Chronik.Ereignis1032 Die Herren von Pildek 05

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Baronie Pildek, an einem Praiostag Ende Ingerimm 1032 BF[Quelltext bearbeiten]

Auf den Weiden von Carhag-Lo[Quelltext bearbeiten]

Autor: Von Scheffelstein

Die Bauern[Quelltext bearbeiten]

Tassilo. Der Name des Puniners ging Nado ebenso wenig aus dem Kopf wie der Esperanzadas. Wie hatte der Fremde es angestellt, die Bauerstochter zu verführen? Andererseits: Esperanzada hatte auch ihn geküsst, sie schien nicht prüde. Und doch kein leichtes Mädchen, nein. Sie war nicht wahllos. Sie hätte nicht jeden geküsst, das wusste er. Sie hatte ihn ausgewählt, bewusst!
Nado schnalzte mit der Zunge und ließ den Gaul schneller traben. Er hoffte, sie wiederzusehen, und so begleitete er seine Mutter ein weiteres Mal zum Boronanger. Die alte Maldiana redete ohne Pause, vom Wetter, von ihren Enkeln, von Batistar, ach, Batistar, der immer noch keine Frau hatte. Plötzlich verstummte sie.
Nado sah sie an und folgte ihrem Blick zu den Höfen, die linkerhand auftauchten. Dort auf den Weiden nahe des Boronangers waren Menschen, viele Menschen. Und es wurden immer mehr: Knechte, Mägde, Bäuerinnen, Bauern, Hirtinnen und Kinder strömten herbei, liefen über die Wiesen zum Bach hinunter.
„Nanu? Was ist denn da los?“, brummte Maldiana.
Nado hob die Schultern und brachte den Karren vor dem Tor des Boronangers zum Stehen. „Warte hier, Mutter!“, sagte er. „Ich werde nachsehen.“
Er hatte die Wiese noch nicht einmal halb überquert, als er den ersten Menschen begegnete. Bleich und verstört wirkten sie, manche auch aufgebracht. „Furchtbar!“, „Schrecklich!“ und „Das arme Mädchen!“, hörte er sie rufen. „Unholde!“, „Bestien!“, „Mörder!“, riefen andere.
Obidos kam ihm entgegen, raufte sich das blonde Haar und schüttelte den Kopf. „Nado“, sagte er, „stell dir nur vor: Sie haben sie umgebracht!“
„Wen?“, fragte Nado, während er versuchte, sich zwischen den Menschen hindurchzudrängen.
„Rafiks Tochter“, sagte sein Freund. Er schien den Tränen nahe. „Nado, lass es lieber, das hält man nicht aus!“
Aber Nado wollte sehen, was los war und bahnte sich seinen Weg hinunter zum Bach. Obidos hatte ihn gewarnt, und doch ließ der Anblick Nados Magen sich zusammenziehen: Halb im Wasser lag einen junge Frau, die Kleider zerrissen, der Körper grausam zugerichtet, ausgeweidet wie ein Tier. Nado musste nicht erst in das vom Schmerz entstellte Gesicht mit den weit aufgerissenen, starren Augen sehen, um sie zu erkennen. Esperanzada! Das Wasser spülte Blut aus ihrem geschändeten Leib, immer mehr Blut.
Ein Mann schlug sich durch die Umstehenden, fiel schreiend neben der Toten auf die Knie und zerrte den Leichnam an seine Brust. Das musste Rafik sein, ihr Vater. Sein Hemd färbte sich rot von Esperanzadas Blut.
Es konnte nicht sein!, dachte Nado. Sie konnte es nicht sein! Wie konnte sie tot sein, wenn er hier war, um sie zu sehen? Ihr Lächeln? Ihre klugen Augen? Augen, die nie mehr das Blau des Himmels erblicken würden! Wie konnte sie sie tot sein, die so viele Träume hatte, Träume vom Leben? Träume, die nie in Erfüllung gehen würden.
Hilflose Wut stieg in Nado auf. Zornig wischte er sich die Tränen aus dem Gesicht. Wer war das gewesen? Wer hatte das getan?
Die Menschen redeten schon:
- „Das war kein Tier, Alfonzo! Kein Tier tut so etwas!“
- „Das Söldnerpack! Die haben sich an ihr vergriffen! Belästigen die Mädchen seit Monaten schon. Aber jetzt reicht's! Jetzt reicht's endgültig!“
- „Ach, was, die Söldner! Ich mag sie auch nicht, aber guck dir das arme Kind doch an: Ausgeschlachtet haben sie sie ...“
- „Das Herz herausgerissen ...“
- „Ja, das Herz. Nein, das waren die Söldner nicht.“
- „Hexerei!“
- „Ja, Hexerei! Schwarze Magie! Das waren bestimmt die Zahori.“
- „Hört doch auf! Die Zahori sind auf unserer Seite!“
- „Nein, bestimmt waren sie es: Hat nicht die Hexe dem Mädchen letztens die Hand aufgelegt? Verflucht hat sie sie!“
„He, seht nur her!“ Ein Bauer war zu Rafik getreten und hob Esperanzadas schlaffe Hand hoch. Zwischen den Fingern hatte sich ein Lederband verfangen, an dem ein Amulett hing, ein Ring mit einem Kreuz darin, das Zeichen des vollen Madamals.
„Lasst mich sehen!“ Nado schob einen Knecht beiseite und nahm dem Bauern das Schmuckstück aus der Hand. Er hatte es schon einmal gesehen. Er wusste auch wo.
„Das hat der Zahori getragen, den ich beim Kälberfangen besiegt habe“, sagte er.
„Sicher, Junge?“, wollte eine Bäuerin wissen.
Nado nickte.
„Dieser Schlächter!“, rief der Bauer, der erst die Mercenarios verdächtigt hatte. „Er hatte es gleich auf sie abgesehen. Wie er sie vom Pferd gerissen hat! Und jetzt das! Jetzt reicht's aber! Verfluchtes Zahoripack! Jetzt sind sie dran!“
'Das wird dir noch leid tun', hörte Nado die Stimme des Zahori in seinem Kopf. Er hatte ihm das Messer an die Brust gesetzt, genau auf Höhe seines Herzens. - Und sein Herz hatte er getroffen!
Esperanzadas Haar streifte kurz seinen Arm, als der Rinder-Rafik das Mädchen aufhob. Hatte der Zahori sie beobachtet? Hatte er Esperanzada für sein Liebchen gehalten, hatte sie seinetwegen sterben müssen? Aber warum? Nado ballte die Faust vor dem Mund. Warum hatte der Fahrende sich nicht an ihm gerächt, warum an ihr, an einer Unschuldigen?
- War er es überhaupt gewesen? Es war sein Amulett, da war sich Nado sicher. In ihrer Hand. Vielleicht hatte sie sich gewehrt und es ihm vom Hals gerissen, ohne dass er es gemerkt hatte. Prüfend wog der junge Mann das Schmuckstück in der Hand. Es war schwer und das Lederband stark. Wenn sie es zerrissen hatte, waren vielleicht Spuren an seinem Hals zu sehen. Und wenn er es doch nicht gewesen war? Wenn der wahre Mörder ein anderer war, der sich in Sicherheit wiegte, während nun alle sich auf den Zahori stürzten?
Nado holte tief Luft und atmete langsam wieder aus. Er würde es herausfinden!

Chronik:1032
Die Herren von Pildek
Teil 05