Chronik.Ereignis1043 Selkethaler Pferderennen zu Ehren der schönen Göttin 1043 BF 20

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Edlengut Selkethal, 22. Rahja 1043 BF, früh am Morgen

Autoren: Jott, BBB und Von Scheffelstein

Dom Algerio streckte sich ein letztes Mal, atmete tief die noch kühle, frische Morgenluft ein, ehe er dann von der Veranda seiner Hacienda hinunter auf den Dorfplatz schritt. Seiner üblichen Morgenroutine folgend, schlenderte er über den Platz, vorbei an den Händlern und Handwerkern, die ihr Tagewerk ebenfalls beim Schein der ersten Sonnenstrahlen begannen, die Praiosscheibe immer im Rücken. Als er nach ein paar Dutzend Schritt den Übungsplatz erreichte, schaute er sich erwartungsvoll um. Ob außer Answin auch die anderen Gäste, die er zu den allmorgendlichen Übungen eingeladen hatte, auch wirklich erscheinen würden? Sein Blick blieb an einer Gestalt hängen, die aufrecht gegen einen Baum gelehnt stand, das Gesicht in Richtung Übungsplatz.

War das wirklich…? Konnte das…?

Etwas verwundert, aber durchaus positiv überrascht, ging Dom Algerio strammen Schrittes auf seinen Freund zu.

Ta’iro, was machst du denn hier? Versteh mich nicht falsch, es freut mich sehr dich so früh am Morgen hier zu sehen, aber ich bin doch überrascht!”

Zu Dom Algerios Verwunderung reagierte sein Kamerad nicht. Er stand noch immer regungslos an einen Baum gelehnt, den Kopf halb gegen den Baumstamm, halb gegen die Brust gestützt.

“Ta’iro? Ta’iro! Sag mal… schläfst du?”

Und tatsächlich. Der Aves-Geweihte Zahori schien noch immer tief in Borons Reich gefangen, als Dom Algerio ihn sanft an der Schulter ergriff, um ihn zu wecken.

Für einen Moment reagierte Ta’iro nicht. Dann seufzte er widerwillig und öffnete langsam die Augen. Als er Algerio erkannte, blickte er sich kurz blinzelnd um, bevor er sich herzhaft gähnend streckte. “Das wurde aber auch Zeit!”, grinste er den Störenfried schläfrig an. “Ich dachte schon ich müsse alleine üben.”

Dom Algerio lachte herzlich. “Bei den Göttern, was ist passiert, dass du schon vor den ersten Sonnenstrahlen auf dem Übungsplatz bist? Ärger in Aves Paradies?!” Er grinste, während er die Übungswaffen beiseite legte, um die Hände frei zu haben.

Für einen Moment betrachtete Ta’iro den Freund mit Kummer in seinem Blick, doch als Algerio wieder zu ihm schaute, grinste er fröhlich. “Ich dachte, ich bewundere heute mal den Sonnenaufgang. Und wo ich schon da bin… kann ich ja auch mal wieder dafür sorgen, dass du einen etwas herausfordernderen Gegner hast, als Answin. Falls du dir das noch zutraust.”

“Das würde mich freuen. Ganz wie in alten Zeiten!”, bestätigte der Caballero. Mit dem Blick deutete er auf die Übungswaffen, die er auch bei seinem Kameraden sah. “Wie ich sehe, bist du vorbereitet. Sollen wir schon eine erste Runde wagen… sozusagen, um warm zu werden?”

Ta’iro nahm die beiden Übungssäbel zur Hand und grinste. “Ich warte wie immer nur auf dich.” Anders als die meisten Gegner, gegen die Algerio sonst kämpfte, nahm der Zahori jedoch keine Fechtposition ein, sondern erwartete Algerios Angriff im normalen Stand.

