Chronik.Ereignis1036 Lindwurmhatz 11

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Baronie Taubental, Mitte Ingerimm 1036 BF[Quelltext bearbeiten]

Im Drachental (mittags)[Quelltext bearbeiten]

Autor: alcorta

Währenddessen hatte Catalin ihre Befragungen innerhalb der Dorfgemeinschaft abgeschlossen. Was für ein sturer, verängstigter Haufen! Sie hatten wirklich nichts zu der ganzen Situation beizutragen.

Murrend ging sie zurück zum Sammelpunkt. Wo waren nur alle? Sie hatte wirklich Zeit gebraucht, doch sollte sie bei diesem Vorhaben wirklich immernoch die schnellste gewesen sein? Seufzend setzte sie sich im Schneidersitz auf einen kleinen Teppich und begann zu warten. Kurz nestelte sie an ihrem Rucksack und zog letztendlich ein dünnes Buch heraus, in dem diverse Bilder von Katzen in verschiedenen lustigen Posen zu finden waren. Ein wenig vergnügte sie sich damit die Zeit, bis sie von draußen ein Geräusch zu vernehmen glaubte. Sie lugte kurz über ihr Buch hinweg zum Fenster. Da waren Stimmen zu vernehmen. Die anderen kamen wohl auch endlich von ihren Befragungen zurück. Sie richtete sich auf, streckte einmal kurz die Beine und ging zum Fenster, um hinaus zu blicken. Doch von ihren Begleitern war nichts zu sehen.

Stattdessen sah sie zwei alte Hutzelweiber, die sich miteinander unterhielten. Eine der beiden, eine etwas verwahrlost wirkende Frau, deren Alter man auch mühelos dreistellig hätte schätzen können, schien von starken Kopfschmerzen geplagt und klagte der anderen Frau entsprechend ihr Leid. „… ’s sin’ d’gleich’n Schmerz’n wie imm’r. ’R wechselt Worte. Bin mir sich’r…. dieses Dröhn’n… ’ch denk, wir hab’n bald wied’r etwas Ruhe…“

Catalin konnte sich darauf keinen wirklichen Reim machen. Dennoch war sie verwundert. Diese beiden Frauen gehörten beide nicht zu denjenigen, die sie im Dorf befragt hatte. Also hätten ja eigentlich die anderen mit diesen Frauen zu tun gehabt haben müssen. Nur wenn diese auf der Straße herum standen… wo waren dann ihre Gefährten?

Wie ein Blitz schlug die Erkenntnis in ihr ein. „Diese… lebensmüden Bastarde!! Die sind zum Drachen! Die wollen den Preis für sich. Ja sind die denn irre?“ Hektisch warf sie das Buch mit den Katzenbildern in eine Ecke, griff sich dann ihren Waffengürtel und schnürte sich ihr Schwert um. Danach huschte sie in ihre Brustschalen, ohne diese jedoch an den Seiten zu vertäuen. Das würde sie unterwegs machen müssen, während dem Laufen. So stürmte sie scheppernd und klappernd nach draußen, auf die beiden alten Frauen zu. „Entschuldigt, ehrwürdige Mütterchen… wo geht es hier zum Drachen? Ich muss ein paar Leben retten…“

Verdattert deuteten die beiden Frauen auf einen besseren Gänsepfad östlich. Kaum diesen erspäht, rannte Catalin auch schon klappernd weiter, mit einem „Danke schön“ auf den Lippen und im laufen versuchend, die Ledergurte der Befestigung irgendwie in die passende Öse zu fummeln und zuzuzerren. Hoffentlich kam sie nicht zu spät, der Weg war sicher kein kurzer.


Autor: vivar

„Domna!“, ertönte da eine leise, helle Stimme. „Domna, wartet!“

Catalin hielt inne und sah sich um, wer nach ihr gerufen hatte und erblickte nach einigem Suchen ein niedriges Steinhaus, dessen Tür offen stand. Eine junges Mädchen, vielleicht 16 Jahre alt, lugte hervor, sah sich nach links und rechts um und bat Catalin mit den Fingern, näher zu treten.

Die Caballera zögerte einen Moment, entschloss sich aber dann, der Bitte Folge zu leisten und trat an die Schwelle des bescheidenen Häuschens. Das Mädchen öffnete die Tür etwas weiter und gab den Blick ins Innere frei. Nur wenig Licht drang durch die schmalen Fenster in die einzige Kammer, die wohl Küche, Speise- und Wohnraum in einem war. Eine Leiter führte auf den Dachboden, wo Catalin die Schlafstatt vermutete. Die Einrichtung war einfach, aber solide und aus gutem, dunkle gebeizten Holz. Ein Kessel über der Herdstelle war einer der wenigen metallenen Einrichtungsgegenstände. Jedes Ding schien seinen Platz zu haben und alles war reinlich.

