Chronik.Ereignis1033 Streit ums Taubental 07

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Ein Dachs im Taubental

Wie Ritter Halmdahl sich des Edlenguts Waldhaus bemächtigte. Wie der Edle Falk Fröhling sein ruhmloses, aber rahjagefälliges Ende fand. Wie Ritter Halmdahl aller Welt von seinen Taten kündete.


Baronie Taubental, 1. Travia 1033 BF[Quelltext bearbeiten]

Auf dem Edlengut Waldhaus (abends)[Quelltext bearbeiten]

Autor: Geron

Das war also dieses Waldhaus. Halmdahl von Sindelsaum, seit einem knappen Mond Edler von Waldhaus, fragte sich zum wiederholten Mal, ob es ein so kluger Gedanke gewesen war sich von diesem merkwürdigen Baron Reginus von Alstingen belehnen zu lassen. Hieß der Mann überhaupt Reginus, oder nicht doch eher Regimus? Halmdahl war sich nicht sicher, aber dieser Kerl hatte ihn ohne viel Federlesens zum Edlen von Waldhaus im Taubental erhoben. Er schulde seinem Vater Ontho einen Gefallen, hatte er gesagt. Wer konnte da schon nein sagen?

Zumal, wenn man seine Geschichte bedachte. Als Hausritter Graf Orsinos hatte er sich im Jahr des Feuers nicht gerade mit Ruhm bekleckert. Zwar hatte es keine rechtlichen Konsequenzen gegeben, aber sein Ruf war dennoch angekratzt gewesen.

Alara von Semmelstock, die neben ihm stand, schien solche Bedenken nicht zu haben. Über Liepenstein waren Halmdahl, Alara und Ferk von Alrichsbaum, der dritte Ritter in der Runde, nach Taubental gekommen. Sie hatten behauptet auf dem Weg zu dieser seltsamen Rahjaabtei zu sein, deren Namen sich Halmdahl nicht merken konnte. Anstatt aber der anzüglichen Göttin zu huldigen, hatten sie einige Meilen vorher, in Waldhaus, Halt gemacht.

Nun standen die drei Ritter mit ihrem Dutzend Gefolgsleute am Waldrand und beobachteten das große, mit hohen Palisaden geschützte Gutshaus, das still und friedlich in der Abenddämmerung vor ihnen lag.

Lichter strahlten aus den geöffneten Fenstern. Es war schon recht kühl, aber das störte Halmdahl nicht weiter. Er war seit dem Fall Graf Orsinos Hausritter im Wengenholm gewesen und wärmer als in der nördlichsten Grafschaft des Kosch war es in der nördlichsten Grafschaft Almadas allemal.

„Mitten in der Nacht über die Palisade und ran an den Feind“, schlug Ferk geradlinig vor. Alara nickte und auch Halmdahl wusste nichts daran auszusetzen. Kein sehr ausgefeilter Plan, aber es war ja auch keine ausgefeilte Befestigungsanlage.

Vier Stunden später, als die Lichter auf dem Hof bis auf wenige im Gutshaus langsam erloschen und aus diesem heiterer, nicht ganz nüchterner Gesang erklang, schlichen sich Halmdahl und seine Gefährten an Palisade an. Kein Wachposten war aufgestellt worden; offensichtlich fürchtete man keine Feinde.

Vorsichtig wuchteten die Waffenknechte einen behauenen Baumstamm hoch und legten ihn mit einem dumpfen Laut an die Palisade an. Angespannt lauschte die Gruppe, ob irgendjemand den Laut gehört hatte, aber es rührte sich nichts und so erklomm Halmdahl als erster die Palisade.

‚Mein Lehen’, dachte er halb ironisch, als er auf die Gebäude des Gutes blickte. Das Gehöft bestand aus einer Ansammlung von Steinhäusern, von denen alle bis auf eines, wohl das Haus des Edlen, nur über ein Stockwerk verfügten. Überrascht hielt Halmdahl inne, als er drei gedeckte Karren sah, die auf dem Hof standen. Ein fahrender Handelszug, oder ein Steuereintreiber mit starker Bedeckung? ‚Einerlei’, beschloss Halmdahl, als er sich über die Palisade schwang, den Schild mit dem Dachskopf vom Rücken nahm und sein Schwert zog. Langsam folgten ihm seine Leute.

Als die ersten vier über die Palisade geklettert waren, lief Halmdahl mit ihnen zur Bohlentreppe, die vom Erdwall hinunter in den Hof führte.

Aus dem Hauptgebäude erklangen Stimmen und Gesang. Die Gesellschaft schien noch immer zu feiern. Umso besser, dachte sich Halmdahl. Ein betrunkener Feind war ein einfacher Gegner.