“Ich weiß”, entgegnete Dom Algerio. In unzähligen Übungsgefechten hatten die beiden sich bereits gemessen, und der Kampfstil des Zahoris bereitete ihm noch immer Probleme. Da der Hazaqi die Reflexe eines Tänzers hatte, war Algerios bevorzugte Angriffstechnik, der Ausfall, quasi wirkungslos. Und da er darüber hinaus mit beiden Händen die Waffe zu führen wusste, egalisierte sich auch der sonstige Vorteil des Linkhanddolches. Dennoch ließ Dom Algerio die Linke zum Gürtel sinken, wo er seinen Übungsdolch stecken hatte. “Dann lass uns also beginnen.” Wie er es einst gelernt hatte, hielt er den Säbel vor sich, die Spitze auf den Hals seines Gegenübers gerichtet, und den Dolch gewinkelt dahinter, um eventuelle Angriffe von dieser Seite parieren zu können. Dann griff er an.

Doch landete seine Waffe im Nichts. Ta’iro war dem Angriff seitlich ausgewichen und grinste Algerio herausfordernd an: “Probiers nochmal!”

Algerio seufzte. Es war das immer gleiche Spiel. Er stob vorwärts, schlug verschiedene Kombinationen, streute hier und da eine Finte ein. Doch mit der gleichen Leichtigkeit, mit der es ihm gelang die Gegenangriffe des Zahori abzuwehren, entwich dieser seinen Angriffen. Jedes einzelne mal. Aber etwas war anders als sonst. Die Schnelligkeit und Eleganz der tänzerischen Bewegungen seines Gegenübers waren Algerio nur allzu vertraut, das Grinsen verfehlte seine Wirkung auch dieses mal nicht und trieb wahrscheinlich jeden Gegner in den Wahnsinn. Und doch: Es schien als müsse der Hazaqi sich mehr konzentrieren, als üblich, als hätte er die Müdigkeit nicht vollends abgeschüttelt. Es reichte, um ein ebenbürtiger Gegner zu sein, das ja, doch Ta’iros Fokus schien gänzlich auf dem Kampfgeschehen zu liegen. Was… äußerst ungewöhnlich war. Noch immer in Kampfeshaltung deutete Algerio mit der Spitze seines Säbels gen Rahja. “Mir scheint wir kriegen Zuschauer!”

Und tatsächlich näherten sich aus dieser Richtung die Domna Richeza von Kornhammer-Scheffelstein y da Vanya und ihr Verwandter Rondrigo von Kornhammer.

Ta'iros Blick folgte Algerios Geste und ein Lächeln ließ sein Gesicht erstrahlen. Algerio hatte sie also wirklich dazugeladen. Wann immer er einen Gast hatte, von dem Algerio annehmen konnte, dass er eine Waffe zu führen verstand, konnte man davon ausgehen, dass er die Gelegenheit nutzte sich gegen einen neuen Gegner zu probieren. Stets die Herausforderung suchend. Ta’iro grinste seinen so verlässlich vorhersagbaren Freund an. “Und schon geht die Sonne auf!” Dann wandte er seinen Blick wieder zu ihr. Und die Einsichten, die ihm die letzte Nacht gebracht hatte, wogen für einen Moment nicht mehr so schwer auf seinem Herzen. Wie schön sie war!

Diese wahrscheinlich einmalige Gelegenheit nutzend, machte Algerio einen schnellen Ausfallschritt und schloss so die Distanz zu seinem Freund, wodurch jeglicher Säbelangriff, aber auch jegliche Abwehr, nahezu unmöglich wurden. Breit grinsend bohrte er mit sanftem Druck die Spitze seines Übungsdolches in Ta’iros Seite, direkt unterhalb des Rippenbogens. “Die Sonne scheint dich zu blenden, alter Freund. Ich weiß, ein hübsches Gesicht hat schon immer deine Aufmerksamkeit erregt, aber dass du darüber deine Abwehr vergisst?!”, fragte er gespielt vorwurfsvoll. “Ich bin erstaunt!”

“Bist du? Wirklich? Und ich hätte angenommen, du hast sie gerade deshalb hierher geladen” Ta’iro ließ die Säbel fallen und hob grinsend die Hände. “Aber einen abgelenkten Gegner angreifen? Bin ich inzwischen so gut, dass du zu solchen Mitteln greifen musst?”

