Chronik.Ereignis1044 Eine Weinprobe 01
Taladur, Peraine 1044 BF[Quelltext bearbeiten]
Kontor des Rudolfo Sligala (vormittags)[Quelltext bearbeiten]
Autoren: Familia Cordellesa, Eliane
Es begab sich im Monat der Peraine des Jahres 1044 BF im Weinhandelskontor des Rudolfo Sligala, eines Clienten der Cordellesa zu Taladur, als ein Mann mittleren Alters den Laden des Weinhändlers betrat.
Der schlanke, in staubige Reisekleidung gekleidete Ankömmling nahm den Caldabreser vom Haupt, verbeugte sich höflich. Bei genauerer Betrachtung war er eher ein schlacksiger Jugendlicher als ein junger Mann. „Die Zwölfe zum Gruße, guter Mann. Mein Name ist Tsacceo. Ich bin für meine Herrschaft, Domna Selea Al’Morsqueta de Mestera, auf der Suche nach einer Auswahl aus dem Weinangebot der Familia Cordellesa. Könnt Ihr ihr die Möglichkeiten einer Verkostung bieten?“
„Bei Rahja, seid willkommen in Rudolfo Sligalas Weinkontor.” Ein beleibter Mann, Mitte vierzig, mit grauschwarzen Haaren und freundlich lächelndem Gesicht begrüßte seinen neuesten Gast.
Er stand vor einem langen Tresen, auf dem Unterlagen, wohl Listen lagen. Im Hintergrund linkerhand waren große und reich verzierte Fässer, rechterhand Regale mit Flaschen aus Glas und Keramik zu sehen. Der Raum war nach Schließen der Tür dunkel und kühl. Rechts befand sich ein schwerer Vorhang, durch den Gesprächsfetzen und gelegentliches Lachen zu hören waren.
„In kleinem Umfang können wir sicherlich eine Verkostung der Weine unserer Patrone organisieren. Wir haben allerdings hier nicht die ganze Auswahl der Cordellesa. Weilt Eure Domna in der Stadt oder gedachtet Ihr eine Auswahl in die Baronie Bangour mitzunehmen? Wir haben den Rahjanillo 1043, dieser ist trocken, rot, schwer und vollmundig. Und einen weißen Rebusca. Dieser ist leicht und süß. Welchen Verkostungsrahmen hat Euch Eure Domna aufgetragen und gibt es einen speziellen Anlass?”
„Nein, die Domna weilt nicht in der Stadt. Wenn Eure Weine für sich selbst sprechen, sollte es ausreichend sein, wenn sie die Auswahl zu Mestera verkostet. Den Rahmen überlässt sie Euch, kennt Ihr Eure Ware doch am Besten.“ Tsacceo überlegte einen Moment. „Bezüglich des Anlasses: Ihre Wohlgeboren hat nicht für nötig befunden, mir diesen mitzuteilen.“ Dann schob er hastig hinterher: „Daher wird es darum gehen, etwas für ihren privaten Gebrauch zu erstehen. Es sollte ein Roter sein, fruchtig, trocken, aber nicht staubig.“ Mit einem zufriedenen Ausdruck sah er Dom Sligala an. „Möglicherweise könnte ich arrangieren, dass Ihre Wohlgeboren einen Aufenthalt in Taladur vorsieht. Sollte dies nötig sein.“
„Nun, ich denke es wäre sinnvoll, Rücksprache zu halten. Eure Domna soll nicht enttäuscht werden. Nehmt doch bitte Platz in der Weinstube.”
„Carmen!” Nach einigen Augenblicken betrat eine junge Frau durch den Vorhang zur Weinstube den Raum. „Geleite den Herren Tsacceo zu einem Tisch und versorge ihn, sofern er es wünscht, nach Travias geboten. Ich werde in Kürze wieder hier sein.”
Tsacceo betrat mit Carmen die gut besuchte Weinstube, in der einige Tische standen. „Bitte setzt Euch. Darf ich Euch einen leichten Weißwein und Käse auftischen?”
Tsacceo folgte der jungen Frau, verstohlen ihr Hinterteil betrachtend. Die Frage nach Wein und Käse brachte ihn einen Moment ins Grübeln. Sein Blick schweifte über die anderen Anwesenden. Er war nicht sicher, ob er sich das hier leisten konnte. „Ja, bitte, von einer so hübschen Dame kann ich ein solches Angebot nicht ablehnen. Müsst Ihr heute lange arbeiten?“ Zur Not würde er auf dem Weg eben unter freiem Himmel übernachten, sich die Gasthäuser sparen.
Etwa ein halbes Stundenglas später öffnete sich der Vorhang und Rodolfo Sligala trat an Tsacceo heran. „Hat es euch gemundet?”
„Hat es Euch gemundet?“ Tsacceo, noch ein Stück Brot in der Hand, nickte. „Sehr gut, ja, vielen Dank. Und sehr freundliche Angestellte habt Ihr.“ Sein Blick wanderte zu Carmen und er verlor sich einen Moment seinen Träumen eines Wiedersehens mit ihr. …
„Gute Neuigkeiten! Der Administrador der Cordellesa, Dom Migell de Vega y Urrego möchte mit Euch sprechen. Bitte folgt mir in seine Arbeitsstube!