Catalin musterte das Mädchen genauer. Sein palmenschlanker Leib stak in einem einfach gewebten, aber sauberen Keid mit weißer Schürze. Es trug das glatte schwarze Haar nach Fellachenart kurz und hatte große, wie auf Öl schwimmende schwarze Augen, über die es verschämt die Lider mit den langen Wimpern niederschlug, als es die Musterung bemerkte. „Domna, halten zu Gnaden... seid ’Hr eine d’r Fremd’n, die gekomm’n sin, um den Faraldur zu erleg’n?“

Als Catalin dies bejahte, hob das Mädchen die Lider und fragte: „Seid ’Hr gar eine Caballera, wie... wie aus den Leyendas?“


Autor: alcorta

Catalin zuckte mit den Schultern „Ich weiß nicht, ob ich wie eine Caballera aus deinen Legenden bin, aber ich vermute, dass Freunde von mir eine Dummheit begangen haben werden und die Ehre meines Blutes verpflichtet mich, ihnen in dieser Dummheit beizustehen.“ Catalin sah sich noch einmal im Haus um, bevor ihr Blick wieder auf das Mädchen fiel, welches sich offensichtlich eine etwas bejahendere Antwort gewünscht hatte. Die Alcorta setzte ein sanftes Lächeln auf. „Aber genau so fühle ich mich natürlich verpflichtet, kleinen Mädchen wie dir zu helfen, wenn sie in Not sind. Gerade, wenn so ein Scheusal wie Faraldur über euch schwebt. Also, Kleines. Wie heißt du? Und wie kann ich dir beistehen?“


Autor: vivar

„Cira, Domna. Und ’ch bin kein klein’s Mädchen, sondern 17. Mit Verlaub, Domna.“ Sie neigte verlegen den Kopf und blickte sich erneut um, ob irgendjemand Zeuge ihrer Unterredung würde, aber das Häuschen war eines der letzten von Trajalés, und weit und breit war niemand zu sehen. „Die Mutt’r hat Euch heut’ morgen g’seh’n. Bei der alt’n Olivares. Un’ ’ch hab Euren G’fährten g’seh’n. Den Caballero mit dem schwarz’n Haar un’ dem groß’n Schwert, wie’r durch’s Dorf g’strich’n ist und die Leut befragt hat. Niemand wollt ihm antwort’n.“ Sie strich ihre Schürze mit den Händen glatt. „Die Canerva haben’s verboten.“

„Die Canerva?“

„Ja!“ Leise, fast flüsternd sprach Cira. „Die alte Gonzaga un’ ihre Söhne. Wir alle sin’ Fellachen“ – sie strich über ihr kurzes Haar – „nur d’r Schmied ist’n Freier, d’r Krämer un’ sein Weib – un’ die Canerva. Sie... acht’n drauf, dass alles sein’ Gang geht. Dass die, hm, Ordnung in Trajalés nicht g’stört wird, versteht Ihr? Fremde stör’n. Frag’n stör’n.“

„Ich verstehe. Ich glaube, mit einem der Söhne hatten wir heute das Vergnügen. Talfan oder so.“

Cira nickte. „Das ist d’r Jüngste. Er trinkt viel. Un’ wenn’r getrunken hat, dann schaut er immer so. Fermín ist d’r Ält’ste, Berengar der Stärkste, un’ Isandro un’ Eulalio sin’ Zwillinge. Sie sin’ die Doms – also, sie sin’ keine Doms, so wie ’Hr, aber sie schaff’n an, was g’macht wird un’ wer –“

Sie hielt erschrocken die Hand vor den Mund. „’S gibt Sach’n im Drach’ntal, üb’r die darf m’r nicht red’n.“


Autor: alcorta

‚Schon 17…’, dachte Catalin ein wenig erschrocken. Die hätte sie Cira nie gegeben. Ihre hagere Gestalt, ihre ganze Körpersprache täuschten vielleicht über ihr Alter hinweg, sicher aber nicht über den Tatbestand, dass diese Frau in diesem Dorf nicht viel zu lachen hatte. Und offensichtlich hatten diese Canervas einen großen Anteil daran. Da konnte man sich schon fragen, wer in diesem Dorf wohl der Drache war. „Weil die Canerva dir sonst was antun? Drohen sie dir, dich dem Drachen vor die Füße zu werfen?“

Betretenes Schweigen war die Antwort.

