Chronik.Ereignis1044 Selkethaler Pferderennen zu Ehren der schönen Göttin 1044 BF 28
Edlengut Selkethal, 02. Rahja 1044 BF
Autor: Amarinto, Familie Gerber
Nicht ganz unerwartet hatten sich die beiden Gefährtinnen zwar redlich bemüht, waren mit ihren beiden Schlachtrössern, die nicht an Rennen gewöhnt und nicht darauf trainiert worden waren, chancenlos.
Rovena, Zafira und Rondirai waren mit geringem Abstand nacheinander über die Ziellinie geritten. Lediglich zwei Herren waren noch nach ihnen ins Ziel gelangt. Rondirai blickte sich nach dem Gastgeber um, doch konnte sie ihn nicht entdecken. Sie fragte sich aber, ob jene zwei Verlierer nicht von Algerio, dem alten Schlitzohr, genau für diesen Zweck ins Rennen geschickt worden waren. Sie würde es dem Freund tatsächlich zutrauen, nicht weil er Böses im Sinn hatte, sondern ganz im Gegenteil, weil er zwar durch und durch ein kühl kalkulierender Geschäftsmann war, aber das Herz am rechten Fleck trug. Seine Gäste sollten sich wohl fühlen und Spaß haben und wem machte es schon Freude, als Letztes im Ziel anzukommen? Eine Frauenstimme holte Rondirai aus ihren Gedanken: „Domna Gerber, hier die drei bestellten Weinpokale!“
Eine dralle, almadanische Schankmaid brachte, wie angekündigt, drei bis zum Rand mit Rotem gefüllte Pokale.
„Signora Zafira bitte greift zu, den haben wir uns redlich verdient!“ dann drehte sie sich zu der Nostrierin um: „Na komm schon greif zu, Du weißt doch die Signora aus Oberfels hat einen großen Durst und einen ordentlichen Zug am Leib!“ Damit wandte sie sich wieder zu der jüngeren und zwinkerte ihr freundlich zu.
Als alle drei Frauen ihre Pokale in Händen hielten, erhob die Gerberin den ihren und sprach: „Auf starke, unabhängige Frauen, wie wir es sind und auf unzählige Abenteuer!“
Zafira von Weilenschein lehnte sich in ihrem Sattel zurück und betrachtete die beiden anderen Reiterinnen, während sie ihnen zuprostete „Auf das Abenteuer!“ Die Bedeutung dieser Worte schien noch in der kühlen Abendluft zu schweben, und Zafira lächelte, bevor sie den Weinpokal an ihre Lippen hob. Der erste Schluck des schweren, fruchtigen Weins schien den Staub des Rennens von ihrer Kehle zu spülen.
„Na, Signora Rovena“, begann Zafira, ihre Stimme durchzogen von einem Hauch neckischer Herausforderung, „hättet Ihr gedacht, dass wir mit unseren Schlachtrössern so chancenlos sein würden? Vielleicht sollte ich mich lieber auf Rennen im Rahjenkleid spezialisieren, das scheint mir mehr zu liegen.“ Sie wischte sich mit dem Handrücken den Tropfen Wein von der Lippe und sah ihre Landsfrau grinsend an. Natürlich hatten bereits alle von ihrem nackten Ritt durch das Dorf am Morgen gehört und Worte riefen Lachen hervor, und die drei Frauen stießen erneut an. Die Nacht war jung, und der Abend versprach, ebenso lebendig und voller Geschichten zu werden wie das Rennen zuvor.
Zafira war definitiv eine Frau nach Rovena’s und Rondirai’s Geschmack und das nicht im rahjanischen Sinne, zumindest nicht hauptsächlich. “Es wäre zumindest einen Versuch wert.” Grinste die Efferdierin.
Man stieß erneut an und Rovena musterte ihre Landsfrau: “Sagt Signora Zafira, was sind eure Pläne für die Zeit nach dem Rennen? Kehrt ihr in die Heimat zurück oder zieht es euch in die Ferne?” Interessiert blickten nun beide Frauen die Liebfelderin an.
Zafira leerte den Pokal mit dem Wein und verdreht die Augen, als ob sie nachdachte. “Nun, die Einladung der kleinen Caballera nach Mestera klingt interessant und nach einem perfekten Zwischenhalt auf dem Weg zurück ins Horasreich.” Dann wurde sie ein wenig nachdenklich. “So aufregend dieses Abenteuer in Almada ist, ich sollte dennoch nicht zu lange der Heimat fernbleiben. Ihr müsst wissen, mein Vater…er ist zwar kerngesund, aber auch sehr alt. Er begleitete schon seine Mutter, meine Großmutter, als Page, als diese in der Schlacht von Olbris gegen die Novadis kämpfte.” Rovena erinnerte sich, dass diese Schlacht vor fast 90 Götterläufen stattgefunden hatte. Zafiras Vater musste also entweder elfisches Blut in sich tragen oder wahrlich ein uralter Greis sein.
Die Liebfelderin würde also in die Heimat zurückkehren, Rovena war die Enttäuschung anzusehen, auch hingen ihre Gedanken noch bei dem enormen Alter des Vaters der Esquiria, so war es Rondirai’s angenehm unbekümmerte Stimme die als erstes zu vernehmen war: „Na umso mehr ein Grund die verbleibende Zeit hier ausgiebig zu nutzen, wer weiß schon wann uns die Zwölfe wieder zusammenführen und ob dann Gelegenheit zu Feiern ist!“ Sie blickte mürrisch in ihren leeren Pokal: „Werden die Dinger eigentlich immer kleiner?“ Dann sah sie mit einem breiten Lächeln auf: „Na los ihr zwei liebfelder Schönheiten, lasst uns irgendwo hingehen wo man zügig an diesen köstlichen Tropfen kommt und ordentlich Stimmung ist, ich hab Lust zu tanzen!“ Nun entspannte sich auch Rovena’s Gesicht und ihr Lächeln kehrte zurück und mit einem Zwinkern wandte sie sich an die Dritte im Bunde: „Vielleicht möchte uns Signora Zafira ja zeigen, wo man sich so prächtig amüsiert, dass man am nächsten Morgen von allem befreit zum Ausritt aufbricht!“
„Nun, meine Damen, ich glaube kaum, dass der arme Tizinio es mit drei Ritterinnen zugleich aufnehmen könnte, seine furiengleiche Verlobte jedoch umso mehr.“ Sie legte eine theatralische Pause ein, während ihre Finger spielerisch über den Rand des leeren Pokals strichen. „Sie ist ganz offenbar eine Waffenmeisterin mit der Heugabel. Einmal konnte ich ihr entkommen, ich sollte Phexens Gunst nicht noch einmal auf die Probe stellen.“ Sie hatte das Kinn selbstbewusst angehoben und grinste schelmisch. „Vielleicht sollten wir es also erst einmal auf dem Festplatz versuchen.“ Dabei zwinkerte sie den beiden zu.