YB30 Der Jüngling und das Biest

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Erschienen in den Meldungen des Hauses Yaquirblick Nô 30
Praios 1029 BF (1 Hal II.)


Der Jüngling und das Biest

Vierschildriger Rahjabund zu Flogglond: Amaro v. Viryamun und die Blutige Radia vor der Schönen Göttin vereint!

Waldwacht, Rahja 1028 BF

FLOGGLOND. Am 1. Rahja des vergangenen Götterlaufs versammelte sich zu Flogglond auf Burg Viryamun die Nobleza des Königreiches, um den Rahjabund zwischen Dom Amaro von Viryamun und Domña Radia Lobelia Leovigilda von Franfeld zu feiern, und dies, obwohl etliche der Magnaten eine halsbrecherische Reise vom schimpflichen Cronkonvent zu Rudes Schild auf sich nehmen mussten, um rechtzeitig zu den Feierlichkeiten einzutreffen. Manch ein Magnat, der die beschwerliche Reise nicht in der kurzen Frist auf sich nehmen mochte, ließ sich deshalb zu Flogglond entschuldigen.

Ganz anders Dom Alrik de Braast, der, nachdem er im Eklat mit dem Reichsverweser der Versammlung zu Rudes Schild verwiesen worden war, sogleich sein Pferd hatte satteln lassen, und sich, ohne auf den Rest der Almadaner Delegation zu warten, mit kleiner Bedeckung noch in derselben Stunde auf den Weg in die heimische Waldwacht gemacht hatte. Als der Rest der nach dem Cronkonvent gereisten Magnaten dies vernahm, wurden sogleich etliche Wetten abgeschlossen, wer wohl zuerst Flogglond erreichen möge, und wen es nicht mit der Entourage des Königs folgendentags nach Punin zog, ließ ebenfalls satteln und jagte Dom Alrik noch vor dem Morgengrauen hinterdrein.

Andere Magnaten, besonders aus den Reihen des traditionalistisch gesinnten Adels, die in IKM Rohaja vor allem ein Mirhamionette des Herzogs vom Großen Fluss sehen, hatten sich gar nicht erst zum „Nordmärker Possenspiel“ nach Rudes Schild begeben und konnten so nun in aller Ruhe in die Waldwacht reisen. Fast vollständig zugegen waren zu Flogglond, wie nicht anders zu erwarten, die Vertreter der Descendientes, von welchen allein Dom Konnar vom Berg fehlte, der sich nach wie vor bei den Truppen des Königreiches im Felde befindet, und dessen die Brautleute beim Bankett am ersten Abend der Feierlichkeiten mit einem Trinkspruch gedachten, „wie auch des verschollenen Dom Jandor von Hellenwald und aller anderen Caballeros, Streiter und Streiterinnen unseres Königs, die allein noch das Reich zusammenhalten und gegen die Feinde von allen Seiten verteidigen“.

Dass dies eine unverhohlene Anspielung darauf war, dass nicht nur an der Grenze zu den Schwarzen Landen und zum stets angriffslustigen Kalifat, sondern nun auch wieder an der Gugella Almadaner es sind, die ohne nennenswerte Hilfe durch andere Provinzen das Reich vor äußerer Bedrohung schützen, konnte dabei kaum einem der anwesenden Gäste verborgen bleiben.

