Chronik.Ereignis1033 Feldzug Selaque 18: Unterschied zwischen den Versionen

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Sein Herz schmolz dahin - wieder einmal! - beim Anblick der honigblond gelockten Comtessa, deren vom Wein und der Hitze gerötete Wangen sie umso begehrenswerter erscheinen ließen. Eines Tages, schwor er sich, würde sie mit ihm speisen, eines Tages, wenn er sich nicht mehr verstecken musste!
Sein Herz schmolz dahin - wieder einmal! - beim Anblick der honigblond gelockten Comtessa, deren vom Wein und der Hitze gerötete Wangen sie umso begehrenswerter erscheinen ließen. Eines Tages, schwor er sich, würde sie mit ihm speisen, eines Tages, wenn er sich nicht mehr verstecken musste!


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'''Autor:''' [[Benutzer:SteveT|SteveT]]
Mit vollen Backen kauend schob Praiosmin von Elenta das halbvolle Silbertablett mit den mit Ziegenkäse gefüllten Feigen, die als Nachgang aufgetragen worden waren, zu Romina-Alba hinüber.
"Hier! Greift nur tüchtig zu, Domnatella!", forderte sie sie schmatzend auf. "Ihr seid ohnehin so dürr wie ein Grashalm im Wind!"  Aus Praiosmins Sicht traf dies wohl zu - aber aus ihrer Perspektive galt das für die meisten ihrer Mitmenschen.
"Diese jungen Leute wissen einen guten Bissen einfach nicht mehr so zu schätzen, wie wir in unseren jungen Jahren," nickte sie Rondrigo vom Eisenwalde verschwörerisch zu. "Wer damals nicht zu prassen wusste, der galt nichts in der Nobleza, denn der Ranzen, den man vor sich her trug, war das beredsamste Zeugnis dafür, ob man so solvent war wie die Gruben von Deokrath oder ob man bloß die Reste aus dem Schweinetrog klauben konnte, wie der kleinste Caldaier Heidebaron."
"Euer Hochgeboren!", trat in diesem Moment Praiosmins Majordomus unter einer tiefen Verbeugung in den Raum.
"Ja was ist denn, Meister Zalameos? Ihr seht doch, dass ich mit meinem hohen Besuch zu spaßen pflege?", herrschte ihn die Reichsvogtin ungehalten an.
"Ich bitte um Vergebung, Herrin! Aber es sind soeben gleich zwei Nachrichten für Euer Hochgeboren eingetroffen! Eine per Brieftaube, die anderen wurde von einem berittenen Boten gebracht."
Praiosmin zog eine Augenbraue in die Höhe. "Nachrichten? Ich erwarte keine Nachrichten, außer die vom kaiserlichen Hof, wann endlich Entsatz hier eintrifft! Entschuldigt bitte die Störung!", nickte sie Rondrigo und Romina kurz zu.
Meister Zalameos trat zu seiner Herrin hin und überreichte ihr auf einem Tablett die winzig kleine, zusammengerollte Botschaft. Es war nicht weiter schwer zu erraten, dass dies die Brieftauben-Nachricht sein musste.
"Sie kommt aus Kornhammer, Euer Hochgeboren!"
"Aha! Aus Kornhammer!", nickte Praiosmin bestätigt und etwas besänftigt. "Endlich lässt mich der alte Zauderer Hesindian wissen, wieso er meinem Gesuch um Waffenhilfe nicht nachkam."
