Chronik.Ereignis1045 Ross und Reiter 02
Junkergut Tyras, Efferd 1045 BF[Quelltext bearbeiten]
Für die kleine Reisegruppe, die für gewöhnlich die meiste Zeit des Götterlaufs in den Bergen des Edlengut Selkethal, umgeben von nacktem Fels und weiten Wäldern verbrachte, bot sich ein geradezu atemberaubender Blick, als sie das Junkergut erreichten. Umgeben von Weinbergen soweit das Auge reicht und begleitet von einem einmaligen Blick über die unmittelbare Umgebung durchschritten Dom Algerio da Selaque von Culming, Gwena ya Pirras, sowie ihr Gefolge das große, weiße Tor des Gutshaus Al’Tyras - den Junkerssitz.
“Hier ist es”, verkündete Answin, der Page Dom Algerios, mit ein wenig Stolz in der Stimme. “Man erwartet uns bereits!”
Die Knappin von Gwena ritt mit einem mulmigen Gefühl durch das Tor. Sie erinnerte sich, als sie mit Answin bereits hier war, um ihre Ankunft anzukündigen.
Da war der Hausherr, Dom Rasdan, nicht alleine gewesen. Neben ihm hatte eine großgewachsene Kriegerin in einer geschwärzten Lederrüstung mit Arm- und Beinschienen in der gleichen Färbung gestanden. Dazu ein fremdländischer Krieger mit einem blutenden Auge im Wappen. Finster hatte die Kriegerin mit ihrem rechten Auge drein geschaut, denn das linke war unter ihren langen schwarzen Haaren verborgen. Waren Wappen des einen und verdecktes Auge der anderen ein Zufall?
Höflich hatten die beiden ihr Begehren formvollendet vorgetragen. Während Dom Rasdan dies wohlwollend vernmmen hatee, war die Kriegerin langsam auf Kyrilla zugeschritten. “Ya Pirras, sagtet ihr? Aus dem Lande der Geschniegelten? Belhanka, oder wie heißt das Loch? “Jedes Wort war wie eine gefühlte Ohrfeige gewesen und das Unwohlsein der Knappin war noch stärker geworden, denn der Blick aus dem Auge der Kriegerin hatte sie zu durchbohrt, während der Hausherr sie offensichtlich gewähren ließ und ihr Verhalten abgewartet hatte, vielmehr hatte er die Reaktion der Knappin beobachtet. Diese hatte die ihr gestellte Frage mit einem Kloß im Hals beantwortet. Während ihr Gegenüber sie abschätzend gemustert hatte. Die Zeit war ihr schier endlos vorgekommen, bis die Kriegerin sich umgedreht und mit strammen Schrittes die Szenerie verlaßen hatte.
Der Hausherr war in dem Augenblick nicht zudeuten gewesen und hatte die beiden aber mit den Worten verabschiedet, dass er seine Gäste mit Freuden im Gutshaus erwarte.
So fuhr Kyrilla erneut ein leichter Schauer über den Rücken, als sie den Vorplatz wieder erreichten. Sie stiegen von ihren Pferden ab und gaben die Zügel in die Hände der Bediensteten, die sie bereits erwarteten.
Mit düsteren Blick schaute Roxalba de Verlez durch das Fenster ihres Zimmers auf die ankommende Reisegruppe. Neben der kleinen Blonden ritt eine großgewachsene schwarzhaarige junge Frau mit sonnengebräunter Haut. Das muss diese ya Pirras sein. Roxalba ballte ihre Fäuste und das Leder ihrer Handschuhe knirschte. Verstoßen hatten sie ihre Ahnherrin Jeleyha. Als sie ihnen die Hand zur Versöhnung gereicht hatte, wurde sie ausgelacht und verhöhnt. Einen gedungenen Mörder hatten sie ihr als Antwort geschickt. Dies alles war zwar über hundert Götterläufe her, aber nicht vergessen. Je mehr sie darüber nachdachte, umso stärker kam die Wut in ihr auf. Mit einem Mal drehte sie sich um, riss die Tür auf und wäre fast gegen Rasdan di Vascara gerannt.
“Ah, wie ich sehe, treibt euch immer noch eine gefällige Wut, Roxalba.”, war seine überraschend unüberraschte Entgegnung. Den bulligen, großen Mann, der immer etwas fehlplatziert aussah in seinen luftigen, almadanischen Edelgewändern, hätte sie ohnehin nur schwerlich umrennen können.
