Chronik.Ereignis1032 Die Herren von Pildek 08

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Baronie Pildek, Ende Ingerimm 1032 BF[Quelltext bearbeiten]

Im Lager der Aguerridos nahe Carhag-Lo[Quelltext bearbeiten]

Autor: Von Scheffelstein

Der Condottiere[Quelltext bearbeiten]

„Aufstehen!“ Ein Stiefel traf Nado. An der Schulter - wo auch sonst? Bevor die Frau ein weiteres Mal zutreten konnte, rappelte der junge Mann sich auf. Sie schubste ihn aus der fensterlosen Kammer des Bauernhauses, in die man ihn während der Nacht gesperrt hatte.
„Ich kann alleine gehen“, knurrte er. Allmählich war er es leid, herumgestoßen zu werden. Die Frau schubste ihn ein weiteres Mal, und Nado fiel auf die Knie.
„Sieht nicht so aus“, sagte eine andere Söldnerin, und ihre Kumpane lachten.
„Los, los“, rief die erste Frau und versetzte Nado einen Tritt von hinten, dass er bäuchlings auf dem Boden landete. „Man lässt den Condottiere nicht warten.“
„Und er mag’s nicht, wenn man ihm die Stiefel leckt“, sagte einer der Söldner. Wieder lachten sie alle. Nado hasste es, wenn man über ihn lachte, aber er wollte sich nicht die Blöße geben, es zu zeigen.
„Du scheinst ja zu wissen, wo man ihn lecken soll“, sagte er zu dem Mann, als er sich wieder aufgerichtet hatte. Jetzt lachten die Mercenarios über ihren Kumpan, der wütend nach Nado griff, ihn aber nicht zu fassen bekam.
„Hundsfott, aus dir mach’ ich Hackfleisch!“, rief er Nado hinterher, doch der war bereits zur Tür hinaus. Begleitet von seiner Bewacherin, die ihn tatsächlich losgelassen hatte, überquerte er den Hof. Sie führte ihn ins Haupthaus des Anwesens und dort in die Wohnstube. Es mussten reiche Bauern gewesen sein, die einst hier gewohnt hatten. An einem Eichentisch saßen mehrere Söldner in ihren schwarzen, geschlitzten Wämsern und schwarzgelb geteilten Hosen. Am Kopf des Tisches, die schweren Stiefel auf demselben überschlagen, saß der Condottiere, Galeazzo Fortezza. Jeder in Pildek kannte den Mann, der, so hieß es, die Baronin vertrieben hatte. Kurzes schwarzes Haar schaute unter seinem Dreispitz hervor, seine Oberlippe zierte ein fein gestutzter Schnurrbart. Sein Äußeres wirkte gepflegt und stand ganz im Gegensatz zu seinen kalten, dunklen Augen und der hässlichen Narbe, die über seine ganze linke Gesichtshälfte verlief. Schon mancher hatte den Fehler gemacht, Fortezza zu unterschätzen. Oder ihn sich zum Feind zu machen.
So offenbar auch Majuelo, der zwischen Nadir und Jamal auf einer Bank saß und von zwei Söldnern festgehalten wurde. „Ich sag’s noch mal, Condottiere, ich hab’ den Valdez nicht vergiftet, verdammt. Versteht Ihr nicht? Mich, mich wollte wer vergiften! Es war mein Becher, aus dem er getrunken hat!“
„Tatsächlich?“, fragte Fortezza gelangweilt, während er sich mit einem Dolch die Fingernägel reinigte. „Und warum schüttest du dir selber Gift in den Wein?“
„Warum sollte ich das tun, verflucht?“
„Madalya.“ Der Condottiere mühte sich nicht, aufzusehen. Stattdessen besah er sich seine Finger, legte den Dolch beiseite und zog eine kleine Feile aus seiner Gürteltasche, mit der er die Nägel zu bearbeiten begann.
Die Madalya genannte Söldnerin – eine Mischung aus einer Elfe und einem Oger, fand Nado: sehr hübsch, aber viel zu groß und muskelbepackt wie die Menschenfresser aus den Legenden – ging in einen Nebenraum und kam mit einem kleinen, bunt bemalten Tonfläschchen wieder. Sie stellte es auf den Tisch.
„Das hier haben wir hinter dem Zelt gefunden. Zahoriwerk, nicht wahr?“, fragte Fortezza, während er die Feile wieder verstaute und sich den Nagelstaub vom Wams strich. Majuelo wollte soeben antworten, doch der Condottiere kam ihm zuvor. „Der Rest Gift, der in dem Krüglein war, hat gereicht, zwei Hunde zu töten. Die rechne ich dir also auch noch an.“
„Hunde?“, fragte Majuelo, der nichts begriff. „Ich habe keine Hunde getötet!“
„Die Hunde also nicht“, stellte Fortezza fest, der sich von einem Söldner eine Schüssel mit dampfendem Wasser reichen ließ und ein kleines Fläschchen, das er in die Schale entleerte. Sofort machte sich ein angenehmer Tannenduft in der Stube breit. „Also, ist der Krug von dir?“
