Chronik.Ereignis1046 Aus der Wüste 03

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Edlengut Selkethal im Boron 1046 BF

Autor: BBB


Die riesigen Eisenhämmer machten einen ohrenbetäubenden Lärm. Wumms-wumms-wumms. Wumms-wumms-wumms. Ein distinkter Rhythmus des Räderwerks, betrieben durch die Wasserkraft der Selke, des kleinen Zulaufs, der dem gesamten Lehen seinen Namen gab. Und dann, immer wieder, den Rhythmus um eine weitere Klangkomponente erweiternd, das Geräusch des Hammers auf einem glühenden Stück Metalls.

Ping. Ping. Ping.

Fast ein wenig wie Musik.

Nur, dass diese Musik kein Wohlgefühl auslöste, keine Sehnsucht, keine Leidenschaft. Zumindest nicht in Jodga. Nein, wenn irgendwie möglich, vermied der Verwalter des Edlen vom Selkethal so gut es nur eben ging, diesen Teil der Dominie persönlich zu besuchen. Er hasste es. Diese Geräusche hören zu müssen, diesen Lärm, bereitete ihm keine Freude.

Allenfalls Schmerz.

So stand der alternde Major Domus am Eingang des großen Hammers, wie sie hierzulande die Wassermühlen nannten, die Schmiedehämmer antrieben, und versuchte sich gegen den Lärm zu wappnen, der ihn in Empfang nahm. Knapp ein halbes Dutzend Zwerge wuselten in der Schmiede umher, chaotisch und scheinbar unkoordiniert von links nach rechts und wieder zurückeilend… und doch glaubte Jodga irgendwann ein Muster in ihren Bewegungsabläufen zu erkennen, einen skurrilen Tanz zur brutalen Musik des Hammers.

„Wenn ich noch länger hier verweile, fürchte ich, langsam den Verstand zu verlieren“, murmelte er, vor allem an sich selbst gewandt. Den Entschluss gefasst, möglichst schnell die vor ihm liegende Aufgabe zu erledigen, um dann ebenso schnell zurück zur Hacienda del Valle eilen zu können, räusperte sich Jodga, um sich Gehör zu verschaffen. Doch es passierte nichts. Also räusperte er sich ein weiteres mal, mit merklich mehr Nachdruck, doch auch dieses Mal verhallte der Laut ungehört. Also erhob er, sichtlich genervt, die Stimme. „Ey! Auf ein Wort, Herr Zwerg!“

Nichts änderte sich im Rhythmus der Melodie, nichts am Tanz. Und doch richteten sich zehn Augen, ohne ihre Aufgabe zu unterbrechen oder auch nur langsamer voranzuschreiten, auf Jodga. Es vergingen einige Augenblicke… dann löste sich einer der Zwerge aus dem Tanz und kam auf den Major Domus zu.

Der Lärm, der Rhythmus, blieben. Unverändert.

„Hm?“, brummte der Zwerg, als er vor Jodga zum Stehen kam, ohne irgendeine Form der üblichen Höflichkeitsfloskeln zu bemühen. „Die Zwölfe zum Gruße!“, versuchte Jodga weiterhin, den Lärm der Schmiede zu übertönen. „Mein Name ist Jodga und ich spreche im Namen seiner Wohlgeboren Dom…“

„Komm zur Sache, Langer!“, unterbrach ihn der Zwerg barsch, was Jodga ein wenig aus dem Konzept brachte. Er war es nicht gewohnt, unterbrochen zu werden. Er war es nicht gewohnt, dass seine Stellung am Hofe des Edlenguts ignoriert wurde. Und als jemand, der im hohen Norden geboren und aufgewachsen war, der nicht von Geburt an mit den Sitten und Gebräuchen Almadas vertraut war, war er es auch nicht gewohnt, für sich selbst einstehen zu müssen.

„Ähm, Herr Zwerg, ich muss doch sehr bitten“, setzte er an, doch der Angroschim schien bereits jegliches Interesse an diesem Gespräch verloren zu haben. „Was ist nun?“, fragte er erneut, ehe sein Blick bereits zurück zum Schmiedehammer wanderte.

„Nunja, äh…“ Jodga sammelte sich kurz. Hatten es überhaupt einen Sinn, hier zu streiten? Auf Etikette und Stand zu pochen? Bei diesem Lärm war sowieso kein klarer Gedanke zu fassen.

Resigniert reichte er dem Zwerg also die Bauzeichnung, die er von seinem Herrn mit auf den Weg bekommen hatte. „Der Edle Herr vom Selkethal lässt anfragen, ob es Euch möglich wäre einen Teil der Produktion umzulagern und das folgende in großer Stückzahl herzustellen.“ Der Angroschim warf einen kurzen Blick auf die schlichte Zeichnung. Seine Stirn zog sich kraus. „Er will Armbrüste und Bolzen?“, fragte er skeptisch.

Jodga nickte.

Einen Moment standen sie einander gegenüber und starrten sich an – der Zwerg ungläubig aufgrund der überraschenden Bestellung, der Hausdiener etwas verwirrt und gänzlich mit der Situation überfordert.

Dann nickte auch der Zwerg, wandte sich um und ging, die Zeichnung noch immer in Händen, zurück in die Schmiede. Jodga atmete erleichtert auf – und suchte dann schnell das Weite.