Dom Alrik de Braast war schließlich doch nicht als erster nach Flogglond gelangt, da Dom Isonzo von Phexhilf-Rabenstein ihn auf Höhe der nordmärkischen Grenze hinter sich´gelassen hatte. Der rauchende Zorn des alten Braasters galt bei seiner Ankunft jedoch nicht diesem Umstand, sondern immer noch der schimpflichen Behandlung und Missachtung, die ihm als Sprecher der Almadaner Landstände durch den Nordmärker Herzog zuteil geworden war. Seine Stimmung besserte sich jedoch zusehends in den folgenden Tagen, die er weidlich nutzte, um insbesondere die anwesenden Vertreter der Mayoria um sich zu scharen und auf den baldigen neuen Kaiser einzuschwören. Neben Dom Alrik und seinem Sohn Rondrigo waren die Descendientes besonders zahlreich durch die Famiglia Vivar vertreten, deren Soberan León Dhachmani de Vivar als Trau- zeuge des Bräutigams fungierte. Seine Eltern, Domña Richeza de Vivar y Sangrin und Señor Djerid ibn Dhachmani, waren ebenso angereist wie Domña Delilah Dhachmani de Vivar, welche als Kgl.-Gfsl. Hofkapellmeisterin zudem die musikalische Gestaltung der Rahjabundsfeierlichkeiten übernommen hatte. Trotz ihres hohen Alters hatte sich auch Domña Inares von Viryamun, die Witwe des vormaligen Soberans der Famiglia, Dom Zurbaran de Vivar y Sangrin, zur Rahjabundsfeier ihres Großneffen eingefunden, und schließlich fehlten auch Domña Rahiada Dhachmani de Vivar und ihr Gemahl, Dom Eslam von Rebenthal-Antequera nicht, ebenso wie etliche weitere Vertreter aus dem Puniner Zweig der Famiglia. Aber auch etliche Nachbarn und Verbündete der Braut, die nicht zum Kreise der Descendientes zählen, waren aus dem Ragatischen angereist. So Dom Reto von Graytenau, der mit nur wenigen Bediensteten gekommen war und wie stets die diskrete Conversation mit den verschiedensten Magnaten suchte. Ganz anders Dom Danilo Caerdonnati, der mit einer ganzen Hundertschaft seiner Untertanen, diversen Gauklern und Spielleuten sowie mehreren Wagen voller Viktualien angereist war, die dennoch so bald schon zur Neige gingen, dass man die Creser schließlich einige ihrer Zugochsen am Spieß braten sah.

Auch Dom Bernfried von Falado war mit einigem Tross nach Flogglond gekommen, nicht jedoch der Vater der Braut, Junker Alvaro von Franfeld, welcher wegen seines hohen Alters eine solche Reise nicht auf sich nehmen wollte, zumal, wie er an seine Tochter schrieb, „ich mein Lehen nicht ohne seinen Herrn lassen möchte, in einer Zeit, wo die verwilderte Mark bis nahe an die Grenzen des heimischen Caldaia reicht“. Prominentester der Abwesenden aus den Reihen der Ragather Nobleza war jedoch gewiss Graf Brandil, der sich als Lehnsherr der Braut mit großem Bedauern wegen unaufschiebbarer anderweitiger Verpflichtungen entschuldigen ließ, jedoch zugleich seiner Hoffnung Ausdruck verlieh, die Anwesenheit seiner liebreizenden Gattin, Domña Rohalija v. Streitzig, möge die Brautleute für sein Fernbleiben entschädigen. Neben den vor allem erwarteten Waldwachter und Ragather Magnaten waren auch zahlreiche Gäste aus dem Yaquirtal und aus der Südpforte zugegen, so zufürderst Domña Wiltrud Greifax, die Gemahlin des mächtigen Soberans derer von Culming, welcher sich ebenfalls wegen unaufschiebbarer Pflichten hatte entschuldigen lassen, die ihn in der Capitale festhielten. Dom Alphonzo Leondân von Valkendâl dagegen war nebst seiner Gemahlin Domña Angburga persönlich angereist, ebenso wie Dom Nazir di Rueda mit seiner Gattin. Ein wenig überraschte es manchen Besucher zunächst, dass Dom Gualdo di Dalias dagegen nicht in Begleitung seiner Gattin, sondern gemeinsam mit seiner Cousine Caneya von Gurnaban nach Flogglond gekommen war, hatte Dom Sumudan doch just anlässlich der Traviabundsfeier zwischen Dom Gualdo und Domña Yandriga von Urbet-Marvinko, die am 30. Ingerimm des Vorjahres in Ratzingen begangen wurde (s. YB 28), also – wie es in allen zwölfgöttlichen Landen gute Sitte ist – vor Jahr und Tag das Verlöbnis seines Sohnes mit Domña Radia von Franfeld bekannt gegeben.