„Hör zu, Cira, wenn dir diese Truppe Angst macht, kann ich das gut nachvollziehen. Aber wir sind hier, damit das alles ein Ende findet. Wir sind dafür da, dass du weder vor Faraldur, noch vor den Canervas Angst haben musst. Wenn du also irgendetwas weißt, was uns weiter helfen kann, dann musst du uns das sagen, egal ob die Canervas das verboten haben oder nicht. Meine Freunde haben sich schon jetzt in Lebensgefahr begeben. Und wenn wir ihnen jetzt nicht helfen, dann würden uns eines Tages nicht die Canervas richten, sondern Rethon.“ Catalin blickte ihrem Gegenüber in die Augen.

„Vertraust du mir, Cira?“


Autor: vivar

Cira blinzelte nicht. Stattdessen zog sie Catalin in das Häuschen hinein und verriegelte die Tür. Verlegen deutete sie auf einen der drei Stühle., wartete, bis sich die Adlige einen ausgesucht hatte und blieb dann vor ihr stehen. „S’ist so, Domna“, fuhr sie dann in ihrem schwer verständlichen Tosch Murer Zungenschlag fort: „Jed’r in Trajalés kennt d’Leyenda, ab’r ’Hr Fremd’n nicht. Faraldur herrschte seit jeher über’s Tal, über d’Bäume, d’Viecher... Faraldur hat sie b’schützt un’ im Austausch imm’r eins ’hrer Jung’n erhalt’n. Irgendwann kam’n auch d’Leut des Lilienjunk’rs, und’r hat ’ihnen erlaubt, z’siedeln. Seitdem hat’r auch üb’r d’Menschen g’herrscht un’ nahm sich eins ihrer Jung’n.“

Anfangs kam’r noch ins Dorf un’ nahm sich, was’r brauchte: Lämm’r, Kälb’r, Kind’r. Auf dem Weg riss’r Mauern ein un’ Bäume um, verschmutzte d’Bäche un’ plünderte Hühnerställe. D’r Lilienjunk’r sandte einen Caballero mit sein’n Leut’n un’ sie errichtet’n Mauer’n um Trajalés un’ ein fest’s Haus, ab’r Faraldur kam mit Feuerodem und Klau’n un’ riss un’ brannte alles nieder. Sich’r habt ’Hr d’Ruine auf’m Anger g’sehn. Eines Tag’s ab’r stand eine junge Maid auf und sprach: ‚’Ch will geh’n un’ Faraldur töt’n, auf dass’r uns in Fried’n lässt.’ Sie brach auf z’seinem Hort un’ alle ahnt’n, dass d’r Wurm sie fressen würde.

Doch die Maid kehrte z’rück. Zwar hatte sie den Wurm nicht g’tötet, ab’r mit ’hm verhand’lt un’ ein’ Pakt zum Schutz des Dorfs g’schloss’n. Faraldur würde das Dorf in Fried’n lass’n und’ vor all’r äußer’n Unbill schütz’n. Jedes Jahr werd’n ’hm sechs Schafe oder Zieg’n vor seinen Hort g’bracht. Un’ alle drei Jahr wird ’hm ein’ Jüngling od’r ein’ Jungfer darg’bracht. Die Maid sollte dafür sorg’n, dass d’r Pakt umg’setzt werde. Zum Zeich’n, dass all dies wahr sei, trug sie ein Halsband mit ein’r von Faraldurs schwarz’n Schupp’n. Un’ so ist’s seither.“

„Lebt die Maid denn noch?“, fragte Catalin verwundert.

Cira schüttelte den Kopf. „Nein, Domna. Ab’r ’hre Nachkommin, Gonzaga Canerva. Sie trägt heut d’schwarze Schuppe. Un’ sie entscheid’t, wess’n Schaf’ un’ Zicklein un’ wess’n Sohn un’ Tochter zum Wurm geht.“


Autor: alcorta

Das waren eindeutig ein paar Informatonen zu viel auf einmal für Catalin, sie musste sich erst einmal sammeln. Mit Grübelfalten auf der Stürn blickte sie einen kurzen Moment auf den Boden, dann wieder auf Cira. „Ein Schutzabkommen? Es geht hier um ein Schaf alle zwei Monate? Da passt doch was nicht! Wir wurden hierhin entsandt, weil es der Drache angeblich immer wilder treiben und eine Schneise der Vernichtung hinterlassen würde. Zahlt Gonzaga etwa nicht? Oder klagt sie beim Baron etwa lauter, als dass der Drache dafür wirklich einen Grund liefern würde? Unabhängig davon, dem Drachen einen Menschen zu opfern… das macht man vielleicht in Al'Anfa, aber ganz sicher nicht in der zivilisierten Welt. Und meine Freunde sind immer noch in großer Gefahr. Meinst du, Gonzaga ließe sich überzeugen, neu mit dem Drachen zu verhandeln? Oder dass sie die Schuppe mir gibt, damit ich mit dem Drachen um das Leben meiner Freunde verhandeln kann?“


Autor: vivar

„’Ch weiß nicht, Domna.“ Das Mädchen wurde verlegen. „Mit d’r schwarz’n Schuppe ist die Canerva-Bäurin Aug’, Ohr un’ Stimme Faraldurs un’ bleibt selbst von d’r... von d’r Last verschont. Kein’r hat so viele Söhne wie sie. Warum sollt’ sie das abgeben?“

‚Wie eine Priesterin, die für andere das Opfer bringt’, dachte Catalin.

