getan hätte? Wir sind alle hier, um dir zu helfen. Ursprünglich, bevor wir die bösen Menschen getroffen haben, sind Domna Richeza und Domna Rifada und Dom Moritatio und ich und all die anderen nur hier her gekommen, um nach dir zu suchen. Jetzt aber müssen wir uns beeilen, denn wenn wir das Spiel gewinnen, dann dürfen wir nach Punin zum Kaiser. Seine Majestät heiratet nämlich bald, und bestimmt hätte er gerne den Sohn eines berühmten Helden, wie dein Vater es war, bei der Feier dabei ..."

Der Junge sah Hernán lange schweigend an. "Ist das ein Traum?", fragte er unvermittelt. "Ich ... ich weiß nämlich nicht, wie ich hierher gekommen bin." Er senkte den Blick auf seine Füße. "Wenn es ein Traum ist, kann ich nicht sterben, oder?" Er scharrte mit dem Fuß im staubigen Boden, dann sah er wieder auf. Plötzlich hatte sein Blick etwas Verschlagenes, als er fragte: "Könnt Ihr mich zu meinem Vater bringen? Ich will ihn sehen!"

Unwillkürlich durchzuckte den Condottiere der Gedanke, ob der verblichene Schelaker es nicht vielleicht sogar zu schätzen wüsste, wenn er seinen Sohn einfach übers Knie legen würde, und ihm den Hintern versohlte. Irgendwann musste er schließlich mal aufwachen. Sein Vater war tot, seine Mutter ebenso, und die meisten seiner Verwandten würden in ihm nur den Erben des Baronsstuhles sehen, womit nicht mehr allzu viele Menschen übrig blieben, die versuchen würden, ihm geduldig eine Myriade mehr oder weniger sinnloser Fragen irgendwie zu beantworten.

„Nein“, schüttelte er mit ernstem Blick den Kopf „Das ist kein Traum, Praiodor, und ich kann dich nicht zu deinem Vater bringen. Wir müssen jetzt aufbrechen.“ Um diese Worte zu unterstreichen, machte er einen Schritt zurück, und wandte sich halb zum Gehen um. Immerhin hob er abermals ein wenig die Rechte, falls der Junge sich entschließen sollte, sie zu ergreifen.

Praiodor wirkte enttäuscht, und für einen Moment stahl sich erneut die Unsicherheit in sein Gesicht, dann schloss er zu Hernán auf, ohne dessen Hand zu nehmen, und trottete hinter ihm her.


Autor: Der Sinnreiche Junker

Die Mercenaria indes trat nervös von einem Fuß auf den anderen. So wirklich schien ihr nicht klar zu sein, dass sie Standespersonen nicht einfach mit Vornamen anzusprechen hatte, gleich ob mit oder ohne Dom. Auch wusste sie ja selbst nicht so recht, was hier eigentlich vor sich ging, sondern führte lediglich Befehle aus. „Also … äh … Euer Edelwohlhochgeboren …“, irgendwas davon würde schon stimmen! „Dom Ron … äh … Seine Nobelhochedelgeboren vom Eisenwalde rückt gleich mit seinen Leuten ab, und Dom Her … der Capitán …“, endlich mal etwas Einfaches! „Der Capitán wird bald folgen.“


Autor: Ancuiras

Nachdem der Baron von Dubios sich nicht anschickte zu antworten, ging Gendahar, das Gestammel der Söldnerin ignorierend, zu ihm hinüber. Die ersten Schritte fielen ihm schwer, denn ihm war noch immer schwindlig, aber er hielt sich aufrecht. Er lauschte den letzten Worten des Capitans und Junkers, als er sich den beiden näherte. Was redeten sie da von einem Spiel, von einem Traum? Bei Hesinde, der Junge war doch kein Kleinkind mehr! Es wurde Zeit, ihm nach und nach die reine Wahrheit zu sagen. Er hätte sich selbst mehr um ihn kümmern sollen, aber hatte das lieber Richeza überlassen. Seine eigene Erfahrungen mit Kindern waren begrenzt, nachdem sein eigener Sohn von dessen Großvater aufgezogen worden war.

