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''Schneller! Bitte, schneller!'' Herzrasen bis zum Zerbersten. Die bloßen Schenkel kalt und wund am rauen Fell des Rosses. ''Schneller!'' Ein plötzlicher Ruck, das Pferd bäumte sich auf, einen Bolzen im Muskel. Jetzt bloß nicht stürzen! Richeza krallte sich an Mähne und Zügel fest, das Pferd buckelte, dann galoppierte es los, rannte wie besessen, den Hinterfuß schleifend. Die Zügel fester, runtergleiten? Aber wohin? Bloß weg hier! Aber das Pferd verletzt! Wie lange es durchhielt? Es lief noch, langsamer, hinkte, stolperte. ''Ihr Götter, bitte, falls Ihr nur einmal ...'' Fast völlige Dunkelheit, der Weg weiß, der Wald schwarz, aber da vorne kaum noch Licht. Und das Pferd lahmte, stolperte schon wieder! ''Weiter, weiter! Bitte, Ihr Götter, irgendwer, Hilfe!'' Kaum möglich, sich im Sattel zu halten. Kein Blick zurück, weiter! Solange die drei Beine des Pferdes sie tragen würden ... Hinter ihr ein Gemetzel, die Reiter hoffnungslos, der Stier-Mann brüllend. Und keine Zweifel, wie es ihr erginge, wenn man sie einholte ... | ''Schneller! Bitte, schneller!'' Herzrasen bis zum Zerbersten. Die bloßen Schenkel kalt und wund am rauen Fell des Rosses. ''Schneller!'' Ein plötzlicher Ruck, das Pferd bäumte sich auf, einen Bolzen im Muskel. Jetzt bloß nicht stürzen! Richeza krallte sich an Mähne und Zügel fest, das Pferd buckelte, dann galoppierte es los, rannte wie besessen, den Hinterfuß schleifend. Die Zügel fester, runtergleiten? Aber wohin? Bloß weg hier! Aber das Pferd verletzt! Wie lange es durchhielt? Es lief noch, langsamer, hinkte, stolperte. ''Ihr Götter, bitte, falls Ihr nur einmal ...'' Fast völlige Dunkelheit, der Weg weiß, der Wald schwarz, aber da vorne kaum noch Licht. Und das Pferd lahmte, stolperte schon wieder! ''Weiter, weiter! Bitte, Ihr Götter, irgendwer, Hilfe!'' Kaum möglich, sich im Sattel zu halten. Kein Blick zurück, weiter! Solange die drei Beine des Pferdes sie tragen würden ... Hinter ihr ein Gemetzel, die Reiter hoffnungslos, der Stier-Mann brüllend. Und keine Zweifel, wie es ihr erginge, wenn man sie einholte ... | ||
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'''Autoren:''' [[Benutzer:Der Sinnreiche Junker von Aranjuez|Der Sinnreiche Junker]] | |||
Gerade mochte sich bei den beiden Anführern der [[Almadaner Heerbann#Fürstliche Truppen|fürstlichen Reitertruppe]] schon so etwas wie Zuversicht breit gemacht haben, denn immerhin war man auf die Spuren mehrerer Berittener gestoßen, die der leichte Schneefall noch nicht völlig verwischt hatte, und die demzufolge entsprechend frisch sein mussten - und andererseits hatte man wenige Augenblicke zuvor den Markstein von [[Castillo Quazzano|Quazzano]] passiert, sodass man berechtigterweise hoffen durfte, in Kürze das [[Castillo]] zu erreichen, wo die beiden Domnas längst in wohliger Wärme angekommen waren, auf dass sich die leidige Angelegenheit möglichst rasch aufklären mochte. Doch witterten die Rösser, dass irgendetwas nicht stimmte, noch bevor ihre Reiter des Gemetzels angesichtig wurden. | |||
