Chronik.Ereignis1044 Selkethaler Pferderennen zu Ehren der schönen Göttin 1044 BF 28

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Edlengut Selkethal, 02. Rahja 1044 BF, inmitten des Rennens über lange Distanz

Autor: Eliane

„Bereit, ihnen allen zu zeigen, was in uns steckt?“, murmelte Fabiola in Nuiannas Ohr, während sie ihrer Stute ein letztes Mal über die Nüstern strich. „Ich bin es jedenfalls.“ Sie klopfte auf den schimmernden Hals, spürte die gespannte Aufregung des Tieres. Mit einem liebevollen Lächeln schwang sie sich in den Sattel, lenkte die Stute zwischen die anderen Teilnehmer des Rennens auf lange Distanz. Anspannung lag in der Luft. Fabiola atmete tief ein, genoss gelassen wie schon seit Wochen nicht mehr den Trubel.

Das aufregende gestrige Rennen auf kurze Distanz hatte ihr, trotz ihres unrühmlichen zweiten Platzes, ausgesprochen viel Vergnügen bereitet. Jene Ablenkung geboten, die sie dringend gebraucht hatte, um zu entspannen, ungeachtet der tiefgreifenden Veränderungen und Ereignisse der letzten Monate und den in Bälde anstehenden Neuerungen und Verpflichtungen. Die während der folgenden fröhlichen, ganz im Zeichen Rahjas stehenden Feierlichkeiten gemachten neuen Bekanntschaften hatten sich als ebenso interessant wie kurzweilig erwiesen.

Und auch der weitere Abend auf der Hacienda del Valle hatte ihre Erwartungen übertroffen. Dort hatte sie sich zunächst einige Runden lang den Karten gewidmet. Dann, bevor ihr ansehnlicher Gewinn zu Verlust werden konnte, hatte sie dem Gastgeber den Tisch überlassen. In den folgenden Stunden hatte sie den Anwesenden und Geschehnissen um sie herum ihre ganze Aufmerksamkeit gewidmet. Dabei hatte sie weitere neue Bekanntschaften knüpfen können, und ganz nebenbei die für diese Runde ausgewählten Gäste unauffällig besser kennen gelernt. Amüsiert hatte sie über das Verhalten und Auftreten ihres Gastgebers in unterschiedlichsten Umgebungen sinniert, auch wenn sie die Gedanken natürlich für sich hatte behalten müssen. Schließlich hatte sie sich schweren Herzens wegen des heutigen Rennens zurückgezogen, wenn auch nicht allzu früh.

Der heutige Tag hatte gut begonnen. Fabiola war entspannt wie lange nicht mehr und erstaunlich erholt erwacht. Sie hatte erst nach Nuianna gesehen, anschließend während eines leichten Frühstücks im Kreise der Familia über das gestrige und heutige Rennen gefachsimpelt. Die Einigung über ihrer beider neuen Einsatz im Wettkampf mit Tariano war unerwartet rasch erfolgt. Ihr älterer Bruder hatte etwas abwesend gewirkt, was sicherlich den zahlreichen attraktiven Besucherinnen zuzuschreiben war, von denen so mache mehr oder weniger offensiv Interesse an dem ungewöhnlichen Perainegeweihten gezeigt hatte. Charmant wie er war, hatte er sicherlich allen das Gefühl gegeben, etwas ganz Besonderes zu sein. Anschließend hatte Fabiola sich mit Keshlan zurückgezogen, um in den Genuss seiner magischen Hände zu kommen. Der Aranier schien ihr Punin tatsächlich vollständig vergeben zu haben, war gut gelaunt über sich hinausgewachsen.

Und so kam es, dass Fabiola nun gelöst und mit den sie umgebenden anderen Teilnehmern scherzend ihren Platz an der Startlinie einnahm. Unter ihr vibrierte Nuianna förmlich voll freudiger Erwartung. Die anderen Tiere herausfordernd warf die Stute den Kopf zurück, versuchte zu steigen. „Gleich kannst du zeigen, was in dir steckt, meine Schönheit. Für jetzt spare dir deine Energie“, murmelte Fabiola und tätschelte beruhigen den Hals.