"Praiodor", versuchte er die Aufmerksamkeit des Jungen auf sich zu lenken. "Mein Name ist Gendahar, falls du dich nich mehr an die letzten Tag erinnerst. Es war kein Traum. Deine Base Richeza hat dich aus der Wildnis gerettet und du wurdest geheilt. Aber deine Mutter hat die Reise über das Nirgendmeer angetreten." Er ging vor dem Jungen in die Knie, sodass sie auf Augenhöhe sprechen konnten. "Aber das weißt du alles bereits, nicht wahr? Erkennst du mich noch? Ich bin dein Onkel, deine Mutter war meine Base, dein Großvater meines Vaters Bruder. Wir werden dich zu deinem Onkel Stordan bringen, er ist nun dein Vormund." Er blickte zu Dom Hernán hinauf. "Das heißt, wenn Domna Richeza keine anderen Pläne hat ... Wo ist sie - werden sie und der Junge mit uns kommen?" Die Schreie erwähnte er besser nicht, denn er wusste nicht, was der Junge miterlebt hatte.


Autor: Der Sinnreiche Junker

Es war gewiss nicht immer einfach, am Antlitze Hernán von Aranjuez' abzulesen, was er dachte, was er wirklich dachte, doch war nun, als Dom Gendahar sich Jung-Praiodors annahm, echte Erleichterung in seinen bärtigen Zügen zu sehen. Er würde die Götter um Langmut für den Thangolsforster anflehen. Sollte er einmal die Zeit zum Beten finden.

„Ein guter Plan“, nickte er bei den Ausführungen des Streitzigers. „Domna Richeza schien sich nicht sicher, wohin sie den Jungen bringen sollte. Immerhin fühlt sie sich gleichzeitig auch ihrer Tante verpflichtet, Domna Rifada. Freilich, das weiß sie, ist dies nicht die rechte Zeit und der rechte Ort, um sich um einen kleinen Jungen zu kümmern, sodass sie gewiss erleichtert sein wird, dass Ihr ihn von hier wegschafft. Ihr kennt die Scheffelsteinerin, sie bittet nicht gerne um Hilfe“, zuckte er mit den gepanzerten Schultern und blickte dann in Richtung der Gräflichen um Dom Rondrigo, die zum Aufbruch rüsteten.

„Ich gebe Euch eines von unseren Rössern. Den Gilbornslauf werdet Ihr damit kaum gewinnen, doch solltet Ihr zusehen, dass Ihr vor Einbruch der Dunkelheit noch einige Meilen zurücklegt. Am besten sucht Ihr Schutz auf Castillo Albacim, auch wenn die Götter wissen, dass mir das ebenfalls zuwider wäre. Immerhin aber solltet Ihr inmitten von Domna Romina, Dom Rondrigo und ihren Leuten sicher sein.“


Autor: von Scheffelstein

Praiodor betrachtete Gendahar ernst. Endlich hellte sich sein bekümmertes Gesicht ein wenig auf. "Seid Ihr Gendahar von Streitzig?", fragte er. "Der Gendahar von Streitzig?"


Autor: Ancuiras

"Äh, ja, gewiss", antwortete der Thangolforster. "Es gibt niemand anderen dieses Namens."

Gendahar nickte Praiodor noch einmal aufmunternd zu und erhob sich wieder. Dann nahm er Dom Hernán beiseite und sprach leise zu ihm: "Eure Sorge um meine Sicherheit in Ehren, aber Ihr habt meine Frage noch nicht beantwortet. Wo ist Domna Richeza und wieso habe ich sie vorhin schreien gehört, ohne dass wir in einer unmittelbaren Gefahr wären?" Er schaute sich um. "Und wo sind all die anderen: Romina, Dom Rondrigo und Domna Morena?"



