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''Schneller! Bitte, schneller!'' Herzrasen bis zum Zerbersten. Die bloßen Schenkel kalt und wund am rauen Fell des Rosses. ''Schneller!'' Ein plötzlicher Ruck, das Pferd bäumte sich auf, einen Bolzen im Muskel. Jetzt bloß nicht stürzen! Richeza krallte sich an Mähne und Zügel fest, das Pferd buckelte, dann galoppierte es los, rannte wie besessen, den Hinterfuß schleifend. Die Zügel fester, runtergleiten? Aber wohin? Bloß weg hier! Aber das Pferd verletzt! Wie lange es durchhielt? Es lief noch, langsamer, hinkte, stolperte. ''Ihr Götter, bitte, falls Ihr nur einmal ...'' Fast völlige Dunkelheit, der Weg weiß, der Wald schwarz, aber da vorne kaum noch Licht. Und das Pferd lahmte, stolperte schon wieder! ''Weiter, weiter! Bitte, Ihr Götter, irgendwer, Hilfe!'' Kaum möglich, sich im Sattel zu halten. Kein Blick zurück, weiter! Solange die drei Beine des Pferdes sie tragen würden ... Hinter ihr ein Gemetzel, die Reiter hoffnungslos, der Stier-Mann brüllend. Und keine Zweifel, wie es ihr erginge, wenn man sie einholte ... | ''Schneller! Bitte, schneller!'' Herzrasen bis zum Zerbersten. Die bloßen Schenkel kalt und wund am rauen Fell des Rosses. ''Schneller!'' Ein plötzlicher Ruck, das Pferd bäumte sich auf, einen Bolzen im Muskel. Jetzt bloß nicht stürzen! Richeza krallte sich an Mähne und Zügel fest, das Pferd buckelte, dann galoppierte es los, rannte wie besessen, den Hinterfuß schleifend. Die Zügel fester, runtergleiten? Aber wohin? Bloß weg hier! Aber das Pferd verletzt! Wie lange es durchhielt? Es lief noch, langsamer, hinkte, stolperte. ''Ihr Götter, bitte, falls Ihr nur einmal ...'' Fast völlige Dunkelheit, der Weg weiß, der Wald schwarz, aber da vorne kaum noch Licht. Und das Pferd lahmte, stolperte schon wieder! ''Weiter, weiter! Bitte, Ihr Götter, irgendwer, Hilfe!'' Kaum möglich, sich im Sattel zu halten. Kein Blick zurück, weiter! Solange die drei Beine des Pferdes sie tragen würden ... Hinter ihr ein Gemetzel, die Reiter hoffnungslos, der Stier-Mann brüllend. Und keine Zweifel, wie es ihr erginge, wenn man sie einholte ... | ||
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'''Autor:''' [[Benutzer:Von Scheffelstein|von Scheffelstein]] | |||
Das Pferd wurde immer langsamer, versuchte mehrmals, stehen zu bleiben, aber Richeza trieb es immer wieder an, mit Tritten in die Flanken. Es zitterte bereits, wenn sie es weiter so voran triebe, würde sie es zuschanden reiten. Richeza zweifelte nicht daran, dass sie verfolgt wurde. Mehrmals meinte sie, trotz des noch immer fallenden Schnees, einen Reiter oder auch zwei hinter sich vernommen zu haben. Vielleicht hatte sie es sich nur eingebildet, doch Licht hatte sie gesehen, das hatte sie sich nicht eingebildet, Fackellicht. Nicht lange, und man würde sie eingeholt haben. Und dann? | |||
Der Weg lag dunkel vor ihr, durch die dicht stehenden Bäume fiel kaum Licht. Diese Geschwindigkeit zu halten, war halsbrecherisch, wäre es selbst gewesen auf einem gesunden Pferd. Zweimal hatte sie nur im letzten Moment einem tief hängenden Ast ausweichen können, seither duckte sie sich über den Hals des Tieres. | |||
Vielleicht sollte sie einfach herunterspringen. Und dann? Man würde ihre Spuren im Schnee sehen, sie verfolgen! Sie war erschöpft und durstig und würde im Unterholz nicht schnell genug fliehen können vor diesem tierhaften Riesen mit den überderischen Kräften! Wenn sie sich nur irgendwo verstecken könnte, wo er sie nicht fände! | |||
Bald würde das Tier unter ihr zusammenbrechen! Sich auf seine schwindenden Kräfte zu verlassen, war lebensgefährlich! Aber wohin? | |||
Ein vager Plan reifte in Richeza, tollkühn, verzweifelt, vielleicht dumm. Sich aus dem Ritt heraus an einen Ast klammern, in den Baum hinaufziehen, vielleicht in einen anderen Baum hinüber springen, fernab des Weges herabspringen, wo man die Spuren nicht sähe, dann durch den Wald weglaufen. Aber wohin? – Erst einmal weg hier, weg vom Weg, weg von möglichen Verfolgern! | |||