„Er ist nicht von mir, nicht von uns.“ Majuelo wies mit dem Kopf auf das Gefäß. „Nicht von den Cruento! Wir würden ihn nie so anmalen. Es ist von einer anderen Sippe. Silfide, nehme ich an.“
„Aha!“ Der Condottiere tauchte seine Finger in das Tannenwasser und ließ sich eine Bürste reichen, um seine Handpflege fortzusetzen. „Du gibst also zu, dass der Krug von euch Zahori ist?“
„Ja, aber ...“
„Madalya, vielleicht sollten wir ihn an die restlichen Hunde verfüttern. Wäre das gerecht? Oder an Gaftaros Schwester? Aber nein, die isst ja kein Fleisch ...“
Majuelo fuhr von seinem Sitz hoch. „Ich sag’s nochmal, verdammt: Ich habe Valdez nicht umgebracht und sonst auch keinen von Euren Leuten. Ich ...“ Der Blick des Zahori fiel auf Nado, der noch immer neben der Tür stand. „Ha! Der! Der, Condottiere, der wollte mich umbringen! Fragt den doch mal, ob er nicht das Gift in meinen Becher geschüttet hat.“
Galeazzo Fortezza sah von seinen Händen auf und unterzog Nado einer kurzen Musterung.
„Und, Majuelo? Warum sollte er dich umbringen wollen?“
„Weil ... was weiß denn ich? Er hatte es schon beim Stierkönig auf mich abgesehen, beim Kälberfangen ...“
Nado lachte.
„Oh doch!“, beharrte Majuelo und wandte sich wieder dem Condottiere zu. „Wahrscheinlich will er sich rächen, weil ich ihm gesagt habe, dass es ihm leid tun wird, dass er mich um das Kalb gebracht hat. Und außerdem glaubt er, ich hätte seine Freundin umgelegt ...“
„Und?“ Fortezza winkte einem der Söldner, der ihm ein Leinentuch reichte.
Majuelo schnaubte. „Ich kenne sie nicht mal!“
„Condottiere, das Gift stammt wirklich nicht von uns“, mischte sich Nadir jetzt ein. „Und das ist wirklich ein Krug von den Silfide.“
„Ihr Zahori steckt doch alle unter einer Decke!“, grunzte ein Söldner.
„Nein, aber die Silfide“, fiel eine Söldnerin ein. „Sind das nicht die, die die Bauern durchfüttern? Die, die denen immer sagen, dass sie sich nichts gefallen lassen sollen? Auch von uns nicht?“
„Genau“, sagte Nadir.
„Wir mögen die Silfides nicht“, sagte Majuelo.
„Und die mögen dich nicht“, sagte Jamal zu ihm.
„Und wegen deinem Streit mit den anderen Zahori ist jetzt einer meiner Männer gestorben“, sagte der Condottiere, während er sich die Hände abtrocknete.
„NEIN!“, brüllte Majuelo. „WIE OFT SOLL ICH’S NOCH SAGEN? Die – haben versucht – mich – umzubringen. Nicht Valdez, verdammt! Warum trinkt der Idiot auch aus meinem Becher?“
„Und was hast du damit zu tun?“ Nur ein Augenaufschlag Fortezzas in Nados Richtung.
„Ich? Nichts“, sagte der junge Mann.
„Weißt du, Madalya“, erklärte der Condottiere, während er einen Söldner scheuchte, Schüssel und Leinentuch zu entfernen, „die beginnen mich zu ermüden.“
„Versteh’ ich“, sagte Madalya.
„Ich glaube, die Zahori haben ausgedient“, sagte Fortezza. „Die einen, wie die anderen. Diese Silfides gehen mir auf den Geist. Wir werden sie beseitigen. Und diese Cruentos. Madalya, was werde ich wohl mit denen machen?“
Madalya musterte die drei Zahori. „Wegschicken.“
„Du hast ein zu gutes Herz, Madalya“, sagte Fortezza.
Die Söldnerin schüttelte den Kopf. „Machen nur Ärger. Sind die tot, kommt die ganze Sippe. Besser, sie verpissen sich alle.“
„Also dann: verpisst euch!“, sagte Fortezza. Doch statt der Zahori sah er Nado an.
Die Zahori beeilten sich aufzustehen. Majuelo warf Nado einen hasserfüllten Blick zu. Nado sah ihm kurz nach, als er den Raum verließ, schaute dann wieder zum Condottiere. Der Mann hatte seine Handreinigung nun endgültig beendet und nahm Nado näher in Augenschein, als diesem lieb war.
„Bist du auch so ein Weichei wie Majuelo?“, fragte er, laut genug, dass der Zahori es gewiss noch mitbekam.
„Nein“, sagte Nado.
„Gut“, sagte Fortezza. „Ich kann Weicheier nicht ausstehen.“
„Ich bin kein Weichei“, sagte Nado.
„Gut“, wiederholte Fortezza. „Und du bist auch nicht derjenige, der mit dem Gift der Silfide einen meiner Männer umgebracht hat?“
„Nein“, sagte Nado.
„Gut, gut.“ Fortezza nickte bedächtig. „Dann wirst du mir jetzt beides beweisen.“
„Was soll ich tun?“, fragte Nado.
„Die Oberhexe der Silfides. Töte sie für mich.“
Nado starrte in die kalten, harten Augen des Condottiere. „Und was, wenn nicht?“
„Bist du ein Weichei?“, fragte Fortezza.
„Nein“, sagte Nado und schluckte.

Chronik:1032
Die Herren von Pildek
Teil 08