Chronik.Ereignis1043 Selkethaler Pferderennen zu Ehren der schönen Göttin 1043 BF 06

Aus Almada Wiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Taladur, im Streitturm derer von Taladur ä.H., 11. Rahja 1043 BF[Quelltext bearbeiten]

Autor: Jott

Richeza von Taladur saß mit ihrer Tochter im kleinen Salon und ging ihre Korrespondenz durch, während Farfanya an einer Decke stickte. Einer Satteldecke natürlich. Wenn sie doch bloß noch andere Dinge als diese dummen Gäule im Kopf hätte! Oder diese schrecklichen Hunde! Richeza seufzte. Immerhin waren ihre Stickereien vorzeigbar. Das Wappen, das sie bereits vollendet hatte, hätte auch aus der Feinstickerei Brannofend kommen können.

Farfanya musste ihren Blick bemerkt haben, denn sie schaute just in diesem Moment zu ihr. „Gibt es Neues von Laurentio?“ „Nein, nicht seit seinem Brief letzte Woche. Aber Asavo lässt dich schön grüßen.“ Farfanya nickte und richtete ihre Aufmerksamkeit wieder auf ihre Stickarbeiten. „Und mein lieber Neffe?“, fragte sie wie beiläufig. Richeza musste lächeln. Seit sie ihre Tochter hatte wissen lassen, dass sie vorhatte Dom Rafik in einem Brief beiläufig darauf aufmerksam zu machen, dass weder er noch Farfanya bisher gebunden seien, fragte sie auch stets nach ihm. Und das immer mit einer gewissen Besorgnis in ihrer Stimme. Zudem war sie dazu übergegangen, ihn nicht mehr als ‚geliebten Soberan‘, sondern nur noch als ‚lieben Neffen‘ zu bezeichnen. Ob Farfanya wohl hoffte, dass sie so vergessen würde, welche wichtige Position er innehatte? Nicht nur als Kanzler Almadas, sondern auch als Oberhaupt der Familia war er eine gute Partie. Dass sie das nicht einsehen wollte! Und das wahrscheinlich nur, weil er fünfunddreißig Jahre älter war. Dabei war Dom Rafik noch jung genug, um einen Erben zu zeugen, den er zweifelsohne zu seinem Nachfolger erwählen würde, aber gleichzeitig alt genug, dass sein Nachfolger bei Dom Rafiks Ableben mit ziemlicher Sicherheit noch nicht selbst die Geschicke der Familia lenken können würde. Farfanya wäre demnach die Soberana. Aber Richeza stellte immer wieder fest, dass ihr in manchen Belangen das nötige taktische Kalkül fehlte.      „Nein, auch von ihm nichts neues. Vielleicht schreibe ich ihm besser nochmal…“ Farfanya blickte ruckartig zu ihr. „Er ist wahrscheinlich sehr beschäftigt. Und es wäre bestimmt unklug ihn bei diesem Thema zu sehr zu bedrängen.“ Richeza konnte ihr ansehen, dass sie hoffte, dass Dom Rafik niemals antworten würde.

„Gestern ist übrigens noch ein Brief von Algerio gekommen.“, versuchte Farfanya das Gespräch auf ein neues Thema zu lenken. Richeza blickte ihre Tochter tadelnd an. Immer diese unangebrachten Vertraulichkeiten! „Dom Algerio.“, verbesserte sich Farfanya. „Die Rennstrecken werden in den nächsten Tagen markiert und schonmal vorbereitet, so dass dann direkt vor dem Rennen weniger …“ Richeza nahm sich den nächsten Brief und überflog ihn. Anscheinend war bei der letzten Lieferung einer der Glasereien einiges unterwegs zu Bruch gegangen. Sie fluchte leise. „Du hörst mir schon wieder nicht zu!“, stelle Farfanya mit vorwurfsvoller Stimme fest. „Doch, doch, Kind. Red weiter!“ Richeza griff nach einem leeren Pergament. Farfanya schwieg für einen Moment beleidigt, konnte sich dann aber scheinbar doch nicht zurückhalten. „Er hat mir eine Liste der bisher gemeldeten Teilnehmer geschickt.“ „So? Und kommt jemand außer euch beiden?“ Richeza nahm die Schreibfeder zur Hand und tauchte sie in die Tinte. „Nun, Mamá, ob du es glaubst oder nicht, es haben sich bisher fünfundzwanzig Teilnehmer angemeldet. Und nachdem ich gestern Abend den anderen in Vino Veritas von den Teilnehmern erzählt habe, wollen sie auch alle kommen.“, antwortete Farfanya ungehalten. Richeza nickte und begann zu schreiben. „Gut.“ „Es kommen mehrere Junker und Edle.“ „Schön, Kind. Das freut mich für euch.“ Richeza guckte kurz vom Brief auf und sah, wie sich Farfanya wieder einmal verärgert auf ihre Unterlippe biss. Gleich würde sie ihr wieder vorwerfen, nichts von dem ernst zu nehmen, was ihr wichtig war. Sie war manchmal ja so empfindlich! Farfanya blickte ihrer Mutter trotzig in die Augen. „Und es kommen zwei Barone, eine Baronin, eine Baroness und sogar eine Grafentochter.“ Richeza schaute ihre Tochter für einen Augenblick ungläubig an. „Lüge mich nicht an, Kind!“ „Das tue ich nicht. Aber ich will dich nicht mit unserem, wie sagtest du… ‚blödem Rennen?‘ langweilen und von deinen wichtigen Briefen abhalten.“ Mit einem frechen Grinsen beugte sie sich wieder über ihre Stickerei und ignorierte die bohrenden Blicke ihrer Mutter.