Algerio steckte den Dolch weg und grinste. “Du weißt doch, im Übungskampf und in der Liebe ist alles erlaubt!” Dann wandte er sich in Richtung der Neuankömmlinge, deutete eine Verbeugung an und sagte laut: “Willkommen und guten Morgen! Es freut mich, dass Ihr es einrichten konntet!”

"Auch Euch einen guten Morgen!", erwiderte Rondrigo von Kornhammer gut gelaunt und nickte auch dem Zahori kurz zu, den die Scheffelstein hingegen kaum beachtete, stattdessen nahm sie prüfend den Übungsplatz in Augenschein, ehe sie sich an Algerio wandte. "Ihr bevorzugt den Kampf mit einer stumpfen Waffe, wie ich sehe", stellte sie fest.

“Oh, mitnichten!”, erwiderte Dom Algerio grinsend, “in einem Kampf greife ich nur zur stumpfen Waffe, wenn es gar nicht anders geht…in einer Übung wie dieser indes, zumal wenn ich morgen noch als Teilnehmer bei einem Pferderennen erwartet werde, haben sie durchaus ihren Wert.”

"Und mein Körper ist dir sehr dankbar für diese Einstellung! Wobei… eigentlich nur mein Rippenbogen!" Ta'iro grinste seinen Freund spöttisch an.

“Darf ich vorstellen”, fuhr Dom Algerio unbeirrt fort, “Ihre Hochgeboren, Domna Richeza von Kornhammer-Scheffelstein y da Vanya”, und er verneigte sich leicht in ihre Richtung, während er dies sagte, “Dom Rondrigo von Kornhammer”, erneut begleitet von einer angedeuteten Verneigung, “und schließlich dieser etwas vorlaute Geweihte des Aves und mein Waffengefährte, Ta’iro Tazaquiro.”

"Ein bedeutender Tänzer des Lamento?", fragte Rondrigo lächelnd, während Richeza dem Zahori nur zunickte.

Ta’iro hatte sich während der Vorstellung durch Algerio elegant verbeugt und richtete sich nun wieder auf. “Auch auf die Gefahr hin, dass die Vorstellung durch meinen lieben Freund zukünftig noch ungnädiger ausfallen wird, da er nun wohl auch noch selbstgefällig ergänzen wird…”, Ta’iro bedachte Algerio mit einem Grinsen, blickte dann zurück zu Rondrigo. “Ja, wahrscheinlich bin ich das. Abhängig davon wen Ihr fragt. Aber da ich nicht nur einfacher Lamentotänzer bin, und wer in meinem Volke ist das nicht, sondern Hazaqi… nun, es gibt so wenige von uns, dass wohl jeder für unser Volk bedeutend ist. Aber immerhin bin ich kurz vor der Vollendung eines neuen Tanzes, so dass mir diese selbstgefällige Einschätzung zukünftig wohl zusteht.” Er grinste und hob seine Säbel auf, die er bei der Aufgabe hatte fallen lassen. “In jedem Falle bin ich ein bedeutenderer Tänzer als Sänger.”

Auch Richeza betrachtete den Zahori nun erstmals länger, mit einem kritischen, wenn auch - so schien es - nicht uninteressierten Blick.

“Und sehr bescheiden noch dazu!”, ergänzte Dom Algerio, spöttisch grinsend.

Ta'iro ignorierte die Spitze und blickte zu Domna Richeza. "Darf ich Eure Feststellung zu Dom Algerios Waffen so verstehen, Eure Hochgeboren, dass Ihr Euch lieber mit ihm mit einer scharfen Waffe messen würdet? Wenn nicht, dann wäre es mir eine Ehre Euch meine Übungswaffen für diesen Morgen zu überlassen." Lächelnd hielt er ihr einen seiner Säbel entgegen.

Richeza lächelte leicht. "Nachdem unser Gastgeber bereits darauf hinwies, dass es in einem Übungskampfe gar nicht anders ginge, zumal er bei einem Pferderennen erwartet werde …" Sie sah zu Algerio, dann nahm sie Ta'iro die Waffe ab und wog sie prüfend in der Hand.