Als das Startsignal ertönte, schoss Nuianna nach vorne. Fabiola beugte sich so tief sie konnte über den Hals der Stute, ließ sie laufen, ganz darauf konzentriert, sie nicht zu behindern. Die schlanken Hufe trommelten über den geraden, relativ beengten Weg, wirbelten Staub auf. Die Beschleunigung, das Tempo wehte Fabiola die dunkelroten, fast schwarzen Locken aus der Stirn. Sie bog auf die lange Gerade ein, warf einen kurzen Blick umher. Niemand war im Begriff, sie zu überholen. Travingo Rizzi, einer der Horasier, folgte eine halbe Pferdelänge hinter ihr, dicht dahinter Tariano auf seinem Rappen Solanocheo, dann ein weiterer Horasier, Vigo di Cerrano.

Fabiola lachte auf, richtete ihre Aufmerksamkeit zurück auf die Strecke vor ihr. Das Stück würde es ihren Verfolgern kaum erlauben, sie zu überholen.

In ihr stieg das unbeschreibliche Gefühl auf, in völlig Freiheit dahin zu rasen, eins mit Nuianna zu sein.

Vor ihr kam die Selke ins Sicht, die beiden Brücken, die es zu queren galt. Ein flüchtiger Blick zurück bestätigte, dass keiner ihrer Verfolger aufgeholt hatte, auch wenn Tariano sich an zweite Stelle gesetzt hatte. Der breiter werdende Weg beschrieb einen Bogen, hin zu den Brücken, bei denen ein einsames Zuschauerpärchen saß.

Voller Übermut lenkte Fabiola Nuianna kurzerhand hinaus auf die Wiesen, um den Bogen zu scheiden. In vollem Galopp hielt sie auf das Ufer zu. Erst im letzten Moment stieß sich die Stute kraftvoll ab, sprang. Kies spritzte unter den Hufen zu allen Seiten, dann flogen Ross und Reiterin über das Wasser des Flüsschen, landeten sicher auf der anderen Seite. Begeisterte Rufe erklangen aus Richtung der beiden Zuschauer bei der Brücke.

Mit einem Jauchzen schoss Fabiola auf das vor ihr liegende freie Feld zu, den nächsten Teil der Strecke. Nuiannas Hufe trommelten über die Erde, die Stute schien die Begeisterung ihrer Reiterin zu teilen, die Herausforderung und den Rausch der Freiheit zu genießen. Einen kurzen Moment war Fabiola versucht, ihre Schönheit zum Äußersten anzutreiben, doch dann gewann die Vernunft. Sie lag vorn, der schwierigste Teil lag vor ihr, und sie wollte auf keinen Fall leichtsinnig eine Verletzung Nuiannas riskieren.

Der Klang der Hufe veränderte sich, wurde zum Klingen von Eisen auf Stein. Fliegende Erdklumpen wichen Schotter und Steinsplittern, als der Weg wieder schmaler wurde, begann merklich anzusteigen.

Fabiola richtete sich ein wenig auf, bemerkte zufrieden, wie Nuianna ohne großes Zutun ihrerseits den Schritt dem Untergrund anpasste, ohne unnötig zu verlangsamen. Der Weg wurde kurviger, forderte zunehmend mehr Konzentration von Ross und Reiter. Die Anstiege wurden steiler, die Umgebung wilder. Fabiola sah sich nach ihren Verfolgern um, doch das Gelände verhinderte jegliche Einschätzung, wie nah diese waren. Also widmete sie sich dem, was vor ihr lag.