Richeza wurde ungeduldig. Dieses aufmüpfige Kind! „Wer kommt?“, verlangte sie zu wissen. „Lucrann von Rabenstein. Wohl ein Baron aus den Nordmarken.“ Ausländer. Nicht sonderlich interessant. „Wer sind die anderen?“ „Dom León de Vivar…“ Der Taubentaler. Das war wirklich interessant und eröffnete einige Möglichkeiten. Sie würde mal wieder mit einer alten Freundin sprechen müssen „… und Domna Richeza von Kornhammer-Scheffelstein y da Vanya.“ „Der Kampfzwerg von Ragath?“ „Nenn sie nicht so. Papá würde das nicht wollen. Außerdem lebt sie jetzt wohl in Schrotenstein.“ Richeza sah ihrer Tochter die Freude über die Anmeldung der Scheffelstein deutlich an. Dabei hatte sie mit sechs Jahren genauso leidenschaftlich auf sie geflucht, wie der Großteil der Familia es noch heute tun würde, wenn ihr Name fiele. Schließlich hatte die Furie von Ragath damals ihren Soberan Dom Rafik in einem Duell schwer verwundet. Ganz zu schweigen davon, dass dieses Miststück in jungen Jahren Mateo in einem Duell so maßlos übertrieben zugesetzt hatte, dass dieser fortan nicht mehr in der Lage gewesen war zu gehen. Aber kaum hatte Alejandro mitbekommen, wie seine kleine Farfanya von der Nichte seines ach so geschätzten Kameraden sprach, hatte er seiner Tochter ins Gewissen geredet und sie fing auf einmal an diese Frau zu bewundern. Richeza seufzte erneut. Was würde sie manchmal dafür geben, ihre eigensinnige Tochter genauso einfach lenken zu können, wie er es gekonnt hatte!

„Und auch die jüngste Tochter des Grafen von Ragath wird teilnehmen.“ Richeza nickte anerkennend. Niemals hätte sie gedacht, dass dieses unwichtige Provinzrennen so viel Aufmerksamkeit erlangen würde.

„Und dann kommt auch noch jemand aus der Familia der Beiras. Sandro glaube ich.“ Richeza stutzte „Es gibt keinen Sandro de Beiras, Kind. Meinst du Salvestro de Beiras?“ Das wäre nun wirklich sehr interessant. Der ledige Erbe der Nachbarbaronie. „Ja, stimmt, so war der Name. Wieso?“

Über so viel Unbedarftheit entsetzt, nahm Richeza kopfschüttlend die kleine Glocke, die auf dem Tisch vor ihr stand und läutete. Ein Diener betrat fast augenblicklich den Raum. „Hol Maestro Asarío. Er soll augenblicklich herkommen. Wir haben einen eiligen Auftrag für ihn.“ „Maestro Asarío wartet bereits unten darauf vorgelassen zu werden, Domna.“ Richezas Blick ging zu ihrer Tochter. Für einen Moment überlegte sie, ob sie Farfanyas Voraussicht und Menschenkenntnis bewundernd anerkennen oder ihr böse sein sollte, dass sie versuchte sie zu manipulierten. „Du weißt also wer er ist. Gut, ich hatte schon an deiner heraldischen Bildung gezweifelt.“ Richeza wandte sich wieder an den Diener: „Dann schicke ihn in das Zimmer meiner Tochter. Sie wird gleich zu ihm kommen. Und rufe auch Emeralda, sie soll zur Hand gehen. Und lasse die Kutsche anspannen, ich werde in einer Stunde nach San Cardasso aufbrechen.“