Roxalba funkelte ihn an. “Ihr wolltet zu mir Rasdan? Solltet Ihr nicht Euren Besuch empfangen?”
“Was ich zu tun und zu lassen habe, entscheide immer noch ich, Domna Roxalba.”, der Stier schnaufte und funkelte offensiv in den Augen. “Denn ich bin hier der Herr des Hauses und dieser Ländereien. Ich schätze euch als meine Verbündete und Eingeweihte, aber gerade daher solltet ihr das wissen.” Dom Rasdan plusterte sich nicht etwa auf, das Selbstbewusstsein mit dem er hier auftrat, war natürlich und gerechtfertigt. “Genau deshalb wollte ich noch einmal mit Euch sprechen, was hatte es mit dieser fordernden Spitze vorhin gegenüber diesem jungen, schmächtig Ding auf sich? Sollte ich da etwas wissen?”
Es schien, als würde Roxalba de Verlez diesen drohenden Unterton in der Stimme des Hausherrn ignorieren.
“Sie ist eine ya Pirras. Diese Kriegerin in Begleitung dieses schmächtigen Dings ist eine ya Pirras. Meine Ahnherrin Jeleyha wurde von Ihnen verstoßen, ihr Vater ermordet und auch ihr trachtete man nach einer Geste der Versöhnung nach dem Leben. Das Erscheinen dieser Geckin hier, ist eine Beleidigung für meine Augen und für meine Familia. Und deswegen werde ich, wenn Ihr gestattet, auf den Hof gehen und diese unerwünschte Person fordern.” Mit diesen Worten versuchte sie an Dom Rasdan vorbei zu kommen. Dieser blieb aber wie eine Wand vor ihr stehen.
“Ich verstehe. Dann arbeitet Euch aber nicht an ihrer dürren Knappin ab, das ist Eurer unwürdig. Und…das ist das wichtigste, tut das nie wieder ohne mein Wissen und Zustimmung in meinem Haus, auf meinem Land. Wir sind Stiere, Domna Roxalba, ja, aber wir sind keine wildgewordenen Bullen. Wir vereinen tapfere Stärke mit herrlichem Stolz und gewaltiger Größe. Bei einem Bullen, der nur noch rot sieht, ist es ein Leichtes, ihn in den Staub zu drücken. Ihr sollt Eure Genugtuung bekommen, aber zu meinen Bedingungen. Folgt mir, harrt der Dinge und umso größer wird euer Triumph sein.”, Dom Rasdan ließ mit Statur und Stimme keinen Zweifel daran, dass er es ernst meinte, sowohl für Roxalba als auch für ihre Fehdefeindin.
Roxalba schaute Rasdan fest in die Augen. Dann nickte sie. Äußerlich gab sie sich einsichtig, aber in ihrem Inneren arbeitete sie schon an einem Plan, um der ya Pirras an die Kehle zu gehen. Notfalls auch ohne sein Wohlwollen.
Von der opulenten Terrasse des Gutshauses aus hatte man einen fantastischen Blick hinunter auf die anderen, weiträumig verstreuten Gutsgebäude, die Vieh- und Pferdezucht, sowie die Zypressen gesäumte Via Tyrana, die vom Gut zur Hauptstraße führte, bzw. anders herum. Den Gästen waren leichte Speisen und Getränke aufgetan worden, an denen sich sich gütlich taten, während sie auf den Gastgeber warteten, nachdem sie auf die Terrasse geführt worden waren. So blieb ihnen Zeit für einen weiteren Plausch.
“Seht Ihr die Pferde dort drüben, Gwena?” Dom Algerio deutete in Richtung der Pferdezucht, vor der ein paar Pferde in einem eingezäunten Bereich grasten. Ihm war die seltsame Stimmung in der Gruppe aufgefallen - die Anspannung und Nervosität. Aber er konnte sich noch keinen Reim darauf machen.
“Vielleicht werdet Ihr schon heute eines davon reiten…”, vollendete er seinen Gedanken.
“Wahrhaftig, es sind wunderschöne Tiere und es wäre mir eine Ehre, wenn die Möglichkeit bestehen würde, eines davon zu reiten.”, erwiderte Gwena. “Aber es würde mir meinen Astrapi nicht ersetzen.”