Ruhig nahmen Halmdahl und seine drei Begleiter auf der linken Seite der großen Tür, hinter welcher der Gesang erklang, Aufstellung. Hoffentlich öffnete niemand die Tür. Still wartete er darauf, dass sich seine übrigen Leute zu ihm gesellten. Es schien eine Ewigkeit zu dauern, bis alle den Zaun überwunden hatten. Noch immer dröhnte das betrunkene Gegröle aus der Halle.

„Wer sich wehrt, wird nieder gemacht“, gab Halmdahl die Devise aus. „Und lasst mir den Edlen am Leben.“

„Wie heißt der Kerl denn, oder wie ist sein Wappen?“, fragte Alara.

Halmdahl zuckte mit der Schulter. Er konnte sich diese komischen Namen einfach nicht merken. „Den erkennen wir schon“, gab er bestimmt zurück. „Ist ein alter Sack und wird die besten Kleider anhaben.“

„Auf!“, knurrte Ferk rethonisch und stieß die Tür auf.

„ANGRAX! ANGRAX!“, brüllten die Koscher, während sie in eine große Halle stürmten, wo zwei Dutzend Männer und Frauen in fröhlicher Runde tafelten und dem Wein schon über Gebühr zugesprochen hatten. Verwirrung und Entsetzen zeigte sich auf ihren Gesichtern der Feiernden. Dann brach Chaos aus. Die Horde laut brüllender Bewaffneter, die mit ihren wilden Bärten aussahen, als ob sie einem Märchen aus vergangenen Zeiten entsprungen wäre, ließ die meisten Anwesenden in helle Panik ausbrechen. Stühle wurden umgestoßen, Gläser barsten, Tabletts polterten zu Boden.

Halmdahl versuchte sich einen Überblick zu verschaffen, aber es wollte ihm nicht so recht gelingen. Harsch rammte er seinen Schild einem der Feiernden ins Gesicht. Da sah er ihn. Das musste sein Vorgänger sein. Am Kopf der Tafel schwang ein hagerer alter Mann mit prächtigem Kaiser-Alrik-Schnauzer im hochroten Gesicht einen Weinbecher.

Derweil drangen Halmdahls Leute vor. Ein bunt gewandeter Söldner riss seinen Krummsäbel aus der Scheide und fuchtelte damit vor den Angreifern herum. Dabei versuchte er auch noch eine feiste Südländerin zu schützen.

Die Koscher lachten rau über das ungelenke Verhalten des Söldners, doch als sich einer der Männer zu nah heran wagte, verpasste der Söldner ihm einen üblen Schnitt am Arm. „DRUFF!“, rief Ferk und drängte nach vorne, doch eine der Koscherinnen war schneller. Mit einem raschen Stich erwischte sie den Söldner, mit ihrem Speer, im Magen. Sofort war der eben verwundete Koscher heran und stach mehrfach auf den Söldner ein. Die feiste Frau fiel flehend auf den Boden, während die Mehrzahl der Koscher nach vorne stürmte.

„ANGRAX! ANGRAX!“, brüllten die Koscher ihren Schlachtruf, während sie vorwärts drängten. Der alte Mann auf dem Lehnstuhl war zusammen gesackt, aber ein junger Bursche in edler Kleidung stach mit einem blitzenden Raufedegen nach den Koschern. Vorsichtig wichen diese zurück.

Ungehalten beobachtete Halmdahl den Schlagabtausch. „Nale, Grimm“, rief er ungeduldig. „Löchert den Lackaffen.“ Die beiden angesprochenen Waffenknechte ließen sich nicht zweimal bitten, schoben sich nach vorne. Zielten kurz und schossen dem Burschen aus nächster Nähe zwei Bolzen in den Brustkorb.

Der Widerstand war gebrochen. Einige Personen waren auf den Boden gesunken und flehten um Gnade, andere versuchten sich zu verstecken, während wieder andere bereits aus der Halle geflohen waren. „Treibt die Leute im Hof zusammen“, fauchte Halmdahl ungeduldig und blickte sich kurz um. „Und schafft die zwei Toten raus. Die bluten mir den Boden voll.“ Die beiden Armbrustschützen Nale und Grimm legten ihre Armbrüste zur Seite und schoben ihre Tellerhelme zurück. Während zwei ihrer Gefährten den immer noch blutenden Söldner heraus schleiften, betrachteten sie den erschossenen Jungen.

„Guter Schuss“, lobte Grimm.

Nale nickte zufrieden. „Ja, guter Schuss“, grinste sie und packte den Jungen an den Armen, während Grimm ihn an den Beinen packte. „Dann mal raus mit dem Burschen. Nicht, dass der Boden vor die Hunde geht“, lachte er. Es war ein einfacher Kampf für den erfahrenen Waffenknecht gewesen. Es hätte ja auch alles ganz anders kommen können.