Praiosmin überflog die säuberlich, aber winzig klein geschriebene Nachricht mit halb zusammengekniffenen Augen. Der alte Narr saß selbst in derselben Klemme wie sie und hatte auch noch die Nerven folgendermaßen zu enden:
'' '... Hoch geschätzte Domna Praiosmin, sollte Euch etwas über Aufenthalt oder Verbleib meiner Großtochter Richeza von Scheffelstein zu Ohren kommen, wäre ich Euch aufs Äußerste verbunden, würden Eure Hochgeboren mir umgehend Nachricht zukommen lassen. Domna Richeza hat am dreizehnten Tage des Praiosmondes Castillo Scheffelstein in Begleitung Eurer Vasallin, Ihrer Wohlgeboren Domna Rifada da Vanya, und des Barons von Dubios, Seiner Hochgeboren Hernán von Aranjuez, verlassen, um nach dem Verbleib meines vermissten Großneffen Praiodor von Culming-Alcorta und seiner Mutter, Ihrer Hochgeboren Fenia von Culming, zu suchen, welche auf der Suche nach einem Heilkundigen in den Raschtulswall aufgebrochen waren. Ich danke Eurer Hochgeboren und erbitte der Götter Beistand für Eure Hochgeboren in diesen schweren Zeiten.' ''
Praosmin hatte die letzten Sätze laut gelesen, sodass sie auch ihre Gäste mitbekamen. Lauernd sah sie danach auf und blickte dem Castellan und der Grafentochter abwechselnd direkt in die Augen: "Und? Könnt Ihr meinem geschätzten Lehnsnachbarn Dom Hesindian von Kornhammer weiterhelfen? Könnt Ihr ihm - und damit auch mir! - verraten, wo seine saubere Enkeltochter jetzt im Moment steckt?" Praiosmin säbelte mit ihrem Essmesser gereizt eine Hälfte einer gefüllten Feige ab und schlang sie mit einem Mal hinunter, um sich selbst ein wenig zu beruhigen.
"Ihr müsst wissen: Dieses Weibsbild hat sich mit meiner aufrührerischen, der Felonie für schuldig befundenen ehemaligen Vasallin Rifada da Vanya gemein gemacht, mich selbst auf das Unflätigste beleidigt und ist mit Waffengewalt gegen meine Ordnungshüter - Büttel des Kaisers - vorgegangen. Der besagte ... äh ... Hernán von Aranjuez - ja genau so heißt der Schuft in Wirklichkeit -, ein übel beleumundeter Landsknechtsführer der abgefeimtesten Sorte, gehört ebenfalls zu dieser rebellierenden Aufrührerbande, die ich anklagen und einkerkern werde!
Auf die Verbrechen Domna Rifadas steht der Tod! Wenn Ihr also etwas über den derzeitigen Aufenthaltsort dieser Briganteros und Halunken wisst, so seid Ihr vor mir als Beamtin des Kaisers verpflichtet, es mir auf der Stelle zu sagen, sodass sie ihrer gerechten Strafe zugeführt werden können!"
Funkelnd schaute sie von Romina zu Rondrigo, ob diese Eröffnung irgendeine Reaktion auf deren Gesichtern hervorrief. Zumindest der blonde Yaquirtaler, der sie begleitete, steckte mit den Aufrührerern unter einer Decke, da war sich die Reichsvogtin vollkommen sicher. Meister Zalameos, der neben seiner Herrin stehen geblieben war, zog nun auch das zweite Schreiben aus der Tasche seiner Livree. Dieses sah schon optisch deutlich unordentlicher, speckiger und zerfledderter aus, wie die vorausgegangene Nachricht.
"Kommt das etwa ''so'' vom Kaiserlichen Hof?", frug Praiosmin naserümpfend und nahm die Nachricht mit spitzen Fingern entgegen.
"Nein, Euer Hochgeboren!", schüttelte der Majordomus steif den Kopf. "Wohl aus Schrotenstein, Euer Hochgeboren!"
"Aus Schrotenstein?"
Praiosmin entrollte die Nachricht leicht angeekelt, warf einen Blick darauf und wurde dann schlagartig bleich wie die Wand hinter ihr.
