Chronik.Ereignis1033 Feldzug Raschtulswall 04

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Kaiserlich Selaque, 16. Praios 1033 BF

In einer Schlucht nahe Elenta


Der Rossbanner-Orden

Autor: von Scheffelstein

Es war Mittag, ehe sie aufgebrochen waren. Dom Berengar hatte sie freundlich am Tor verabschiedet. Rifada hatte ihn keines Blickes gewürdigt. Richeza verstand weder, warum ihre Tante den bedauernswerten Mann, den sie so verachtete, überhaupt geheiratet hatte, noch, wieso dieser sich eine solche Behandlung gefallen ließ – und das nun schon über ein Vierteljahrhundert hinweg.

Am Tor des Castillos hatte Rifadas Sohn auf sie gewartet und sich wortlos der Gruppe angeschlossen. Nachdem er am Fuß des Burgfelsens keinerlei Anstalten gemacht hatte, sich wieder zu verabschieden, hatte Rifada ihr Ross angehalten und den jungen Mann angeherrscht, was in Rondras Namen er eigentlich hier mache.

Moritatio hatte erwidert, er werde die Gruppe begleiten, immerhin habe er soeben erst erfahren, dass er eine Base habe, und ehe diese sogleich wieder entschwinde, wolle er die Gelegenheit nutzen, die verwandtschaftlichen Bande zu vertiefen. Rifada hatte geschnaubt und ihn einen Idioten genannt und gesagt, wenn er in Schwierigkeiten gerate, könne er etwas erleben. Dann hatte sie ihrem Pferd die Sporen gegeben und sich so weit wie möglich von ihrem Sohn entfernt. Richeza hatte den jungen Mann von der Seite beobachtet, aber er schien so an die herzlose Behandlung gewöhnt zu sein, dass sie ihn nicht mehr bekümmerte – und falls doch, war er gut darin, es zu verbergen. Bald aber hatte die Edle bedauert, ihren Vetter an ihrer Seite zu haben, denn der Bursche redete in einem fort und geizte nicht mit Schmeicheleien, die die Söldner dazu veranlassten, ihn feixend hinter seinem Rücken zu verspotten. Richeza hatte sich bald entschuldigt und war zu ihrer Tante und Dom Hernán an die Spitze des Zuges geritten. Hier wenigstens herrschte Schweigen.

Inzwischen hatten auch die letzten Wolken am Himmel sich verzogen, und die Praiossonne brannte auf sie herab. Der Schweiß lief Richeza vom Haaransatz den Nacken herab und in den Kürass, der sich in Domna Rifadas Rüstkammer für sie gefunden hatte. Immerhin hatte Richeza vermocht, ihrer Tante auszureden, auch noch einen Helm aufsetzen zu müssen. Über den Caldabreser, den ihr Moritatio gegen die Sonne gegeben hatte, war sie hingegen dankbar.

Er redete immer noch, hatte nun in einer der Söldnerinnen sein Opfer gefunden, einem jungen Ding, kaum älter als der Junkerssohn selbst. Doch seine Worte galten nicht dieser, seine Geschichten von Bällen und Empfängen, den Gefahren des Vanyadâls und denen der weiten Welt. Die Heldentaten des jungen Moritatio! Die Edle schüttelte den Kopf. Wann immer sie zu ihm zurücksah, lächelte er ihr zu, zwinkerte vertraulich oder neigte huldvoll den Kopf. Es war lange her, seit die Burschen seines Alters ihr den Hof gemacht hatten – sah man mal von den bürgerlichen Verehrern ab, die ihr seit dem denkwürdigen Duell mit dem Kanzler in Punin nachstellten, wann immer sie die Stadt betrat. Und jetzt verirrte sie sich ins entlegene Selaque, nur um ausgerechnet von ihrem jungen Vetter umgarnt zu werden!

"Irgendwas stimmt hier doch nicht."

Die Worte ihrer Tante rissen Richeza jäh aus ihren Gedanken. Rifada, die trotz ihres Plattenpanzers nicht im Mindesten unter der Sonne zu leiden schien, wies zum Himmel. Etliche Dutzend Krähen kreisten über der Schlucht, zu der sich das Tal vor ihnen verengte. "Da liegt wer!", sagte Dom Hernán plötzlich. Und wirklich, am Eingang der Schlucht entdeckten sie eine Frau, eine Kriegerin, in einem blutstarrenden Wappenrock. Bäuchlings lag sie in einer Kuhle, die der Regen der vergangenen Nacht in ein Schlammloch verwandelt hatte. Ihr Kopf ragte – halb vom Rumpf getrennt – aus der Pfütze. Krähen hatten bereits eines der Augen herausgehackt. Fliegen kreisten über der leeren Höhle.

Mit gezogenen Waffen ritten sie langsam in die Schlucht hinein. Zwischen den hoch aufragenden, baumbestandenen Felsklippen war es kühl und beinahe dunkel.

"Da! Noch wer, Condottiere!", raunte einer der Söldner dem Aranjuezer Baron zu. Etwas weiter entfernt zwischen den Bäumen lag ein weiterer Krieger, begraben unter seinem Ross. Der Nasenschutz seines verbeulten Helmes hatte ihm die Wange durchschlagen. Durch das Loch schimmerten seine Zähne.

"Das Pferd lebt noch!" rief Richeza aus, und ohne das "Halt!" ihrer Tante zu beachten, ritt sie auf den begrabenen Reiter zu, sprang mit gezogenem Säbel aus dem Sattel. Das Pferd des Toten regte sich nicht. Aus seinem aufgeschlitzten Bauch quollen die Gedärme, doch sein Auge verdrehte sich nach der Edlen, als diese sich näherte. Fliegen saugten an dem klebrigen Schleim, der das Auge verkrustete.

Richeza hob den Säbel, um den Leiden des Tieres ein Ende zu setzen, als etwas ihre Aufmerksamkeit erregte. Sie bückte sich und zerrte etwas Blaues unter dem Kopf des Pferdes hervor. Ein Stück Stoff an einer zerbrochenen Lanze. Sie hielt es hoch, der leichte Wind erfasste es und ein Wappen wurde sichtbar: ein rotes Ross vor einer kaum mehr weißen Scheibe, getränkt vom Blut des sterbenden Pferdes.

"Almada", flüsterte die Edle – und dann weiteten sich ihre Augen und sie blickte auf die Brust des Toten, um ihren Verdacht bestätigt zu sehen.



Chronik:1033
Der Ferkina-Feldzug
Teil 04