Was sich wenig später als weise Entscheidung herausstellte. Der Weg wand sich zwischen steilen Felsformationen hin und her, immer wieder folgten spitze Kehren, teils auf steil abfallenden Hängen voller Geröll, die sicherlich so manchen ungeübten Reiter vom Pferd gezwungen hätten. Stumm dankte Fabiola den Göttern, dass Nuianna ihre Trittsicherheit und Furchtlosigkeit im Gebirge schon in der Vergangenheit so manches Mal unter Beweis gestellt hatte, sie sich aufeinander verlassen konnten. Der Pfad, kaum mehr als eine schmale Spur, erreichte einen Steilhang, führte über das Geröllfeld hinweg. Langsam und stetig setzte die Stute einen Huf vor den anderen. Fabiola folgte jeder Bewegung, hielt den Blick auf den Weg vor sich gerichtet, verbannte jeden Gedanken daran, was ein Fehltritt oder Sturz an dieser Stelle bedeuten würden. Dann erreichten sie die scharfe Kehre auf der anderen Seite, bevor es weiter zurück zwischen Felsen ging.

Ein gutes Stück unter sich erkannte Fabiola einige der anderen Reiter. Tariano auf Solanocheo. Domna Verema auf ihrem Prachtstück. Die beiden Horasier, zusammen mit ihrem Landsmann Dom Dareius Amarinto, den Luciana erwähnt hatte. Dom Antorio von Jurios - wenigstens ein weiterer ihrer Landsleute. Domna Gwena, noch vor ihrem Gastgeber. Zufrieden, dass sie noch immer einen gewissen Vorsprung hatte, ließ Fabiola den Blick über das vor ihr liegende Tal, die umgebenden Berge schweifen. Ein atemberaubender Anblick von wilder Schönheit, majestätisch, erhaben. Wenn auch etwas weniger beeindruckend als der Raschdulswall.

Ein unwilliges Schnauben Nuiannas riss Fabiola aus ihren Gedanken. „Schon gut, ich höre auf zu träumen, Schönheit. Wir wollen nicht schon wieder wegen mir verlieren, hm?“ Vorsichtig beschleunigten sie wieder, soweit der sich in engen Kurven zwischen vereinzelten Bäume und Felsgruppen hinschlängelnde Weg es zuließ.

Sie erreichten die Kuppe, die den höchsten Punkt der Strecke markierte und begannen den Abstieg zurück ins Tal. Hatte sie zuvor die Steigung davon abgehalten, Nuiannas Geschwindigkeit voll zur Geltung zu bringen, so war es jetzt das Gefälle, das höchste Aufmerksamkeit und sorgfältige Kontrolle der Geschwindigkeit erforderte. Denn die Kurven waren teilweise weiterhin sehr eng, und nicht selten lag ein steiler Hang oder Abgrund dahinter. Immer wieder drohten Steinchen und Geröll, das Vorankommen zu einer Rutschpartie werden zu lassen. Aber Fabiola und ihre Stute waren ein eingespieltes Gespann, gewohnt, gemeinsam auf schwierige Umstände zu reagieren. Und so bewegten sie sich recht zügig über den Hang, gewannen bereits wieder an Geschwindigkeit, als der Pfad sich zu einem schmalen Weg zwischen Büschen und Bäumen verbreiterte.

Zufrieden, den felsigsten Part ohne Zwischenfälle hinter sich gelassen zu haben, trieb Fabiola Nuianna sanft an. Der Ritt auf dem durch die braunen Kiefernnadeln weich und federnden Untergrund war angenehm. Geschickt wichen Ross und Reiterin tief hängenden Zweigen und hochstehenden Wurzeln aus. Der Weg wurde zunehmend flacher, die Biegungen weniger eng. Dafür nahm die Vegetation zu, ragte stellenweise in den Weg hinein. Die Kiefernnadeln wichen Gras und niedrigem Bewuchs. An einigen Stellen rankten sich Brombeeren über den Weg. Auf Fabiolas Zeichen hin sprang Nuianna behende darüber hinweg. Es gab keinen Grund zu riskieren, dass die Stute sich verfing, die Dornen ihre Fesseln aufrissen. Dann endlich öffnete sich der Weg auf den freien Platz um die Burgruine an Holt.

