Catalinenser
Der Rahjagefällige Orden der Schwestern und Brüder der Allerheiligsten Catalina im Taubental (Gratiae Rahjae Ordo Sororum Fratrumque Sanctissimae Catalinae in Valli Columbarum in der Sprache Bosparans), meist nur Catalinenser genannt, ist eine kontemplativ ausgerichtete, vor allem im Tosch Mur beheimatete Ordensgemeinschaft innerhalb der Rahjakirche. Ihre Mitglieder berufen sich auf Santa Catalina, einer Tänzerin, die im III. nachbosparanischen Jahrhundert gelebt haben soll, und versuchen, ihre Lebensweise nachzuahmen. Als spirituelles Ziel gilt ihnen, Rahjas Kreislauf der Schönheit zu vollziehen. Daher üben sie sich neben anderen körperlichen und geistigen Methoden, Schönes zu schaffen und so in Kontakt mit Rahja zu kommen, vor allem in ekstatischen Trancetänzen, die ihnen im Volk den Beinamen Taubentaler Tänzer eingebracht haben. Derzeitiges Oberhaupt des Ordens ist Bonaventura XVII. Colombi, der Abt des Taubentaler Klosters.
Rahjalogie und Schönheitslehre
In den beinahe 500 Jahren ihrer Existenz hat sich im Catalinenser-Orden eine recht klare Lehre herausgebildet. So wird wechselseitig Rahja als alveranische Personifikation der Schönheit und die derisch greifbare Schönheit als Emanation der Göttin verstanden (Rahja pulchritudo est). Alle derische Schönheit entsteht kraft der Liebe Rahjas und trägt somit einen Funken Göttlichkeit in sich. So wie die Liebe Rahjas die Schönheit in all ihren Formen in die dritte Sphäre fließen lässt, so kann es auch dem Sterblichen gelingen noch zu Lebzeiten die Göttin unmittelbar zu erfahren. Weil diese Entrückung, Alveransschau oder Rahjareise einem jeden Gläubigen durch die Liebe zur Schönheit ermöglicht wird, soll diese nach catalinensischer Auffassung der Antrieb allen menschlichen Handelns sein (amor pulchritudinis motor agendi). Wer einmal auf diese Weise die Einsicht in das Schöne gewonnen habe, könne nicht mehr wider dieses bessere Wissen handeln; das Problem der Willensschwäche und der mangelnden Selbstbeherrschung bestehe für ihn nicht. Das Schöne wird damit zu einem absoluten Orientierungspunkt auch für das praktische Handeln auf Deren (auch wenn die Catalinenser sich in ihrem Streben nach Schönheit recht wenig um derische Angelegenheiten scheren).
Im Einklang mit der offiziellen (güldenländischen) Tradition der Rahjakirche davon ausgehend, dass das Einhalten von Maß und Harmonie Elemente göttlicher Schönheit sind, haben die Catalinenser nach und nach eine verfeinerte mystische Lebensweise entwickelt, welche sie das "Vollziehen des Kreislaufs der Schönheit" nennen. Der Kreislauf hat vier Stationen: Die erste ist das Betrachten des Schönen (contemplatio), die zweite die Beseelung durch das Schöne (inspiratio), die dritte das Schaffen von Schönem (creatio) und die vierte schließlich das Verschenken des Schönen (donatio), welches dann wiederum betrachtet werden kann. Das wiederholte Vollziehen des Kreislaufs führt zu immer feineren Genüssen, zu immer größerer Schönheit und zu immer innigerer Nähe zu Rahja, bis der Mystiker schließlich ent-wird und sich in absoluter Liebe mit seiner Göttin, der größtmöglichen Schönheit, vereinigt.
Für das Vollziehen des Kreislaufs ziehen die Catalinenser verschiedene Methoden heran, die so genannten Schönen Künste. Dazu zählen die Pflanzenzucht, die Tierzucht, die Malerei, die Bildhauerei, und die Architektur ebenso wie die Dichtung, die Instrumentalmusik, der Gesang, der Tanz, die Kunst des Gastgebens und das Liebesspiel. Der Kreislauf ist in jeder Schönen Kunst stets wiederholbar: Die Betrachtung einer Rose in all ihrer Komplexität zum Beispiel mag zur Nachahmung ihrer Schönheit führen und den Gläubigen einen neuen Rosengarten züchten lassen. Die entstandenen Blüten sind ein Geschenk für alle, die ihren Duft riechen und ihrer gleichmäßig geformten Knospen ansichtig werden. Gleichzeitig sind die verschiedenen Methoden beliebig kombinierbar: So kann das Studium des erwähnten Rosengartens einen zweiten Gläubigen inspirieren und zur schaffung eines Sonetts führen, das, der Liebsten geschenkt, einen Liebesakt einleitet, bei welchem wiederum die Sinne empfänglicher für die Betrachtung des Schönen gemacht werden. Ein dritte Gläubige mag Freude daran finden, an den nackten Leibern die Gesetze der Harmonie zu studieren, welchen der menschliche Körper unterworfen ist, und ihre Aufzeichnungen können einen vierten dazu bringen, diese Muster der Schönheit in der Komposition eines Musikstücks anzuwenden. Die Vermischung des Schönen gilt als lobenswert, da nur durch die Vereinigung neue Schönheit entstehen kann.
In einigen dieser Disziplinen haben es die Catalinenser zu wahrer Meisterschaft gebracht. Santa Catalina im Taubental ist ein Hort der Künste (und Kunstwerke) und zieht Kunstliebhaber aus ganz Almada an. Viele Künstler entstammen den Reihen der Catalinenser oder haben einige Zeit in den Mauern des Klosters a verbracht, um ihre Fertigkeiten zu perfektionieren. Die bedeutendste Methode der Catalinenser ist aber nach wie vor der Tanz, die Kunst der Santa Catalina. Und wahrlich, keiner, der einmal Zeuge der täglichen, kreisförmigen, von stiller Hingabe bis zur vollkommenen Ekstase reichenden Tänze der Brüder und Schwester wurde, kann sich des Gefühls der göttlichen Erregung erwehren, das ihn durchfährt. Die Taubentaler Tänzer tanzen nicht synchron; ein jeder bewegt sich, wie es ihm die Göttin eingibt. Dennoch berühren sie sich gegenseitig mit sanfter Hand, vereinigen sie sich in einem oder mehreren Kreisen und bilden eine harmonische, untrennbare Einheit, die im gleichen Rhythmus schwingt. Dem Tanz geht eine Badezeremonie voraus, die Geist und Körper reinigen soll. Nach dem Tanz sind die Catalinenser meist vollkommen erschöpft; einzelne haben sich bereits sprichwörtlich zu Tode getanzt.