Chronik.Ereignis1044 Selkethaler Pferderennen zu Ehren der schönen Göttin 1044 BF 08

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Oberfels, Anfang Ingerimm 1044 BF[Quelltext bearbeiten]

Autor: Amarinto

Das Arbeitszimmer Brabanzios im Palazzo Corno war hell und lichtdurchflutet, die Vorhänge waren weit geöffnet, sodass die Sonnenstrahlen den Raum erhellten. Durch das geöffnete Fenster konnte man das rege Treiben der Stadt hören. Brabanzio von Weilenschein saß hinter seinem massiven Schreibtisch aus dunklem Holz und starrte seine junge Schwester Zafira von Weilenschein an, deren Augen vor Wut blitzten. Sein graumeliertes Haar und der dichte Bart verliehen ihm eine stattliche Erscheinung, während die harten Züge seines Gesichts von einem Leben der Disziplin und Pflichterfüllung erzählten. Seine Augen, scharf und aufmerksam, verrieten ständige Wachsamkeit und ein tiefes Pflichtbewusstsein. Brabanzio war ein Mann, der fest an die Ideale der Ehre, Gerechtigkeit und Tapferkeit glaubte – ein überzeugter Anhänger Rondras, der streng nach ihren Geboten lebte. Der Altersunterschied zwischen ihm und seiner Schwester lag wie eine unsichtbare Kluft zwischen ihnen, und er sah Zafira nicht als gleichberechtigte Erwachsene, sondern vielmehr als junges, leichtsinniges Kind.

„Du verstehst mich einfach nicht, Bruder!“, rief Zafira mit bebender Stimme und ballte die Hände zu Fäusten. „Ich will nach Almada reisen, um an diesem Wettbewerb teilzunehmen. Das ist meine Chance, mich endlich als Ritterin zu beweisen!“ Ihre Stimme klang energisch, fast flehend, doch ihr Bruder blieb ungerührt.

Brabanzio schürzte die Lippen und lehnte sich in seinem Stuhl zurück, seine Stirn in Falten gelegt. Er erinnerte sich an seinen Vater Alûr, den er trotz aller Spannungen verehrte, und an die Last der Verantwortung, die er noch nicht vollständig übernehmen durfte. Die lange Wartezeit auf die Machtübergabe hatte ihn misstrauisch und vielleicht auch etwas bitter gemacht, und nun sah er seine Schwester vor sich – jung, eigensinnig und voller Tatendrang, Eigenschaften, die er bei Madalya, Zafiras Mutter, der viel zu jungen Zahori-Gattin seines Vaters, verabscheute. „Du verstehst nicht, was du da riskierst, Zafira,“ sagte er mit kühler Stimme. „Diese Reise nach Almada ist gefährlich und unnötig. Du bist nicht bereit, allein in die Fremde zu reisen. Du bist eine Ritterin des Hauses Weilenschein, nicht irgendeine Abenteuerin, die sich Hals über Kopf ins Unbekannte stürzen kann.“

Zafira spürte, wie sich ein Kloß in ihrem Hals bildete, und sie verschränkte die Arme vor ihrer Brust. „Es geht nicht darum, einfach nur abzuhauen,“ entgegnete sie. „Es geht darum, das zu tun, wovon ich schon immer geträumt habe. Ich will meinen Mut beweisen und meine Fähigkeiten zeigen. Rondra verlangt von mir, mich diesen Herausforderungen zu stellen.“

Brabanzio seufzte tief, seine Stimme wurde nun leiser, beinahe sanft, doch auch streng. „Du magst glauben, dass das ein Ruf der Göttin ist, aber ich sehe nur eine junge Frau, die ohne nachzudenken handelt. Als Vertreter unseres Vaters während seiner Abwesenheit werde ich dir diese Reise nicht erlauben. Du bleibst hier, Zafira. Das ist mein letztes Wort.“ Ein Schweigen legte sich über den Raum, in dem nur das Knistern der Flammen zu hören war. Brabanzios scharfe Augen ließen keinen Zweifel daran, dass er es ernst meinte. Zafira konnte den Blick ihres Bruders nicht mehr ertragen. Sie spürte, wie der Zorn in ihr aufstieg, und ohne ein weiteres Wort wirbelte sie herum, ihr langes lockiges Haar schlug hinter ihr her, und sie verließ das Arbeitszimmer mit schnellen Schritten.

In der Nacht war der Palazzo Corno still und schimmerte im blassen Licht des Mondes. Zafira hatte eine Entscheidung getroffen. Ihr Herz schlug schneller, als sie das Nötigste in eine Ledertasche packte und sich in ihre schwere Reitkleidung hüllte. Ihr Rappenhengst ‘Corvo’, dessen Fell im Mondschein glänzte, stand im Schatten des Palastes bereit. Zafira nahm einen tiefen Atemzug, bevor sie die Stallungen verließ und den Nachtwächter am Stadttor aufsuchte. Die Münzen wechselten die Besitzerhand, und der Mann nickte, öffnete das Tor, ohne Fragen zu stellen.

Als Zafira auf den Sattel sprang und ihr Pferd in die Dunkelheit hinauslenkte, spürte sie ein Gefühl von Freiheit, das ihre Angst überlagerte. Mit jedem Hufschlag, der in der Stille der Nacht verhallte, entfernte sie sich weiter von der Enge der Konventionen, die ihr Bruder ihr auferlegt hatte, und spürte, wie das Abenteuer sie rief. Ihre Augen funkelten entschlossen, als der Palazzo Corno hinter ihr verschwand – eine junge Ritterin, die ihre eigene Bestimmung in die Hand nahm. Zafira entfernte sich immer weiter von Oberfels, die nächtliche Straße entlang des Yaquirs vor ihr lag verlassen und ruhig. Das rhythmische Hufgetrappel ihres Hengstes war das einzige Geräusch, das die Stille durchbrach. Plötzlich bemerkte sie hinter sich ein weiteres Hufschlagen, schneller und energischer als ihr eigenes. Sie drehte sich um und erkannte einen Reiter, der von Oberfels kommend auf sie zuschoss. Zafira zog ihr Schwert, ihre Muskeln spannten sich, und sie bereitete sich auf alles vor.

Doch als der Reiter näher kam, erkannte sie ihn. Es war Gareno, der persönliche Diener ihres Bruders Brabanzio. Der kräftige alte Mann hielt sein Pferd an und blickte Zafira mit ernster Miene an, bevor er ihr einen Beutel entgegenstreckte. „Dieser Beutel ist von Eurem Bruder“, sagte Gareno mit ruhiger Stimme. Zafira nahm ihn, sichtlich überrascht. Sie öffnete den Beutel und fand darin eine reichliche Sammlung von Gold- und Silbermünzen sowie eine silberne Kette mit einem Anhänger, der das Wappen des Hauses Weilenschein und das Zeichen Rondras auf der anderen Seite zeigte – der persönliche Glücksbringer ihres Bruders.

Zafira war froh und überrascht zugleich. Sie spürte, wie ihre Augen für einen Moment weicher wurden, und sie legte die Kette um ihren Hals, fühlte das kühle Silber auf ihrer Haut. „Danke, Gareno“, sagte sie schließlich. Der Diener nickte. "Viel Erfolg Signora, möge die Herrin Rondra Euch beistehen.". Er wendete sein Pferd und ritt zurück nach Oberfels, während Zafira ihm nachsah. Ein Lächeln schlich sich auf ihre Lippen, und sie wandte ihren Blick wieder gen Osten, wo das Abenteuer und Almada auf sie warteten. Mit neuem Mut trieb sie ihren Hengst an und ritt in die Nacht hinein.