"Die Gewichtsverteilung entspricht genau der einer richtigen Waffe. Ein Umstand, auf den Dom Alejandro großen Wert gelegt hat, als er sie vor vielen Jahren anfertigen ließ." Den Säbeln war anzusehen, dass sie schon viele Übungskämpfe gesehen hatten. "Dom Alejandro von Taladur, war der Vater Domnatella Farfanyas, Boron sei seiner Seele gnädig.", fügte Ta'iro erklärend hinzu und küsste kurz einen der Talismane um seinen Hals. "Als Rittmeister kannte er sich mit Waffen gut aus." Lächelnd betrachtete er den Übungssäbel in seiner Hand. Nun war es Rondrigo, der den Zahori aufmerksam betrachtete.

"Ihr werdet sie auf Dauer möglicherweise etwas schwer finden, Hochgeboren, sie wiegen deutlich mehr als meine richtigen Säbel. Aber so schult man mit ihnen nicht nur Technik, sondern fordert auch den Leib. Und das, selbst wenn der Gegner es einem nicht wirklich schwer macht." Ta'iro grinste Algerio an.

"Nun denn", sagte Richeza und machte einige spielerische Attacken in die Luft. "Wie Ihr wünscht, Dom Algerio."

Der so Angesprochene machte ein paar Schritt auf den Übungsplatz, wandte sich dann wieder zu Domna Richeza. “Haltet Euch nicht zurück, Euer Hochgeboren!” Er begab sich in erneut in Kampfeshaltung, die Augen auf seine neue Gegnerin fixiert. “Ich bin bereit.”

Richeza trat in die Mensur und grüßte lässig mit dem Säbel, wie es der Brauch wollte.

Algerio erwiderte den Gruß - allerdings merklich angespannter als sein Gegenüber. Es war ihm anzusehen, dass er dieses Übungsduell als Herausforderung begriff, und Domna Richezas Ruf eilte ihr voraus. Die Schrotensteiner Baronsgemahlin hingegen schien keinen besonderen Ehrgeiz hinsichtlich des Übungskampfes zu haben. Gleichmütig betrachtete sie ihr Gegenüber.

Nun denn … hilf dir selbst, dann hilft dir Phex!, schoss es Algerio durch den Kopf, und alle Zurückhaltung ablegend, macht er einen schnellen Schritt nach vorn, den Übungssäbel zum Schlag erhoben. Mit einem lauten Klirren trafen die beiden Klingen zwischen den Kontrahenten aufeinander und verharrten dort. Um die bessere Position ringend, suchte und fand Dom Algerio einen Moment lang den Blick seines Gegenübers, versuchte sie zu lesen. Dieser kurze Augenblick des veränderten Fokus reichte Domna Richeza jedoch, sie schlug Dom Algerios Klinge nach unten und öffnete so den Raum zwischen den beiden Duellanten, drängte den Caballero zurück.

Dieser wiederum, durch die plötzliche Bewegung wieder ganz auf das Geschehen konzentriert, nutzte den durchs Abraisen entstandenen Schwung und zirkelte den Säbel mit einer Bewegung des Handgelenks nach oben, ein Manöver, hinter dem zwar weder viel Kraft noch Reichweite steckte, durch welches er aber immerhin Domna Richeza Ärmel erwischte.

Die Domna hob eine Augenbraue, schenkte dem Treffer jedoch wenig Beachtung. Die stumpfe Klinge hatte keinerlei Schaden angerichtet.

Ermutigt und durch den Beinahe-Treffer im Selbstbewusstsein gestärkt, entschloss sich Dom Algerio nachzusetzen. Einen Angriff der Junkerin von Vanyadâl ließ er abgleiten und nutzte den entstehenden Raum, um einen Angriff auf den Körper anzudeuten, dann aber die Waffe quer zu stellen und stattdessen den Waffenarm zu attackieren.