“Darum geht es ja auch nicht… man sollte nur seine Optionen kennen. Und die Fähigkeiten all jener, mit denen man konkurriert”, führte Dom Algerio aus.
Gwena warf derweil einen kurzen Seitenblick zu Kyrilla, die sich immer wieder umschaute und sehr nervös wirkte. Sie hatte ihr von der seltsamen Kriegerin berichtet, aber Gwena konnte sich weder an sie erinnern, noch ihr Verhalten in irgendeiner Art und Weise erklären. Sie konnte nur abwarten und es auf sich zukommen lassen. Beruhigend legte sie Kyrilla eine Hand auf die Schulter. “Wenn du möchtest, werden wir versuchen auch dir einen Ritt auf einem dieser edlen Tiere zu ermöglichen.” Kyrilla zuckte aufgrund der Berührung kurz zusammen und wandte sich Gwena zu. “Gerne würde ich diese Möglichkeit nutzen. Habt Dank dafür, Herrin.”
Dom Algerio musterte die beiden während ihrer Interaktion, ließ danach seinen Blick aber weiter schweifen - eine Eigenheit, die er in seiner Zeit als Mercenario erworben hatte. Wann immer er Nervosität in seinem Umfeld spürte, versuchte er die Ursache dafür ausfindig zu machen. Und wann immer keinen offensichtlichen Grund fand, drängte es ihn der Sache weiter auf den Grund zu gehen.
“Ihr scheint beunruhigt, Domnatella Kyrilla”, stellte er fast beiläufig fest, den Blick weiterhin in die Umgebung gerichtet.
“Nur ein Gefühl , Dom Algerio. Wir hatten eine etwas seltsame Begegnung, als wir Eure Ankunft kundgetan hatten. Aber nichts, was Euch beunruhigen sollte. Eine Kriegerin, nicht besonders freundlich und anscheinend auch nicht gut auf Liebfelder zu sprechen.” Gwena wandte sich Algerio zu. “Und Kyrilla macht sich Gedanken, weil sie sich nach meiner Herkunft erkundigt hat. Mein Ruf scheint mir voraus zu eilen. Fragen wir doch unseren Gastgeber, um wen es sich dabei handelt. Dann wird sich alles aufklären.”
Dom Algerio wandte sich wieder seinen Begleitern zu.
“Euer Ruf? Gibt es da etwas, das mir entgangen ist, Gwena?”, fragte er halb belustigt.
Auch Gwena lächelte verschmitzt. “Ihr wisst doch, Dom Algerio, stille Wasser sind tief.”
In diesem Moment traten Dom Rasdan di Vascara, dessen Schwester und Verwalterin des Guts, der fernländische Krieger und die besagte finster, mit einem Auge dreinblickende Frau auf die Terrasse: “Die Götter zum Gruße, der herrschaftlichste unter Ihnen voran, willkommen auf Tyras.” Der Hausherr sprach, ohne dabei zu großartig zu lächeln, aber mit der Ausstrahlung eines neugierigen Jungbullen, er griff sich ein paar Trauben und deutete auf seine Begleitung: “Dies sind meine Schwester und Vögtin Rashida, Leutnantin Roxalba de Verlez, sowie mein Vertrauter aus dem fernen Perricum, Kaseymir von Blutauge. Eure Anwesenheit beehrt uns, was ist Euer Begehr?” Noch immer sprach seine Gestik und Mimik nicht die gleiche Sprache wie seine Worte.
Dom Algerio erhob sich und sein Gefolge tat es seinem Beispiel gleich.
Mit einer leicht angedeuteten Verneigung erwiderte er die Grußfloskel, in der ihm geläufigen Form: “Die Zwölfe zum Gruße, Dom Rasdan, Domna Rashida, Domna Roxalba, Dom Kaseymir!” Ihm war die leichte Abwandlung derselben durch den Junker nicht entgangen, entschied sich aber, dies zu ignorieren und neigte stattdessen vor jedem der Anwesenden sein Haupt, wie es die Etikette verlangte.
“Algerio da Selaque von Culming mein Name, in Begleitung der Edlen Gwena ya Pirras. Wir sind, wie von ihrer Knappin Kyrilla Gaspardo und meinem Pagen Answin bereits angekündigt, gekommen, weil wir Interesse am Erwerb eines Eurer prächtigen Pferde haben.”
