Chronik.Ereignis1033 Feldzug Ferkinalager 08: Unterschied zwischen den Versionen

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Das irre Lachen war das Letzte, was Richeza hörte, ehe der Traum endlich zu Ende war.
Das irre Lachen war das Letzte, was Richeza hörte, ehe der Traum endlich zu Ende war.


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'''Autor''': [[Benutzer:Von Scheffelstein|von Scheffelstein]]
Als Richeza zu sich kam, blickte sie in das Gesicht einer jungen Ferkina - Anfang oder Mitte zwanzig mochte sie sein. Ihre Oberlippe zierte ein dunkler Flaum, und doch besaß ihr spitzes Gesicht mit der scharf geschnittenen Nase eine eigenwillige Schönheit. Sie grinste und sagte etwas, dann hob sie Richezas Kopf über eine Schale und goss ihr einen Schwall kaltes Wasser über das Gesicht.
Prustend versuchte die Edle, sich aufzurichten und stellte fest, dass sie gefesselt war. Links und rechts von ihr saßen zwei weitere, ältere Ferkinaweiber, die ihr mit steinernen Messern die Kleider vom Leib schnitten.
"Was soll das?", rief Richeza. "Hört sofort auf damit!" Furcht und Wut ließen ihre Stimme schrill klingen, und sie schämte sich ihrer Angst ebenso sehr, wie ihrer hilflosen Nacktheit. Die Frauen lachten nur und begannen, Richezas Körper mit porösen Steinen und Wasser von Staub und Schmutz zu befreien. Dabei gingen sie nicht eben zimperlich vor, und bald brannte die Haut der Edlen wie Feuer. Die junge Ferkina schmierte ihr eine betörend nach Blüten duftenden Paste in die Haare. Nahe des Zelteingangs stand der alte Mann, den sie für den Heiler gehalten hatte, und zerstampfte Wurzeln auf einem flachen Tisch. Ab und an starrte er mit lüsternem Blick herüber, ehe er sich kichernd und brabbelnd wieder seiner Arbeit zuwandte.
Richeza schloss die Augen, als könne sie die Wirklichkeit dadurch ausschließen. Aber was ihr geschah, konnte sie nicht leugnen. Sie war hellwach, jeder Laut drang in ihr Bewusstsein, jeder Geruch, jede Berührung. Sie lauschte den Gesprächen der Frauen, ohne ein Wort zu verstehen, roch den herben, erdigen Duft ihrer Haut, spürte die Finger der jungen Ferkina, die ihr die Paste aus den Haaren wusch, die Hände der anderen Frauen, die sie auf die Seite drehten, um ihren Rücken zu waschen, verspannte sich, als deren Nägel die langen, ausgefransten Narben nachzeichneten, die kreuz und quer über ihren Rücken liefen.
Ihr ganzer Körper schrie danach, sich zu wehren, zu kämpfen, zu töten oder zu fliehen, aber sie wusste, dass es sinnlos wäre, dass sie allein ihren Stolz, ihre Würde verlöre, ohne etwas zu gewinnen. Doch statt sich Mut zuzusprechen, statt kühl eine Flucht zu planen, schrie sie lautlos, und die Kraft, die es sie kostete, Zorn und Verzweiflung zurückzuhalten, entlud sich in einem Zittern, das ihre Muskeln erfasste wie die Macht des Feuers den Fels eines Vulkans, ehe Glut und Asche aus ihm hervorbrachen.
Endlich ließen die Frauen von ihr ab und brachten die Schalen mit schmutzigem Wasser aus dem Zelt. Nur die jüngste kehrte zurück und kleidete Richeza in einen Rock und ein besticktes Wolltuch und kämmte ihr nasses Haar.
Erstmals bemerkte die Edle, dass sie nicht allein war. Zwei Schritt von ihr entfernt saß eine weitere Gefangene in ähnlichen Kleidern und ebenfalls gefesselt. Ihre blonden Locken ließen darauf schließen, dass sie Mittelreicherin war, Almadanya oder Garethya vielleicht. Richeza wandte sich ab, zu sehr mit sich selbst beschäftigt, um den traurigen Blick der Frau zu erwidern, zu sehr bemüht, ihre Tränen zurückzuhalten, um das Mitleid in den Augen der anderen ertragen zu können.
Erst als die junge Ferkina das Zelt verlassen hatte und sie allein waren mit dem Alten, der Kräuter auf einen Faden wickelte, wagte Richeza erneut einen Blick. Die Frau war jung, jünger noch als die Ferkina, ihre kräftigen Waden und die sonnengebräunten Arme ließen sie wie eine Bäuerin erscheinen. Die schlanken, gepflegten Finger aber wollten nicht ins Bild passen. Es dauerte einen Moment, bis Richeza erkannte, wen sie da vor sich hatte. Blass und ungeschminkt, mit eingefallenen Wangen und tiefen Ringen unter den Augen hätte sie die junge Frau beinahe nicht erkannt: [[Romina von Ehrenstein-Streitzig]]. Bislang hatte sie die Comtessa nur fächerwedelnd im Reifrock erlebt, eine Hofdame eben, wie sie zu Dutzenden in Almada zu finden waren ...
Richeza warf einen raschen Blick auf den Alten und wandte sich wieder der Comtessa zu. Ihre eigene Angst war plötzlich wie weggeblasen, vielleicht, weil sie wusste, dass der Streitzig bereits nach der Grafentochter suchte, vielleicht, weil es beruhigend war, ein vertrautes Gesicht zu sehen. Möglicherweise aber auch nur, weil es ehrenrühriger war, vor einer Almadanya das Gesicht zu verlieren als vor den Wilden. So nickte sie der jungen Dame entschlossen zu und wartete, dass der Alte sich endlich aus dem Zelt verzog.




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