„Eure ander’n Frag’n kann’ch Euch auch nicht beantwort’n, Domna. ’Ch wollt’ Euch ab’r noch eine and’re Sach’ sag’n: Dies’ Jahr ist ein Last’njahr, Domna. D'r Fermín Canerva hat gestern verkünd’t, dass’s dies Jahr kein’ von uns treff’n wird.“

„Weil der Lindwurm schon von den vielen Drachentötern satt sein wird?“

Cira schüttelte den Kopf. „Nein, ’r will immer eine Jungfrau od’r Jungmann. Aber sie hab’n wohl jemand von auß’rtals g’fund’n.“

Mit einem Mal fiel Catalin wieder der Tote in der Escarra vom Vortag und der Brief, den sie bei ihm gefunden hatten, ein. Sie kam jedoch nicht mehr dazu, dies anzusprechen, da jemand versuchte, die Tür zu öffnen und dann, als dies nicht gelang, mehrfach dagegen klopfte.

„Cira!“, rief eine Frauenstimme. „Cira, mach auf! Wieso hast’ d’Tür v’rrieg’lt?“

„D’Mutter!“, entfuhr es Cira. „Wenn die uns hier z’sammen sieht, wird’s m’r üb’l ergeh’n!“


Autor: alcorta

Auch Catalin zuckte zusammen. Jetzt war Hektik angesagt. Schnell blickte sie sich um und entdeckte gegenüber der Eingangstür eine Fensterluke, die durch Fensterläden verschlossen war. Noch einmal blickte sie zu Cira und flüsterte: „Du hast abgesperrt, weil ich rein wollte, um fragen zu stellen, verstanden?“ Dann rannte Catalin zum Fenster, öffnete und sprang hindurch. Oder versuchte es zumindest, die Rüstung behinderte sie merklich und erst im zweiten Anlauf hatte sie überhaupt die Höhe erreicht, um sich irgendwie auf den Fenstersims zu wuchten. Sie kippte mehr vorneüber, als dass sie kontrolliert auf der anderen Seite hinab kletterte. So landete sie sehr unsanft auf dem Boden und biss sich kräftig auf die Lippe, um sich nicht durch Schmerzenslaute zu verraten. Der Schmerz ließ ein wenig nach, sodass sie schnell noch nach den Fensterläden griff und diese wieder schloss, dann blieb sie aber wieder liegen und zählte gedanklich die Stellen, die sich morgen wohl als blauer Fleck wieder bemerkbar machen würden. Das Leid des Rüstungsträgers...

Catalin hörte von innen, wie die Tür entriegelt wurde und Ciras Mutter hinein gelassen wurde.

„Cira, was war da los?“

„Da war eine d’r Fremd’n und wollt Frag’n stelln...“

Catalin richtete sich auf. Nun galt es, dem Mädchen das Alibi zu verschaffen, das sie brauchte, um sich aus Ärger raus zu halten. Also spurtete sie, soweit es die blauen Flecken zuließen, zur Eingangstür und hämmerte darauf herum. „Heda! Ich habe gesehen, dass ihr rein gegangen seid! Ich hab die Schnauze langsam voll, ich will doch wirklich nur ein paar Fragen stellen!“, rief sie.

Catalin erhielt nach kurzer Stille durch die geschlossene Tür die erwartete Antwort „Geht bitte, wir woll’n nicht mit Fremd’n sprech’n. Geht nur weg!“

„Aaaaach, sowas Stures!“, künstelte Catalin erfolgreich eine Aufregung und stapfte hörbar davon. Sie wanderte kurz um eine andere Häuserecke und sammelte sich dort wieder. „Ich muss diese Schuppe haben. Diese Canervas sind so von ihrer Angst aufgefressen worden, dass sie für ihren Schutz einen viel zu hohen Preis zahlen“, fuhr es ihr durch den Kopf. „Aber alleine werde ich das nicht packen. Ich brauche die anderen. Hoffentlich ist es noch nicht zu spät.“ Mit diesen Gedanken machte sie sich auf Richtung Faraldurs Hort.