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Richeza blieb allein zurück, schickte den Diener fort, legte die Hände vor ihrem Gesicht zusammen und weinte. | Richeza blieb allein zurück, schickte den Diener fort, legte die Hände vor ihrem Gesicht zusammen und weinte. | ||
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'''Autor:''' [[Benutzer:SteveT|SteveT]] | |||
Rifada kam leicht verschwitzt, aber dafür in deutlich besserer Stimmung als noch am frühen Morgen die Treppenstufen zum Großen Saal herauf. Ihre Arme schmerzten zwar etwas von der immer wiederkehrenden Aushohlbewegung mit dem großen Beil, aber das schadete ihnen nicht, sondern hielt sie im Gegenteil schön stramm und kräftig. | |||
Ihre Miene verfinsterte sich, als sie die Bescherung auf dem Treppenabsatz mit dem verschütteten guten Wein sah und sie versetzte den beiden den Boden schrubbenden Mägden im Vorbeigehen einen leichten tadelnden Schlag auf den Nacken. | |||
Zu allem Überfluss kamen ihr auch noch Belisetha mit vorwurfsvollem Blick und der gestern Abend angereiste Yaquirtaler Hexer entgegen, an dessen Arm sich ihre greise Muhme abstützte. Wollte sich dieser Scharlatan bei ihr Liebkind machen und ihr am Ende noch irgendwelche Tinkturen oder andere vermeintliche Wundermittel gegen die Gicht und andere Altersgebrechen andrehen? Sie hatte oft von Amando gehört, dass es in den Städten Almadas Quacksalber gab, die verkaufsfördernd vorgaben, Hexer zu sein, die sich dann aber beim Verhör durch die Suprema als gänzlich arkan unbegabt herausstellten. | |||
"Oh – Ihr seid noch da? Ihr solltet Euch sputen, denn wenn es so weiterschneit, wird der einzige Weg aus unserem Tal vielleicht schon heute Mittag unpassierbar sein!", gab sie ihm im Vorbeigehen einen ebenso gutgemeinten wie unmissverständlichen Wink mit dem Palisadenpfahl mit auf den Weg, was ihr einen noch vorwurfsvolleren, fast schon feindseligen Blick Belisethas einbrachte. Es scherte Rifada nicht – wenn es sie störte, sollte sie nach Wildenfest oder Schrotenstein zurückkehren und dort das Zepter schwingen – hier auf diesem Castillo war immer noch sie selbst die Herrin! | |||
"Rondraseidank! Wir essen unter uns!", rief sie frohgemut, als sie zu Richeza in den Saal eintrat und die Türe hinter sich schloss. Doch sie blieb abrupt mitten in der Bewegung stehen, als sie das Weinen ihrer Nichte hörte und deren in den Händen verborgenes Antlitz wahrnahm. Im ersten Moment schoss ihr der Gedanke durch den Kopf, diese lautstark tadelnd zurechtzuweisen, wie es ihre eigene Mutter Leonida immer getan hatte, wenn sie sie einmal heulend erwischt hatte. Sie könnte sich wie diese vor Richeza aufbauen, sie grob am Kragen packen und anbrüllen, dass ein solches Verhalten unweibisch sei und dass sie diese Flennerei den zarten Knäblein überlassen solle, weil sie am Ende ja doch nichts nützte. Es kam aber kein Ton über ihre Lippen. | |||
Langsam ging sie näher an Richeza heran, zog sich mit dem Fuß den Schemel, der ihr sonst zum Bein-Hochlegen diente, direkt neben Richezas Stuhl und ließ sich extra geräuschvoll ächzend darauf nieder, sodass ihre Nichte sie wahrnahm. Sie überlegte, dass es jetzt sicherlich eine schöne Geste wäre, Richeza übers Haar zu streichen und ihr irgendwelche schwülstigen tröstenden Worte ins Ohr zu flüstern, wie ein Troubadour. Aber so ein unweibisches Gehabe war einfach nicht ihre Welt, jede Faser ihres Körpers wehrte sich dagegen, so etwas Ammenhaftes zu tun. | |||
So klopfte sie Richeza stattdessen schlussendlich wenigstens kumpelhaft auf die Schulter – versehentlich so hart, dass diese zusammenzuckte – und sie sagte im sanftesten Tonfall zu dem sie fähig war: "Schon gut, Kind! Jetzt will ich keine Rohalsmärchen und keine Ausflüchte mehr hören! Du sagst deiner alten Tante jetzt geradeheraus, was dich so bedrückt und was dir auf der Seele liegt! Darum bist du doch in Wahrheit hier oder nicht?" | |||
Sie umfasste Richezas Kinn und hob deren Kopf an, so dass sie ihr geradewegs in die Augen schauen musste. | |||
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'''Autor:''' [[Benutzer:Von Scheffelstein|von Scheffelstein]] | |||
Richeza blickte die Junkerin aus verweinten Augen an, blinzelte die Tränen fort. Je klarer sie sehen konnte, desto verwirrter wirkte sie, gerade so, als drängen die Worte ihrer Tante erst allmählich zu ihr durch. Beinahe ungläubig sah sie sie an, wie eine Traumgestalt, dann brach sie erneut in Tränen aus, die ihr in Bächen lautlos die Wange hinunterstürzten. Sie schien den Blick abwenden zu wollen, doch da Rifada sie unverändert festhielt, senkte sie nur die Augen und stieß bebend hervor: "Ich … brauche Euren Rat. Ich weiß nicht, was ich tun soll! Ich bin verloren!" | |||
Doch auch mit diesem Gestammel wollte die Hausherrin sich nicht zufrieden geben, und so wischte sich Richeza mit dem Handrücken übers Gesicht, sah ihre Tante einige Herzschläge schweigend an, während ihr Atem ruhiger wurde und ihr Zittern aufhörte, dann sagte sie sehr leise, beinahe tonlos: "Ich erwarte ein Kind." | |||
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