Morena, Romina, Zaida

Autor: Romina Alba

Romina trieb ihr Tier gnadenlos an. Lange würde sie den Ritt ohne Sattel nicht durchhalten, ihre Beine waren bei weitem nicht in Höchstform. Sie wollte eh nur die Harmamund einholen, Moritatio auf dem Renner war jetzt schon zu weit voraus. Ihr Tier holte gut auf, trotzdem nahm sie die Zügel mit der Linken, krallte sich zusätzlich in die Mähne und trieb das Tier mit den Fersen wild zur Höchstleistung.

Als sie auf der richtigen Höhe war, lenkte sie ihr Tier eng an das der Harmamund. "Haltet an, Domna", schrie sie zu der Frau hinüber. "Ihr werdet ihn auf diesem Klepper nicht einholen, sowenig wie die Ferkinas, die werden sich dafür an Euch halten."

Sie bleckte die Zähne, als sie Zaida ebenfalls im fliegenden Galopp auf der anderen Seite von Morena auftauchen sah. Verdammt, würde das Kind auch hinter ihr in einem Abgrund springen?!


Autor: Ancuiras

Morena, den Blick starr nach vorne gerichtet, schreckte auf, als sie die Stimme der Grafentochter neben ihr vernahm. Und dann tauchte auch noch diese junge Göre auf ihrer anderen Seite auf.

Sie lauschte Rominas Worten und versuchte zu verstehen, was die junge Frau antreiben mochte. Leider hatte sie recht, dass die mit dem Klepper keine Chance hatte, diesen durchtriebenen da Vanya-Flegel einzuholen, aber war sie allein deshalb hinter ihr her geritten, um ihr das zu sagen? Das musste doch etwas anderes dahinter stecken - vielleicht war sie gar verliebt in den da Vanya und wollte ihn schonen? Zu viele Stunden allein in den Bergen mit einem Mann ihren Alters konnte so manche junge Domnatella durcheinander bringen ...

Jedenfalls schien sie ein besseres Pferd erwischt zu haben. Vielleicht konnte es Morena mit diesem gelingen, den dreisten Pferdedieb einzuholen und zur Strecke zu bringen. Die Pferde aus der Harmamund-Zucht waren schnelle Renner, aber über weite Strecken nicht sehr ausdauernd. Aber wie brachte sie das verwöhnte Grafentöchterlein dazu, ihr das Ross zu überlassen?

Morena zügelte ihr Pferd und hob beschwichtigend die Hände. "Ihr habt recht, Hochgeboren, ich vergeude hier nur meine Zeit und es sind gar zuviele Wilde heuer unterwegs." Sie atmete tief durch und wies auf einen Punkt am Horizont in Rominas Rücken. "Könnte diese Staubwolke dort nicht gar auf einen ihrer Stämme deuten, die neuerdings hier durch die Gegend reiten, als wäre es ihre ureigenen Heimat?"


Autor: Simanca

Erfolgreich war es Zaida gelungen, auf dem Ross, welches wie der Glücksgriff bei einer Lotterie als überraschend flott erwiesen hatte, auf einer Höhe mit ihrer Comtessa und der verfluchten Frau zu bleiben. Als diese nun das Ross zügelte, hatte Zaida endlich genügend Luft - und es kaum mehr Mücken, die einem beim Sprechen in vollem Galopp in den Mund fliegen konnten - um das Wort an Domna Romina zu richten.

"Ha, Comtessa, ich wollte Euch noch sagen ..." Weiter kam sie nicht, als Morena auf die Staubwolke am Horizont verwies. Verwirrt sah sie hinüber und duckte sich dabei noch etwas enger an den Hals des Pferdes. Ihre Verunsicherung schlug wohl auf ihr Pferd über, denn es trippelte nervös und war dabei, sich zwischen die beiden anderen Rösser zu schieben.