Rufe schollen zu Fabiola hinüber. Auf den Mauerresten der Burgmauer und des Bergfrieds hatten es sich einige Zuschauer mit Wimpeln und Proviant gemütlich gemacht, die die erste Reiterin nun lautstark begrüßten. Fabiola, die Wangen gerötet vom Rausch des bisherigen Rennens, schmunzelte, als sie bemerkte, wie ihre eitle Stute sich augenblicklich ein wenig in Positur warf. Lachend drückte Fabiola ihr die Fersen in die Seiten, damit sie nicht an Geschwindigkeit verlor. Während sie auf die schmalere, und damit spektakulärere der beiden Lücken in der Burgmauer zuhielt, nahm sie den Calabreser vom Kopf, deutete mit strahlendem Lächeln eine Verbeugung in Richtung der Zuschauer an. Begeisterte Rufe folgten, als sie, den Hut wieder fest auf dem Kopf, in hohem, elegantem Bogen durch die schmale Bresche schoss. „Das gefällt dir, nicht wahr, Schönheit?“ lachte sie zu Nuianna, während sie den Schaulustigen lächelnd winkend auf die Reste des Burgtores zuhielt, hinter dem sie die Zielgerade erwartete. „Vivat la Familia Al’Morsqueta, Mestera zu Ehren!“ rief Fabiola übermütig. Dann lag die Ruine mit den jubelnden Zuschauern hinter ihr und sie flog förmlich den nun gut ausgebauten Weg entlang bergab ins Selkethal.

Je weiter sie sich dem Ort näherte, desto mehr wurden die Grüppchen von Zuschauern, hauptsächlich Fellachen, die abseits des Trubels im Ziel dem Spektakel beiwohnen wollten. Winkend passierte Fabiola sie, bevor sie Nuianna zum Endspurt anspornte. Die Stute ließ sich nicht zweimal bitten, raste im gestreckten Galopp dahin. Sie näherten sich der letzten Brücke. Ein kurzer Blick über die Schulter offenbarte Fabiola, dass sie uneinholbar vorne lag, ihre härtesten Verfolger gerade erst die Ruinen passierten.

Nun, wenn ihr Sieg so nahe war, warum nicht in letzter Sekunde den Einsatz erhöhen, nochmal alles auf eine Karte setzen. „In deinem Sinne, Mungo.“

Dann trieb sie Nuianna auf die Wiese, hinunter zur Selke. Über den schmalen Streifen Kies, setzte sie erst zum Sprung an, als im um die Vorderhufe spritzenden Wasser Tsabögen schimmerten. Unter dem begeisterten Jubel der Zuschauer landete sie auf der anderen Seite in der Böschung. Für einen winzigen Moment tänzelte die Stute, als verliere sie den Halt. „Angeberin“, lehnte sich Fabiola im Sattel nach vorn, während Nuianna Tritt fasste und nach vorne schnellte. In vollem Galopp donnerte Fabiola durch die Gasse zwischen den Tribünen mit den höhergestellten Zuschauern. Im letzten Moment stoppte sie Nuianna vor dem Graben, ließ sie sich auf den Hinterbeinen drehen. In den Steigbügeln stehend, den Hut in der Hand riss sie die Rechte in einer Geste des Triumphs nach oben, über das ganze Gesicht strahlend „Rahja zu Ehren! Mestera und die Familia Al'Morsqueta entbieten der Schönen ihren Gruß!“

Mit glühenden Wangen und glänzenden Augen genoss Fabiola unter dem Jubel der Zuschauer den Moment, bevor sie zuließ, das Nuianna ihre Pose aufgab. Langsam lenkte Fabiola ihre Stute zur Seite, ließ sie einige Schritte gehen, bevor sie zur Ziellinie zurückkehrte. Gerade als sie absteigen wollte, schoss Tariano auf seinem Rappen Solanocheo vorbei.

Zufrieden schwang Fabiola sich vom Rücken ihrer Stute, tätschelte liebevoll deren Kopf, während die ersten Gratulanten sie bestürmten.

Hinter ihr begrüßte ihr Bruder die jüngere Geschwister, die eigenen und mit Domna Usanza die jüngere Schwester des Ausrichters, bevor er das Ziel räumte und sich ebenfalls feiern ließ.