“Es freut mich zutiefst, dass unsere Pferde einen solch guten Ruf geniessen, dass ihr dafür den langen Weg auf Euch genommen habt, Euer Wohlgeboren. Nur allzu gern will ich Eurem Verlangen mit einem prächtigen Exemplar unserer Zucht Abhilfe schaffen, wir haben hier eine alte und lange Tradition, nach der Ross und Reiter sich finden und aussuchen müssen, in dem sie erste gemeinsame Ritte ohne Zaumzeug und Sattel wagen.”, Dom Rasdan machte eine Kunstpause, in der er Dom Algerio zufrieden und zustimmend nickte. “Wir haben aber auch noch andere, uns sehr wichtige Traditionen hier. Und eine betrifft dabei meine Vertraute Roxalba de Verlez und Eure Begleitung Gwena ya Pirras”, eine weitere Kunstpause nutzten die verwunderten Anwesenden beinahe zu einer Antwort, doch der Hausherr war schneller: “Geschäfte werden hier nur im Guten getan und wie mir zu Ohren kam, liegt Hader auf der Beziehung der beiden, so dass dies zuerst geklärt werden müsste.” Dom Rasdan lächelte, freundlich aber ernst und bestimmt, mit der Gewissheit eines almadanischen Edelmannes dem Wettkampf, Duell und Fehde eine Sache der Ehre und des Herzens waren.
Algerio musterte Domna Roxalba, blickte dann fragend zu Domna Gwena. “Ihr seid miteinander bekannt?”
Er war vollkommen ruhig und wenn er überrascht war aufgrund dieser Entwicklung, ließ er es sich zumindest nicht anmerken. Einem entsprechend geschulten Beobachter konnte jedoch die leichte Grundspannung auffallen, die fortan in seinen Bewegungen lag.
Gwena hingegen konnte ihre Überraschung nicht verbergen und schaute ihren Lehrmeister an. “Ich muss Eure Frage verneinen, Don Algerio. Domna Roxalba ist mir vollkommen unbekannt. Wir sehen uns heute zum ersten Mal und daher kann ich auch nicht verstehen, wieso es zwischen uns irgendeinen Grund für Hader geben soll.”
Sie drehte sich mit einem fragenden Ausdruck auf ihrem Gesicht zu Roxalba um.
Diese schaute Gwena mit versteinerter Miene an. Dann verzog sie ihre Lippen zu einem spöttischen Lächeln. “Sagt, Gwena ya Pirras, wie gut kennt ihr Eure Familiengeschichte. Was sagt Euch der Name Jeleyha ya Pirras?”
Gwena musste überlegen, aber dies schien Roxalba zu lange zu dauern. “Jeleyha ya Pirras, Tochter des Andras ya Pirras, dem wahren Familienoberhauptes nach dem Tode Fiburns. Übergangen von seiner Familia. Entmachtet, vertrieben, ermordet.”
“Haltet ein.”, warf Gwena ein. “Andras war nicht reinen Blutes. Sein Ahnherr wurde adoptiert. Er hatte keinen Anspruch. Und als er dieses gewahr wurde, versuchte er ihn, zusammen mit seiner Schwester, durch Gewalt zu erzwingen und riskierte das Leben vieler Unschuldiger durch den Brand im Palazzo.” Roxalba ging auf Gwena zu. “Sein Ahnherr war adoptiert, aber er übernahm alle Rechte und Pflichten. Er war ein ya Pirras. Nur weil man einen Grund der Verleumdung suchte…. “
Auch Gwena ging auf Roxalba zu und ihre Stimme wurde zunehmend lauter. “Was interessiert Euch überhaupt meine Herkunft?" Ihr seid doch eine de Verlez, wenn ich dies richtig vernommen habe.” Beide standen sich Auge in Auge gegenüber. “Das stimmt. Ich bin eine de Verlez und Jeleyha ya Pirras ist meine Ahnherrin. In uns beiden fließt das Blut der ya Pirras. In mir das Wahre und in Euch das des Ursupators.” “Ihr lügt, Jeleyha starb mit ihrem Vater, dem Verräter, auf der Flucht.” Ruckartig ging der rechte Arm von Roxalba hoch und Gwena konnte diesen gerade noch abfangen, bevor sie die Ohrfeige traf.