Dabei hatte manch einer, der seinerzeit in Ratzingen nicht selbst zugegen gewesen war, die Nachricht von der Verlobung der Ragathsqueller Vögtin mit dem jüngsten Spross der Famiglia Viryamun wohl zuerst für einen derben Scherz genommen, ist die Domña doch reichlich zwanzig Götterläufe älter als ihr jetziger Gemahl. Als auch noch bekannt wurde, dass die Ehe nach dem Ritus der schönen Göttin geschlossen werden sollte, wollten die Spötter am Puniner Hof und anderswo zunächst gar nicht mehr aufhören, sich die Mäuler zu zerreißen. Besonders boshafte Zungen verbreiteten gar das Gerücht, der alte Dom Sumudan sei bankrott und müsse nun seinen Sohn mit der dukatenschweren Vögtin verheiraten, um die Finanzen der Famiglia zu sanieren. Als eine gute Partie gilt die Franfelderin sicherlich nicht ohne Grund, schuldet ihr doch allein die Ragather Bürgerschaft die nicht unbeträchtliche Summe von 50.000 Dukaten, deren Rückzahlung in diesem Götterlaufe fällig wird. Aber Dom Sumudan wusste dergleichen Gerede vermittels einiger Fehdedrohungen an besonders dreiste Spötter schnell zu beenden, und auch die letzten Spottmäuler mussten verstummen, als nun zu Flogglond Ihre Gnaden Rahjahold Küferhilf, Gastgeberin der Freude des Ragather Rahjatempels, welche auf Ersuchen der Braut eigens angereist war, die Zeremonie zu vollziehen, mit sanfter und doch durchdringender Stimme die Brautleute und die versammelten Gäste an die Gebote der Schönen Göttin gemahnte. Freude, Gleichmut, Ekstase, Harmonie und Leidenschaft sollten beide fürderhin auf ihrem gemeinsamen Weg miteinander finden. Und groß unter allen Anwesenden war fürwahr die Freude, als Dom Amaro seiner Braut, welche dem Anlass entsprechend in ein prächtiges Kleid aus rotem Brokat gewandet war, den glitzernden Pokal mit köstlichen Tharf reichte und sie ihm die Geste erwiderte.

Ganze drei Tage dauerten die Feierlichkeiten. Am Abend der Vermählung folgte ein rauschendes Fest, wo der Baron von Cres nicht nur bei der Kapellmeisterin für erhebliche Irritationen sorgte, als er darauf bestand, sich der Hofkapelle anzuschließen, um gemeinsam mit dieser zur Freude des Paares zu musizieren. Dazu hatte er eigens Noten aus einem Büchlein kopieren lassen, welches einige Madaläufe zuvor in einer ansonsten unbenutzten Kammer der Creser Residenz aufgefunden wordenwar: „Liedlein für das PRAiosgefällige Brautpaar, genehmigt und zur Belustigung freigegeben anno 4 Noralec“. Dass der Baron von Cres zudem darauf bestand, den Brauttanz auf einem aranischen Krummhorn zu begleiten, welches er erst auf der Reise zur Hochzeit einem tulamidischen Spielmann abgekauft und sich die Beherrschung des Instruments in den folgenden Tagen mit seinem „natürlichen elfischen Talent für dergestalt Musenkünste“ höchstselbst beigebracht hatte, trug ebenfalls nicht zur Beruhigung Domña Delilahs und der übrigen Gäste bei. Die Situation rettete schließlich Ihre Gnaden Mireia v. Culming in einem wahrhaftig RAHja gefälligen Opfergang, als sie Dom Danilo dazu nötigte, den Rest des Abends mit ihr zu tanzen. Dom Savertin von Culming seinerseits glänzte unerwartet bei einer temperamentvollen Volta mit Domñatella Caneya von Gurnaban.

Das größte RAHja gefällige Heldenstück gelang dem Ondit zufolge indes Dom Rondrigo de Braast, welcher an diesem wie an jedem der folgenden Abende jeweils eine andere Brautjungfer verführte, und der dazwischen angeblich noch Zeit fand, mehrere Flogglonder Mägde in von diesen zuvor nicht erlebter Weise zu beglücken.