'' 'Mein Lieber Raihe Coùlu' '', stand dort in ihrer eigenen kunstvoll geschnörkelten Schrift, '' 'voller Sehnsucht erinnere ich mich an die Freudentage Deines letzten Besuches. Der Zauber Deines Lachens, der Glanz Deiner Augen haben mich betört, Dir Dinge zu schreiben, die ich ...' ''  Sie brach ihre lautlose Lektüre ab, aufgewühlt und mit zitternden Händen. Das war einer ihrer eigenen, schmerzlich vermissten Liebesbriefe an Rakolus, die niemals in falsche Hände geraten durften. Aber nun schickte ihn ihr irgendeine übelmeinende Person aus Schrotenstein! Das musste alles ein Alptraum sein. Die untere Hälfte des Briefes war unsauber abgerissen - offenbar war dies nur als Drohung gedacht ...
"Ist Euch nicht wohl, Herrin?", frug Meister Zalameos besorgt. "Ihr habt noch nicht alles gelesen, Herrin! Ich glaube, auf der Rückseite geht die Nachricht weiter ..."
Praiosmin blickte ihn hektisch an. Wusste er etwas? Hatte er die Nachricht vielleicht bereits selbst gelesen und zog sein Schlüsse daraus? Sie musste unbedingt mit ihrem Sohn oder mit Yegua reden - Zalameos musste für immer verschwinden, ehe er etwas ausplaudern konnte.
Sie drehte die Nachricht mit zitternden Händen um und wurde noch bleicher. Diese Schrift, dieses hässliche Krickelkrakel hätte sie unter Tausenden erkannt:
'' 'Praiosmin! Wenn Du miese Ratte dieses Schreiben liest, bin ich unterwegs in Schrotenstein, Bosquirien und Ragatien, um einen Heerhaufen aufzustellen, wie ihn Selaque noch nicht gesehen hat! Wie Du umseitig erkennen kannst, bin ich im Besitz von Beweismitteln, die Dein ekles Haupt aufs Schafott bringen können, sobald sie dem Kaiser oder der Hofkanzlei vorliegen. Deine einzige Möglichkeit, Dämonenbuhle, diesem Schicksal zu entrinnen, ist, auf der Stelle das reichsvögtische Amt, mein Castillo und auch Castillo Albacim zu räumen und Dich mit Deinem widerlichen Bastard, für dessen Existenz ich ebenfalls Beweise habe, als Eremitin in die Wildnis des Raschtulswalls zurückzuziehen! gez. Rifada Jezebela da Vanya' ''
Praiosmin stand so abrupt auf, dass ihr hoher Lehnsstuhl umkippte. Der Haushofmeister hob ihn erschrocken wieder auf. "Ent ... äh ... Entschuldigt mich! Genießt weiter das Mahl, Meister Zalameos wird Euch sodann zu Euren Gastgemächern führen!"
Ohne ein weiteres Wort der Erklärung rauschte Praiosmin aus dem Zimmer, die beiden verhängnisvollen Nachrichten in der Hand. Es scherte sie nicht, dass ihr alle verstört nachglotzten. Sie musste mit ihrem Sohn reden - jetzt gleich!
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'''Autor:''' [[Benutzer:Von Scheffelstein|von Scheffelstein]]
Aureolus presste die Lippen aufeinander. Was auch immer an den Botschaften, die seine Mutter empfangen hatte, sie in Aufruhr versetzt hatte - niemals hätte sie derart ungestüm den Raum verlassen dürfen. Nicht nur, dass ihr unhöfliches Verhalten gegenüber ihren Gästen - gegenüber der Comtessa! - Aureolus sich für sie schämen ließ. Nein, es war äußerst unklug, sich seine Ängste derart anmerken zu lassen! Besser, er sah nach ihr, bevor sie Dummheiten beging.
Der junge Zauberer warf einen letzten Blick auf die angebetete Grafentochter, dann hängte er das Bild wieder vor die Löcher in der Wand, stieg vom Schreibtisch und wischte mit dem Ärmel, um keine Spuren zu hinterlassen.
Er verließ Radmons Schreibstube durch ein Vorzimmer und wandte sich in Richtung des Treppenturms. Vor dem Thronsaal standen zwei Wachen, die beiden, die ihn vor wenigen Tagen in seinem Zimmer überrascht hatten.