Roxalba blickte sie hasserfüllt an und Gwena wich zurück. “Ihr wagt es, mich eine Lügnerin zu nennen. Jeleyha floh mit ihrer Tante nach Almada, nachdem sie ihren Vater sterbend zurücklassen musste.” “Dies ist so nicht geschehen. In den Büchern wurde überliefert, das alle drei auf der Flucht ums Leben kamen.” "In Euren Büchern stehen die Lügen. Jeleyha reichte ihrer Familia sogar die Hand zur Versöhnung und man schickte ihr gedungene Mörder als Antwort. Steht das nicht in Euren Büchern?” Roxalba lachte bitter auf. "Von jeher preist Eure Familia die Lehren des Götterfürsten und in seinem Schatten seid ihr verdorben und verlogen. Ich verlange Satisfaktion, für meine Ahnherrin, für die Ehre und für mich, die Ihr eine Lügnerin nanntet.” Mit diesen Worten nahm Roxalba den Griff Ihres Kriegshammers in die Hand. Nur das rasche Eingreifen von Kaseymir von Blutauge, der Roxalba sanft aber bestimmt die Hand auf die Schulter legte, verhinderte erst einmal eine Eskalation der Situation.
Auf der anderen Seite war es Kyrilla Gaspardo, die die Hand ihrer Herrin ergriff, bevor diese ihr Schwert zog. “Ihr verlangt Satisfaktion? Ich verlange diese, wegen Eurer unhaltbaren Unterstellungen, der Beleidigung meines Hauses und auch für mein vor Wut kochendes Blut.” “Es wird mir ein Vergnügen sein, ein Blick auf Euer Blut zu werfen, wenn es an der Spitze meines Hammers herunter tropft.”, spie Roxalba der Liebfelderin entgegen.
Dom Rasdan - der Stier - drängte sich zwischen die beiden, machte sich Platz: “Dann sei es so, die Traditionen verlangen es und Tyras soll Zeuge und Richter über euren Zwist sein. In der Arena soll das Duell stattfinden, damit ein für alle mal Recht gesprochen ist. Die Siegerin soll Recht haben, die Verliererin steht ihrer Schande gegenüber. So ist es alter Brauch, so ist es Euer Wille.” Der Junker hatte etwas genügsames und beinahe priesterliches in der voluminösen Stimme, dann drehte er sich zu Dom Algerio: “Wir konnten von dem beide nichts ahnen und wer wären wir wenn wir uns solch altem Hader und der vendettschen Sühne im Duell entgegenstellen würden. Uns jedoch betrifft dieser Hader nicht und gerne werde ich Euch - nach dem Fehde-Duell - gar meine kostbarsten Jungtiere präsentieren, als Entschädigung für die Wartezeit und die Umstände. Was sagt ihr? Trinken wir darauf einen Ragatzo, während Blut den staubigen Boden der tyranischen Arena selig spricht?”
Algerio seufzte leise, erhob sich dann ebenfalls. Diese Begegnung war bislang so gar nicht nach seinen Vorstellungen verlaufen und er konnte sich wahrlich besseres vorstellen, als eine verwundete Gwena zurück ins Selkethal zu schleppen.
Andererseits war ein Duell wahrscheinlich der beste Weg, den Streit beizulegen.
Wenn er denn nicht gerade dadurch erst wirklich eskalierte.
Gefasst wandte er sich an den Junker.
“Ich gebe Euch Recht, uns betrifft dieser Hader nicht und Euer Angebot ehrt Euch. Gern will ich es annehmen und ich freue mich darauf, Eure Pferde in Augenschein zu nehmen. Wir werden uns die Wartezeit sicher nicht lang werden lassen”, lächelte er.
“Im Gegenzug, lasst mich Euch ein paar getrocknete aranische Früchte anbieten - Answin, hole bitte mein Gastgeschenk aus unserer Herberge.” Die letzten Worte waren offensichtlich an seinen Pagen gewandt, der sich sofort verneigte und, etwas enttäuscht, weil er fürchtete das Duell verpassen zu können, davon eilte.
Gwena sprach kurz mit ihrer Knappin und diese trat auf Rasdan di Vascara zu. “Verzeiht Dom Rasdam. Als Sekundantin meiner Herrin Esquiria Gwena ya Pirras würde ich gerne in Erfahrung bringen, welche Bräuche und Traditionen hier in Tyras bei Duellen zu beachten sind. Was die Wahl der Waffen, den Ablauf, oder…. “ Kyrilla hielt kurz inne, bevor sie weiter ausführte “.... oder die Festlegung bis zu welchem Blute angeht. Und wer wird Sekundant von Signora de Verlez sein?”