Die Klinge traf die Baronsgemahlin am Oberarm, aber mehr als einen blauen Fleck würde es nicht geben. Das hat besser funktioniert, als erwartet, schoss es Dom Algerio durch den Kopf. Versuchen wir es doch gleich noch einmal. Wieder deutete Algerio einen Angriff auf den Körper an, doch anders als beim ersten Versuch, gelang es ihm nicht einmal ansatzweise, einen überzeugenden Hieb zu führen. Domna Richeza durchschaute das Manöver im Ansatz und Algerio hatte große Mühe ihren Gegenangriff zu parieren.

“In einem Duell aufs Erste Blut mögt Ihr mit so etwas Erfolg haben, Dom Algerio”, sagte Richeza leichthin. “Nur bedauerlich, wenn eine stumpfe Klinge kein Blut hervorquellen lässt. Wenn Ihr ein Duell aufs Zweite gewinnen wollt, habt Ihr besser den ganzen Kampf im Blick statt nur den schnellen Treffer.”

“Genügend schnelle Treffer können auch in einem Duell aufs zweite Blut einen entscheidenden Vorteil bringen”, entgegnete Algerio unbeeindruckt und bereitete sich innerlich auf seinen nächsten Angriff vor. Aus den Augenwinkeln sah er, dass sich nun auch Farfanya von Taladur zu den Zuschauern gesellt hatte.

Farfanya winkte fröhlich grüßend in Richtung der Kämpfer, trat dann zu Ta’iro und Dom Rondrigo und bedachte beide mit einem strahlenden Lächeln. “Guten Morgen, Dom Rondrigo, Eure Gnaden!” Ihr Blick ging kurz zu Algerio und Richeza, bevor er wieder zu Ta’iro und Rondrigo zurückkehrte. “Wie ich sehe, hat die Sonne heute morgen ausnahmsweise nicht nur Dom Algerio und mich früh herausgelockt.”

Rondrigo grinste, während Richeza mühelos Dom Algerios Angriff parierte. "Die Sonne, hm?", fragte er und schaute den Zahori an, während er zu singen begann:

"Es gibt keine Sonne, die schöner ist als Du. Oh, meine Sonne strahlt von Dir! Die Sonne, meine Sonne strahlt von Dir, strahlt von Dir!"

Es schien, als habe er damit seine Nichte aus dem Konzept gebracht, denn sie blickte sich entrüstet nach ihm um und stolperte beinahe über ihre eigenen Füße, wodurch Algerio ihrem Angriff leicht ausweichen konnte.

Farfanya blickte irritiert von Rondrigo zu Ta’iro und dann zur stolpernden Richeza. “Mir scheint Eure Nichte mag keine horasischen Opernlieder, Dom Rondrigo. Oder habe ich etwas nicht mitbekommen?” Ta’iro grinste Rondrigo an. “Ich hoffe sehr, sie hat gestern nicht ebenso finster geguckt, wie jetzt gerade!”

Die Gelegenheit nutzend, versetzte Algerio seiner Kontrahentin einen weiteren Treffer, dieses mal in die ungeschützte Seite. Schmerzhaft, aber da nicht mit voller Kraft vorgetragen auch ohne längerfristige Folgen. “Bei einem Gefecht aufs zweite Blut hätte eine so eine offene Seite eine Vorentscheidung bedeuten können”, grinste er.

"Bei einem Duell aufs zweite Blut würde ich gewiss meinen nutzlosen Onkel nicht als Sekundanten wählen", erwiderte die Domna grimmig.

Immerhin scheinen ihr die Treffer doch zuzusetzen, dachte Algerio, nachdem er Richezas Reaktion gesehen hatte. Ihr Gegenangriff war fast schon wütend vorgetragen, er ließ ihn mit Leichtigkeit abgleiten, doch als sich die Gelegenheit zum Konter ergab, merkte der Caballero, wie sich etwas an seinem Fuß verhakt hatte. Statt eines schnellen Ausfallschritts mit präzisem Angriff auf die Schulterpartie, wie er ihn eigentlich geplant hatte, ging sein Übungssäbel unkontrolliert ins Leere und er sank, oder vielmehr stürzte - unfreiwillig - vor Domna Richeza auf die Knie.

