Chronik.Ereignis1036 Besuch im Vanyadâl 14
Mark Ragathsquell, 3. Tsa 1036 BF
Castillo Quazzano, vormittags
Autor: von Scheffelstein
Richeza von Scheffelstein y da Vanya blickte aus einem der Fenster des runden Türmchens hinaus über das verschneite Land. Die Sonne war bereits über die Gipfel der Berge getreten, und wo ihre Strahlen auf die Dächer des Castillos fielen, taute der Schnee und lief, Tropfen für Tropfen über die Ziegel und an den Eiszapfen hinab, um eine Weile zitternd an deren Enden zu hängen und dann in die Tiefe zu fallen oder wieder festzufrieren.
Auf dem Hof herrschte geschäftiges Treiben. Gujadanya und ihre beiden Begleiterinnen und vier Gardisten des Großinquisitors rüsteten sich für den Aufbruch. Richeza fühlte sich nutzlos. Ihre Kleider, die man gewaschen hatte, waren noch immer nass, und in dem Kleid, das sie trug, kam sie sich vor, als habe sie sich mehr schlecht als recht als Yaquirtaler Hofdame verkleidet. Zum Kämpfen taugte es nicht, ja, sie würde nicht einmal in einem gewöhnlichen Sattel sitzen können, wenn sie es anbehielte. Wahrscheinlich bliebe ihr wieder einmal nichts anderes übrig, als sich mit den Lumpen des Gesindes zufrieden zu geben, da die einzigen Familienmitglieder, die in etwa ihre Größe gehabt hatten, Belisetha und Richezas Mutter Madalena nun einmal keine Kriegerinnen gewesen waren und höfische Kleider bevorzugt hatten.
Gerade wollte Richeza sich zum Gehen wenden, um sich umzuziehen, da bemerkte sie Reiter, die sich in raschem Trab auf dem Weg von La Dimenzia her dem Castillo näherten. Sie waren zu viert, und als sie den Hügel herabkamen, erkannte Richeza die Schrotensteiner Farben.
Als die Edle die über hundert Stufen zum Hof hinab gestiegen war, wobei sie mehrmals kleine Räume oder Gänge hatte passieren müssen, waren Lucrann da Vanya und seine drei Begleiter bereits abgesessen, und der Schrotensteiner Baron sprach mit dem Großinquisitor auf den Stufen vor dem Palacio.
"… ist uns leider zum zweiten Mal entkommen", sagte Lucrann soeben. "Wir konnten ihn bis hinunter nach Alina verfolgen, dann hat sich seine Spur verloren. Wir sollten einen Boten oder eine Taube nach Ragath senden, die Kirche soll uns fähige Ordenskrieger schicken. Ich werde bald nach Schrotenstein zurückkehren, wer weiß, welches Unheil der verfluchte Kerl dort sonst anrichtet."
"Und Belisetha?", fragte Gujadanya, die herangetreten war. "Was ist mit Eurer Mutter? Wir werden nach La Dimenzia …"
Aber Lucrann unterbrach sie. "Sie war wohl in La Dimenzia, als der Brand ausbrach. Aber sie lebt. Hat sich, heißt es, bei einem Sturz den Arm gebrochen. Einer der Akoluthen hat sie verbunden. Irgendeine Harmamund hat sie mitgenommen. Sie werden sie wohl in Sicherheit bringen, hierher oder nach Ragath, nehme ich an." Er wandte sich wieder dem Soberan des Hauses zu.
Gujadanya und Richeza entfuhr beinahe gleichzeitig ein abfälliges Lachen.
"In Sicherheit? Bei den Harmamunds?" Richeza schüttelte den Kopf. "Ihr wart wirklich lange fort, Dom Lucrann!"
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