Chronik.Ereignis1033 Feldzug Falado 02
Baronie Falado, 27. Praios 1033 BF
Auf dem Junkergut Valenca
27. Praios, Nachmittag
Autor: Vargas
Stunden waren bereits vergangen, seitdem Dom Ordonyo in Begleitung des treuen Jacopo aufgebrochen war, um Unterstützung aus Ragath anzufordern. Bis in den Nachmittag hinein ließ man Domnatella Dulcinea schlafen, doch schließlich wurde sie durch eine eintretende Dienerin geweckt. Frische Kleidung legte man für sie bereit und brachte ihr ein üppiges Frühstück nach ihren Wünschen. Die Dienerin zog auch die Vorhänge beiseite und öffnete die Fenster, um frische Luft und Licht hereinzulassen, behelligte Dulcinea aber nicht weiter.
Von draußen zog warme Luft ins Zimmer und trug die lauten Geräusche herein, die durch die fortlaufenden Umzugsarbeiten verursacht wurden. Fetzen von Gesprächen, angestrengtes Keuchen und das Knarren von Wagenrädern mischten sich mit dem Geruch von Pferden und staubiger Luft. Am deutlichsten waren die Stimmen zweier Personen zu hören, die sich vor dem Haus mit Holzwaffen duellierten. Eine der Stimmen gehörte Flavia, die Tochter der Junkerin, die andere einem kräftigen Mann Anfang zwanzig, der ihr offenbar das Kämpfen beibrachte. Seine Befehle wechselten sich mit lockeren Scherzen ab, welche die beiden austauschten. Eine Weile später kam noch eine dritte Stimme dazu, die mit stark tulamidischem Akzent den Fortschritt „seiner lieblichen Blüte, seiner hinreißenden Tochter“ lobte und ebenfalls ein paar witzige Bemerkungen machte. Was immer im Umland passieren mochte, hier in Valenca hatten manche Leute ganz offenbar noch ihren Spaß.
Einige Zeit nach dem Frühstück klopfte es erneut an der Tür des Gästezimmers und ein großgewachsener junger Mann trat ein. „Guten Tag, Euer Wohlgeboren. Hoffentlich habt Ihr gut geschlafen. Ich bin Ramón, Sohn der Domna. Bitte, setzt Euch,“ sagte er höflich und deutete auf den kleinen Tisch mit drei Stühlen, der im Zimmereck stand. „Es hieß, Ihr hättet wichtige Neuigkeiten zu erzählen, deren Beurteilung juristischen Sachverstands bedarf,“ fuhr er dann im merkwürdig-distanzierten Tonfall eines Beamten fort, nur um ein dazu unpassendes aufmunterndes Lächeln hinzuzufügen. „Ich werde Euch zuhören.“
Autor: von Scheffelstein
Dulcinea di Alina stand mit einem gebackenen Hähnchenschenkel in der Hand am Fenster. Das Fett lief über ihre Finger und tropfte auf den flachen Teller in ihrer Linken, auf dem die weiteren Überreste ihres Frühstücks zu sehen waren. Als es klopfte, wandte sie sich zur Tür um.
Wortlos musterte sie den Mann in ihrem Alter, der nahe des Tischchens stehen blieb und offenbar darauf wartete, dass sie sich setzte. Widerstrebend näherte sich die Junkerstochter dem Tisch, machte jedoch keine Anstalten, sich zu setzen. Gemächlich riss sie das Fleisch vom Knochen des Hähnchens, kaute bedächtig und betrachtete den Sohn ihrer Gastgeberin, der sie sogar noch um ein, zwei Finger überragte. Während sie sich das Fett von den Fingern leckte, bohrte sich ihr Blick in seine grauen Augen.
Schließlich stellte Dulcinea das Tablett ab, suchte vergeblich mit der sauberen Hand nach einem Taschentuch in ihrem Wams und führte die Finger erneut an ihren Mund, um sie unbekümmert von den Resten der Mahlzeit zu befreien.
"Falsch", sagte sie schließlich. "Ich brauche keinen Juristen. Und einen Beichtvater umso weniger."
Aus zusammengekniffenen Augen blickte sie den Mann herausfordernd an. Wenn ihr Vater meinte, sie mit dem erstbesten, hergelaufenen Junkerssohn verkuppeln zu können, hatte er sich aber geschnitten!
Autor: Vargas
Die grauen Augen waren beinahe ausdruckslos, und ebenso regungslos war das Gesicht des jungen Mannes, obwohl seine Bitte gerade so ruppig beantwortet worden war. Wäre Dulcinea ihm zuvor schon begegnet, so hätte sie gewusst, dass dieser merkwürdige Blick sein Gesicht fast immer zierte, doch auf Fremde wirkte Ramón dadurch meist seltsam. Auch als er seine Stimme erhob, wirkte er wenig beeindruckt. "Das wollte ich Euch auch zu keiner Zeit unterstellen, Wohlgeboren. Augenscheinlich hat ein langer Mittagsschlaf gereicht, um Eure Lebensgeister zurückzurufen. Und ebenso wenig würde Euch die Domna derartiges unterstellen. Ginge sie davon aus, dass Ihr spezielle... "Aufmerksamkeit" benötigt, hätte sie Euch sicherlich meinen Bruder geschickt, nicht mich," meinte er nüchtern. "Meine Aufgabe ist es, die Lage und die Gefahr im Auftrag der Domna einzuschätzen, und Ihr seid mein einziger Zeuge. Nur Ihr könnt mir sagen, was ich wissen muss. Wenn Ihr es natürlich vorzieht, dabei zu stehen, habe ich keine Einwände. Sagt mir, was sich zugetragen hat, und ich werde Euch nicht weiter belästigen."