"Junger Herr!", sprach ihn der ältere Gardist, Varmino, an. "Ihre Hochgeboren die Vogtin sucht Euch!"
"Mich?", tat Aureolus ganz erstaunt.
"Ja, junger Herr", nickte der Gardist. "Sie ist soeben zu Eurer Kammer hinauf gelaufen. In höchster Aufregung. Sie schien mir verärgert zu sein."
"Oha", sagte Aureolus und setzte ein Grinsen auf. "Wahrscheinlich hat sie Nachricht von meinen Lehrmeistern erhalten." Er zuckte zerknirscht mit den Schultern. "Immer überall beste Beurteilungen zu erhalten, ist schier unmöglich, das Studium der arkanen Künste ist kein Kinderspiel."
Der jüngere Gardist, Marcio, grinste, der ältere nickte verständig.
"Ich hoffe, sie streicht mir die Zuwendungen nicht, ohne die großzügige Unterstützung der Herrin könnte ich mir das Studium niemals leisten", tat er niedergeschlagen. "Haltet mir die Daumen!"
"Viel Erfolg!", sagte Varmino, und Aureolus eilte die Treppe hinauf.
Einige Treppen, Gänge und Türen später, lief er seiner Mutter in die Arme, die soeben schnaufend aus seiner Kammer kam.
"Aureolus ... Ramin!", stieß sie hervor.
"Still doch!", zischte er und drängte sie rasch in das Zimmer zurück, ehe sie noch jemand zusammen sah oder hörte. Er schloss die Tür hinter sich, während seine Mutter sich auf seinem Bett niederließ - das unter ihrem Gewicht bedenklich knackte und knarrte.
"Was ist in Euch gefahren, unsere Gäste fluchtartig zu verlassen? Was sollen die nun von uns denken?"
Sein Blick fiel auf die Briefe, die Domna Praiosmin in ihren zitternden Händen hielt.
"Gebt her!", sagte er und nahm sie ihm ab, während die Vogtin, erschöpft vom Laufen um Atem rang, noch unfähig, mehr als ein Schnaufen von sich zu geben.
Aureolus überflog die Brieftaubennachricht des Kornhammer Cronvogts, hob die Augenbrauen und runzelte dann die Stirn, ließ die Notiz aufs Bett fallen und wandte sich dem abgerissenen Brief zu, las erst das Gekritzel der Junkerin und anschließend - mit einem leisen Lächeln - die Worte seiner Mutter an seinen Vater. Er legte die Botschaft neben siener Mutter aufs Bett und sah sie an.
"So", sagte er und tippte sich mit dem Zeigefinger auf die Lippen, die Hand am Kinn. "Unschön. Aber überlegen wir in Ruhe! Zunächst einmal dürft Ihr Euch den Grund Eurer Erregung natürlich nicht anmerken lassen. Wenn man Euch fragt, nein, besser vorher, entschuldigt Ihr Euch bei unseren Gästen für Euer Betragen, mit der Erklärung, eine geliebte Verwandte sei verstorben oder von den Ferkinas entführt worden. Eine verständlicherweise aufwühlende Nachricht nach all den Verlusten in Elenta zuletzt."
Aureolus lehnte sich mit dem Rücken an den Tisch und verschränkte die Arme vor der Brust. "Was wissen wir? Wir haben also den Namen Eures Söldnerführers. Nicht Anzunares, sondern Aranjuez. Aber ob die Junkerin ihm wirklich Eure Briefe gab, ist nicht gewiss. Immerhin scheint sie sich ja noch im Besitz weiterer zu befinden." Verstimmt schüttelte er den Kopf. "Mutter, dieser ganze Ärger wäre unnötig gewesen, wenn Ihr schon vor zwei Tagen auf mich gehört hättet! Lasst Mordaza einen Dämon auf die Suche nach Euren Briefen schicken, und Ihr habt sie noch heute Abend alle wieder hier, wo auch immer sie sein mögen!"


    
    
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