“Autsch…”, entfuhr es ihm, als er sich vorsichtig wieder aufrichtete und sicherheitshalber ein, zwei Schritte zur Seite ging, um weit weg zu sein von was auch immer es gewesen war, das ihn hatte stürzen lassen.

Domna Richeza hatte die Augenbrauen gehoben, wartete aber, bis Algerio sich wieder aufgerichtet hatte. “Soviel Huldigung hatte ich nicht erwartet!”, erklärte sie mit verhaltenem Spott, während sie mühelos seinen Angriff parierte. Dann machte sie ihrerseits einen schnellen Ausfall und traf ihn mit dem Ort der stumpfen Waffe mitten auf die Brust. “Ich verstehe, warum Ihr mit einer stumpfen Waffe kämpfen wolltet”, sagte sie, als er, aufgrund des Treffers schwer atmend, einen Schritt zurück taumelte.

“Nun”, antwortete Dom Algerio verschmitzt, noch immer etwas nach Luft ringend, “für einen solchen Treffer verdient Ihr jegliche Huldigung. Ihr werdet Eurem Ruf gerecht…”, fuhr er fort, die Waffe erneut zur Parade erhoben, als die Baronsgemahlin nachsetzte, doch dieses Mal war es Domna Richeza, die plötzlich mit dem Fuß umknickte. Blitzschnell zog sie die Füße hoch und verhinderte so einen Sturz, doch ihr Gesicht war deutlich vom Schmerz verzerrt, als sie zum Stehen kam, ohne den neuerlichen Angriff beendet zu haben.

“Vielleicht wäre jetzt ein guter Zeitpunkt für eine kurze Pause?” Ta’iro trat schnellen Schrittes zu den beiden, als befürchtete er, dass der Ehrgeiz die beiden Kontrahenten trotz ihrer Schmerzen zwingen würde fortzufahren. Farfanya sah ihm schmunzelnd hinterher.

Gerade als Ta’iro zwischen Richeza und Algerio trat, stieß sein Fuß gegen etwas Hartes. “Was…?”, Ta’iro hockte sich hin und wischte mit der Hand den vom Kampf leicht aufgewühlten Sand zu Seite. Dann zog er einen Pflock aus dem Boden. Ta’iro blickte ihn einen kurzen Moment mit zusammengezogenen Brauen an, dann stand er auf und schleuderte ihn in einer fließenden Bewegung so weit es ging weg vom Kampfplatz ins hohe Gras der angrenzenden Wiese.

Richeza blickte dem Pflock mit gerunzelter Stirn hinterher. "Taladur", brummte sie. "Wie '30 in der Arena." Sie schüttelte den Kopf.

Ta'iros Blick ging kurz zu Algerio. “Hier muss wohl irgendwann mal ein Zelt gestanden haben.”

Algerio runzelte die Stirn. Ein Zelt? Sehr unwahrscheinlich. Dieser kleine Pflock kam ihm seltsam bekannt vor… nur wo hatte er ihn schon einmal gesehen?

Ta'iro blickte indes besorgt zu Richeza. “Wie geht es Eurem Fuß? Wenn Ihr es erlaubt, Hochgeboren, dann geleite ich Euch zur Selke, damit Ihr Euren Fuß kühlen könnt.”

Richeza blickte mit zusammengepressten Lippen zu ihrem Fuß, dann hob sie den Säbel, um Algerio zu grüßen. "Danke für den Kampf, Wohlgeboren!", sagte sie. “Es war mir eine Ehre!” "Und … Euch für die Waffe." Sie reichte den Säbel Ta'iro zurück. "Selke?", fragte sie dann.

Ta'iro nahm ihn entschuldigend lächelnd entgegen. "Gern! Tut mir leid, dass er Euch nicht mehr Glück gebracht hat!" Dann deutete er in Richtung des Flusses. "Wir müssen dort entlang." Sein Blick ging kurz zu Richezas Fuß. "Darf ich Euch tragen, Hochgeboren, oder besteht Ihr darauf, auf meinen Arm gestützt selbst hinzuhumpeln?"

