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In der Tat war in der Ferne Hundegebell zu hören, sodass die ersten Tiere wohl alsbald in ihr Schussfeld laufen würden. Mit der Ruhe des alten Soldaten setzte der Baron und Junker den Fuß in den Bügel der Leichten Armbrust und legte die Zahnradwinde auf um ihre Waffe zu spannen... | In der Tat war in der Ferne Hundegebell zu hören, sodass die ersten Tiere wohl alsbald in ihr Schussfeld laufen würden. Mit der Ruhe des alten Soldaten setzte der Baron und Junker den Fuß in den Bügel der Leichten Armbrust und legte die Zahnradwinde auf um ihre Waffe zu spannen... | ||
==[[Mark Ragathsquell]], 5. Tsa 1036 BF== | |||
===[[Burg Harmamund]], am späten Abend des 5. Tsa=== | |||
'''Autor:''' [[Benutzer:Der Sinnreiche Junker von Aranjuez|Der Sinnreiche Junker]] | |||
[[Hernán von Aranjuez]] fluchte götterlästerlich. Sie hatten von [[Heldor]] über die [[Reichsstraße II|Reichsstraße]] nach [[Ciragad]] beinahe ebenso lange gebraucht, wie von dort bis hierher in Sichtweite des Castillos der [[Familia von Harmamund]]. Zwischen [[Ragath]], wo sie zum ersten Mal die Rösser gewechselt hatten, und Ciragad (wo sie zum zweiten Mal wechselten) hatten sie im letzten Licht des kurzen Wintertages beinahe ihre Tiere zu Schanden geritten. Einen Mann hatten sie zurücklassen müssen, dessen Pferd sich auf dem verschneiten Weg hinter Ciragad ein Bein gebrochen hatte. Und das, obwohl sie ihr Tempo merklich gedrosselt hatten. Das gequälte Wiehern in der Ferne klang ihm immer noch in den Ohren, ehe der Mann das Tier von seinem Leiden erlöst hatte. Doch die Angelegenheit duldete keinen Aufschub. | |||
Kurz sah der [[Condottiere]] zu dem Reiter neben sich. Sein Ross machte im Vergleich zu ihm noch einen frischen Eindruck. Feuchtigkeit glänzte auf der Stirn des Mannes. Schweiß und geschmolzene Schneekristalle, die sich ansonsten zumindest kurz in seinem Bart verfingen. Unter der Nase war ihm der Rotz in die kurzen Härchen über der Oberlippe gefroren. Die fiebrig glänzenden Augen verrieten, dass der Mann restlos durchgefroren war, und das trotz mehrerer Lagen an Kleidung. Unter ihren Gewändern trugen sie nach Eisenfressermanier zusätzlich Lederkoller, darüber aber Pelz und weite Umhänge. Dennoch schnitt der kalte Wind bei vollem Galopp durch jeden Stoff, durch Mark und Bein. Der verkniffene Blick ließ erahnen, dass die trotz der Handschuhe klammen Finger die Zügel mit letzter Kraft hielten. Hernán von Aranjuez, der, das wusste er, gerade keinen Deut besser aussah als sein braver [[Anzures Ballan|Anzures]], fluchte götterlästerlich und richtete seinen Blick wieder auf das letzte Wegstück vor ihnen. Die Angelegenheit duldete keinen Aufschub. | |||
Noch vor wenigen Wassermaßen waren sie behaglich in Heldor beeinander gesessen und die Rückkehr seiner [[Rahjada von Ehrenstein-Streitzig|Verlobten]] von [[Castillo Quaranca]] erwartet. Stattdessen war ein Bote erschienen, geschickt von einem Heldorer Wirt. Reisende hatten sich darüber unterhalten, dass [[Morena von Harmamund]] angeblich eine [[Familia da Vanya|da Vanya]] gehängt hatte. Hatte sich die Fürstennichte Domna [[Rifada da Vanya|Rifadas]] bemächtigt, die noch vor drei Tagen sein Gast auf [[Junkergut Aranjuez|Aranjuez]] gewesen war? Sogleich war dem Baron und Junker klar gewesen, dass Ärger ins Haus stand. Nicht nur, weil er seiner Verlobten lediglich einige eilig gekritzelte Zeilen hinterlassen hatte - einige nicht minder eilig gekritzelte Zeilen waren an [[Gwain von Harmamund|Fürst Gwain]] nach [[Punin]] gegangen. Dann hatten sie ihre Pferde gesattelt, auf dass er sich persönlich vom Wahrheitsgehalt dieser Sache vergewissern konnte. Die Gerüchte waren freilich nicht mehr einzufangen, und wer wusste schon, wann sie wen erreichen würden? Früher oder später die Falschen. Also galt es Maßnahmen zu ergreifen. | |||
Denn sollte dies Gerücht der Wahrheit entsprechen, war diese Geschichte geeignet ganz [[Ragatien]] in Brand zu stecken. Uralte Feindschaften, uralte Bündnisse, Familienbande - die wenigsten würden sich einer solchen Blutfehde entziehen können. War nicht [[Rolban von Quirod]], dieser alte Trunkenbold, ein Vetter dieses Beinahe-Felonisten [[Lucrann da Vanya]]s? Domna Rifada selbst war väterlicherseits eine halbe [[Familia von Ragathsquell|Ragathsquellerin]]. Was würde der [[Hesindian von Kornhammer-Scheffelstein|alte Scheffelsteiner]] tun, da seine [[Richeza von Scheffelstein|Nichte]] gewisslich auf Seiten der da Vanyas fechten würde? Grollte [[Bernfried von Falado]] seinem Fürsten noch? Immerhin hatte ihn dieser [[Annalen:1027|1027]] BF der Mitgliedschaft im seinerzeit noch verfehmten Bund der [[Almadinhüter]] [[YB27 Vom Königinnengericht zu Al'Muktur|beschuldigt]]? Die meisten [[Rescendiente]]s wetzten zweifellos ohnehin bereits seit dem Tage heimlich die Messer, an dem ein ehemaliger [[Answinkrise|Answinist]] den Fürstenthron bestiegen hatte. Er selbst hatte einen Ausgleich zwischen den Harmamunds und [[Brandil von Ehrenstein]] vermittelt, doch wenn sich der [[Grafschaft Ragath|Graf]] für sie erklärte, würde das wohl [[Familia von Graytenau|Graytenaus]] ins gegnerische Lager treiben. Ein [[Ludovigo Sforigan]] würde sich wohl der Seite anschließen, welche den meisten Gewinn versprach. Kaum vorstellbar, dass seine Konkurrentin [[Radia von Franfeld]] für die gleiche Partei zu den Fahnen rufen würde. ''Kopf-ab Radia'' wiederum war mit einem [[Familia von Viryamun|Viryamun]] verheiratet, was die [[Descendientes]] in die Sache hinein ziehen konnte... | |||
Hernán von Aranjuez brummte der Schädel. Er fluchte götterlästerlich. Die Angelegenheit duldete in der Tat keinen Aufschub. Als sie endlich, endlich das Ende der Zugbrücke erreicht hatten, wo zwei Kohlebecken wenig Licht und keine Wärme spendeten, hob er die Faust um Anzures und den verbliebenen Reiter das Halten zu bedeuten. Die Brücke war herabgelassen, doch galt dies zu dieser Stunde gewiss auch für das Fallgatter hinter dem verschlossenen Tor. "Hernán von Aranjuez", rief er zur Wache hinauf, die nur schemenhaft auf dem Torhaus zu erkennen war, als sie sich zwischen zwei Zinnen nach vorne lehnte. "Öffnet, in der guten Götter Namen." Obgleich er durchaus desöfteren auf der Burg zu Besuch war, konnte er wohl kaum hoffen im Halbdunkel erkannt zu werden. So musste der silberne Rabenschnabel auf schwarzem Grund, der an der Lanzenstange des Begleitreiters flatterte einstweilen genügen. | |||