Rasdans Augen funkelten: “Auf Tyras gilt im Wesentlichen die Tradition des Ringens, aber auch das Florett, der Spieß oder die kurze Reiterlanze sind Waffen der tyranischen Arena. Doch wie mir scheint haben die Kontrahentinnen ihre Waffen schon gewählt, letztendlich ist es der Arena gleich, welche Waffe sie mit Blut weiht. So mögen die Kontrahentinnen wählen, ob sie sich traditioneller Waffen oder ihrer eigenen bedienen. Wahllos ist allerdings, dass sich beide vor dem Kampf verpflichten das Zeichen Tyras’ zu tragen, das zu erkennen gibt, wer Sieg und wer Niederlage davon getragen hat. Dafür wird ein Brandeisen in der Arena bereit stehen. Die Siegerin wird den aufrechten Stierkopf als Zeichen ihrer Dominanz tragen dürfen, die Verliererin den niederliegenden, als Zeichen ihrer Schande und Anerkennung des Sieges der anderen. Von da an gilt das Recht als abgegolten und der Hader als gesühnt. Die Siegerin darf über den derzeitigen Verbleib der Verliererin auf Tyras entscheiden.”, Rasdan schnaufte entschlossen aus. “Da hier kein kaltblütiger Mord gesühnt werden muss, denn Domna Roxalbas Anverwandte konnten damals entfliehen, wie es ihre eigene Aussage war, soll nicht auf das Dritte Blut gekämpft werden. So soll es schlicht um Sieg und Triumph und Niederlage und Schande gehen, auf das zweite Blut. Sekundant für Domna Roxalba wird mein Freund Kaseymir sein, auch wennich diese Aufgabe am liebsten selber übernommen hätte, wäre es jedoch nicht angebracht. Ich bin der Gastgeber und somit neutral.”
“Streng genommen geht es sogar lediglich um den wechselseitigen Vorwurf, die Unwahrheit gesagt zu haben und die aus dieser Bezichtigung erwachsene Kränkung”, korrigierte Dom Algerio, wenngleich er wenig Hoffnung hatte, damit etwas zu bewirken.
Die Gemüter waren bereits zu hitzig, der Worte zu viele gewechselt. Es blieb nur zu hoffen, dass der schmale Grad vom zweiten zum dritten Blut nicht überschritten wurde - was in Anbetracht der gewählten Waffen einem kleinen Wunder gleichkäme.
“Habt Ihr einen Medicus oder anderes heilkundiges Personal anwesend, Dom Rasdan? Es wäre doch bedauerlich, müssten wir ungewollt die Dienste eines Boroni in Anspruch nehmen.”
“Wertester Dom Algerio, ich möchte Euch Eure Sorgen nehmen, ich werde nach dem Heiler rufen lassen, ein Boroni wird nicht nötig sein, denn wer erkennbar willentlich gegen die Regel des 2. Blutes verstößt, wird mit einer entsprechenden Verurteilung für Mord rechnen müssen, dass sollten sich die Kontrahentinnen bewusst machen. Das hier ist Tyras, hier regiert die harte Hand, hier gelten alte, aber ehrliche Sitten, Blut wird mit Blut gesühnt und Schande mit Schande, wer siegt herrscht, wer verliert dient.”, Rasdan stellte sich mit breiter Brust auf, nur um dann eine Verbeugung anzudeuten: “Im Übrigen Danke ich Euch für das angekündigte Geschenk, ich weiß dies und Eure formidable, wie respektvolle Art zu schätzen. Wollen wir nun also die Kontrahentinnen zur Arena begleiten? Die aranischen Köstlichkeiten und der Ragatzo können uns auf den Rängen angetragen werden.”, Rasdan klatschte zweimal kräftig in die Hände, die Diener und Mägde verstanden und ließen alles bereiten.
‘Nun denn’, dachte sich Algerio, ‘dann schauen wir doch mal aus welchem Holz die kleine Gwena geschnitzt ist…’ So sehr er sich für die junge Liebfelderin verantwortlich fühlte, konnte er doch nicht verhehlen, dass er auch neugierig war, wie sie sich schlagen würde.
“Es wird mir eine Freude sein”, überspielte er den Gedanken an Dom Rasdan gewandt, “bitte, weist uns den Weg!”
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