Autor: Romina Alba

Romina hatte ihr Ross erleichtert durchpariert, ihre Beine zitterten und ihr unterer Rücken schmerzte wie damals beim ersten Mal ohne Sattel auf einem Ross. Sie knirschte angesichts der Bemerkung der Caballera mit den Zähne, nahm trotz Schmerz das Ross fest zwischen die Beine und drehte das Tier gekonnt aus der Hüfte in die angegebene Richtung. Dann sammelte sie das Tier und beschattete mit einer Hand die Augen, um nach einer Staubwolke Ausschau zu halten.

"Ich sehe nichts, doch das will nichts heißen." Mit den Worten drehte sie das Tier in Richtung Lager, aus dem sich so einige Berittene auf dem Weg hierher befanden und schaute die Harmamund gleichmütig an.

"Auf jeden Fall sollten wir ins Lager zurückkehren. Dass Dom Moritatio Euer schönes Ross gestohlen hat, ist unverzeihlich, doch angesichts Eurer Hasstiraden durchaus verständlich. Er brauchte das Tier bestimmt nur, um getreulich zu seinem Kaiser zurückzukehren. Ich bin mir sicher, dass der Kaiser Euch persönlich danken wird, seinem Junker geholfen zu haben." Romina schaute kurz finster zu Zaida, winkte dem Mädchen, ihr zu folgen und schickte sich an, ihr Pferd zurückzutreiben.


Autor: Simanca

Erst verwundert, dann unverhohlen schmollend wendete auch Zaida gekonnt ihr Ross, um Domna Romina zurück zu folgen. Dabei hatte sie nur sicher gehen wollen, der Comtessa noch das ein oder andere wirklich wichtige zu sagen. Doch irgendwie hatte sie so langsam den Eindruck, dass dies nun nicht mehr wirklich wichtig war. Angestrengt nachdenkend hatte Zaida die Stirn gerunzelt.


Autor: Ancuiras

Als Romina ihr den Rücken zuwandte, um nach den angeblichen Rauchwolken zu schauen, hatte Morena kurz überlegt, ob sie sie von ihrem Ross zerren sollte. Aber sie hatte den Impuls sofort unterdrückt - Hand an die Tochter des Grafen anzulegen, wäre sicher nicht hilfreich gewesen in der aufkommenden Fehde.

Ungläubig lauschte sie den folgenden Worten der Comtessa. Sie schien tatsächlich einen Narren gefressen zu haben an dem da Vanya.

"Was schert es mich, ob der Drecksack zum Kaiser zurückkehren will oder in den Schoß seiner liebreizenden Frau Mama! ER HAT MEIN ROSS GESTOHLEN! Eines der besten unserer Zucht! Das ist kein Caballerosdelikt, dafür kann ich ihn vor das Reichsgericht bringen!" Sie schnappte hörbar nach Luft, riss sich aber wieder zusammen. Dann fügte sie mit kalter Stimme hinzu: "Jedenfalls verstehe ich jetzt, dass Ihr allein deshalb hinter mir her geritten seid, um mich aufzuhalten - und Ihr habt ihm dadurch einen gehörigen Vorsprung verschafft! Übelmeinende könnte das als Beihilfe auslegen ..."

Sie wendete ihr Pferd. Mit etwas Glück konnte sie die Spur des Burschen verfolgen. Ewig würde sein Ross - ihr Ross! - nicht in diesem Tempo durchhalten, schließlich hatte Morena es in letzter Zeit selbst nicht geschont ...

"Sagt meinem Vetter, Dom Hernán, ich bringe ihm diese Schindmähre zurück oder ersetze sie ihm durch zwei davon!", rief sie der Comtessa hinterher. Dann gabe sie ihrem Pferd die Sporen. Von dem Pferdedieb war nichts mehr zu sehen.