[[Hernán von Aranjuez]] sog scharf die Luft ein, als er sein Reittier zügelte, um sich einen Überblick zu verschaffen. "''Mierda!''", entfuhr es ihm ganz unstandesgemäß, als er nicht nur die wohlbekannten [[Familia von Harmamund|harmamunder]] Farben erkannte, sondern auch Domna Belisetha, deren Unterleib unter ihrem Ross begraben war. Welches freilich in seinen Qualen weit mehr lebendig schien als die [[Baronie Schrotenstein|Alt-Baronin]]. Mit einem Blick auf die Rüstung des [[Königlich Khahirios|Khahiriosers]] - er selbst trug ja nur Reisekleidung und einen Degen - wies er den Weg voran: "Zwei zu mir, der Rest folgt Dom [[Boraccio D'Altea|Boraccio]]!" | |||
Zweifellos bedurfte auch der Aracener keiner genaueren Untersuchung der Toten und Verwundeten, um zu dem Schluss zu gelangen, dass Richeza von Scheffelstein y da Vanya wohl kaum einen Wappenrock in den Farben des Hauses Harmamund trug, und sich demzufolge nicht unter ihnen befand. Während also bis auf zwei Streiter des [[Gwain von Harmamund|Fürsten]] die übrigen Reiter hinter dem einäugigen Cronvogt drein preschten, zog der [[Baronie Dubios|Dubianer]] seinen Degen, eine Waffe, mit der er sich im Sattel reichlich unwohl fühlte. Demzufolge ließ er sein Ross auch nur ein, zwei Mal auf der Stelle im Kreis tänzeln, um sich zu vergewissern, dass keiner der Angreifer mehr in der Nähe war. | |||
Die vielen gefiederten Bolzenschäfte ließen es unklug erscheinen, aufgesessen zu bleiben, sodass die drei Zurückgebliebenen sich aus den Sätteln schwangen, die blanken Klingen in der Faust. "Ihr haltet die Augen offen", wies er die Soldatin an, während ihr Kamerad sich nacheinander über die Gardisten Domna Morenas beugte. Hernán von Aranjuez indes ging neben Belisetha da Vanya auf ein Knie, biss in die Fingerspitzen seines linken Handschuhs um das Leder von den Fingern zu streifen, und am Halse der alten Junkerin den Puls zu prüfen. | |||
"Der hier lebt noch!", rief der Soldat, schränkte aber gleich mit Blick auf den eingeschlagenen Schädel ein: "Sieht aber übel aus." | |||
Erleichtert stellte der [[Condottiere]] fest, dass es sich bei Belisetha da Vanya ähnlich verhielt. Auch wenn das verwundete Pferd ihre Beine unter sich begraben hatte, mochte die Körperwärme des Tieres der altem Domna das Leben gerettet haben, wäre sie ansonsten hier draußen womöglich schon erfroren. Das verwundete Tier wieherte elend, als der Baron und [[Junkergut Aranjuez|Junker]] es am Zügel griff. Ein rascher Blick auf den in hässlichem Winkel offen aus der Hüfte ragenden Oberschenkel genügte um zu wissen, dass das Tier nicht mehr zu retten war. Womöglich hätte man es mit grober Gewalt noch einmal leidlich aufrichten können, fiel es jedoch wieder um, risikierte man weitere Verletzungen bei der Reiterin. So schleuderte er den Handschuh mit einer Kopfbewegung zur Seite, legte dem Tier die bloße Hand beruhigend an den Hals und setzte sorgfältig die Degenspitze auf Höhe des Herzens an. Ein kurzes Zustechen mit der eleganten Klinge, ein leises Wiehern des Pferdes, und in gleichem Maße wie das warme Blut aus der kleinen Stichwunde strömte, erstarben die Bewegungen des Tieres. | |||
Derweil hatten sich seine beiden Begleiter über den Zustand des Verwundeten verständigt, und ein kurzes Kopfschütteln war dem Veteranen Zeichen genug, dass auch hier nichts mehr zu retten war. Ein kurzes Nicken bedeutete dem Soldaten, dass er den bedauernswerten Gardisten gleichermaßen von seinem Leid erlösen sollte. | |||