„Du willst heute noch nach San Cardasso?“, fragte Farfanya ungläubig. Doch Richeza ignorierte ihre Frage. „Es war dumm von dir mit deinen Freundinnen über die Teilnehmer zu reden! Damit hast du dir selbst unnötige Konkurrenz geschaffen!“ Ihre Tochter war manchmal ja so leichtfertig und kurzsichtig! Farfanya aber schüttelte den Kopf. „Nein, Mamá. Denn ich habe ihnen nur genug erzählt, damit sie unbedingt dabei sein wollen und das Rennen das Gesprächsthema ist. Aber nicht genug, dass ihre Eltern einen zwingenden Grund hätten ihrer Reise zuzustimmen, denn den ledigen Baronet habe ich in meiner Aufregung wohl vergessen zu erwähnen.“ Farfanya lächelte durchtrieben. „Sollten die Eltern meiner lieben Freundinnen nun also zufällig von irgendjemandem erfahren, dass dort der verruchteste aller Schürzenjäger auf die Unschuld ihrer sittsamen Töchter lauert, dann würden sie wohl selbst dafür sorgen, dass sie nicht kommen.“ Richeza war beeindruckt. Vielleicht würde doch noch etwas aus ihrer Tochter werden, das über diese leidige Spielerei mit den Gäulen hinausging. „Und ich nehme an, diese Rolle hast du mir zugedacht?“ Farfanya lächelte und Richeza nickte. „Gut. Dann kümmern wir uns jetzt darum, dass du vorzeigbar bist, wenn der Baronet dich kennenlernt. Danach reiten wir zu den Cordellesa und suchen dir ein gutes Pferd aus.“

Farfanyas Lächeln erstarb und wich tiefen Zornesfalten „Wir machen bitte was?“ „Wir suchen dir ein Pferd aus, das bei ihm Eindruck macht.“ Farfanya rang sichtbar nach Fassung. „Wenn er von Honoria nicht beeindruckt ist, dann hat er keine Ahnung von Pferden!“ Richeza seufzte „Manchmal verstehe ich dich wirklich nicht, Kind! Sonst willst du ständig neue Tiere und jetzt?“ „Du kannst mir gerne hundert neue Pferde schenken, aber ich werde mein Pferd reiten. Das Pferd, dass Papá gezüchtet hat und das ich zugeritten habe und das besser ist, als jeder einzelne von deren temperamentlosen Gäulen! Du hast doch überhaupt keine Ahnung von guten Pferden!“ Sie sprang zornig auf und stürmte auf die Türe zu.

Farfanya war fast aus dem Zimmer, als Richeza sie noch einmal rief: „Farfanya!“ Farfanya drehte sich widerwillig um. „Mutter?“

„Du wirst nicht gegen Dom Salvestro gewinnen.“ Farfanya blickte ihre Mutter fassungslos an. „Aber Mamá, ich …“ „Kein aber, Kind! Hast du verstanden?“

Richeza schaute ihrer Tochter streng in die Augen.

„Erst willst du mir ein gutes Pferd schenken, weil meines ja offensichtlich deinen hohen Ansprüchen nicht genügt und dann soll ich damit nicht gewinnen?“ Farfanyas Stimme zitterte vor Wut.

„Du sollst dich und damit die Familia gut präsentieren. Ihn neugierig machen. Und wenn er Gefallen an Pferderennen findet, dann ist ein gutes Pferd wohl ein gutes Gesprächsthema. Aber er soll Freude an dem Rennen haben. Und lass dir gesagt sein, kein Mann verliert gerne gegen eine Frau. Sie wollen den Eindruck haben, uns überlegen zu sein. Wir müssen eine Herausforderung sein, aber scheitern wollen sie nicht.“

„Und was ist mit dem, was ich will?“, fragte Farfanya aufgebracht.

„Darüber kannst du dir Gedanken machen, wenn du eine gute Partie gemacht hast! Und jetzt lasse den Schneider nicht länger warten, er hat noch viel zu tun.“

Farfanya drehte sich wütend zum Gehen.

„Und komm nicht auf den Gedanken, meine Bitte zu vergessen! Sonst müsste ich mich nach einem verantwortungsvolleren Besitzer für deine Stute umsehen!“

Richeza sah, wie schwer es ihrer Tochter fiel sich zu beherrschen. Immerhin hatte Farfanya scheinbar eingesehen, dass eine Diskussion sinnlos war. Richeza folgte ihr mit dem Blick, als sie den Raum verließ. Kaum hatte sich die Türe hinter Farfanya geschlossen, hörte Richeza draußen einen wütenden Schrei, gefolgt von lautem Scheppern und dem Splittern von Glas. Farfanya war wirklich viel zu empfindlich!