Richeza starrte den Zahori entgeistert an. Dann wandte sie sich an ihren Onkel. "Rondrigo, lauf zurück und hol mir mein Pferd!"

Rondrigo machte eine entschuldigende Geste in Richtung Farfanya, während seine Finger ihr so, dass nur sie es sehen konnte, beiläufig bedeuteten: Mit einer Baronin diskutiert man besser nicht. Farfanya lächelte, als sie ihm heimlich antwortete: Besonders, wenn man sie, wie Ihr, bereits verärgert hat! Er zwinkerte ihr zu, ehe er sich grinsend an Richeza wandte und nach einem "Jawohl, die Dame!" zügig in Richtung des Anwesens zurück schritt.

"Soviel Zeit muss sein!", erklärte Richeza, humpelte zu einem Stein und ließ sich darauf nieder.

Ta’iro blickte der Baronsgemahlin mit einem Grinsen hinterher. Mit einem “wenn Ihr es so wünscht, Hochgeboren, dann warten wir” setzte er sich auf den Boden des Kampfplatzes, so dass er die schöne Domna und ihren davoneilenden Onkel im Blick hatte. Dann begann er mit seinen Fingern Lamento-Rhythmen zu klopfen.

Farfanya trat derweil zu Algerio. “Ich hoffe der Kampf hat Euch nicht zu sehr mitgenommen, Dom Algerio? Wie geht es Eurem Knie? Werdet Ihr reiten können?”

Algerio legte seinen Säbel beiseite und atmete tief durch. “Es geht schon, vielen Dank. Ich denke, auf das Rennen wird es keinen Einfluss haben - aber vielleicht belasse ich die Übungen die nächsten Tage doch eher bei Schattenfechten und Abläufen ohne Kontakt. Nur um sicherzugehen!”, fügte er grinsend hinzu.

Farfanya lächelte. “Dann bin ich beruhigt!” Sie trat etwas näher an ihn heran und senkte die Stimme zu einem Flüstern: “Ist es nicht erstaunlich? Sie lässt ihn sogar den Unterschied zwischen einem Zeltpflock und einem Pflock für eine Hasenschlinge vergessen. Und dabei macht er sie doch selber. Ich wette er hat ein schlechtes Gewissen.”

Algerio senkte ebenfalls die Stimme, sodass nur Farfanya ihn hören konnte. “Ich wusste doch, dass ich das Teil irgendwoher kannte. Hauptsache es ist nichts ernstes passiert… aber ich werde Answin wohl nochmal losschicken um sicher zu gehen, dass hier nicht noch mehr solcher Stolperfallen lauern.” Und mit normaler Lautstärke fügte er hinzu: “Und wo wir schon dabei sind: Wo steckt mein Page eigentlich?”

Ta’iro grinste. “Vielleicht solltest du mal bei der jungen Horasierin nachfragen.”

Algerio hob die Augenbraue. “Ich hoffe für ihn, dass das nicht der Fall ist.” Dann zuckte er mit den Schultern und wandte sich an Domna Richeza. “Ich hoffe, Eurem Fuß geht es gut und es wird Euch nicht bei den Rennen einschränken?”

"Das hoffe ich auch", erwiderte die Baronsgemahlin ein wenig säuerlich. Dann stand sie auf, denn Rondrigo kam bereits zurück, in schnellem Trab, auf ihrem dunkelbraunen Ross. Er hielt das Tier neben ihr, schwang sich aus dem Sattel und hielt ihr die Zügel hin. "Domna", grinste er.

Richeza zog sich in den Sattel, ihre Bewegungen wirkten nicht ganz rund, auch wenn ihrem Gesicht nichts anzumerken war als ein leicht verkniffener Mund und eine Falte zwischen den Augenbrauen.

Ta’iro stand ebenfalls auf und klopfte sich den Schmutz von Hose. Er deutete zur Selke und ging los. “Wir sollten wahrscheinlich dort vorne ans Wasser, dort ist die Böschung weniger steil.”