Der nachfolgende Tag stand ganz im Zeichen der RONdra gefälligen Djosta, an welcher sich, zum sichtlichen Unmute des Bräutigamvaters, nur wenige der jüngeren Gäste beteiligten. Auch die Braut, welche aus der Ratzinger Traviabundsdjosta des Vorjahres bekanntlich als Siegerin hervorgegangen war, ereiferte sich bei dieser Gelegenheit darüber, dass „manch ein Domñito nur noch den Gebrauch liebfeldischer Laffenwaffen zu erlernen trachte“. Zugleich versicherte sie Dom Sumudan augenzwinkernd, sie werde persönlich dafür Sorge tragen, dass sein Sohn, der sich im Übrigen prächtig auf das Gestech verstehe, auch wenn er noch manchen Kniff zu lernen habe, den Gebrauch seiner Lanze nicht vernachlässige. Ob dieser Bemerkung hob sich die Stimmung Dom Sumudans sichtlich, wie auch das gleichzeitige Erröten der Bräutigams zur allgemeinen Heiterkeit auf der Tribüne beitrug. Am Ende des Nachmittages schließlich ging Caballero Gerding von Derp als Sieger aus der Djosta hervor und bekam von Domña Radia den Siegespreis überreicht, einen Almadanersäbel mit einer Klinge aus bestem Tuzakstahl und almadinverziertem Griff.

Im Anschluss an die Djosta wurde auch an diesem Tag bis in den frühen Morgen gezecht. Den festlichen Höhepunkt der Feierlichkeiten bot jedoch der große Ball am folgenden Abend. Am Vormittag des dritten Tages wurden jedoch zunächst die Geschenke, welche die Gäste dem Brautpaar dargebracht hatten, von diesem öffentlich begutachtet, wobei besonders das Gemälde eines Meisters der methumischen Schule, welches von Dom Gualdo di Dalias überreicht worden war, die wohlwollenden Blicke der Hochzeitsgesellschaft auf sich zog. In allegorischer Weise waren darauf die zwölf Generaltugenden der zwölfgöttlichen Menschheit verherrlicht, wobei die Gestalt, welche die PRAios gefällige Tugend der Gerechtigkeit darstellte, größte Ähnlichkeit mit der verstorbenen Fürstin Kusmina von Kuslik aufwies. Sehr weit gingen die Meinungen der Gäste dagegen auseinander, als die Diener das Geschenk des Hauses Culming präsentierten, einen großen Kelch aus Belhankaner Glas, verziert mit bunten Weintrauben und Pferden, sowie einem Deckel, der von einer gläsernen Rahjafigur gekrönt war und eine kleine Phiole mit kostbarster Drôler Rosenessenz enthielt. Manch einer der Anwesenden vermeinte zwar, ein ähnliches Kunstwerk bereits früher einmal gesehen zu haben, doch konnte sich niemand recht erinnern, bei welcher Gelegenheit dies der Fall gewesen sein mochte.

Am Nachmittag folgte sodann die Uraufführung eines Theaterstückes, welches von Calderón Schüttelreimer im Auftrage der Braut speziell zu diesem Anlass geschrieben worden war und das den Titel „Der Kaufmann von Punin“ trug. Zwar stieß die Komödie, welche geistlosen Hohn auf den ‚Hohen Rat’ der Capitale und dessen Ratsmeister häuft, beim Flogglonder Publikum auf große Resonanz, ob sich ein solcher Erfolg dieses insgesamt doch eher mediokren Stückes allerdings auch auf der Puniner Yaquirbühne wiederholen möchte, scheint zumindest fraglich. Omer Shadif jedenfalls ließ inzwischen präventiv verlauten, er stehe nicht für die Besetzung der Rolle des Kaufmanns zur Verfügung.


Laurenzo Furlani

Verweise[Quelltext bearbeiten]

Chronik.Ereignis1028 Ereignisse beim Rahjabund von Amaro von Viryamun und Radia von Franfeld