Mit diesen Worten entfernte er sich vom Tisch und lehnte sich leicht gegen einen der Bettpfosten. Sein Blick verriet wenig darüber, was er gerade dachte, doch in seinem Kopf ging einiges vor sich. Er wusste, dass seine nüchterne Art oft als Unhöflichkeit verstanden wurde, gerade von jungen adligen Damen, die sich mehr Hofierung wünschten. Kurz leuchteten seine Augen auf, als er sich bewusst wurde, dass sie eine solche war, und ihm womöglich jetzt grollen würde, da er sie so emotionslos behandelte. Dann aber dachte er an die Worte seiner Mutter, die Dulcineas Vater als klugen und gerissenen Mann bezeichnet hatte. Sicher war die Tochter eines solchen Mannes klug genug zu merken, dass er sich gerade herzlich wenig für ihre Weiblichkeit interessierte, sondern nur für ihre Aussage. Sicher würde sie ihm seine Nüchternheit nachsehen. Und falls nicht... ein Mann mit drei Schwestern ist schließlich leiderprobt.
Autor: von Scheffelstein
Dulcinea stellte den Teller auf dem Tisch ab und machte eine unwirsche Handbewegung, als hoffte sie, dadurch den Redeschwall des Mannes zu beenden. Als er schwieg, zuckte sie mit den Schultern. "Da gibt es nicht viel zu erzählen", sagte sie. "Und wenn es Eure Mutter interessiert, warum will sie es nicht selbst hören? Alina wurde überfallen. Von den da Vanyas, wie mein Vater gesagt hat, und ihren Compadres. Das hat mein Vater Eurer Mutter schon erzählt. Soll ich es noch mal jedem Eurer Familia einzeln berichten?"
Autor: Vargas "Die Domna ist gerade damit beschäftigt, Vorkehrungen für die Sicherheit von Valenca zu treffen, falls auch wir angegriffen werden," erklärte er ruhig, nur die förmliche Anrede seiner Mutter betonte er etwas spitzer. "Es würde genügen, wenn Ihr mir erzählt, wieviele Angreifer es etwa waren, woher sie kamen, ob sie Euer Vermögen geplündert haben und ob sie vielleicht etwas sagten, das auf ihre Pläne schließen lässt. Mehr will ich gar nicht von Euch, Wohlgeboren." Seine Worte klangen ehrlich. Ramón sah sie freundlich und geduldig an- wenn ihre ablehnende Haltung ihn verärgerte, wusste er es jedenfalls gut zu verbergen.
Autor: von Scheffelstein
Dulcinea runzelte die Stirn. "Was weiß ich, wo sie herkamen?", zuckte sie abermals die Achseln. "Aus Süden? Schrotenstein? Sähe den da Vanyas ja ähnlich, die haben überall ihre Güter, haben sich in der Grafschaft ausgebreitet wie ein Geschwür." Dulcinea verschränkte die Arme, trat einen Schritt zurück ans Fenster und setzte sich auf das Sims. Kurz überlegte sie, ob sie den Überfall der fremden Söldner so dramatisch schildern sollte, wie ihr Vater es verlangte, mit sich selbst in der so verhassten Opferrolle. Oder sollte sie sich ihrer eigenen – nie begangenen – Taten rühmen, um diesen Mann und seine Familia zu beeindrucken?
Letztlich hob sie ein drittes Mal die Schultern. "Wie viele es waren? Viele! Ein kleines Heer. Einige Dutzend Reiter. Mercenarios. Vielleicht auch Zauberer. Sie haben alles niedergebrannt, und dass sie geplündert haben, darauf könnt ihr Euren A... am ... äh ... wetten könnt Ihr darauf. Und was sie vorhaben," fuhr sie schnell fort, "kann man auch nur raten. Nichts Gutes mit Sicherheit. Vielleicht ziehen sie zum Castillo da Vanya, das haben nämlich die Reichsvogtin und mein ... äh ... ich meine ... ihre Leute haben es besetzt, wie's diese Verräter verdient haben."
Autor: Vargas
Auch Ramóns Stirn legte sich in Falten, während sein Gegenüber sprach. Er nickte stumm, ganz so, als schreibe er im Geiste alles mit, was sie sagte. Als sie geendet hatte, seufzte er einmal tief und drückte sich in einer schwungvollen Bewegung vom Bettpfosten weg. "Das klingt besorgniserregend. Gut, dass wir jetzt vorgewarnt sind."
Dann, von einem Moment auf den anderen, kam plötzlich ein Lächeln auf seine Lippen, ein ehrliches, freundliches Lächeln. "Danke für die Auskunft, Domnatella. Jetzt werde ich Euch nicht weiter behelligen, es sei denn natürlich, Ihr wünscht eine kleine Führung oder sonstige Beschäftigung bis zum Abendmahl. Vielleicht möchtet Ihr auch nach Eurem Pferd sehen?" Er machte eine andeutende Kopfbewegung in Richtung des Stalls. "Wenn Ihr natürlich die Gesellschaft meiner Schwester vorzieht, ist das auch kein Problem. Sie dürfte inzwischen ohnehin grün und blau sein, da kann sie die Waffe für heute sinken lassen," fügte er schmunzelnd hinzu.
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