Richeza nestelte am Sattelknauf, dem festgezurrten Degen. Ihre Hände so klamm, trotz der Handschuhe! Sie bekam ihn noch immer nicht frei! Ein tief hängender Ast über ihr, aber das Pferd zu schnell, die Gelegenheit verpasst, sie musste das Tier langsamer laufen lassen, ohne, dass es stehen bliebe. Und dann lange nichts mehr: Keine Äste, keine Laubbäume, nur Tannen, Fichten, was-auch-immer. Hinter ihr im Wald Lichtschein. Pferde, jetzt war sie sich sicher! Wenn nur dieser verdammte Degen ... | |||
Da, endlich! Wieder ein Ast über ihr. Sie zögerte nicht, griff mit beiden Armen zu – und wurde von ihrem eigenen, ungewohnten Gewicht überrascht: Der Bauch, das Kleid, der schneebedeckte Mantel. Das Pferd lief einfach weiter. Um ein Haar wäre sie gefallen. Sie konnte sich nicht hochziehen! Sie würde sich überhaupt nicht lange halten können! Wie ein nasser Sack hing sie über dem Weg. Versuchte, sich den Ast wenigstens entlang zu hangeln. Hand. Um Hand. Um Hand. Wäre fast abgerutscht. Ihre Arme brannten. Kraftlos! Irrte sie, oder kam der Reiter näher? Die Reiter? Sie durfte nicht loslassen! Noch ein Stück! Der Ast wurde breiter, führte aufwärts. Noch anstrengender! Sie begann, abzurutschen, fing sich gerade noch. Ihr Mantel streifte einen Strauch unter ihr. Wenn sie nicht hängen bleiben wollte, musste sie die Beine anziehen! Solche Schmerzen in den Armen! Die Muskeln begannen zu zittern. Die Hände taub. Noch ein Stück! Fast am Stamm des Baumes, auf der anderen Seite des schneebedeckten Strauchs, konnte sie nicht mehr, ließ sich fallen. Wenigstens nicht auf dem Weg. Aber so dicht daneben! Zum Glück war es dunkel! | |||
Richeza raffte Mantel und Kleid und begann, in die Dunkelheit hinein zu stolpern, bloß weg vom Weg. Orientierungslos. Waffenlos, denn den Dolch, den sie im Stiefel zu tragen pflegte, hatte man ihr auf Harmamund abgenommen. Verfluchtes Dreckspack! | |||
Nach einigen Schritt blieb sie stehen. Sie war zu laut! Sie musste langsamer gehen, damit man ihre Schritte nicht hörte! Zwischen den Bäumen tauchte Fackellicht auf, jetzt waren Pferde zu hören, zwei Reiter? So nah, verdammt, viel zu nah am Weg ... | |||
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'''Autoren:''' [[Benutzer:Der Sinnreiche Junker von Aranjuez|Der Sinnreiche Junker]] | '''Autoren:''' [[Benutzer:Der Sinnreiche Junker von Aranjuez|Der Sinnreiche Junker]] | ||
'''Am Abend''' | |||
Gerade mochte sich bei den beiden Anführern der [[Almadaner Heerbann#Fürstliche Truppen|fürstlichen Reitertruppe]] schon so etwas wie Zuversicht breit gemacht haben, denn immerhin war man auf die Spuren mehrerer Berittener gestoßen, die der leichte Schneefall noch nicht völlig verwischt hatte, und die demzufolge entsprechend frisch sein mussten - und andererseits hatte man wenige Augenblicke zuvor den Markstein von [[Castillo Quazzano|Quazzano]] passiert, sodass man berechtigterweise hoffen durfte, in Kürze das [[Castillo]] zu erreichen, wo die beiden Domnas längst in wohliger Wärme angekommen waren, auf dass sich die leidige Angelegenheit möglichst rasch aufklären mochte. Doch witterten die Rösser, dass irgendetwas nicht stimmte, noch bevor ihre Reiter des Gemetzels angesichtig wurden. | Gerade mochte sich bei den beiden Anführern der [[Almadaner Heerbann#Fürstliche Truppen|fürstlichen Reitertruppe]] schon so etwas wie Zuversicht breit gemacht haben, denn immerhin war man auf die Spuren mehrerer Berittener gestoßen, die der leichte Schneefall noch nicht völlig verwischt hatte, und die demzufolge entsprechend frisch sein mussten - und andererseits hatte man wenige Augenblicke zuvor den Markstein von [[Castillo Quazzano|Quazzano]] passiert, sodass man berechtigterweise hoffen durfte, in Kürze das [[Castillo]] zu erreichen, wo die beiden Domnas längst in wohliger Wärme angekommen waren, auf dass sich die leidige Angelegenheit möglichst rasch aufklären mochte. Doch witterten die Rösser, dass irgendetwas nicht stimmte, noch bevor ihre Reiter des Gemetzels angesichtig wurden. |
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