Autor: Romina Alba

Romina fluchte laut, als die Frau die Verfolgung wieder aufnahm. Diese blöde Schnepfe hatte eines der besten Pferde der familieneigenen Zucht in ferkinaverseuchtes Gebiet mitgebracht. Sie war selber schuld, wenn das Tier und sie verloren gingen. Moritatio war bestimmt schon über alle Berge, und sie hatte Domna Richeza einfach so stehen lassen. War es das wert gewesen? Mit gemischten Gefühlen schaute sie den Gräflichen entgegen, die schon fast bei ihr waren, allesammt mit grimmig entschlossenen Gesichtern. Nun ja, nicht ganz, Dom Servando lächelte warm. Sie trieb ihr Tier an und gallopierte ihnen entgegen. Irgendwie lief alles schief.

Die Gräflichen umritten sie und nahmen sie in die Mitte. Dom Rondrigo, der als letzter kam, ritt ihr direkt in den Weg und bremste sie aus. Er sah sie hart und eiskalt an.

"Noch mal so etwas, Caballera, und ich schwöre bei Rondra, ich werde Euch bis Ragath bäuchlings auf ein Pferd binden lassen. Da Ihr springt wie ein Reh und ohne Sattel reitet, könnt Ihr so krank nicht sein. Das hätte ich gerade von Euch nicht erwartet. Ich werde Eurem Herrn Vater davon berichten! Wir brechen sofort auf!" Er wendete sein Pferd und trieb es zurück.

Die Comtessa folgte ihm ohne Widerworte, sie kannte den alten Castellan fast ihr ganzes Leben und wusste, wann sie schweigen musste. So knirschte sie nur mit den Zähnen, wärend man ins Lager zurückritt.



Moritatio

Autor: SteveT

Endlich hatte er das Flachland erreicht. Auch wenn das eigentlich kein Grund war aufzuatmen, da die Elentinische Ebene ein sehr gefährliches Geläuf war für Reiter, wagte es Moritatio nun, sich erneut kurz umzuschauen. Ha! Die verfluchte Harmamund hatte nicht mit dem mörderischen Tempo ihres eigenen Pferdes Schritt halten können und war noch viel weiter zurückgefallen. Soweit es Moritatio auf die Entfernung noch erkennen konnte, war sie sogar noch langsamer geworden und sprach mit der Comtessa und Zaida.

Und wenn sie den beiden jungen Frauen am Ende etwas antat, um sie als Druckmittel gegen ihn zu verwenden? Den Harmamunds war schließlich jede Boshaftigkeit Deres zuzutrauen. Aber andererseits - was ging es ihn an, wenn sie eine vorlaute kleine Waldwachterin, die ihr Wort gebrochen hatte, und die Tochter jenes Mannes in ihre Gewalt brachte, der seiner Mutter die Grafenkrone vorenthielt? Gar nichts ging ihn das an! Wie schön die Comtessa auch sein mochte. Andererseits ... er konnte sich vor ihren Augen als wagemutiger Held beweisen ...

Einen Moment kämpften die beiden widersprüchlichen Optionen in seinem Geist um die Vorherrschaft. 'Kehr um! Greif an wie ein tapferer Hofjunker und streck die Harmamund nieder!', riet ihm die eine Stimme. 'Sei kein Narr! Reit' schnurstracks weiter bis nach Punin!', riet ihm die andere.

Zu seiner Rechten tauchte am Wegesrand ein umgestürzter Wegweiser auf. 'Elenta' stand auf dem einen hölzernen Pfeil, 'Vanyadâl' auf dem anderen. Und in diesem Moment hatte er seine Entscheidung getroffen. Es war seine Heimat, und er musste sie befreien! "Rasch! Lauf zu!", trieb er sein kurzzeitig langsamer gewordenes Pferd wieder zur Eile an. Es war nicht mehr weit bis zum Castillo - vielleicht noch zehn Meilen.



Chronik:1033
Der Ferkina-Feldzug
Teil 14