Halmdahl beachtete die beiden nicht weiter und schritt auf den zusammen gesunkenen Alten zu. War der Kerl tot, oder einfach nur hemmungslos besoffen? Halmdahl konnte ihn nicht atmen sehen. Ruhig legte er den Schild zur Seite, schob das Schwert in die Scheide und zückte den Dolch, dann näherte er sich dem alten Mann und legte ihm die linke Hand an die Halsschlagader. „Der ist hinüber“, verkündete Halmdahl lapidar.

„Das macht’s einfacher“, stellte Ferk trocken fest. „Seinen Sohn haben wir wohl auch erledigt. Fehlt nur noch die hässliche Tochter, von der sie erzählt haben.“

„Wir sollten besser nach den Gefangenen sehen“, verkündete Halmdahl und die beiden Ritter schritten einträchtig durch die zwei Blutlachen.

„Schaut jemand nach Rauls Arm?“, fragte Halmdahl.

Ferk nickte. „Ja, aber der Idiot hat seine Strafe ruhig verdient. Man sollte nicht meinen, dass er schon ein paar Schlachten gesehen hat.“

Draußen im Hof erhellten einige Fackeln das Dunkel. Etwa vier Dutzend Personen drängten sich ängstlich zusammen, während die Koscher sie abwartend beobachteten. Halmdahl betrachtete die Gruppe und zeigte auf ein unansehnliches Mädchen in edler Kleidung. „Das wird seine Tochter sein. Sperrt sie ein! Sie wird unser Unterpfand sein.

Ihr Handelsleute könnt gehen. Euch soll nichts geschehen, doch Euer Gut soll hier verbleiben, um den gerechten Kampf der Rohajatreuen zu unterstützen. Ihr Hörigen aber sollt mir huldigen, denn Baron Rezigus hat mich als neuen Edlen von Waldhaupt bestallt und so bin ich euer rechtmäßiger Herr.“ Niemand wusste so recht, wenn er mit Baron Rezigus meinte, aber es würde schon stimmen und wer würde schon einem Haufen grimmiger Spießgesellen widersprechen?

Die feiste südländische Händlerin schickte sich an, lauthals Protest gegen die Beschlagnahmung ihrer Ware einzulegen, doch Grimms wieder gespannte Armbrust hinderte sie daran.

Halmdahl ließ eine Brieftaube gen Schelak aufsteigen. Dort würde „sein“ Baron jetzt sein. Dem Koscher Ritter war der Mann reichlich egal, aber er hatte ihm eben ein Lehen versprochen. Der Brief war knapp gehalten. „Waldhaus ist unser“ war alles, was dort geschrieben stand.

Der Fuhrknecht, den Halmdahl Richtung Santa Catalina laufen ließ, erhielt einen Brief für den Abt des Klosters.

Die feiste Kauffrau, die mit ihrem übrigen Gefolge gen Castillo Chellara zog, trug folgenden Brief für den Baron mit sich:

An seine Hochgeboren
Leon Dhachmani von Wiwan,

es ist mir eine Freude euch verkünden zu dürfen, dass das Gut Waldhaupt wieder in den Händen aufrechter Adliger gefallen ist. Unser Amtsvorgänger erlitt bei unserem Auftreten leider einen tödlichen Schlagfluss und wurde gemeinsam mit zwei jungen Burschen, die mit uns Händel anfingen, begraben.

Es liegt uns fern, Euch Schaden zu bereiten und so soll es Euer Schaden nicht sein, wenn Ihr Baron Rezigus von Albingen in seinem weisen Schritt folgt uns als Edler von Waldhaupt anzuerkennen. Als Pfand für Euer Wohlwollen behalten wir die Tochter des Edlen in unseren Händen.

Hochachtungsvoll
Halmdahl von Sindelsaum

Edler von Waldhaupt

-Der der tulamidischen Händlerin übergebene Brief


Bald müsste er damit anfangen sich an die Almadaner Namen zu gewöhnen, beschloss Halmdahl für sich selbst, doch das hatte noch Zeit. Er teilte die Wachen ein und versammelte den Rest seiner Leute in der Festhalle. „Ein guter Tag für uns. Mögen noch viele weitere kommen. Heben wir den Krug auf Baduar.“

„BADUAR!“, riefen seine Gefolgsleute und tranken einen kräftigen Schluck.

„Trinkt, doch trinkt in Maßen. Wir wollen nicht den selben Fehler machen, wie unsere Vorgänger.“

Raues Gelächter ertönte. „Morgen werden wir das Umland erkunden und die Hörigen werden einen Graben um den Hof ausheben. Nicht, dass unsere Nachbarn auf dumme Gedanken kommen.“

„Was war eigentlich in den Karren?“, erkundigte sich Ferk bei Alara.

„Wein und edle Speisen. Der gute Baron wird wohl eine Weile ohne seine Leckereien auskommen müssen.“

„Gut für uns. Immerhin werden wir hier gut speisen“, verkündete Ferk und prostete Alara lachend zu.