Der Administrador? Überraschung spiegelte sich auf Tsacceos Zügen. Er hatte keine Ahnung gehabt, dass der Adel so einen Aufwand für Wein trieb. Vielleicht war sein Plan doch etwas gewagt gewesen. Nun, es gab kein zurück, und die Domna würde sich bestimmt freuen. Er sprang hastig auf. „Sehr gerne. Bitte, zeigt mir den Weg.“ hastig griff er nach seinem Caldabreser.
Es ging durch den Vorhang und die gegenüberliegende Tür, dahinter eine Treppe hinauf und im ersten Geschoss rechts in einen Flur zu einer reich verzierten Holztür. Sligala klopfte, wartete 10 Herzschlänge und öffnete dann die Tür, die nach links aufschwang. Der Raum, den sie nun betraten, hatte rechter Hand drei große gelbe Glasfenster, die dem Raum und allem darin honigfarben erscheinen ließen. An der Wand der Tür entgegengewandt war ein Kamin, in dem natürlich kein Feuer brannte. Links davon an einem Schreibtisch saß der Dom, davor standen drei große Sessel, an der türseitigen Wand eine lange Bank. Der Raum war mit dunklem Holz vertäfelt und dieses mit Intarsien aus Weinranken verziert.
„Dom Migell, ich bringe Euch hier Tsacceo, den Boten von Domna Selea Al’Morsqueta de Mestera."
Dom Migell blickte von seinen Unterlagen auf und winkte ihn mit den Worten „Ja, in Ordnung, Rudolfo" hinaus. Rudolfo verneigte sich, verließ den Raum und schloss die Tür hinter sich. „Setz dich auf die Bank, ich habe gleich Zeit für dein Anliegen". Die Zeit verstrich.
„Rahja zum Gruße, Dom Migell“, verbeugte sich Tsacceo. Dann setzte er sich etwas irritiert und wartete. Er ließ seinen Blick über das Büro wandern. Ein bisschen düster und ziemlich protzig. Die Zeit zog sich und Tsacceo wurde unruhig. Er fragte sich, warum Dom Migell ihn Carmens attraktiver Gesellschaft beraubt hatte, nur um ihn warten zu lassen. Missmutig betrachtete er seine Fingernägel, einen nach dem anderen. Dann begutachtete er kritisch die Hahnenfeder an seinem Hut. Sie war seit dieser Prügelei mit diesen arroganten Yaquirtaler Mistkäfern in Punin etwas mitgenommen, er brauchte eine neue. Als er aufsah, war Dom Migell noch immer über seine Papiere gebeugt. Was das wohl zu bedeuten hatte? Hatte der alte Duoro oder gar die Domna selbst von seinem Abstecher erfahren? Der Majordomus hatte ihn sowieso im Visier, der verstand gar keinen Spaß. Es wurde langsam unangenehm warm im Raum.
Dom Migell räusperte sich und winkte Tsacceo heran. „Tsacceo, hier ein Brief für deine Domna. Lasse dir von Senor Sligalas zwei Flaschen Rahjanillo und zwei Flaschen Rebusca geben. Den Jahrgang wird er aussuchen. Du kannst eine kleine Kiste transportieren? Sage ihm auch, dass du zum Speis und Trank eingeladen bist.”
Tsacceo sprang auf und trat an den Tisch. Mit einer Verbeugung nahm er den Brief entgegen. „Vielen Dank, Dom Migell. Ich kann die Flaschen in meinen Satteltaschen transportieren, das ist kein Problem.“ Sorgsam darauf achtend, das Schreiben nicht zu knittern, steckte er es in sein Wams. Mit einer weiteren Verbeugung verließ er auf ein Zeichen des Administradors den Raum. Auf dem Weg nach unten schlugen seine Gedanken Purzelbäume. Die Domna war noch in Punin, und er selber eigentlich auf dem Weg nach Mestera. Wenn er umkehrte, würde das Fragen aufwerfen. Wenn er seinen Weg fortsetzte und das Schreiben mit dem Wein später überbrachte, mochte der Verzug ebenfalls zu Fragen führen. Und der Weg war viel weiter, die Gefahr groß, dass den Flaschen etwas zustieß. Er stand vor einem Dilemma. Sich den Kopf kratzend klopfte er an Sligalas Durchgang. Als er hereingerufen wurde, erklärt er: „Der Dom sagt, ich solle zwei Flaschen Rahjillo und zwei Flaschen Nebisca mitgeben. Eine Kiste brauche ich nicht. Den Jahrgang sollt Ihr aussuchen. Und ich bin zu Speis und Trank eingeladen.“
„Wartet kurz.”
Kurze Zeit später kam Sligala mit den Flaschen zurück. „Eine gute Reise Euch, es würde mich freuen, Euch bald wieder zu sehen.”
„Vielen Dank. Für den freundlichen Empfang. Und Eure Hilfe. Einen schönen Tag noch.“, verabschiedet sich Tsacceo. Nachdem er die Flaschen sorgfältig verstaut hatte, lenkte er sein Pferd schließlich gen Praios.
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